umwelt-online: VV VwVG - Verwaltungsvorschriften zum Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW (3)

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7 Einwendungen gegen den Anspruch; Erstattungsanspruch (zu § 7)

7.1 Die Durchführung des Zwangsverfahrens wird durch Einwendungen des Vollstreckungsschuldners gegen die Rechtmäßigkeit des Leistungsbescheides nicht gehindert. Dies betrifft nach der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung auch Einwendungen gegen den Leistungsbescheid, die nach Eintritt der Bestandskraft entstanden sind. Die teilweise auf Grund der früheren Rechtslage vertretene Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, die hier eine Anfechtungsklage für möglich hielten, gilt in NRW seit der Neufassung von § 7 VwVG NRW nicht mehr. Derartige Einwendungen kann der Vollstreckungsschuldner nur außerhalb des Zwangsverfahrens mit den jeweils gebotenen Rechtsbehelfen gegen den Leistungsbescheid erheben. Nach Eintritt der Bestandskraft des Leistungsbescheides entstandene Einwendungen können nur über eine Abänderung oder Aufhebung dieses Bescheides im Wiederaufnahmeverfahren nach § § 48 oder 51 VwVfG NRW geltend gemacht und anschließend im Erstattungsverfahren gemäß § 7 Abs. 3 und 4 VwVG NRW die Rückzahlung verlangt werden.

7.2 Nach § 7 Abs. 2 VwVG NRW besteht zugunsten des Vollstreckungsschuldners bei Einwendungen, die nicht durch einen Rechtsbehelf auf Rücknahme des Heranziehungsbescheides oder durch die Anfechtung der Vollstreckungsmaßnahme geltend gemacht werden können, (z.B. der Einwand des nachträglichen Erlöschens der Forderung, einer späteren Fälligkeit durch Stundung), ein vollstreckungsrechtlicher Anspruch auf Aufhebung oder Beschränkung der Befugnis des Gläubigers, aus dem bisher vollsteckbaren Leistungsbescheid bei dem Vollstreckungsschuldner eine zwangsweise Befriedigung seiner Ansprüche zu suchen. Der Vollstreckungsschuldner ist nicht darauf verwiesen, in diesen Fällen zunächst die Vollstreckung zu dulden, um erst anschließend bei einer rechtswidrigen Vollstreckung einen Erstattungsanspruch geltend zu machen.

Einwendungen gegen den Bestand der Forderung oder deren Vollstreckbarkeit, die von der Vollstreckungsbehörde nicht zu beachten sind, sind bei der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, geltend zu machen.

Diese prüft zunächst verfahrensbegleitend, ob sie, in Abwägung der möglichen Erfolgsaussichten der Einwendungen mit dem öffentlichen Interesse an der Beitreibung der Forderung, die Vollstreckung vorläufig aussetzt oder beschränkt. Der Behörde steht hierbei ein Ermessensspielraum zu; ein eigenständiger Anspruch auf eine Entscheidung besteht nicht. Mit der Entscheidung zur Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung können Entscheidungen zur Aufhebung bereits durchgeführter Vollstreckungsmaßnahmen getroffen werden. Berücksichtigung finden nur Einwendungen gegen die Forderung selbst, sofern diese nicht im Verfahren gegen den Leistungsbescheid geltend gemacht werden konnten. Derartige Einwendungen sind insbesondere: streitige Erfüllung, streitiger Erlass oder streitige Stundung, Verjährung, Aufrechnung, Haftungsbeschränkungen, Anfechtung und Rücktritt bei gemäß § 61 Abs. 2 VwVfG NRW vollstreckbaren öffentlich-rechtlichen Verträgen oder Vergleichsregelungen.

Sofern es sich hingegen um Einwendungen im Sinne von § 6a VwVG NRW handelt, sind diese von der Vollstreckungsbehörde von Amts wegen als Zulässigkeitsvoraussetzungen des Vollsteckungsverfahrens zu beachten. Deren Nichtbeachtung macht die einzelne Vollstreckungsmaßnahme rechtswidrig und kann im Wege der Anfechtung gegen diese geltend gemacht werden.

Im Anwendungsbereich des § 7 Abs. 2 VwVG NRW dürfte eine Feststellungsklage, die vom OVG Münster in Anbetracht einer bislang fehlenden vollstreckungsrechtlichen Regelung für zulässig gehalten wurde, zukünftig mangels Rechtsschutzbedürfnisses nicht mehr zulässig sein. Vielmehr ist nach der Neuregelung zunächst eine Entscheidung des Gläubigers herbeizuführen und im Falle der Ablehnung des Antrages auf Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung Widerspruch einzulegen und bei dessen Zurückweisung eine Verpflichtungsklage anzustrengen; einstweiliger gerichtlicher Rechtschutz kann über § 123 VwGO erreicht werden.

7.3 Über den Anspruch auf Erstattung eines nach Meinung des Pflichtigen zu Unrecht geleisteten Betrages entscheidet der Gläubiger, zu dessen Gunsten der Betrag vorläufig geleistet oder beigetrieben worden ist. Der Anspruch auf Erstattung ist rechtzeitig geltend gemacht, wenn der Antrag innerhalb der in § 7 Abs. 4 VwVG NRW bestimmten Ausschlussfrist beim Gläubiger oder der Vollstreckungsbehörde gestellt wird. Der Bescheid des Gläubigers, der den Erstattungsanspruch ganz oder teilweise ablehnt, kann mit dem Widerspruch angefochten werden und unterliegt der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung. Er sollte deshalb nicht nur eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten, sondern auch ausreichend begründet sein.

7.4 Mit den ihm nach den §§ 2014 und 2015 BGB zustehenden Einreden (Dreimonats- und Aufgebotseinrede) kann der Erbe - gegebenenfalls der Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter oder Nachlasspfleger - nur erreichen, dass die Vollstreckung in den Nachlass für die Dauer der dort bestimmten Fristen auf solche Maßnahmen beschränkt wird, die zur Vollziehung eines Arrestes zulässig sind (vgl. §§ 782, 783 ZPO). Abgesehen davon, dass diese Einredemöglichkeiten schon nach den Vorschriften der §§ 2016 und 2017 i.V.m. § 1971

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