umwelt-online: Ausführungsvorschriften über großflächige Einzelhandelseinrichtungen für das Land Berlin (AV Einzelhandel) (2)
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Anhang II |
A. Arbeitshilfe/Checkliste für Gutachten zu großflächigen Einzelhandelsvorhaben
I. Projektbeschreibung
II. Derzeitige Kaufkraftdaten für Standort, Einzugsbereich und zentralörtlichen Verflechtungsbereich
III. Versorgungsgrad/Versorgungssituation der Bevölkerung im Einzugsbereich und im zentralörtlichen Verflechtungsbereich
Zahl und Art der Einzelhandelsbetriebe, Verkaufsflächen nach vorhabensbezogenen Sortimentsbereichen, Totalerhebung nach Gemeinden, Stadt-/Ortsteilen und Standorten (Kern-, Sondergebieten) bzw. Standortlagen (integrierte, periphere Standorte)
IV. Angebotslücken nach Sortimenten nach Standorten im städtischen Zentrengefüge
V. Kennziffern der geplanten Projekte nach Sortimenten
VI. Auswirkungen im Einzugsbereich und an konkurrierenden Standorten
(1) Ökonomische Auswirkungen
(2) Raumordnungspolitische Auswirkungen
(3) Städtebauliche Auswirkungen
(4) Verkehrliche Auswirkungen
(5) Auswirkungen auf Umwelt, Naturhaushalt, Orts- und Landschaftsbild
B. Prüfschritte für die Planung großflächiger Einzelhandelseinrichtungen (vgl. StEP Zentren 2020, 3.7)
Ergänzende Begriffsbestimmungen | Anhang III |
1. Einkaufszentren ( § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO)
(1) Ein Einkaufszentrum ist ein von vornherein einheitlich geplanter, finanzierter, gebauter und verwalteter Gebäudekomplex mit mehreren Einzelhandelsbetrieben verschiedener Art und Größe - zumeist verbunden mit verschiedenartigen Dienstleistungsbetrieben. Fehlt es an einer solchen einheitlichen Planung des Vorhabens, kann gleichwohl ein Einkaufszentrum gegeben sein. Voraussetzung hierfür ist außer der engen räumlichen Konzentration mehrerer Einzelhandelsbetriebe ein Mindestmaß an äußerlich in Erscheinung tretender gemeinsamer Organisation und Kooperation, welche die Ansammlung mehrerer Betriebe zu einem planvoll gewachsenen und aufeinander bezogenen Ganzen werden lässt. Organisatorische und betriebliche Gemeinsamkeiten können sich insbesondere in einem gemeinsamen Konzept niederschlagen.
(2) Ein Einkaufszentrum kann sich auch nachträglich entwickeln, wenn mehrere Betriebe zu einem Einkaufszentrum zusammenwachsen. Dies setzt neben der erforderlichen räumlichen Konzentration weiter voraus, dass die einzelnen Betriebe aus Sicht des Kunden als aufeinander bezogen, das heißt durch ein gemeinsames Konzept und durch Kooperation miteinander verbunden in Erscheinung treten. Wird ein Einkaufszentrum nicht in einem Schritt, sondern stufenweise verwirklicht, sind die späteren Bauabschnitte immer dann nicht als isolierte Vorhaben zu behandeln, wenn sie sich nach Fertigstellung als Teil des bestehenden Einkaufszentrums darstellen. Dies ist etwa anzunehmen, wenn ein selbständiger Bauantrag nicht zu einer isolierten planungsrechtlichen Beurteilung des späteren Abschnitts zwingt.
(3) Großflächigkeit setzt die Baunutzungsverordnung - anders als bei den übrigen Tatbeständen des § 11 Abs. 3 BauNVO - für die Annahme eines Einkaufszentrums nicht voraus. Maßgebend ist vielmehr die Gesamtheit der Auswirkungen, die von dem Vorhaben im Gegensatz zu einer bloßen Ansammlung von Läden ausgehen. Kennzeichnend für ein Einkaufszentrum ist die besondere Anziehungskraft auf Kunden, die durch den Eindruck eines "Zentrums" hervorgerufen wird. Ob diese Wirkung von dem Vorhaben ausgeht, ist anhand des Standorts, des Warenangebots und der Versorgungslage in der Gemeinde zu bestimmen. Die Größe des Vorhabens ist dabei nur eines von mehreren Indizien.
(4) Einkaufszentren können nicht über ein allgemein festgelegtes Warenangebot definiert werden. Der Einordnung des Vorhabens als Einkaufszentrum steht dabei grundsätzlich nicht die Beschränkung auf wenige Warengruppen und eine geringe Angebotsbreite, etwa durch den Ausschluss von Waren des täglichen Bedarfs und Dienstleistungen, entgegen. Es kommt weniger auf ein umfassendes Warenangebot als auf die räumliche Konzentration von Einkaufsmöglichkeiten an. Maßgebend ist, dass einzelne Betriebe aus der Sicht der Kunden als aufeinander bezogen, als durch ein gemeinsames Konzept und durch Kooperation miteinander verbunden in Erscheinung treten.
(5) Zu den Einkaufszentren gehören ebenfalls Factory-Outlet-center (FOC). Dem steht das regelmäßig beschränkte Sortiment nicht entgegen. Factory-Outlet-center sind einheitlich geplante und errichtete bauliche Anlagen, in denen eine Vielzahl von Marken von den Herstellern bzw. Konzessionären in separaten Ladeneinheiten preisreduziert an Verbraucher veräußert werden.
(6) Einkaufszentren werden auch als Shopping center oder Malls bezeichnet. Mit diesem Namen geht häufig eine besonders attraktive Gestaltung des Einkaufszentrums (Überdachung, Freizeitangebote, kurze Wege) einher, die auf innerstädtische Atmosphäre oder Erlebniseinkauf ausgerichtet sind. Es ist im Einzelfall zu prüfen, inwieweit diese Gesichtspunkte besondere Auswirkungen auf ein Zentrum haben können.
2. Großflächige Einzelhandelsbetriebe ( § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO)
(1) Großflächige Einzelhandelsbetriebe sind in Abgrenzung zum sonstigen Handel planungsrechtlich eine eigenständige Nutzungsart. Einzelhandelsbetriebe sind Betriebe, die ausschließlich oder überwiegend an Endverbraucher verkaufen, das heißt alle Arten von gewerblichen Verkaufsstellen vom kleinen Ladenlokal bis zum großen Warenhaus.
