umwelt-online: BGR 132 Vermeidung von Zündgefahren infolge elektrostatischer Aufladungen (1)

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Regelwerk, BGR / DGUV-R

BGR 132 - Vermeidung von Zündgefahren infolge elektrostatischer Aufladungen
Berufsgenossenschaftliche Regeln für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (BGR)

(Ausgabe 03/2003; 07/2004; 04/2009aufgehoben)


Zur Nachfolgeregelung TRGS 727

Berufsgenossenschaftliche Regeln für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (BG-Regeln) sind Zusammenstellungen bzw. Konkretisierungen von Inhalten z.B. aus

Vorbemerkung

BG-Regeln richten sich in erster Linie an den Unternehmer und sollen ihm Hilfestellung bei der Umsetzung seiner Pflichten aus staatlichen Arbeitsschutzvorschriften und/oder Unfallverhütungsvorschriften geben sowie Wege aufzeigen, wie Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren vermieden werden können.

Der Unternehmer kann bei Beachtung der in den BG-Regeln enthaltenen Empfehlungen davon ausgehen, dass er die in Unfallverhütungsvorschriften geforderten Schutzziele erreicht. Andere Lösungen sind möglich, wenn Sicherheit und Gesundheitsschutz mindestens auf gleichem Niveau gewährleistet sind. Sind zur Konkretisierung staatlicher Arbeitsschutzvorschriften von den dafür eingerichteten Ausschüssen technische Regeln ermittelt worden, sind diese vorrangig zu beachten.

Werden verbindliche Inhalte aus staatlichen Arbeitsschutzvorschriften und/ oder aus Unfallverhütungsvorschriften wiedergegeben, sind sie durch Fettdruck kenntlich gemacht oder im Anhang 10 zusammengestellt. Erläuterungen, insbesondere beispielhafte Lösungsmöglichkeiten, sind durch entsprechende Hinweise in Kursivschrift gegeben.



Die vorliegende BG-Regel hilft, bei der Gefährdungsbeurteilung nach der Betriebssicherheitsverordnung in Verbindung mit dem Anhang V Nr. 8 der Gefahrstoffverordnung zur Vermeidung von Brand- und Explosionsgefahren statische Elektrizität als Zündquelle zu berücksichtigen und wirksame Maßnahmen zu ihrer Vermeidung zu ergreifen. Entladungen statischer Elektrizität können durch viele betriebliche Vorgänge ungewollt Zündquelle explosionsfähiger Atmosphäre aus Gemischen brennbarer Gase, Dämpfe, Nebel oder Stäube mit Luft in gefahrdrohender Menge unter atmosphärischen Bedingungen sein. Die Bedingungen für ihr Auftreten bzw. für ihre Vermeidung sind für den Laien schwer überschaubar. Deshalb wird dieses Teilgebiet des Explosionsschutzes in der vorliegenden BG-Regel gesondert behandelt und an ausgewählten Verfahren beispielhaft verdeutlicht.

Maßnahmen zur Vermeidung oder Einschränkung explosionsfähiger Atmosphäre sind im Abschnitt E "Schutzmaßnahmen" der "Explosionsschutz-Regeln" (BGR 104) angeführt.

Für den Menschen selbst stellen diese Entladungen im Allgemeinen keine Gefahr dar. Es besteht jedoch die Möglichkeit des Erschreckens und dadurch ausgelöster Fehlhandlungen. Ferner können Mess- und Regelgeräte gestört sowie Fertigungsabläufe behindert werden.

1 Anwendungsbereich

1.1 Diese BG-Regel findet Anwendung für die Beurteilung und die Vermeidung von Zündgefahren infolge elektrostatischer Aufladungen in explosionsgefährdeten Bereichen.

Liegt auf Grund getroffener Maßnahmen, z.B. Inertisierung, keine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre vor, sind Maßnahmen nach dieser BG-Regel nicht notwendig.

1.2 Diese BG-Regel findet sinngemäß auch Anwendung auf die Beurteilung und die Vermeidung von Zündgefahren explosionsfähiger Gemische unter anderen als atmosphärischen Bedingungen oder mit anderen Reaktionspartnern als Luft sowie in anderen reaktionsfähigen Systemen.

