umwelt-online: Archivdatei 2007 - Bauplanungsrechtliche Beurteilung von großflächigen Einzelhandelsvorhaben - Einzelhandelserlass - Brandenburg - (2)

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4 Steuerung der Einzelhandelsentwicklung durch die Landes- und Regionalplanung

4.1 Erfordernisse der Raumordnung

Wesentliche Bedeutung für die landesplanerische Steuerung von Einzelhandelsansiedlungen haben die Erfordernisse der Raumordnung. Das Raumordnungsrecht unterscheidet zwischen Zielen (Z), Grundsätzen (G) und sonstigen Erfordernissen der Raumordnung ( § 3 Nr. 2 des Raumordnungsgesetzes - ROG).

Ziele der Raumordnung lösen eine strikte Beachtenspflicht aus, die nicht durch planerische Abwägung oder Ermessensausübung überwunden werden kann. Diese Verpflichtung wird für die Bauleitplanung in § 1 Abs. 4 BauGB zu einer Anpassungspflicht konkretisiert.

Grundsätze und sonstige Erfordernisse der Raumordnung begründen eine Berücksichtigungspflicht bei Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen ( § 4 Abs. 2 ROG).

4.2 Erfordernisse der Raumordnung der gemeinsamen Landesplanung Berlin-Brandenburg

4.2.1 Ziele der Raumordnung

Nach § 16 Abs. 6 des Landesentwicklungsprogramms der Länder Berlin und Brandenburg (LEPro) sind Einrichtungen der privaten Versorgung von überörtlicher Bedeutung und großflächige Einzelhandelsbetriebe nur dort zuzulassen, wo deren Nutzung nach Art, Lage und Umfang der angestrebten zentralörtlichen Gliederung sowie der in diesem Rahmen zu sichernden Versorgung der Bevölkerung entsprechen. Der Anteil von Verkaufsflächen in großflächigen Einzelhandelszentren ist auf ein Maß zu begrenzen, das die wohnungsnahe Versorgung der Bevölkerung und die geplante Zentrenstruktur nicht gefährdet. Dabei ist auf siedlungsstrukturelle Verträglichkeit und städtebauliche Einbindung hinzuwirken.

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass die in § 16 Abs. 6 Satz 1 LEPro enthaltene Zuordnung großflächiger Einzelhandelsbetriebe an zentrale Orte (Konzentrationsgebot) als Ziel der Raumordnung zu bewerten ist. Bauleitpläne sind gemäß § 1 Abs. 4 BauGB an die Ziele der Raumordnung anzupassen, das heißt, sie können diese landesplanerische Festlegung nicht im Wege der Abwägung überwinden.

Darüber hinaus enthält § 16 Abs. 6 LEPro weitere wichtige Gebote für die landesplanerische Steuerung des großflächigen Einzelhandels:

Das Kongruenzgebot beinhaltet die Zuordnung einzelner Vorhaben zu Orten bestimmter Zentralitätsstufen entsprechend dem landesplanerisch definierten Status des Zentralen Ortes einerseits und der Funktion des Vorhabens andererseits. Die Verkaufsfläche und das Warensortiment von Einzelhandelsgroßvorhaben im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO müssen der zentralörtlichen Versorgungsfunktion und dem Verflechtungsbereich des jeweiligen zentralen Ortes entsprechen. Dabei wird für gewöhnlich zwischen Ober-, Mittel- und Grundzentren unterschieden.

Das Beeinträchtigungsverbot untersagt es Orten ohne beziehungsweise mit niedrigerem zentralen Status, durch ihre Planungen Kommunen mit höherer Zentralitätsstufe in der Erfüllung ihrer jeweiligen landesplanerisch zugewiesenen Aufgaben zu beeinträchtigen. Demnach darf durch die Ansiedlung von großflächigen Einzelhandelsvorhaben in niederrangigen Zentren die Erfüllung der Aufgaben des Mittel- oder Oberzentrums nicht erschwert werden. Eine Beeinträchtigung in diesem Sinne liegt vor, wenn zu erwarten ist, dass die Funktion eines zentralen Ortes verändert wird. Dies ist anhand von unterschiedlichen Merkmalen zu ermitteln.

Das Integrationsgebot sieht eine Zuordnung von Einzelhandelsgroßbetrieben zu Siedlungsschwerpunkten vor, durch die eine integrierte Ansiedlung innerhalb innerstädtischer Zentren oder Nebenzentren erreicht werden soll.

In der Normhierarchie unter dem Landesentwicklungsprogramm steht der Landesentwicklungsplan für den Gesamtraum Berlin-Brandenburg (LEP GR). Dieser enthält ebenfalls Aussagen zur Ansiedlung von Einzelhandelsvorhaben:

"Z 1.3.3 Raumbedeutsame Einzelhandelsbetriebe

(1) Raumbedeutsame Einzelhandelsbetriebe aller Betriebsformen (einschließlich Factory Outlet center) mit zentrenrelevanten Sortimenten sollen unter Einhaltung der Zentrenverträglichkeit nach Art und Umfang des Angebotes Zentralen Orten zugeordnet werden. Mit einer Geschossfläche von insgesamt mehr als 5.000 qm sind sie in der Regel nur Zentren mit mittel- oder oberzentralen Funktionen zuzuordnen.

(2) In den Zentralen Orten ist die Ansiedlung raumbedeutsamer Einzelhandelsbetriebe außerhalb der innerörtlichen Siedlungsfläche des Hauptortsteiles nur vorzusehen, wenn Art und Umfang des geplanten Angebotes zentrenverträglich sind und der räumliche Zusammenhang zur innerörtlichen Siedlungsfläche gewahrt wird.

(3) Entsteht durch einen raumbedeutsamen Einzelhandelsbetrieb mit Standort außerhalb des jeweils benachbarten Zentralen Ortes im Ergebnis eines Zielabweichungsverfahrens diesem ein Nachteil, dann ist vertraglich ein Nachteilsausgleich anzustreben, sofern nicht auf anderem Weg ein Nachteilsausgleich mit dem Zentralen Ort erreicht wird."