(2) Das Merkmal der Großflächigkeit soll als eigenständige Voraussetzung von vornherein solche Einzelhandelsbetriebe und Läden ausklammern, die nach ihrer Größe typischerweise der wohnungsnahen Versorgung in den Baugebieten nach §§ 2 bis 6 BauNVO dienen (Nachbarschaftsläden mit begrenztem Einzugsbereich). Großflächigkeit beginnt daher oberhalb der Schwelle, ab der Einzelhandelsbetriebe nicht mehr allein auf die Nahversorgung ausgerichtet sind und daher bei typisierender Betrachtung mit unerwünschten städtebaulichen oder raumordnerischen Auswirkungen der Großformen des Handels zu rechnen ist. Diese Schwelle liegt bei 800 m2 Verkaufsfläche, was einer Bruttogeschossfläche von 1.200 m2 entspricht.
(3) Auch Fachmärkte (siehe Nummer 4) sind in aller Regel großflächige Einzelhandelsbetriebe.
3. Sonstige großflächige Handelsbetriebe ( § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauNVO)
Sonstige großflächige Handelsbetriebe sind Betriebe, die nicht ausschließlich Einzelhandel betreiben, Einzelhandelsbetrieben jedoch vergleichbar sind. Großhändler fallen nicht unter den Anwendungsbereich des § 11 Abs. 3 BauNVO. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie überwiegend an Wiederverkäufer veräußern oder überwiegend gewerbliche Verbraucher beliefern ( § 6a Abs. 2 UWG). Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauNVO unterscheiden sich dadurch vom reinen Großhandel, dass ein bestimmter Anteil des Umsatzes (mehr als 10 %) durch den Verkauf an Endverbraucher erzielt wird. Anhaltspunkte dafür, dass in erheblichem Umfang Einzelhandel betrieben werden soll, können sich aus dem Bauantrag ergeben, wenn zum Beispiel die Sortimentsbreite, die Verkaufsflächengröße und Anzahl der Stellplätze über das für den Großhandel übliche Maß hinausgeht. Ein Handelsunternehmen, das für sich in Anspruch nimmt, ausschließlich Großhändler zu sein, hat durch geeignete Maßnahmen für die Einhaltung dieser funktionalen Anforderungen zu sorgen.
4. Fachmärkte
(1) Fachmärkte sind in der Regel großflächige Einzelhandelsbetriebe, die ein breites und oft auch tiefes Sortiment aus einem Warenbereich (z.B. Bekleidungsfachmarkt, Schuhfachmarkt), einem Bedarfsbereich (z.B. Sportfachmarkt, Baufachmarkt) oder einem Zielgruppenbereich (z.B. Möbel- oder Haushaltswarenfachmarkt für designorientierte Kunden) in übersichtlicher Warenpräsentation bei tendenziell niedrigem bis mittlerem Preisniveau anbieten. Die Verkaufsverfahren sind Selbstbedienung und Vorwahl, meist mit der Möglichkeit einer fachlichen und sortimentsspezifischen Beratung auf Wunsch des Kunden. Serviceorientierte Fachmärkte bieten neben dem Warensortiment auch sortimentsbezogene oder selbständig vermarktbare Dienstleistungen (z.B. Reisen, Versicherungen). Discountorientierte Fachmärkte verzichten häufig auf Beratung und Dienstleistungen zugunsten niedriger Preise. Spezialfachmärkte bieten einen Teil des breiteren Fachmarktsortiments an (z.B. Fliesen oder Holz). Unerwünschte städtebauliche Auswirkungen hängen bei Fachmärkten besonders von dem Anteil der von ihnen angebotenen zentrenrelevanten Sortimente ab. Bestimmte Warengruppen (Möbel, Baumaterialien, Gartenbedarf) können ohne wesentliche Auswirkungen auf die Nahversorgung auch außerhalb der Zentren angeboten werden.
(2) Im Gegensatz dazu bieten Fachgeschäfte regelmäßig auf Verkaufsflächen unter 800 m2 ein branchenspezifisches oder bedarfsgruppenorientiertes Sortiment in großer Auswahl sowie in unterschiedlichen Qualitäten und Preislagen mit Bedienung und ergänzenden Dienstleistungen (z.B. Kundendienst) an. Bei Spezialgeschäften beschränkt sich das Warenangebot auf den Ausschnitt des Sortiments eines Fachgeschäfts, es ist aber tiefer gegliedert und soll typischerweise besonders hohen Auswahlansprüchen genügen.
5. Sonstige Einzelhandelsbetriebe
Bei Einzelhandelsbetrieben unterhalb der Schwelle der Großflächigkeit ist regelmäßig anzunehmen, dass von ihnen keine wesentlichen Auswirkungen auf die Raumordnung oder die städtebauliche Entwicklung und Ordnung ausgehen. Unabhängig davon können allerdings von solche Betrieben schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche ( § 34 Abs. 3 BauGB) zu erwarten sein.
6. Geschossfläche
Die Geschossfläche ist nach § 20 Abs. 3 Satz 1 BauNVO in der Regel die Summe der jeweils nach den Außenmaßen bestimmten Grundflächen aller Vollgeschosse. Dazu gehören nach § 20 Abs. 6 Satz 1 und Abs. 11 Satz 1 BauOBln nicht die Kellergeschosse. Im Bebauungsplan können abweichende Berechnungsweisen festgesetzt werden ( § 20 Abs. 3 Satz 2 BauNVO). Die Bauordnung Berlin vom 29. September 2005 (GVBl. S. 495) geht von der Brutto-Grundfläche aus, die die gesamte Fläche der Nutzungseinheit einschließlich der Umfassungseinheit bezeichnet ( § 2 Abs. 3 Satz 2 BauOBln). In der Regel sind davon auch die Kellergeschosse umfasst. Einzelhandelsbetriebe sind baugenehmigungspflichtige Sonderbauten, wenn deren Verkaufsräume und Ladenstraßen eine Brutto-Grundfläche von insgesamt mehr als 800 m2 haben ( § 2 Abs. 4 Nr. 4 BauOBln).