Andere als atmosphärische Bedingungen sind z.B. erhöhter Druck, erhöhte Temperatur oder erhöhter Sauerstoffgehalt.Andere Reaktionspartner als Luft sind z.B. Chlor oder Stickoxide. Andere reaktionsfähige Systeme enthalten z.B.chemisch instabile Stoffe, wie Peroxide und Ethylenoxid. Sie benötigen keinen weiteren Reaktionspartner.

1.3 Diese BG-Regel kann auch sinngemäß angewendet werden, um elektrostatische Aufladungen als Zündursache für Brände zu vermeiden.

1.4 Diese BG-Regel findet keine Anwendung auf explosionsgefährliche Arbeitsstoffe oder Explosivstoffe, so weit dort eigene Regelungen bestehen.

Für Blitzschutz, Gefährdung elektronischer Bauelemente oder den Umgang mit Explosivstoffen gelten besondere Regeln.

2 Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser BG-Regel werden folgende Begriffe bestimmt:

1. Stoffe sind Gase, Flüssigkeiten oder Feststoffe, mit denen im Betrieb umgegangen wird.

Zu den Stoffen gehören z.B. Abluft, Treibstoffe und Lösemittel, Stäube.

2. Material ist die Bezeichnung für Werkstoffe, aus denen Gegenstände oder Einrichtungen bestehen.

Zu den Materialien gehören z.B. Stahl, Glas, Kunststoffe, Holz, aber auch Beschichtungsmaterialien, z.B. Lacke, Folien, Gummierungen. Ausgenommen sind Verbundwerkstoffe.

3. Gegenstände oder Einrichtungen sind aus Materialien gefertigt und stehen in der Regel mit Stoffen in Kontakt.

Zu den Gegenständen oder Einrichtungen gehören z.B.Rohrleitungen, Schläuche, Behälter, Ladetanks, Pumpen.

4. Durchgangswiderstand ist der elektrische Widerstand eines Stoffes oder Materials ohne den Oberflächenwiderstand.

Der Durchgangswiderstand und der spezifische Widerstand werden nach DIN IEC 60093 bestimmt und in Ω bzw. Ω m gemessen.

5. Spezifischer Widerstand ist der elektrische Widerstand eines Stoffes oder Materials gemessen an einer Probe der Einheitslänge und der Einheitsquerschnittsfläche.

Der spezifische Widerstand wird oft auch spezifischer Durchgangswiderstand genannt und in Ωm gemessen.

Siehe auch DIN IEC 60093

6. Oberflächenwiderstand ist der elektrische Widerstand gemessen auf der Oberfläche eines Gegenstandes. Er wird zwischen zwei parallelen Elektroden geringer Breite und jeweils 100 mm Länge, die 10 mm auseinander liegen und mit der zu messenden Oberfläche Kontakt haben, gemessen.

Siehe auch DIN IEC 60167.

Der Oberflächenwiderstand wird in Ω angegeben.

7. Spezifischer Oberflächenwiderstand ist der elektrische Widerstand gemessen auf der Oberfläche eines Gegenstandes.

Die Messung erfolgt zwischen zwei parallelen Elektroden geringer Breite und der Länge L. Der Abstand a der Elektroden ist gleich ihrer Länge L. (a = L).

Der Messwert wird in Ω ausgedrückt und in der angelsächsischen Literatur häufig mit Ω square oder Ω bezeichnet Der spezifische Oberflächenwiderstand beträgt etwa das 10fache des Oberflächenwiderstandes.

8. Ableitwiderstand eines Gegenstandes ist sein elektrischer Widerstand gegen Erdpotenzial, oft Erde genannt.

Der Ableitwiderstand wird in Ω gemessen. Die übliche Form der Messelektrode ist eine 20 cm2 große Kreisfläche und hat mit der Oberfläche des zu messenden Gegenstandes Kontakt. Der Ableitwiderstand hängt unter anderem vom spezifischen Widerstand, vom - gegebenenfalls spezifischen - Oberflächenwiderstand der Materialien sowie vom Abstand zwischen den gewählten Messpunkten und Erde ab.