4.2.2 Grundsätze der Raumordnung

Folgende landesplanerische Grundsätze sind bei der Ansiedlung von Einzelhandelsunternehmen zu berücksichtigen.

  1. Entwicklung der räumlichen Struktur des Gesamtraumes, so dass insbesondere den Erfordernissen des Natur- und Umweltschutzes, der Infrastruktur, der Wirtschaft, des Arbeitsmarktes, des Wohnens, der Kultur und der sozialen Belange sowie der Bevölkerungsentwicklung bestmöglich Rechnung getragen wird ( § 2 Abs. 2 LEPro).
  2. Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, insbesondere durch sparsame und schonende Inanspruchnahme der Naturgüter, eine möglichst geringe zusätzliche Versiegelung des Bodens sowie durch Erhalt oder Wiederherstellung der nachhaltigen Leistungsfähigkeit und des Gleichgewichtes des Naturhaushaltes ( § 14 Abs. 2 LEPro).
  3. Der Bedarf an zusätzlichen Einzelhandelsflächen ist gezielt als Kern zentrenbildender Funktionen zur Wiederbelebung beziehungsweise Neuschaffung zentraler Lagen nutzbar zu machen; Aktivierung vorrangig innerörtlicher Flächenpotenziale, Wiederherstellung beziehungsweise Neuschaffung zentraler Lagen und Verstärkung der Anziehungskraft der Zentren durch Ergänzung mit Dienstleistungen, Wohnen und nicht störendem Gewerbe sowie Angeboten für Kultur, Freizeit und Erholung ( § 17 Abs. 5 LEPro).
  4. Die verbrauchernahe Einzelhandelsversorgung aller Bevölkerungsteile mit Gütern des täglichen Bedarfs und mit entsprechenden Dienstleistungen soll gesichert werden (G 1.3.1 LEP GR, G 1.0.7 des Landesentwicklungsplans für den engeren Verflechtungsraum Brandenburg-Berlin - LEP eV).
  5. Für Ober- und Mittelzentren und ihre Umlandgemeinden sollten im Sinne von Plansatz G 1.2.2 LEP GR über gemeindliche Konzepte hinausgehende regionale Einzelhandelsentwicklungskonzepte erstellt werden, in denen auch die Versorgungsfunktionen benachbarter Zentraler Orte Berücksichtigung finden. Sie sind durch das Ober- und Mittelzentrum selbst beziehungsweise in deren Auftrag im Rahmen interkommunaler Abstimmungen mit den betroffenen Nachbargemeinden insbesondere unter Beteiligung der Regionalplanung, Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer und Handelsverband (Organisation des Einzelhandels) zu erarbeiten (G 1.3.2 LEP GR).

Neben den vorgenannten Zielen und Grundsätzen enthalten auch die jeweiligen Regionalpläne weitere Ziele und Grundsätze zu Einzelhandelsgroßprojekten, die entsprechend Eingang in die Bauleitplanung finden müssen.

5 Landesplanerische Verfahren

5.1 Raumordnungsverfahren

Großflächige Einzelhandelsvorhaben im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO sind nach § 1 Nr. 19 der Raumordnungsverordnung (RoV) grundsätzlich einem Raumordnungsverfahren zu unterziehen, wenn sie im Einzelfall raumbedeutsam sind und überörtliche Bedeutung haben ( § 1 Satz 1 RoV). Eine Festlegung auf eine bestimmte Geschossflächenzahl des Betriebes ist dabei nicht in die Raumordnungsverordnung aufgenommen worden, weil die Raumrelevanz solcher Betriebe wesentlich von der Siedlungsstruktur abhängt. In ländlichen Räumen trifft dies bereits auf kleinere Betriebe zu, während in verdichteten Räumen die Vermutungsregelung des § 11 Abs. 3 BauNVO auch im Einzelfall überschritten werden kann.

Durch das Raumordnungsverfahren gemäß Artikel 16 des Landesplanungsvertrages (LPlV) wird festgestellt, ob raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen mit den Erfordernissen der Raumordnung übereinstimmen und wie diese unter den Gesichtspunkten der Raumordnung aufeinander abgestimmt oder durchgeführt werden können (Raumverträglichkeitsprüfung). Gemäß § 1 Abs. 4 Satz 2 der Gemeinsamen Raumordnungsverfahrensverordnung (GROVerfV) kann die Gemeinsame Landesplanungsabteilung im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens eine raumordnerische Umweltverträglichkeitsprüfung durchführen.

Nach § 2 GROVerfV entscheidet die Gemeinsame Landesplanungsabteilung auf Antrag des Vorhabenträgers oder von Amts wegen innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Vorlage einer Projektbeschreibung mit Lageplan über die Notwendigkeit eines Raumordnungsverfahrens. Wesentliche Beurteilungskriterien sind Raumbedeutsamkeit, Überörtlichkeit, Projektbezogenheit, ernsthafte Realisierungsabsicht und Abstimmungsbedürftigkeit des Vorhabens. Die vom Träger des Vorhabens zur Einleitung des Raumordnungsverfahrens zu erarbeitende Unterlage berücksichtigt neben den Anforderungen aus den §§ 2 und 3 GROVerfV insbesondere die im Ergebnis der Antragskonferenz getroffenen Festlegungen. Das Ergebnis des Raumordnungsverfahrens ist bei allen weiteren Entscheidungen über die Zulässigkeit des Vorhabens zu berücksichtigen.

Das bedeutet:

5.2 Zielabweichungsverfahren

Die Regelung zum Zielabweichungsverfahren in Artikel 10 LPlV entspricht im Wesentlichen der bundesrechtlichen Vorgabe in § 11 ROG, die ihrerseits der bauplanungsrechtlichen Regelung in § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB nachgebildet ist. Nach § 11 Satz 1 ROG kann von einem Ziel der Raumordnung in einem besonderen Verfahren abgewichen werden, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden.