7. Verkaufsfläche
(1) Die Verkaufsfläche umfasst alle zum Zwecke des Verkaufs den Kunden zugänglichen Flächen, einschließlich der Gänge, Treppen, Kassenzonen, Standflächen für Einrichtungsgegenstände, Schaufenster und Freiflächen. In die Verkaufsfläche sind alle Flächen einzubeziehen, die vom Kunden betreten werden können oder die er - wie bei einer Fleischtheke mit Bedienung durch Geschäftspersonal - einsehen, aber aus hygienischen und anderen Gründen nicht betreten darf. Dazu gehört auch der Bereich hinter den Kassen, in den die Kunden nach Bezahlung der Waren gelangen. Auch für den Verkauf zugängliche Lagerflächen gelten als Verkaufsfläche. Nicht zur Verkaufsfläche gehören dagegen die reinen Lagerflächen und abgetrennte Bereiche, in denen beispielsweise die Waren zubereitet und portioniert werden.
(2) Flächen in demselben Gebäude, auf denen unterschiedliche Waren verkauft werden, sind unter bestimmten Bedingungen als Teile eines einheitlichen Einzelhandelsbetriebs anzusehen und sind damit bei der Berechnung der "Großflächigkeit" zu berücksichtigen (sogenannte Funktionseinheit von Einzelhandelsbetrieben). Dies ist etwa für die Zusammenrechnung von bautechnisch und in den Betriebsabläufen jeweils eigenständigen Backshops und eines Zeitschriftengeschäfts in ein Lebensmittelgeschäft anzunehmen, nicht dagegen für die Zusammenrechnung eines Getränkefachhandels mit einem Lebensmitteldiscounter in einem separaten Gebäude.
(3) Freiflächen und Verkehrsflächen vor den Läden zählen zur Verkaufsfläche, soweit dort dauerhaft und nicht nur kurzfristig Waren zum Verkauf angeboten werden. Als dauerhaft gilt nach diesen Ausführungsvorschriften eine Nutzung, wenn die Flächen über Zeiträume, die zusammengerechnet mehr als 50 % der Öffnungszeiten eines Jahres ausmachen, zum Verkauf oder der Ausstellung von Waren in Anspruch genommen werden.
8. Sortimente
Als Sortiment wird die Gesamtheit der von dem Handelsbetrieb angebotenen Warenarten oder -sorten verstanden. Der typische Charakter des Betriebs wird von seinem Kernsortiment (z.B. Möbel; Nahrungsmittel, Getränke usw.; Kleineisenwaren, Werkzeuge, Bauartikel u. Ä.) bestimmt. Die Sortimentsbreite ist die Vielfalt der angebotenen Warengruppen, die Sortimentstiefe wird durch die Auswahl innerhalb der Warengruppen charakterisiert. Das Warenangebot besteht in der Regel aus dem der Branche des Betriebes entsprechenden Hauptsortiment (Kernsortiment) und einer untergeordneten Menge zusätzlich angebotener Artikel (Randsortiment).
9. Randsortimente
Das Randsortiment steht in einer Wechselbeziehung zum Kernsortiment. Das Randsortiment tritt zum Kernsortiment hinzu und ergänzt dieses mit Waren, die eine gewisse Beziehung und Verwandtschaft mit denen des Kernsortiments haben. Zugleich muss das Angebot des Randsortiments dem Kernsortiment in seinem Umfang und seiner Bedeutung deutlich untergeordnet sein. Randsortimente sind somit nur solche Warengruppen, die einem bestimmten Kernsortiment (Hauptsortiment) sachlich zugeordnet und hinsichtlich des Angebotsumfangs deutlich untergeordnet sind. Nur unter Beachtung dieser Wechselbeziehung greift die Zulässigkeit eines durch bestimmte Branchenbezeichnungen gekennzeichneten Kernsortiments auch auf das ihr zuzuordnende Randsortiment über.
10. Zentrenrelevante Sortimente
Zentrenrelevante Sortimente zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass sie
Bei zentrenrelevanten Sortimenten sind negative Auswirkungen auf die Zentrenstruktur zu erwarten, wenn sie überdimensioniert an nicht integrierten Standorten angeboten werden. Nahversorgungsverträgliche Sortimente sind vor allem die Waren des täglichen Bedarfs, insbesondere für die Grundversorgung mit Lebensmitteln. Zentrenrelevant sind die in der "Sortimentsliste" ( Anhang I) unter Nummer 1 genannten Warengruppen. Nummer 2 bezeichnet die nichtzentrenrelevanten Sortimente.
11. Nahversorgungsrelevante Sortimente
Nahversorgungsrelevante Sortimente ("Sortimentsliste", Anhang I Nr. 1.1) sind zentrenrelevante Sortimente, die dem täglichen Bedarf dienen. Wegen des kurzfristigen Beschaffungsrhythmus sollen diese Waren möglichst wohnortnah in den zentralen Versorgungsbereichen, insbesondere den Nahversorgungszentren, zur Verfügung stehen.
Tab. 3: Zentrentypen - Qualitätskriterien | Anhang IV |
Ziele und Leitlinien des StEP Zentren Teil 1 und 2 (Auszug) | Anhang V |
Dem ersten Teil des Stadtentwicklungsplans Zentren waren zehn Ziele vorangestellt, die durch den Senat beschlossen wurden. Diese Ziele sind weiterhin gültig (hier gekürzt wiedergegeben):
Dem zweiten Teil des Stadtentwicklungsplans (StEP Zentren 2020) liegen ergänzend die folgenden Leitlinien zugrunde, die zusammen mit dem beschlossenen Zentrenkonzept den Handlungsrahmen beschreiben:
11. Berlin als Einkaufsstandort profilieren
... Der Vergleich der Zentralitätskennziffern mit anderen deutschen Großstädten zeigt, dass hier ein erhebliches Wachstumspotenzial besteht. Ansätze liegen in einer stärkeren Verbindung von Einzelhandel und Freizeit, in der Aufwertung des Erscheinungsbildes der Zentren und ihrer öffentlichen Räume ebenso wie in der Angebotsdifferenzierung, Qualitätsgestaltung und Serviceorientierung. ... Räumlich konzentriert sich die Profilierung insbesondere auf die innere Stadt, und dort vor allem auf die beiden Zentrumsbereiche Historische Mitte und City-West.