Dieser Widerstand wird häufig auch Erdableitwiderstand RE genannt.

9. Leitfähigkeit ist der Kehrwert des spezifischen Widerstandes.

Die Leitfähigkeit wird in S/m gemessen.

10. Leitfähig ist ein Stoff oder Material mit einem spezifischen Widerstand ≤ 104 Ωm. Leitfähig ist ein Stoff oder Material auch, wenn sein Oberflächenwiderstand ≤ 104 Ω beträgt.

Leitfähige Materialien können nicht gefährlich aufgeladen werden, wenn sie geerdet sind. Für Flüssigkeiten, Schüttgüter oder bestimmte Gegenstände werden in den entsprechenden Abschnitten spezielle Festlegungen getroffen. Der Oberflächenwiderstand leitfähig gemachter Kunststoffe weist oft einen großen Streubereich auf. Der Höchstwert darf 105 Ω und der Mittelwert 104 Ω nicht überschreiten.
Als leitfähig werden auch Gegenstände und Einrichtungen bezeichnet, wenn sie aus leitfähigem Material bestehen.

11. Leiter sind Gegenstände oder Einrichtungen aus leitfähigen Materialien.

12. Ableitfähig ist

Mit sinkender Luftfeuchte nimmt der Oberflächenwiderstand in der Regel beträchtlich zu.

Ableitfähige Stoffe oder Gegenstände und Einrichtungen aus ableitfähigen Materialien speichern keine gefährliche elektrostatische Ladung, wenn sie mit Erde in Kontakt stehen.

Für Flüssigkeiten, Schüttgüter oder bestimmte Gegenstände, z.B. ableitfähige Fußböden, werden in den entsprechenden Abschnitten spezielle Festlegungen getroffen.

Die Eigenschaft ableitfahig zu sein wird umgangssprachlich auch antistatisch genannt.

Antistatisch wird außerhalb dieser Regel auch zur Beschreibung einer aufladungsvermindernden Eigenschaft verwendet, z.B. bei Schuhwerk oder bei Zusatzstoffen für den Umgang mit Flüssigkeiten, und liegt in diesen Fällen meist zwischen 108 und 1011 Ω

Als ableitfähig werden auch Gegenstände und Einrichtungen bezeichnet, wenn sie aus ableitfähigen Materialien bestehen.

13. Isolierend ist ein Stoff oder Material, das weder leitfähig noch ableitfähig ist.

Als isolierend werden auch Gegenstände oder Einrichtungen aus isolierenden Materialien bezeichnet

Zur Veranschaulichung der Begriffe siehe auch Anhang 9.

Isolierende Stoffe sowie Gegenstände und Einrichtungen aus isolierenden Materialien werden mit Rücksicht auf ihre elektrostatischen Eigenschaften auch als "aufladbar" bezeichnet.

Zu diesen Materialien gehören viele Polymere, z.B. Kunststoffe.

14. Geerdet im elektrostatischen Sinne sind leitfähige Gegenstände, Flüssigkeiten und Schüttgüter mit einem Ableitwiderstand < 106 Ω und Personen mit einem Ableitwiderstand < 108 Ω. Personen und kleine Gegenstände sind auch geerdet, wenn ihre Relaxationszeit < 10-2s ist.

Zur Erdung siehe auch Abschnitt 3.6.

15. Aufladbar sind isolierende Stoffe sowie Gegenstände und Einrichtungen aus isolierenden Materialien. Aufladbar sind auch nicht mit Erde verbundene leitfähige oder ableitfähige Gegenstände und Einrichtungen.

16. Leitfähiges Schuhwerk ist Schuhwerk mit einem Ableitwiderstand gegen Erde von weniger als 105 Ω .

17. Ableitfähiges Schuhwerk ist Schuhwerk, welches ermöglicht, dass eine auf ableitfähigem Boden stehende Person einen Ableitwiderstand gegen Erde von höchstens 108 Ω aufweist.

18. Gefährliche explosionsfähige Atmosphäre ist ein Gemisch brennbarer Gase, Dämpfe, Nebel oder Stäube mit Luft in gefahrdrohender Menge unter atmosphärischen Bedingungen.