Nach Artikel 10 LPlV kann die Gemeinsame Landesplanungsabteilung im Einvernehmen mit den fachlich berührten Stellen und im Benehmen mit den betroffenen Gemeinden auf Antrag der in § 3 Nr. 5 und § 5 Abs. 1 ROG genannten öffentlichen Stellen und Personen sowie der kommunalen Gebietskörperschaften, die das Ziel der Raumordnung zu beachten haben, im Einzelfall Abweichungen von den Zielen der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichungen unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar sind und die Grundzüge der Landesplanung nicht berührt werden.

6 Kommunale Planung

6.1 Anfrage nach den Zielen der Raumordnung

Bei der Planung von Kerngebieten und Sondergebieten im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO hat die Gemeinde nach Artikel 12 LPlV bei der Gemeinsamen Landesplanungsabteilung anzufragen, welche Ziele der Raumordnung für den Planbereich bestehen (Erlass zur Anfrage nach den Zielen, Grundsätzen und sonstigen Erfordernissen der Raumordnung, Zielanpassung im Rahmen der Behördenbeteiligung und Auskunftspflicht über das Inkrafttreten eines Bauleitplanes vom 10. August 2005, ABl. S. 946).

6.2 Zielanpassung

Gemäß § 1 Abs. 4 BauGB sind die Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen. Ziele der Raumordnung sind für die Bauleitplanung unmittelbar bindende Vorgaben und nicht Gegenstand der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB. Die Gemeinsame Landesplanungsabteilung ist im Rahmen der Behördenbeteiligung gemäß § 4 Abs. 2 BauGB nochmals zu beteiligen, um eine Stellungnahme zur Anpassung des Bauleitplanes an die Ziele der Raumordnung abgeben zu können. Für Bebauungspläne ist in diesem Rahmen die vollständige und gegebenenfalls aktualisierte Flächenbilanz vorzulegen.

6.3 Auskunftspflicht über das Inkrafttreten eines Bauleitplanes

Gemäß Artikel 20 LPlV hat die Gemeinde das Inkrafttreten eines Bauleitplanes unverzüglich der Gemeinsamen Landesplanungsabteilung und bei kreisangehörigen Gemeinden zusätzlich dem Landrat als allgemeine untere Landesbehörde mitzuteilen. Ein Exemplar des in Kraft getretenen Bauleitplanes ist der Gemeinsamen Landesplanungsabteilung für die Datenerfassung im Planungsinformationssystem vorübergehend zurr Verfügung zu stellen.

6.4 Einzelhandelskonzepte

6.4.1 Gemeindliche Einzelhandelskonzepte

Mit der Aufstellung von gemeindlichen Einzelhandelskonzepten und der planungsrechtlichen Absicherung dieser Konzepte durch Bauleitpläne können die Gemeinden ihre Zentren und Nebenzentren entwickeln und eine ausgewogene Versorgungsstruktur gewährleisten. Die Erarbeitung von Einzelhandelskonzepten sollte in der Regel eingebettet sein in eine integrierte kommunale Entwicklungsplanung, in der sowohl die Belange der sektoralen Planungen als auch die der übergeordneten Planungen Berücksichtigung finden. Einzelhandelskonzepte schaffen einerseits eine Orientierungs- und Beurteilungsgrundlage für die Bauleitplanung und die Beurteilung von Vorhaben und andererseits Planungs- und Investitionssicherheit für den Einzelhandel, Investoren und Grundstückseigentümer. Einzelhandelskonzepten kommt zudem Bedeutung zu

Die im Rahmen der Erarbeitung der Einzelhandelskonzepte mitunter ermittelten Verkaufsflächenzahlen sind im Allgemeinen nur (fortschreibungsbedürftige) Orientierungswerte, die für die Beurteilung eines Einzelstandortes in der Regel einer weiteren Untersetzung bedürfen. Die Einzelhandelskonzepte sollen insbesondere einen Überblick über vorhandene und potenzielle Einzelhandelsstandorte und deren Entwicklungspotenziale geben und Aussagen zu den einzelhandelsspezifischen Qualitäten (zum Beispiel besondere Sortimentsstruktur, Lagegunst, Synergien) und Quantitäten (zum Beispiel Verkaufsflächengrößen, Erweiterungsmöglichkeiten) enthalten.

In den Einzelhandelskonzepten legen die Gemeinden ihre Entwicklungsziele für den Einzelhandel fest, dazu gehört die angestrebte Einzelhandelsausstattung für die angemessene Versorgung der Bevölkerung. Die Gemeinden bestimmen ferner die Standorte für die weitere Entwicklung des Einzelhandels (Zentrenstruktur wie Nahversorgungszentren, Neben- und Stadtteilzentren, Kerngebiete in der Innenstadt für die mittel- und oberzentrale Versorgung, Sondergebiete). Die Einzelhandelskonzepte sind als "sonstige städtebauliche Planungen" im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB bei der Bauleitplanung zu berücksichtigen.

Bei der Aufstellung der Einzelhandelskonzepte ist insbesondere eine Beteiligung der Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern und Organisationen des Einzelhandels sowie eine Abstimmung mit den betroffenen Nachbargemeinden im Sinne einer freiwilligen interkommunalen/regionalen Abstimmung zu empfehlen.

6.4.2 Interkommunale Einzelhandelskonzepte

In Regionen, in denen ein besonders starker Ansiedlungsdruck durch den Einzelhandel besteht - im Nahbereich von Berlin, aber auch im Umland von anderen Oberzentren oder in besonders verkehrsgünstigen Lagen - kann es erforderlich sein, dass über die gemeindlichen Einzelhandelskonzepte hinaus auch interkommunale Einzelhandelskonzepte erarbeitet werden. Durch diese ist sicherzustellen, dass zum einen eine Verschärfung einer schädlichen interkommunalen Konkurrenzsituation vermieden wird und zum anderen eine abgestimmte, raumverträgliche Steuerung der Einzelhandelsentwicklung gewährleistet wird. Unter Umständen kann ein interkommunal abgestimmtes Konzept auch zur Nutzung von Synergieeffekten beitragen. In diesen Konzepten sollen sich Nachbargemeinden auf die Dimensionierung von (potenziellen) Einzelhandelsflächen, insbesondere für großflächige Einzelhandelsbetriebe und nichtintegrierte Betriebe und Agglomerationstypen, einigen.