12. Entwicklungschancen wahrnehmen
... Die vorhandenen Zentren sollen durch Nutzung ihrer Flächenpotenziale für neue Handels- und Freizeiteinrichtungen sowie durch unterstützende Maßnahmen stabilisiert und weiterentwickelt werden. Für Einrichtungen, die sich nachweislich nicht in die Zentren integrieren lassen, werden neue Standorte ermöglicht; dabei haben die Ziele der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, der verträglichen Integration in die Stadtstruktur und der Vermeidung von Beeinträchtigungen des Zentrengefüges weiterhin eine hohe Priorität.
13. Den Flächenzuwachs steuern
... Bei einem Bestand von ca. 4,1 Mio. m2Verkaufsfläche ist bis zum Jahr 2020 gesamtstädtisch ein realer Zuwachs von per Saldo etwa 400.000 bis 600.000 auf ca. 4,5 bis 4,7 Mio. m2 anzunehmen. ... Der hohe Anteil der Haushalte ohne eigenen Pkw und die (unter-)durchschnittliche Kaufkraft in vielen Stadtquartieren erfordern ein kleinteiliges Versorgungsnetz. Dazu gehören insbesondere die Ortsteilzentren und die Standorte der Nahversorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs. ... Die Nahversorgungszentren sind jedoch nicht Gegenstand der gesamtstädtischen Konzeption dieses Stadtentwicklungsplans, ihre Entwicklung zu steuern ist in erster Linie Aufgabe der Bezirke.
14. Bestehende Zentren aufwerten
... Maßnahmen zur Zentrenstärkung, sollen insbesondere der Funktions- und Qualitätsverbesserung dienen. Eine wichtige Zukunftsaufgabe liegt deshalb darin, durch Modernisierung, Ergänzung und Aufwertung dieser Zentren ihre Attraktivität zu steigern und ihre Funktion im Zentrengefüge zu sichern. ... Für Zentren mit funktionalen und qualitativen Mängeln, insbesondere für die Zentren mit dringendem Handlungsbedarf ... sind deshalb - vorrangig durch die Bezirke - Aufwertungskonzepte zu entwickeln, die auf die unterschiedlichen Nutzer- und Zielgruppen und die jeweiligen Akteure und ihre Gestaltungsmöglichkeiten abgestimmt sind.
15. Großflächigen Einzelhandel und Freizeitangebote integrieren
Die Stadtentwicklungsplanung muss auf die Veränderungen im Verbraucherverhalten reagieren und der anhaltenden Tendenz zu großflächigen Einzelhandelsformen Rechnung tragen. Die Potenziale solcher Ansiedlungen sollen vorrangig für die Stabilisierung und Aufwertung der städtischen Zentren genutzt werden. Dabei sind die im Zentrenatlas Berlin nachgewiesenen Flächenpotenziale zu berücksichtigen. ...
16. Komplementärstandorte entwickeln
Es gibt ... bestimmte Angebotsformen und Größen, die nicht in die gewachsenen Zentren integrierbar sind. Um dennoch die damit verbundenen Entwicklungsimpulse zu nutzen und dem Verbraucherverhalten und den Marktgegebenheiten Rechnung zu tragen, stellt der StEP ... Komplementärstandorte für nichtzentrenrelevante Einzelhandels- und Freizeitvorhaben dar, die nicht in vorhandene Zentren integrierbar sind. Derartige Vorhaben sollen vorrangig auf die im Zentrenkonzept ... ausgewiesenen Standorte für (qualifizierte) Fachmarktagglomerationen (FMA) gelenkt werden.
17. Urbane Qualitäten sichern
... Art, Umfang und städtebauliche Einbindung der Vorhaben sind so auszugestalten, dass sie die Funktionsfähigkeit der vorhandenen Zentren nicht in Frage stellen und ggf. sinnvoll unterstützen. Bei Standorten außerhalb der städtischen Zentren ist eine eigenständige städtebauliche und architektonische Qualität anzustreben.
18. Einzelfallprüfungen durchführen
... Bei solchen Vorhaben ist deshalb in jedem Fall eine Einzelfallprüfung durchzuführen. ...
Die in Abschnitt 3.7 (StEP Zentren 2020, S. 37) aufgeführten Prüfschritte geben einen Anhaltspunkt für die bei der Einzelfallprüfung anzulegenden Kriterien.
19. Größe der Bau- und Gartenmärkte sowie Möbelhäuser begrenzen
... Verschlechterung der verbrauchernahen Versorgung, eine Zunahme des Individual-Verkehrsaufkommens sowie eine Tendenz zur Auflösung städtischer Strukturen. Aus diesen Gründen sollen Bau- und Gartenfachmärkte auf eine Größe von 15.000 m2 BGF und Möbelhäuser auf 40.000 m2 BGF begrenzt werden. Im Rahmen der Einzelfallprüfung können Ausnahmen zugelassen werden, wenn damit andere wichtige Ziele erreicht werden (Städtebau, Denkmalpflege, etc).
20. Umsetzung der Ziele koordinieren
Die Steuerung der Einzelhandels-, Freizeit- und Zentrenentwicklung ist eine Querschnittsaufgabe mit vielen Beteiligten. Neben den unterschiedlichen Verwaltungen stehen private
Akteure, die ebenfalls in die Entwicklungsaufgabe einzubeziehen sind: Vertreter von Handel, Handwerk, Dienstleistungen, Hotel- und Gaststättengewerbe, Verbände sowie die privaten Haus- und Grundstückseigentümer. ... Dies gilt auch für die Einzelfallprüfungen. ... Auch auf der Ebene der zwischenbezirklichen Zusammenarbeit und der Kooperation mit den Umlandgemeinden ist kontinuierlich eine Verständigung über wesentliche Planungsgrundsätze erforderlich. Der frühzeitigen Information über anstehende Projekte sowie dem Monitoring kommt dabei eine Schlüsselrolle zu, um Fehlentwicklungen zu vermeiden.
Tab. 4: Zentrenkonzept - Handlungsbedarf | Anhang VI |
Orientierungswerte zur Entwicklung der Verkaufsflächen nach Bezirken und Zentrentypen in Quadratmetern | Anhang VII |
Die Steuerungswirkung von § 11 Abs. 3 BauNVO | Anhang VIII |
Die Steuerungswirkung von § 11 Abs. 3 BauNVO
1 Allgemeines
(1) § 11 Abs. 3 BauNVO enthält in Satz 2 eine Legaldefinition des Begriffs "Auswirkungen" im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 BauNVO. In Satz 3 wird eine Regelvermutung für das Vorliegen von Auswirkungen im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 BauNVO bei Vorhaben ab einer bestimmten Größe (1 200 m2Geschossfläche) aufgestellt. In Satz 4 sind Ausnahmen von der Regelvermutung genannt.