Siehe auch § 2 Abs. 8 und 9 Betriebssicherheitsverordnung.

19. Explosionsgefährdeter Bereich ist ein räumlicher Bereich, in dem auf Grund der örtlichen und betrieblichen Verhältnisse gefährliche explosionsfähige Atmosphäre auftreten kann. Diese Bereiche werden in Zonen unterteilt.

Siehe § 2 Abs.10 und Anhang 3 Betriebssicherheitsverordnung.

20. Mindestzündenergie (MZE) ist die kleinste in einem Kondensator gespeicherte elektrische Energie, die bei Entladung über eine Funkenstrecke eine Mischung aus einem brennbaren Stoff und Luft entzünden kann.

Die MZE wird in festgelegten Verfahren bestimmt und in m J angegeben.

Siehe für Stäube IEC 61241-2-3 und DIN EN 13821.

21. Explosionsgruppen I und II nach DIN EN 50014 (VDE 0170/ 0171 Teil 1) unterscheiden Stoffe explosionsgefährdeter Bereiche, mit dem Ziel, geeignete Geräte und Einrichtungen für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen auszuwählen. Die Explosionsgruppe I gilt für explosionsgefährdete Bereiche durch Stoffe in Grubenbauen und die Explosionsgruppe II für solche aller übrigen Stoffe. Die Stoffe nach Explosionsgruppe II werden in Abhängigkeit von ihrer Zündempfindlichkeit durch den Zusatz A, B oder C gekennzeichnet.

Diese Kennzeichnung beruht auf der experimentell ermittelten Grenzspaltweite oder auf dem Mindestzündstrom nach DIN EN 50014:

Gruppe I: für Schlagwetter, z.B. Methan,

Gruppe IIA: einige Gase und organische Flüssigkeiten z.B.Aceton, Benzin, Toluol,

Gruppe IIB: z.B. Ethen, Ethylenoxid, Diethyletlher,

Gruppe IIC: z.B. Acetylen, Wasserstoff, Schwefelkohlenstoff.

Siehe auch:

Chemsafe-Datenbank

Nabert/Schön/Redeker "Sicherheitstechnische Kennzahlen brennbarer Gase und Dämpfe";

E. Brandes und W. Möller "Sicherheitstechnische Kerngrößen; Band 1: Brennbare Flüssigkeiten und Gase";

M. Molname, Th. Schendler und V. Schröder "Sicherheitstechnische Kenngrößen; Band 2: Explosionsbereiche vpn Gasgemischen".

22. Stark ladungserzeugender Prozess ist ein Vorgang, bei dem im Vergleich zur Ladungsableitung hohe Ladungsmengen pro Zeit erzeugt werden und sich ansammeln können.

Typische Vorgänge sind z.B. laufende Treibriemen, pneumatische Förderung von Schüttgut oder schnelle Mehrphasenströmung von Flüssigkeiten. Ausschließlich manuelle Vorgänge sind erfahrungsgemäß nicht stark ladungserzeugend.

23. Gefährliche Aufladung ist eine elektrostatische Aufladung, die bei ihrer Entladung die zu erwartende explosionsfähige Atmosphäre entzünden kann.

Die Entladungsformen Funkenentladung, Koronaentladung, Büschelentladung, Gleitstielbüschelentladung, gewitterblitzähnliche Entladung und Schüttkegelentladung werden imAnhang 1, Abschnitt 3 erläutert.

24. Relaxationszeit τ ist die Zeitspanne, in der eine elektrostatische Ladung, z.B. auf einer festen Oberfläche, im Innern einer Flüssigkeit, in einer Schüttung oder in einer Nebel- oder Staubwolke, auf 1/e (d.h. ungefähr 37 %) ihres ursprünglichen Wertes abnimmt.

Die Relaxationszeit τ bei Entladung eines Kondensators der Kapazität C über einen Entladewiderstand R beträgt τ = R * C.