Die Einzelhandelskonzepte sollten von den Gemeinden selbst oder in deren Auftrag erarbeitet werden. Einzelhandelskonzepte können als Entscheidungshilfe für die Gemeinden dienen. Die Gemeinden können ihnen durch entsprechende Beschlüsse auch den Stellenwert einer informellen Planung geben. Dann wären diese gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB bei der Aufstellung von Bauleitplänen zu berücksichtigen (siehe auch Nummer 6.4.1).

Bei der Erarbeitung eines interkommunalen Einzelhandelskonzeptes haben die Gemeinden darauf hinzuwirken, dass die erwarteten Vor- und Nachteile annähernd gleichmäßig auf die beteiligten Gemeinden verteilt sind und dass der erarbeitete Konsens zügig in verbindliche Formen überführt wird, zum Beispiel als verbindlicher Fachbeitrag zum Regionalplan oder möglicherweise auch als interkommunale beziehungsweise landesplanerische Verträge. Ein anerkannter Mediator, der keine Partikularinteressen vertritt, sollte den Konsensbildungsprozess moderieren.

6.5 Standortgemeinschaft

Die Gemeinden sollen darauf hinwirken, dass Standortgemeinschaften zwischen Einzelhändlern und Immobilieneigentümern gegründet werden. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass für einen räumlich begrenzten Bereich aus eigener Initiative und eigenen Mitteln Maßnahmen zur Verbesserung des geschäftlichen beziehungsweise städtischen Umfeldes ergriffen werden. Eine Möglichkeit, über eine gemeindliche Satzung ohne spezialgesetzliche Ermächtigung eine derartige Standortgemeinschaft zu gründen, besteht nicht (siehe auch Nummer 6.6). Die Gemeinden haben darauf hinzuwirken, dass sich Standortgemeinschaften auf freiwilliger Basis zusammenschließen. Als Mitglieder sollen weitere Partner wie die Industrie- und Handelskammern und Stadtmarketingagenturen einbezogen werden. Unter den Mitgliedern einer Standortgemeinschaft sollte in regelmäßigen Abständen eine Evaluierung der Maßnahmen vorgenommen werden.

6.6 Private Initiativen zur Stadtentwicklung ( § 171f BauGB) - Business Improvement Districts (BID)

§ 171f BauGB wurde durch das Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3316) in das Baugesetzbuch aufgenommen. Danach können nach Maßgabe des Landesrechts (unbeschadet sonstiger Maßnahmen nach dem Baugesetzbuch) Gebiete festgelegt werden, in denen in privater Verantwortung standortbezogene Maßnahmen durchgeführt werden, die auf der Grundlage eines mit den städtebaulichen Zielen der Gemeinde abgestimmten Konzepts der Stärkung oder Entwicklung von Bereichen der Innenstädte, Stadtteilzentren, Wohnquartiere und Gewerbezentren sowie von sonstigen für die städtebauliche Entwicklung bedeutsamen Bereichen dienen. Zur Finanzierung der Maßnahmen und gerechten Verteilung des damit verbundenen Aufwands können durch Landesrecht Regelungen getroffen werden.

§ 171f BauGB dient dem stadtentwicklungspolitischen Ziel der Stärkung privater Initiativen, wie zum Beispiel Business Improvement Districts und Immobilien- und Standortgemeinschaften. Denn diese können einen Beitrag zur städtebaulichen Verbesserung von Stadtquartieren in funktionaler und gestalterischer Hinsicht leisten. Künftige landesrechtliche Regelungen zu entsprechenden Einrichtungen in privater Trägerschaft einschließlich ihrer Finanzierung sollen damit kompetenzrechtlich flankiert und abgesichert werden. Die Vorschrift bestimmt auch, dass die Gebiete für private Initiativen der Stadtentwicklung unbeschadet sonstiger städtebaulicher Maßnahmen des Baugesetzbuchs festgelegt werden. Damit wird das Verhältnis von Business Improvement Districts, Immobilien- und Standortgemeinschaften und ähnlichen Einrichtungen zu anderen städtebaulichen Maßnahmen, wie vor allem solchen des Besonderen Städtebaurechts, die von öffentlichen Aufgabenträgern nach Maßgabe der einschlägigen Vorschriften des Baugesetzbuchs zu erbringen sind, geregelt. Solche Maßnahmen werden durch Business Improvement Districts, Immobilien- und Standortgemeinschaften und ähnliche Einrichtungen nicht ersetzt. Denn diese Einrichtungen sind darauf ausgerichtet, Maßnahmen durchzuführen, die über das hinausgehen, was staatliche oder kommunale Stellen erbringen.

Die Einzelheiten einer gesetzlichen Regelung bleiben nach § 171f BauGB den Ländern vorbehalten. Dies können zum Beispiel Regelungen zu den Zielen und Aufgaben, zu Anforderungen an den Maßnahmenträger, das Verfahren zur Festlegung der Gebiete einschließlich der Festlegung von Quoren für die Zustimmung der Beteiligten, zur Dauer der Gebietsfestlegung, zur Umsetzung, zur Kontrolle der Aufgabenerfüllung, und - wie in § 171f Satz 2 BauGB bestimmt - Regelungen zur Finanzierung der Maßnahmen und gerechten Verteilung des damit verbundenen Aufwands, auch zur Abgabenerhebung, sein.

In Brandenburg liegt eine entsprechende landesgesetzliche Regelung nicht vor.