(2) § 11 Abs. 3 BauNVO unterstellt Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe einem bauplanungsrechtlichem Sonderregime: Die vorgenannten Betriebe sind demnach nur in Kerngebieten und in für solche Betriebe ausdrücklich ausgewiesenen Sondergebieten zulässig.
(3) Einkaufszentren unterliegen stets dem Sonderregime des § 11 Abs. 3 BauNVO. Demnach ist bei Einkaufszentren nicht zu prüfen, welche Auswirkungen vom Vorhaben konkret ausgehen. Insbesondere ist es nicht erforderlich, Kaufkraftabzüge konkret zu belegen. Vielmehr geht der Normgeber davon aus, dass sich die in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO bezeichneten Auswirkungen bei Einkaufszentren generell nicht ausschließen lassen. Eine Einzelfallprüfung erübrigt sich.
(4) Bei großflächigen Einzelhandelsbetrieben und sonstigen großflächigen Handelsbetrieben ist zu prüfen, ob diese dem Regime des § 11 Abs. 3 BauNVO unterliegen. § 11 Abs. 3 BauNVO sieht dies vor, wenn sie sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können ( § 11 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO). Geschützt sind zum einen die Ziele der Raumordnung. Diese ergeben sich aus den Plänen der Landesplanung sowie den regionalplanerischen Festlegungen des Flächennutzungsplans. Geschützt ist zum anderen die städtebauliche Entwicklung und Ordnung. Diese bezieht sich auf die städtebaulichen Belange, die insbesondere in § 1 Abs. 6 BauGB genannt sind.
(5) In § 11 Abs. 3 Satz 2 bis 4 sind die Kriterien genannt, die zur Beurteilung der Frage, ob sich großflächige Einzelhandelseinrichtungen schädlich auf die Ziele der Raumordnung sowie auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung auswirken können, als maßgeblich heranzuziehen sind.
2 Auswirkungen nach § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO
(1) Die in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 BauNVO genannten landesplanerischen oder städtebaulichen Auswirkungen werden in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO beispielhaft konkretisiert ("insbesondere"). Im Einzelfall können auch nicht ausdrücklich aufgeführte Auswirkungen von Bedeutung sein. Für die Anwendung von § 11 Abs. 3 BauNVO bedarf es nicht des konkreten Nachweises, dass Auswirkungen tatsächlich eintreten; es genügt vielmehr die Möglichkeit des Eintritts solcher Auswirkungen.
(2) § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO nennt beispielhaft folgende Auswirkungen:
(3) Zu a) Schädliche Umwelteinwirkungen sind in § 3 BImSchG im Einzelnen genannt. Bei den Folgen der Ansiedlung eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes geht es primär um Immissionen im Sinne des § 3 Abs. 2 BImSchG. Praktisch bedeutsam sind die Belastungen der Nachbarschaft durch Lärm und Abgase, die vom Autoverkehr und von der Anlage selbst ausgehen. Erfasst werden aber auch Umwelteinwirkungen, die aufgrund des Ansiedlungsvorhabens außerhalb der unmittelbaren Nachbarschaft auftreten können, zum Beispiel wegen einer stärkeren Frequentierung von (vorhandenen) größeren Erschließungsstraßen und sonstigen Zufahrten. Für die Beurteilung nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO genügen Auswirkungen, die nicht lediglich unwesentlich sind, so dass schon eine geringfügige Erhöhung des Verkehrslärms beachtlich ist; Auswirkungen im Sinne einer Störung sind auch schon dann anzunehmen, wenn die zu erwartenden Belastungen noch nicht die Schwelle der schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG überschreiten. So kann die Zunahme des Lärms in einer ruhigen Wohnstraße nur um wenige dB (A) bereits eine "Auswirkung" sein. Zur Vermeidung derartiger Auswirkungen müssen verkehrsintensive Bereiche wie Zufahrten, Anlieferung, Kundenstellplätze so angeordnet sein, dass Störungen von Wohnbereichen weitgehend ausgeschlossen sind.
(4) Zu b) Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung liegen insbesondere vor, wenn die ordnungsgemäße verkehrliche Anbindung des Vorhabens nicht gewährleistet ist oder das vorhandene Verkehrsnetz nach seiner Konzeption und Leistungsfähigkeit nicht auf das Vorhaben ausgerichtet ist. Dies gilt vor allem dann, wenn Einrichtungen des ÖPNV fehlen oder unzureichend dimensioniert sind.
(5) Zu c) Auswirkungen auf den Verkehr sind anzunehmen, wenn vorhandene Verkehrseinrichtungen durch den vom Vorhaben ausgehenden zusätzlichen Verkehr überlastet werden oder ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung entzogen werden oder wenn Verkehrsbehinderungen zu erwarten sind. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn Wohnstraßen durch die zusätzliche Verkehrsbelastung zu Durchgangsstraßen werden, Straßenquerschnitte nicht mehr ausreichen, Linksabbieger den Geradeausverkehr behindern oder sich an Verkehrsknoten Staus entwickeln können.
(6) Zu d) Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung können sich dadurch ergeben, dass durch die zu erwartende Kaufkraftbindung an einem Standort und dadurch zu erwartende Geschäftsaufgaben im Wohnbereich die ausreichende Nahversorgung nicht mehr gewährleistet ist. Eine geordnete städtebauliche Entwicklung erfordert, dass die Nahversorgung für den kurzfristigen Bedarf in der Regel noch in fußläufiger Entfernung möglich sein soll. Anhaltspunkte für eine Gefährdung der Nahversorgung können sich aus einer Gegenüberstellung der Kaufkraft im Einzugsbereich des geplanten Betriebs und der vorhandenen Verkaufsfläche je Einwohner unter Berücksichtigung der Sortimentsverteilung und der Flächenproduktivität ergeben. Zur Ermittlung der Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung müssen die Versorgungsstrukturen im Einzugsbereich des Betriebs untersucht und die Veränderungen des Käuferverhaltens sowie die städtebaulichen Folgen prognostiziert werden.