25. Schüttgut umfasst Teilchen von feinem Staub über Grieß und Granulat bis hin zu Spänen.

Zum Schüttgut zählt auch grobes Gut, das Feinstaubanteile enthält, z.B. Abrieb von Kohle.

Symbollegende

Farbe Bedeutung Beispiel
hellgrau isolierend Kunststoffrohr
  dunkelgrau leitfähigoder ableitfähig Stahlrohr
hellblau Gas, Dampf Gasraum im Reaktionsbehälter
hellblau mit hellgrauer Außenkontur isolierende Einrichtung Abgasrohr aus isolierendem Material
dunkelblaue Kreise in
hellblauem Hintergrund
Partikel im Gasstrom pneumatische Förderung
blau mit dunkelgrauer Außenkontur Flüssigkeit in leitfähigeroder
ableitfähiger Einrichtung
Stahlrohrleitung für Flüssigkeit
blau Flüssigkeit Alkohol
dunkelblaue Kreise in blauem
Hintergrund in Flüssigkeit
Schüttgut Suspension
rot Entladung statischer Elektrizität Funkenentladung
grün mit gelbem Querstrich fest verlegte Erdungsleitung  
grün mit gelbem Querstrich flexibel verlegte Erdungsleitung  
schwarz Erdungspunkt Potenzialausgleichsschiene


3 Maßnahmen zur Verhütung von Gefahren für Leben und Gesundheit bei der Arbeit infolge elektrostatischer Aufladungen

Gegenstände und Einrichtungen sowie Flüssigkeiten, einschließlich flüssiger Arbeits- und Hilfsstoffe, dürfen in explosionsgefährdeten Bereichen nicht gefährlich aufgeladen werden.

Reine Gase können nicht aufgeladen werden. Dennoch sind Maßnahmen gegen gefährliche Aufladungen zu treffen, wenn diese in gasführenden Systemen durch eine zweite Phase, z.B. bei Strahlarbeiten oder beim Staubsaugen, auftreten können.

Schüttgüter als meist feste Arbeitsstoffe in schüttbarem Zustand, z.B. Stäube oder Granulate, dürfen ebenfalls in explosionsgefährdeten Bereichen nicht gefährlich aufgeladen werden.

Während Gegenstände und Einrichtungen für sich allein keine explosionsgefährdeten Bereiche begründen, kann von Flüssigkeiten oder Schüttgütern sowohl die gefährliche explosionsfähige Atmosphäre als auch die gefährliche elektrostatische Aufladung ausgehen.

3.1 Elektrostatische Aufladungen von Gegenständen und Einrichtungen

Gegenstände oder Einrichtungen dürfen in explosionsgefährdeten Bereichen nicht gefährlich aufgeladen werden.

Derartige Gegenstände oder Einrichtungen sind z.B. Rohre, Behälter, Folien, Anlagen- und Apparateteile, einschließlich eventueller Beschichtungen, Auskleidungen oder Ähnliches aber auch textile Gegenstände, z.B. Schlauchfilter.

Andernfalls muss das Annähern eines Gegenstandes oder einer Person an gefährlich aufgeladene Oberflächen von Gegenständen oder Einrichtungen sicher vermieden werden. Stellt diese Annäherung die einzige Möglichkeit dar, eine zündwirksame Entladung auszulösen, kann in Zone 1 auf weitere Maßnahmen verzichtet werden, solange keine stark ladungserzeugenden Prozesse vorliegen.

Stark ladungserzeugende Prozesse führen zu so starken Aufladungen, dass spontane zündwirksame Entladungen auftreten können.

Der Gebrauch von Gegenständen oder Einrichtungen aus isolierenden Materialien in explosionsgefährdeten Bereichen ist zu vermeiden.

Können Gegenstände oder Einrichtungen aus leitfähigen oder ableitfähigen Materialien nicht eingesetzt werden, sind Maßnahmen gegen gefährliche Aufladungen zu treffen.

Mögliche Maßnahmen sind z.B. leitfähige oder ableitfähige Beschichtungen, leitfähige Fäden in Textilien, Oberflächenbegrenzungen, oder auch sicher wirkende organisatorische Maßnahmen.

Siehe auch Abschnitte 3.1.2 und 3.6.