6.7 Planungserfordernis nach § 1 Abs. 3 BauGB

Bei der Ansiedlung von Einzelhandelsgroßbetrieben erfordert der Flächenbedarf der Vorhaben und das Koordinierungsbedürfnis der von den Planungen berührten öffentlichen und privaten Belange in der Regel eine förmliche Bauleitplanung ( § 1 Abs. 3 BauGB). Das Planungserfordernis nach § 1 Abs. 3 BauGB ergibt sich bei Vorhaben im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO aus der erforderlichen qualifizierten Abstimmung nach § 2 Abs. 2 BauGB. Da Vorhaben, die von § 11 Abs. 3 BauNVO erfasst sind, einem Sonderregime stets unterstehen und ein qualifiziertes Abstimmungsbedürfnis im Sinne von § 2 Abs. 2 BauGB auslösen, sind Bauleitpläne gemäß § 1 Abs. 3 BauGB im Grundsatz immer erforderlich. Die Gewährleistung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung erfordert die laufende Beobachtung des Baugeschehens und gegebenenfalls notwendige Anpassungsmaßnahmen, um Fehlentwicklungen zu vermeiden. Zur Feststellung der gesetzlichen Planungspflicht haben die Gemeinden solche Gebiete innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ohne bauplanungsrechtliche Festsetzungen über Art und Maß der baulichen Nutzung, in denen die Möglichkeit der Ansiedlung von Vorhaben im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO mit Auswirkungen der in dieser Vorschrift bezeichneten Art gegeben ist, zu überprüfen. Diese Prüfung ist insbesondere in den Gebieten erforderlich, in denen aufgrund bestehenden Baurechts weitere Vorhaben zu bereits vorhandenen Vorhaben (im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO, auch mit geringerer Geschossfläche als 1.200 m2) hinzutreten können und dann im Zusammenwirken negative Auswirkungen auslösen können. Es wird darauf hingewiesen, dass bei dieser Prüfung gegebenenfalls eine Beteiligung der Industrie- und Handelskammern in Betracht kommt. In vielen Fällen wird die Aufstellung eines einfachen Bebauungsplans im Sinne von § 30 Abs. 3 BauGB ausreichen, der nur die Art der baulichen Nutzung festsetzt. Zu verweisen ist insbesondere auf die Möglichkeit der Aufstellung eines Bebauungsplans nach § 9 Abs. 2a BauGB (siehe Nummer 6.10.5).

Bei der Aufstellung eines einfachen Bebauungsplans für einen bisher unbeplanten Innenbereich ist - auch zur Vermeidung eventueller Entschädigungsansprüche (Nummer 6.11.5) - zu prüfen, ob vorhandene großflächige Einzelhandelsbetriebe auf den Bestandsschutz verwiesen oder durch Festsetzungen nach § 1 Abs. 10 BauNVO planungsrechtlich gesichert werden sollen.

Die Gemeinden sollen die Möglichkeit der Veränderungssperre ( § 14 BauGB) beziehungsweise der Zurückstellung von Baugesuchen ( § 15 BauGB) in Betracht ziehen.

6.8 Belang der Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche ( § 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB)

§ 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB hebt die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche als eigenständigen Belang der Bauleitplanung hervor. Die Erhaltung und die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in den Städten und Gemeinden ist von hoher städtebaulicher Bedeutung, und zwar zur Stärkung der Innenentwicklung und der Urbanität der Städte sowie zur Sicherstellung einer wohnortnahen Versorgung. Letztere bedarf angesichts der demografischen Entwicklung eines besonderen Schutzes, vor allem auch wegen der geringeren Mobilität älterer Menschen. Der Belang wird im Baugesetzbuch und in der Baunutzungsverordnung bereits an verschiedenen Stellen genannt ( § 2 Abs. 2 Satz 2 und § 34 Abs. 3 BauGB; § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO); mit der Nummer 4 wird er ausdrücklich als allgemein für die Bauleitplanung zu berücksichtigender Belang genannt.

6.9 Darstellung im Flächennutzungsplan

Wegen der städtebaulichen Bedeutung von Vorhaben nach § 11 Abs. 3 BauNVO kann es im Flächennutzungsplan geboten sein, bereits Kerngebiete und nicht nur gemischte Bauflächen darzustellen. Die Darstellung von Kerngebieten muss im Hinblick auf mögliche Auswirkungen der in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Art behutsam erfolgen und sich auf die wirklichen Zentren entsprechend der Bedeutung des Wortes "Kern" beschränken.

Bei der Darstellung eines Sondergebiets nach § 11 Abs. 3 BauNVO sollte neben der erforderlichen Zweckbestimmung (zum Beispiel "Sondergebiet - Großflächige Einzelhandelsbetriebe") die Geschossflächenzahl nach § 16 Abs. 1 BauNVO als wichtiges Kriterium angegeben werden. Letztgenanntes kann im Einzelfall auch für Kerngebietsdarstellungen sinnvoll sein. Um Auswirkungen der zulässigen Vorhaben besser beurteilen zu können, ist - soweit bereits möglich - zusätzlich die Konkretisierung der Zweckbestimmung (zum Beispiel Möbelmarkt) und die Darstellung der vorgesehenen Gesamtgeschossfläche zu empfehlen.

6.10 Festsetzung im Bebauungsplan

Großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können, sonstige großflächige Handelsbetriebe mit vergleichbaren Auswirkungen sowie Einkaufszentren sind gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Der insoweit im System des Planungsrechts einzigartigen Regelung in § 11 Abs. 3 BauNVO liegt die Wertung zugrunde, dass die in dieser Vorschrift bezeichneten Betriebe typischerweise ein Beeinträchtigungspotenzial aufweisen, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. § 11 Abs. 3 BauNVO erfasst Betriebe, die entgegen dem städtebaulichen Leitbild einer Stadt der kurzen Wege an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereithalten. Er zielt darauf ab, den Einzelhandel an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind.