(7) Zu e) Auswirkungen auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche können bestehende und geplante Versorgungsbereiche betreffen. Auswirkungen können sich beispielsweise ergeben, wenn durch eine geplante großflächige Einzelhandelseinrichtung außerhalb dieser Bereiche eine eingeleitete, mit öffentlichen Mitteln geförderte städtebauliche Sanierungsmaßnahme nicht planmäßig fortgeführt werden kann, weil sich die vorgesehene Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben nicht mehr ermöglichen lässt, oder wenn durch starke Kaufkraftbindung außerhalb der Zentren das Niveau und die Vielfalt der Einzelhandelsgeschäfte durch Geschäftsaufgaben und Leerstände in zentralen Versorgungsbereichen abzusinken droht.
(8) Zu f) Das Orts- und Landschaftsbild kann unter städtebaulichen Aspekten ( § 1 Abs. 6 Satz 2 Nr. 4, § 34 Abs. 1 Satz 2, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5, § 172 BauGB) durch die Lage und die Größe des Betriebs tangiert sein. Mit dem Begriff "Ortsbild" ist das bauliche Erscheinungsbild (die Ansicht) des Ortes oder Ortsteils gemeint, auf den sich der Einzelhandelsgroßbetrieb auswirken kann; das Landschaftsbild kennzeichnet die im Wesentlichen unbebaute freie Natur. Nicht selten wirken Einzelhandelsgroßbetriebe aufgrund ungegliederter, wuchtiger Baukörper oder der benötigten Stellplatzbereiche in Ortsteilen mit kleinteiligen Baustrukturen störend. Sie werden als Fremdkörper wahrgenommen. Anders als in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, der erst bei einer Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbilds eingreift, reicht hier eine nicht nur unwesentliche Beeinträchtigung dieser Schutzgüter aus. Bei größeren Baumassen sind erhöhte Anforderungen an das Bauwerk auch hinsichtlich seines Maßstabs und der nicht zu bebauenden Freiflächen (insbesondere der Stellflächen) zu stellen.
(9) Zu g) Auswirkungen auf den Naturhaushalt können durch eine Beeinträchtigung des Ökosystems gegeben sein. Zu untersuchen sind die Auswirkungen von Betrieben sowohl auf Leistungsfähigkeit und Wirkungsgefüge des Naturhaushalts als auch auf die einzelnen Bestandteile des Naturhaushalts, insbesondere auf Boden, Wasser, Luft und Klima ( § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB). Auswirkungen sind zum Beispiel anzunehmen, wenn Freiflächen mit Stellplätzen versiegelt oder Frischluftschneisen durch Betriebsgebäude unterbrochen werden.
3 Vermutungsregel nach § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO
Nach § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO sind Auswirkungen im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche des Betriebs 1.200 m2überschreitet. Diese Vermutungsregel geht davon aus, dass die Verkaufsfläche erfahrungsgemäß in der Regel etwa 2/3 der Geschossfläche beträgt und eine Verkaufsfläche oberhalb von 800 m2 die in der Vorschrift genannten Auswirkungen haben kann.
4 Ausnahme nach § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO
(1) Nach § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO gilt die - widerlegliche - Vermutung des Satzes 3 nicht, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1.200 m2 Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1.200 m2 Geschossfläche nicht vorliegen. § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO benennt die Gesichtspunkte, die bei der Bewertung besonders zu berücksichtigen sind. Dazu gehören Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung und das Warenangebot des Betriebs.
(2) Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile
Mit dem Kriterium Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile trägt Satz 4 dem Umstand Rechnung, dass die städtebaulichen Folgen eines großflächigen Einzelhandelsbetriebs maßgeblich davon abhängen, in welchem Umfeld er angesiedelt wird. In einer kleinen Gemeinde kann bereits ein Betrieb mit weniger als 1.200 m2 Geschossfläche Auswirkungen haben, während der gleiche Betrieb in ein städtisches Umfeld integriert wird.
(3) Sicherung der verbrauchernahen Versorgung
Der Begriff der Sicherung der verbrauchernahen Versorgung deckt sich inhaltlich mit dem Begriff der "konkreten städtebaulichen Situation" wie er vor Einführung des § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO (im Jahr 1986) durch die Rechtsprechung verwendet wurde (BVerwG, Urteil vom 3. Februar 1984 - 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Demnach ist die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung etwa dann nicht nachteilig betroffen, wenn der beantragte Betrieb eine Unterversorgung mit Waren des täglichen und des kurzfristigen Bedarfs in seinem Einzugsbereich beseitigt oder eine Gefährdung städtebaulich integrierter Einzelhandelsbetriebe wegen eines schmalen Warensortiments ausgeschlossen ist. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Unterversorgung vorliegt, sind noch nicht verwirklichte Planungen zur Schaffung zentraler Versorgungsbereiche zu berücksichtigen. Eine Ausnahme ist auch dann gegeben, wenn der Betrieb in zentraler und für die Wohnbevölkerung allgemein gut erreichbarer Lage errichtet werden soll, soweit die vorhandene oder angestrebte Zentrenstruktur nicht gestört wird (BVerwG, Urteil vom 3. Februar 1984 - 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung wird insbesondere durch den Lebensmittelhandel wahrgenommen. Demnach kommt dem Lebensmitteleinzelhandel eine besondere Bedeutung im Hinblick auf die Sicherung einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung zu, so dass von großflächigen Lebensmitteleinzelhandelsbetrieben in größeren Gemeinden und Ortsteilen auch oberhalb der Regelvermutungsgrenze von 1.200 m2 aufgrund einer Einzelfallprüfung dann keine negativen Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung und den Verkehr ausgehen können, wenn:
(8) Warenangebot des Betriebs
Bei der Beurteilung, ob eine Ausnahme vorliegt, kann das Warenangebot maßgeblich sein. Das Kriterium des Warenangebotes deckt sich inhaltlich weitestgehend mit dem Begriff der "betrieblichen Besonderheit", den das Bundesverwaltungsgericht bis 1986 verwendet hat. Mit diesem Kriterium wird dem Umstand Rechnung getragen, dass aufgrund des besonderen Warenangebotes bestimmte Betriebe ausnahmsweise trotz ihrer Größe keine Auswirkungen im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO haben können. Diese Ausnahme ist anzunehmen, wenn Waren mit einem typischerweise großen Flächenbedarf verbunden sind und geringe Zentrenrelevanz (vgl. Anhang I) haben.