3.1.1 Leitfähige und ableitfähige Materialien

In explosionsgefährdeten Bereichen sind grundsätzlich nur leitfähige oder ableitfähige Gegenstände oder Einrichtungen zu verwenden. Nach Maßgabe der Zündwahrscheinlichkeit sind alle Gegenstände oder Einrichtungen aus leitfähigen Materialien zu erden und solche aus ableitfähigen Materialien sind mit Erdkontakt zu versehen. Die Erdung bzw. die Erdverbindung darf nur entfallen, wenn eine gefährliche Aufladung ausgeschlossen ist.

Geerdete leitfähige Gegenstände können nicht gefährlich aufgeladen werden. Sind sie jedoch von Erde isoliert, können Funkenentladungen auftreten.

Hinsichtlich Erdung siehe auch Abschnitt 3.6.

Hängt die Ableitfähigkeit eines Gegenstandes oder einer Einrichtung von Temperatur- oder Feuchteschwankungen der Luft ab, sind diese im Rahmen der zu erwartenden Betriebsbedingungen zu berücksichtigen.

Siehe auch Anhang 1 Abschnitt A.

3.1.2 Isolierende Materialien

Gegenstände aus isolierenden Materialien können durch Reiben oder infolge betrieblicher Vorgänge aufgeladen werden. Beim Umgang mit isolierenden Gegenständen oder Einrichtungen sind in explosionsgefährdeten Bereichen Maßnahmen zu ergreifen:

3.1.2.1 Begrenzung der Abmessungen von Oberflächen isolierender Gegenstände und Einrichtungen

Zündgefahren sind in den Zonen 0, 1 oder 2 nicht zu erwarten, wenn

Maßnahmen nach Tabellen 1a oder 1b reichen unter Umständen nicht aus bei Vorgängen, die sehr hohe Aufladungen erzeugen, z.B. bei der Förderung von isolierenden Suspensionen oder von Stäuben durch Rohrleitungen.

An dünnen Gegenständen, z.B. Folien und Schichten aus isolierenden Materialien, können bei stark ladungserzeugenden Prozessen Gleitstielbüschelentladungen auftreten.

Tabelle 1a: Höchstzulässige Oberflächen isolierender Gegenstände

Zone Oberfläche [cm2] in Explosionsgruppen
IIA IIB IIC
0 50 25 4
1 100 100 20
2 Begrenzungen nur erforderlich, wenn erfahrungsgemäß zündwirksame Entladungen auftreten.

Für Explosionsgruppe I beträgt die höchstzulässige Oberfläche 100 cm2.

Tabelle 1b: Höchstzulässige Durchmesser oder Breiten langgestreckter isolierender Gegenstände

Zone Breite oder Durchmesser [cm] in Explosionsgruppen
IIA IIB IIC
0 0,3 0,3 0,1
1 3,0 3,0 2,0
2 Begrenzungen nur erforderlich, wenn erfahrungsgemäß zündwirksame Entladungen auftreten.

Für Explosionsgruppe I beträgt die höchstzulässige Breite oder der höchstzulässige Durchmesser 3 cm.

Maßgeblich für isolierende Oberflächen sind:

Da die Entwicklung unter anderem zu isolierenden Werkstoffen - die sich dennoch nicht gefährlich aufladen lassen - geführt hat, kann an die Stelle des Flächenkriteriums auch der experimentelle Nachweis, dass der Gegenstand sich nicht gefährlich auflädt, treten. Ein solcher Nachweis erfordert eine fachkundige Prüfung.

Dieser Nachweis kann z.B. über die Bestimmung des Ladungstransfers erbracht werden.

Für die Zonen 20, 21 oder 22 sind vergleichbare Flächenkriterien nicht bekannt.

Da Staub/Luft-Gemische durch Büschelentladungen nicht entzündet werden können, sind erfahrungsgemäß Flächenbegrenzungen nicht erforderlich.

Sicherheitstechnische Überlegungen zu Staub/Luft-Gemischen siehe Abschnitt 3.4 "Elektrostatische Aufladungen beim Umgang mit Schüttgütern".

weiter .

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