6.10.1 Festsetzung "Kerngebiet"

Die Festsetzung eines Kerngebiets, das lediglich dazu dienen soll, anstelle eines an sich erforderlichen Sondergebiets Vorhaben nach § 11 Abs. 3 BauNVO aufzunehmen, ohne sonstige für das Kerngebiet typische Funktionen zu übernehmen, ist eine Umgehung der Vorschrift der §§ 7 und 11 Abs. 3 BauNVO und daher unzulässig. Bei Festsetzung von Kerngebieten außerhalb der vorhandenen Zentren oder Nebenzentren sowie in kleineren Gemeinden, insbesondere bei der Entwicklung des Kerngebiets aus einer gemischten Baufläche, ist zu prüfen, ob im Hinblick auf nicht voraussehbare Auswirkungen im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO gegebenenfalls eine Einschränkung der Einzelhandelsnutzung auf eine bestimmte Größenordnung, zum Beispiel durch entsprechende Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung, vorgesehen werden muss.

6.10.2 Festsetzung "Sondergebiet"

Für Sondergebiete muss die Zweckbestimmung speziell festgesetzt werden. Während die Baunutzungsverordnung bei den übrigen Baugebieten ( §§ 2 bis 9) die Zweckbestimmung des Gebiets und die zulässige Art der Nutzung selbst festlegt, müssen diese Regelungen bei Sondergebieten im Bebauungsplan getroffen werden. Dadurch ergibt sich ein größerer Spielraum, die zulässige Nutzung in den Festsetzungen zu konkretisieren. Neben der Angabe der Zweckbestimmung ("Sondergebiet - Großflächige Einzelhandelsbetriebe") ist die Festsetzung zur Art der Nutzung (das heißt der einzeln aufzuführenden zulässigen Anlagen) unerlässlich. Danach sind insbesondere die Verkaufsfläche sowie das Sortiment nach Art und Umfang im Einzelnen festzusetzen (Nummern 2.8 und 6.10.4). Wenn sich aus einer entsprechenden Begründung das städtebauliche Erfordernis ergibt, kann die höchstzulässige Verkaufsfläche als Gesamtverkaufsfläche des Sondergebiets oder Verkaufsfläche einzelner Handelsbetriebe oder Branchen ohne Bindung an vorgegebene Anlagentypen festgesetzt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.04.1990 - 4 C 36.87 -, NVwZ 1990, 1071 = BauR 1990, 569 = DVB1. 1990, 1108). Das Sondergebiet kann auch nach der Art der Betriebe, die sich nach dem Kernsortiment bestimmt, unterteilt werden. Eine derartige Sortimentsbeschränkung beziehungsweise Unterteilung kann aus städtebaulichen Gründen in Betracht kommen, wenn wegen einer Zentrenunverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben mit gemischtem Sortiment nur bestimmte Fachmärkte (wie Baumärkte, Möbelmärkte, Kfz-Handel mit Werkstatt, Gartencenter und Ähnliches) vertretbar sind.

6.10.3 Beschränkung des Einzelhandels in sonstigen Baugebieten

Bei Festsetzung von Baugebieten, insbesondere von Mischgebieten und Gewerbegebieten, ist zu prüfen, ob im Hinblick auf eine unerwünschte Agglomeration von Einzelhandelsbetrieben (Nummer 3.5.1) oder zum Schutz zentraler Versorgungsbereiche gegebenenfalls eine Einschränkung der Einzelhandelsnutzung vorgesehen werden muss. So können nach § 1 Abs. 9 und auch Abs. 5 BauNVO bei Vorliegen besonderer städtebaulicher Gründe bestimmte Arten an sich zulässiger Nutzungen und baulicher Anlagen ausgeschlossen beziehungsweise eingeschränkt werden. Festsetzungen, die auf die Größe von Anlagen abstellen (hier: Verkaufsfläche von Handelsbetrieben), sind jedoch nur zulässig, wenn dadurch bestimmte Arten von baulichen oder sonstigen Anlagen (Anlagetypen) - gegebenenfalls auch unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse in der Gemeinde - zutreffend gekennzeichnet werden (BVerwG, Urteil vom 22.05.1987 - 4 C 77.84 -, BauR 1987, 524 = DVBl. 1987, 1004 = DÖV 1987, 1011). Weiterhin kann beispielsweise die Einzelhandelsnutzung in Gewerbegebieten völlig ausgeschlossen oder nur als Ausnahme (zum Beispiel im Zusammenhang mit Kfz-Handel, handwerklichen Betrieben oder zur Versorgung des Gebietes) vorgesehen werden.

Beim Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben bestimmter Branchen (zum Beispiel Haushaltswaren, Lebensmittel, Parfümerie- und Drogeriewaren, Schuh- und Lederwaren) ist jedoch zu beachten, dass die Differenzierung den marktüblichen Gegebenheiten entspricht, das heißt, der Ausschluss kann nur solche Branchen erfassen, die tatsächlich auch auf dem "Markt" vorhanden und bekannt sind. Nur diese kann die Gemeinde festsetzen, andere kann sie nicht selbst definieren, dies gilt insbesondere für die Festsetzung von Branchenuntergruppen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.07.1998 - 4 BN 31.98 -, ZfBR 1998, 317).

6.10.4 Festsetzung von Sortimenten

Die Festsetzung von Sortimentslisten (wie sie in der Anlage 1 aufgeführt sind) erfordert eine abschließende Aufzählung der zentrenrelevanten beziehungsweise nichtzentrenrelevanten Sortimente. Eine gerechte Abwägung erfordert eine individuelle Betrachtung der jeweiligen örtlichen Situation, wenn zum Schutz etwa des Innenstadtbereichs bestimmte Warensortimente an nicht integrierten Standorten ausgeschlossen werden sollen. Ein bloßer Verweis auf die Sortimentslisten führt zum Abwägungsausfall und damit zur Unwirksamkeit des Plans (VGH Mannheim, Urteil vom 02.05.2005 - 8 S 1848/04 -, NVwZ-RR 2005, 685 f.). Die Sortimente müssen noch nicht in den Gemeinden bestehen.