(9) Bei Vorhaben mit mehr als 800 m2 Verkaufsfläche ist im Sinne einer typisierenden Betrachtungsweise ohne besondere Prüfung von Auswirkungen im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO auszugehen, wenn der Antragsteller nicht eine atypische Fallgestaltung geltend macht. Greift die Regelvermutung ein, erübrigt sich eine Beweisaufnahme zu den möglichen Auswirkungen des Betriebes (BVerwG, Beschluss vom 9. Juli 2002 - 4 B 14/02 -, ZfBR 2002, 805 ff.).
(10) Die in § 11 Abs. 2 Satz 4 BauNVO genannten Kriterien sind nicht abschließend ("insbesondere"). Auch andere Ausnahmen sind denkbar, etwa bei einer erheblichen Abweichung des Verhältnisses von Geschossfläche zur Verkaufsfläche. Eine derartige erhebliche Abweichung ist anzunehmen, wenn zwar die Geschossfläche 1 200 m2 überschreitet, aber die Verkaufsfläche wesentlich unter 800 m2 liegt.
5 Prüfung von Auswirkungen im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO
(1) Greift die Vermutungsregel wegen des Vorliegens einer atypischen Fallgestaltung nicht ein, ist im Hinblick auf die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls aufzuklären, ob der zur Genehmigung gestellte großflächige Einzelhandelsbetrieb mit Auswirkungen der in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO genannten Art verbunden sein wird oder sein kann (BVerwG, Beschluss vom 9. Juli 2002 - 4 B 14/02).
(2) Die atypische Fallgestaltung kann nicht losgelöst von der Größenordnung des Vorhabens beurteilt werden. Auch bei Vorhaben mit einem schmalen Warensortiment und nichtzentrenrelevanten Kernsortimenten wie zum Beispiel Möbelhäusern, Bau- und Heimwerkermärkten sowie Gartencentern können aufgrund der Größe des Vorhabens Auswirkungen auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich, auf das Orts- und Landschaftsbild oder auf den Naturhaushalt vorliegen. Außerdem sind bei solchen Vorhaben aufgrund der branchenüblichen zentren- und nahversorgungsrelevanten Randsortimente Auswirkungen auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Ansiedlungsgemeinde oder in benachbarten Gemeinden möglich und daher auch zu prüfen. Zur Abgrenzung der nicht zentrenrelevanten Sortimente und der zentren- und nahversorgungsrelevanten Sortimente wird auf den Anhang I hingewiesen.
(3) Bei der Zulassung eines Vorhabens aufgrund einer atypischen Fallgestaltung wird es in der Regel erforderlich sein, die Sortimente im Bebauungsplan und gegebenenfalls in der Baugenehmigung festzuschreiben. Die zulässigen Sortimente sollten als Positivliste oder die unzulässigen Sortimente als Negativliste - gegebenenfalls flächenmäßig begrenzt - Bestandteil der Antragsunterlagen sein oder in der Baugenehmigung festgeschrieben werden.
(4) Ferner besteht auch die Möglichkeit, die Sortimente zusätzlich zu den Festsetzungen im Bebauungsplan über vertragliche Vereinbarungen ergänzend und detailliert festzuschreiben. Dieses kann auch über einen städtebaulichen Vertrag oder einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan erfolgen. Grundsätzlich ist dabei auf eine widerspruchsfreie Ergänzung zwischen Festsetzungen und Vertragsinhalt abzustellen, da sich eine aus dem Bebauungsplan ergebende Zulässigkeit eines Vorhabens in der Regel nicht durch Vertrag einschränken lässt.
5.1 Sonderfall: Agglomeration
(1) Auswirkungen im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO können sich auch durch eine Agglomeration von mehreren kleineren Betrieben ergeben, wenn diese selbst zwar jeweils unter 1.200 m2 Geschossfläche liegen, aber in räumlichem und zeitlichem Zusammenhang zueinander errichtet werden bzw. zu vorhandenen Betrieben neue Betriebe unter 1.200 m2 hinzutreten oder vorhandene Betriebe entsprechend erweitert oder umgenutzt werden sollen. Solche als isolierte Einzelfälle gegebenenfalls für sich unbedenkliche Vorhaben müssen in ihrem Zusammenwirken gesehen werden und können durch eine derartige Agglomeration gemeinsam zu Vorhaben im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 BauNVO, wenn nicht sogar zu einem Einkaufszentrum werden (Nummer 2.1). Auf die Zulässigkeitsbeschränkung durch § 15 BauNVO wird hingewiesen.
(2) Regelungsgegenstand des § 11 Abs. 3 BauNVO ist "der einzelne Betrieb" (BVerwG, Urteil vom 24. November 2005, 4 C 8/05). Bei der Zulässigkeitsbetrachtung muss daher geprüft werden, ob es sich bei den Vorhaben um selbstständige Betriebe handelt. Dies bestimmt sich nach baulichen und betrieblichfunktionalen Gesichtspunkten. Ein selbstständiger Einzelhandelsbetrieb liegt nur dann vor, wenn er unabhängig von anderen Einzelhandelsbetrieben genutzt werden kann und deshalb baurechtlich auch als eigenständiges Bauvorhaben genehmigungsfähig wäre. Kriterien dafür können sein: Die Verkaufsstätte verfügt über einen eigenen Eingang, eine eigene Anlieferung und eigene Personalräume. Zudem muss sie unabhängig von anderen Betrieben geöffnet und geschlossen werden können. Ohne Belang ist es, wer rechtlich oder wirtschaftlich Betreiber ist. Liegen in diesem Sinne baulich und funktionell eigenständige Betriebe vor, so dürfen die Verkaufsflächen nicht zusammengerechnet werden. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn diesen Betrieben ein gemeinsames Nutzungskonzept zugrunde liegt und die dargebotenen Sortimente einander ergänzen.