6.10.5 Festsetzungen/Bebauungsplan zum Schutz zentraler Versorgungsbereiche ( § 9 Abs. 2a BauGB)

Für die Sicherung zentraler Versorgungsbereiche in den nicht beplanten Innenbereichen wurde durch die BauGB-Novelle 2004 die Regelung des § 34 Abs. 3 BauGB eingeführt, nach der von Vorhaben keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein dürfen. Diese Regelung hat inzwischen im Vollzug Bedeutung erlangt, ist aber in ihrer Praktikabilität teilweise eingeschränkt. Mit § 9 Abs. 2a BauGB kann der mit § 34 Abs. 3 BauGB verfolgte Zweck (Vorhaben dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche haben) in einem einfachen Bebauungsplan umgesetzt und verbindlich gemacht werden, der mit seinen konkreten Festsetzungen im Bauaufsichtsverfahren praktikabel angewandt werden kann. Ermöglicht wird ein Bebauungsplan, mit dem in den nicht beplanten Innenbereichen zum Schutz zentraler Versorgungsbereiche gezielt Bestimmungen über die Zulässigkeit bestimmter Arten von Nutzungen und damit insbesondere von Einzelhandelsbetrieben getroffen werden können.

Nach § 9 Abs. 2a Satz 1 BauGB kann für die im Zusammenhang bebauten Ortsteile ( § 34 BauGB; sogenannter nicht beplanter Innenbereich) zur Erhaltung, Stärkung oder Verhinderung der Beeinträchtigung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse der verbrauchernahen Versorgung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 BauGB zulässigen baulichen und sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Der Regelungsinhalt ist an § 1 Abs. 5, 8 und 9 BauNVO angelehnt, erfordert aber nicht die Festsetzung eines Baugebietes.

Ein Bebauungsplan, der lediglich Festsetzungen nach § 9 Abs. 2a BauGB enthält, kann gemäß § 13 Abs. 1 BauGB auch im vereinfachten Verfahren aufgestellt werden, sofern die übrigen Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens ( § 13 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BauGB) vorliegen.

Der Begriff "Zentraler Versorgungsbereich" umfasst Versorgungsbereiche unterschiedlicher Stufen, also insbesondere Innenstadtzentren, vor allem in Städten mit größerem Einzugsbereich, Nebenzentren in Stadtteilen sowie Grund- und Nahversorgungszentren in Stadt- und Ortsteilen und nichtstädtischen Gemeinden. Die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche soll dabei auch im Interesse der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden erfolgen. In der Begründung zum Bebauungsplan ist darzulegen, in welcher Weise der Bebauungsplan der Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche dient.

Für diesen Bebauungsplan gelten die allgemein zu beachtenden Grundsätze des § 1 BauGB. Dazu hebt § 9 Abs. 2a Satz 2 hervor, dass insbesondere ein städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB, das Aussagen über die vorhandenen und zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält, zu berücksichtigen ist. Denn einem solchen Konzept kommt eine die Aufstellung des Bebauungsplans unterstützende Funktion zu, indem es nachvollziehbare Aussagen über die zentralen Versorgungsbereiche enthält. Ein solches städtebauliches Entwicklungskonzept soll aber nicht Voraussetzung für die Aufstellung des Bebauungsplans sein.

Ebenfalls den allgemeinen Grundsätzen des § 1 BauGB entsprechend sollen nach § 9a Abs. 2a Satz 3 BauGB für Vorhaben, die den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen dienen, die planungsrechtlichen Grundlagen nach § 30 oder § 34 BauGB vorhanden sein, oder die Schaffung der entsprechenden planungsrechtlichen Grundlagen soll konkret durch förmliche Einleitung des entsprechenden Bebauungsplanverfahrens beabsichtigt sein. Nicht erforderlich ist, dass die bauplanungsrechtlichen Grundlagen für alle nur denkbaren Vorhaben, die in den zentralen Versorgungsbereichen errichtet werden könnten, bestehen oder geschaffen werden sollen. Mit § 9a Abs. 2a Satz 3 BauGB wird bezweckt, dass die zu schützenden zentralen Versorgungsbereiche auch bauplanungsrechtlich verwirklicht werden können.

6.11 Sonstiges

6.11.1 Beteiligung der benachbarten Gemeinden ( § 2 Abs. 2 BauGB)

Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB sind die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen. § 2 Abs. 2 BauGB stellt gegenüber dem einfachen Abstimmungsbedürfnis nach § 1 Abs. 6 BauGB ein qualifiziertes Abstimmungsbedürfnis dar. Die in § 2 Abs. 2 BauGB geschützten Positionen sind vom Gesetzgeber mithin mit einem besonderen Gewicht versehen worden. Eine Abstimmungspflicht nach § 2 Abs. 2 ist begründet, wenn ein Abstimmungserfordernis besteht.

Dieses Abstimmungserfordernis besteht zum einen, wenn unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf die städtebauliche Ordnung und Entwicklung der Nachbargemeinde in Betracht kommen. Ein derartiges Bedürfnis ergibt sich für Einzelhandelsvorhaben insbesondere aus § 11 Abs. 3 BauNVO. § . 11 Abs. 3 BauNVO ist zu entnehmen, dass Einkaufszentren und sonstige großflächige Einzelhandels- und Handelsbetriebe unter den dort genannten Voraussetzungen regelmäßig geeignet sind, Nachbargemeinden in so gewichtiger Weise zu beeinträchtigen, dass sie ohne eine förmliche Planung, die dem Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB gerecht wird, nicht zugelassen werden dürfen [BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5/01 -, NVwZ 2003, 86 (88)]. Steht die Planung für ein derartiges Vorhaben in Frage, ist demnach eine Abstimmung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB stets erforderlich. Die benachbarten Gemeinden können sich insbesondere auf Auswirkungen berufen, die in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO genannt sind. Die Pflicht zur Ermittlung des Abwägungsmaterials liegt allein bei der planenden Gemeinde. In der Regel wird sie hierzu Gutachten einholen müssen (siehe Anlage 2).

Die planende Gemeinde hat bei der Aufstellung eines Bauleitplanes die der Gemeinde durch die Raumordnung zugewiesene Funktion zu beachten ( § 2 Abs. 2 Satz 2, 1. Alternative BauGB). Die raumordnerisch zugewiesene Funktion gilt nach Satz 2 als Bestandteil der Planungshoheit der Gemeinde. Die benachbarte Gemeinde kann sich demnach auf die ihr durch die Landesplanung zugewiesene Funktion berufen. Dazu reicht es aus, wenn die Nachbargemeinde eine bestehende raumordnerische Funktionszuweisung für sich geltend machen kann, mit der die Bauleitplanung der planenden Gemeinde in Widerspruch gerät.

Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2, 2. Alternative BauGB hat die planende Gemeinde Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche der Gemeinde zu berücksichtigen. Zentrale Versorgungsbereiche ergeben sich insbesondere aus planerischen Festlegungen, namentlich aus Darstellungen und Festsetzungen in den Bauleitplänen oder aus Festlegungen in den Raumordnungsplänen; sie können sich aber auch aus sonstigen planungsrechtlich nicht verbindlichen raumordnerischen und städtebaulichen Konzeptionen ergeben, nicht zuletzt auch aus nachvollziehbar eindeutigen tatsächlichen Verhältnissen. Zentrale Versorgungsbereiche im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB sind gekennzeichnet durch bauliche und sonstige Nutzungen, die Aufgaben der Versorgung der Bevölkerung im weiteren Sinne erfüllen, also die Unterbringung von Handelsbetrieben sowie Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung, der Kultur und für soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke. Zentral sind diese Versorgungsbereiche, wenn sie räumlich zusammengefasst sind und von ihrer Funktion und ihrem Gewicht her Versorgungsfunktionen für einen bestimmten Einzugsbereich haben.

Dabei sind verschiedene Stufen der Zentralität der Versorgungsbereiche zu unterscheiden. Erfasst sind von dieser Norm auch Zentren, die sich auf die Versorgung von Stadtteilen oder auch von kleineren Stadtquartieren ausrichten. Einkaufszentren haben stets Auswirkungen im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 2, 2. Alternative BauGB, da § 11 Abs. 3 BauNVO die Wertung zugrunde liegt, dass die in dieser Vorschrift bezeichneten Betriebe typischerweise ein Beeinträchtigungspotenzial aufweisen. Damit die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Rechtsfolgen eintreten, bedarf es nicht eigens der Feststellung, welche nachteiligen Wirkungen konkret zu erwarten sind. Der Normgeber geht davon aus, dass sich die in § 11 Abs. 3 BauNVO bezeichneten Auswirkungen bei Einkaufszentren generell nicht ausschließen lassen. Eine Einzelfallprüfung erübrigt sich [BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5/01 -, NVwZ 2003, 86 (88)].

Der Kreis der Gemeinden im Sinne von § 2 Abs. 2 BauGB bemisst sich nach der Reichweite der Auswirkungen [BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5/01 -, NVwZ 2003, 86 (87)]. Das bedeutet, dass die Gemeinden, die sich im Einzugsbereich eines Vorhabens befinden, zu den Gemeinden im Sinne von § 2 Abs. 2 BauGB gehören. Dies gilt auch dann, wenn Gemeinden in einem anderen Bundesland oder, mit der Einschränkung der Grundsätze der Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit, in einem Nachbarstaat ( § 4a Abs. 5 BauGB) liegen. Für die (materielle) gemeindenachbarliche Abstimmungspflicht kommt es nicht auf ein unmittelbares Angrenzen der Gemeinden an (BVerwG, Beschluss vom 09.01.1995 - 4 NB 42.94 -, DÖV 1995, 820). Insbesondere bei sehr großen Einzelhandelsprojekten (zum Beispiel FOC) kann sich die Abstimmungspflicht unter Umständen auch auf das Gebiet mehrerer Landkreise erstrecken. Die Nachbargemeinde kann sich unabhängig davon, welche planerischen Absichten sie für ihr Gebiet verfolgt oder bereits umgesetzt hat, gegen unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf dem benachbarten Gemeindegebiet zur Wehr setzen.

Materiell verlangt § 2 Abs. 2 BauGB, dass die Bauleitplanung den Anforderungen einer gerechten Abwägung genügt. § 2 Abs. 2 BauGB beinhaltet im Vergleich zu den in § 1 Abs. 6 BauGB genannten Belangen einen "qualifizierten Abstimmungsbedarf". Das hat zur Folge, dass eine Gemeinde, die ihre eigenen Vorstellungen selbst um den Preis von gewichtigen Auswirkungen für die Nachbargemeinde durchsetzen möchte, einem erhöhten Rechtfertigungszwang in Gestalt der Pflicht zur (formellen und materiellen) Abstimmung im Rahmen einer förmlichen Planung unterliegt. Die Missachtung eines solchermaßen begründeten Planungserfordernisses berührt zugleich den durch § 2 Abs. 2 BauGB erfassten Rechtskreis und verletzt dadurch die Nachbargemeinde in eigenen Rechten.

Ob die Belange der benachbarten Gemeinde berücksichtigt wurden, ist sowohl im Rahmen des Abwägungsvorgangs als auch beim Abwägungsergebnis zu prüfen. Beide müssen dem Gebot der gerechten Abwägung entsprechen. Das Gebot der gerechten Abwägung ist verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat (sogenannter Abwägungsausfall), wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wurde, was nach Lage der Dinge in sie hätte eingestellt werden müssen (sogenanntes Abwägungsdefizit), wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt wurde (sogenannte Abwägungsfehleinschätzung) oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung betroffenen Belangen in einer Weise vorgenommen wurde, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (sogenannte Abwägungsdisproportionalität) (BVerwG, Urteil vom 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BauR 1970, 31 ff.).

Inwieweit die planende Gemeinde im Einzelfall die Planungshoheit der Nachbargemeinde unverhältnismäßig (unzumutbar) zurückgedrängt hat und sich deshalb das Abwägungsergebnis in Form des Bauleitplans als fehlerhaft erweist, ist unter Berücksichtigung aller Gesamtumstände zu beantworten. Insbesondere sind die folgenden Aspekte in die Beurteilung einzubeziehen:

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