(3) Eine Zusammenrechnung mehrerer Betriebe innerhalb eines Gebäudes ist jedenfalls dann vorzunehmen, wenn ein Betrieb als "Hauptbetrieb" dominiert und die anderen Betriebe hinter diesen deutlich zurücktreten, so dass deren Warenangebot nur als Randangebot vom Verbraucher wahrgenommen wird. Unter welchen Voraussetzungen ein Haupt- und ein Nebenbetrieb in diesem Sinne anzunehmen sind, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Für eine betriebliche Einheit spricht, dass die für die "Nebenbetriebe" in Anspruch genommenen Flächen deutlich hinter denjenigen des Hauptbetriebes zurückbleiben und nach der Verkehrsanschauung aus der Sicht des Verbrauchers ein Randangebot als zum Hauptbetrieb zugehörig gesehen wird. Baulich gesondert nutzbare Betriebsflächen bilden somit dann eine betriebliche Einheit mit einem Hauptbetrieb, wenn auf ihnen lediglich ein den Hauptbetrieb ergänzendes Angebot erbracht wird. Dies ist insbesondere der Fall, wenn nach der Verkehrsanschauung der kleinere Bereich ebenso in die Verkaufsfläche des größeren Betriebs einbezogen sein könnte.
(4) Ausdrücklich offen gelassen hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Urteile vom 24. November 2005, 4 C 8/05, S. 5; 4 C 14/04 -, NVwZ 2006, 455, 456) die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen baulich selbstständig nutzbare Verkaufsstätten einen Einzelhandelsbetrieb im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO bilden können, wenn sie nicht in einem Gebäude untergebracht sind. Es ist deshalb weiterhin denkbar, die Verkaufsflächen zweier nicht in einem Gebäude untergebrachter Einzelhandelsbetriebe unter bestimmten Voraussetzungen zusammenzurechnen.
(5) Durch die Aufstellung von Bebauungsplänen und die Beschränkung bzw. den Ausschluss weiterer Einzelhandelsbetriebe kann eine unerwünschte Agglomeration von Einzelhandelsbetrieben unterbunden werden.
5.2 Sonderfall: Zusätzliche Ansiedlung von Vergnügungs- und Freizeiteinrichtungen
(1) Aufgrund des großen Einzugsbereichs großflächiger Einzelhandelseinrichtungen und der entsprechend hohen Besucherfrequenz besitzen diese Einzelhandelsformen eine hohe Attraktivität zur zusätzlichen Ansiedlung von Vergnügungs- und Freizeiteinrichtungen (z.B. Multiplex-Kinos, Spaßbäder). Dies kann zum Entstehen sogenannter "Erlebnis-Welten" führen.
(2) Eine gemeinsame bzw. bei bestehenden Einzelhandelsbetrieben ergänzende Ansiedlung von Vergnügungs- und Freizeiteinrichtungen kann zur Folge haben, dass die bis dahin noch tragbaren Auswirkungen eines bestehenden, zulässigerweise errichteten Einzelhandelsbetriebes so verstärkt werden, dass es zu negativen Auswirkungen im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO kommen kann, insbesondere die verkehrlichen Auswirkungen sind dabei zu beachten. Bei gemeinsamer Planung von Einzelhandel und Freizeiteinrichtungen ist daher schon im Rahmen des Planungsverfahrens zu belegen, dass keine negativen Auswirkungen zu erwarten sind. Grundsätzlich ist auch bei der zusätzlichen Ansiedlung von großen Freizeitanlagen zu prüfen, ob für diese ein Raumordnungsverfahren durchzuführen ist.
6 Darlegungslast
(1) Die Darlegungslast für das Vorliegen einer atypischen Fallgestaltung trägt der Antragsteller, wenn es sich um ein Vorhaben handelt, das die Grenze von 1.200 m2 Geschossfläche überschritten hat. Dazu muss der Antragsteller das Vorliegen bestimmter atypischer Abweichungen von der der Regelvermutung zugrunde liegenden typischen betrieblichen oder städtebaulichen Situation darlegen und beweisen (BVerwG, Beschluss vom 9. Juli 2002 - 4 B 14/02 -, ZfBR 2002, 805 ff.). Der Antrag darf sich nicht auf die Klärung betrieblicher Auswirkungen beziehen, da insoweit die Regelvermutung des § 11 Abs. 3 BauNVO greift. Das bedeutet, dass der Antragsteller konkret vortragen muss, warum eine Ausnahmesituation besteht. Bei Nichterweislichkeit der Tatsache, die die Ausnahme begründen soll, greift die Regelvermutung des § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO ein.
(2) Handelt es sich dagegen um ein Vorhaben, das unterhalb der Grenze von 1.200 m2 liegt, fällt es in die Darlegungslast der Behörde, zu begründen, warum eine Ausnahme von der Regelvermutung vorliegt.
Rechtsprechung - Wichtige Entscheidungen | Anhang IX Zu 3.2.1 Sich-Einfügen |
(BVerwG, Urteil vom 26.05.1978, NJW 1978, 2564) Begriff
(BVerwG, Urteil vom 23.05.1986, NVwZ 1987, 128) Gebot der Rücksichtnahme
(BVerwG, Beschluss vom 20.01.1989, NVwZ 1989, 666) Gebot der Rücksichtnahme
Zu 3.2.3 Gesicherte Erschließung
(BVerwG, Urteil vom 03.02.1984, 4 C 8.80) Verkehrsaufkommen
Zu 3.2.4 Nutzungsänderung und Erweiterung
(BVerwG, Beschluss vom 15.02.1995, 4 B 84/94) Gegenstand der Beurteilung
Zu Anhang III Nr. 1 - Einkaufszentren
(BVerwG, Urteil vom 27.04.1990, NVwZ 1990, 1074) Begriff
(BVerwG, Beschluss vom 15.02.1995, 4 B 84/94) Nachträgliche Entstehung
(BVerwG, Urteil vom 01.08.2002, 4 C 5/01, NVwZ 2003, 86) Erscheinungsbild
Zu Anhang III Nr. 2 - Großflächige Einzelhandelsbetriebe
(BVerwG, Urteile vom 24.11.2005, 4 C 10.04, 4 C 14.04, 4 C 3.05 und 4 C 8.05) Großflächigkeit
Zu Anhang III Nr. 3 - Sonstige großflächige Handelsbetriebe
(Hess VGH, Urteil vom 17.08.2000, BRS 63 Nr. 84) Großhandel
(BGH, Urteil vom 30.11.1989, NJW 1990, 1294) Cashand-carry-Betriebe
Zu Anhang III Nr. 7 - Verkaufsfläche
(BVerwG, Urteile vom 24.11.2005, 4 C 10.04, 4 C 14.04, 4 C 3.05 und 4 C 8.05) Begriff
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