Regelwerk

AG ThUG - Niedersächsisches Gesetz zur Ausführung des Therapieunterbringungsgesetzes
- Niedersachsen -

Vom 10. Dezember 2012
(Nds.GVBl. Nr. 31 vom 13.12.2012 S. 563)
Gl.-Nr. 21069


Der Niedersächsische Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen:

§ 1 Anwendungsbereich, Ziele

(1) Dieses Gesetz regelt ergänzend zum Therapieunterbringungsgesetz vom 22. Oktober 2010 (BGBl. I S. 2300, 2305) den Vollzug der Therapieunterbringung in der dafür bestimmten Einrichtung des Landes Niedersachsen.

(2) Ziel der Therapieunterbringung ist es, die untergebrachte Person so weit wie möglich zu heilen oder deren Zustand so weit zu bessern, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Gefahr mehr für die Allgemeinheit darstellt. Behandlung und Betreuung während der Unterbringung haben den anerkannten medizinisch-therapeutischen und pädagogischen Anforderungen zu entsprechen. Mitarbeit und Verantwortungsbewusstsein der untergebrachten Person sollen geweckt und gefördert werden.

(3) Soweit die Zielsetzung des Absatzes 2 Satz 1 und die Ordnung in der Einrichtung dies zulassen, soll die Unterbringung den allgemeinen Lebensverhältnissen angeglichen werden und die untergebrachte Person auf eine selbständige Lebensführung vorbereiten. Dazu gehören auch die Vorbereitung und Förderung ihrer familiären, sozialen und beruflichen Eingliederung.

§ 2 Einrichtung der Therapieunterbringung

(1) Die Unterbringung erfolgt in einer Einrichtung des Landes zur Therapieunterbringung am Ort des Maßregelvollzugszentrums Niedersachsen in Moringen.

(2) Die Einrichtung ist so auszustatten, dass eine auf die unterschiedlichen Lebenslagen und Bedürfnisse der Untergebrachten abgestimmte Behandlung ermöglicht und die Eingliederung der Untergebrachten gefördert wird. Es sind die Voraussetzungen für einen offenen und für einen geschlossenen Vollzug zu schaffen.

(3) Die Unterbringung kann auch mit Zustimmung des Fachministeriums in Einrichtungen eines anderen Landes vollzogen werden, wenn die zuständige Behörde des anderen Landes zustimmt. Die Entscheidung bedarf der vorherigen Zustimmung des nach § 4 des Therapieunterbringungsgesetzes zuständigen Gerichts.

§ 3 Ausgestaltung des Vollzugs

(1) Für die Unterbringung gelten die Vorschriften der §§ 4, 5 Abs. 4, §§ 6, 9 bis 11, 13, 14, 17 bis 24 des Niedersächsischen Maßregelvollzugsgesetzes entsprechend.

(2) Im Übrigen finden für den Vollzug folgende Vorschriften des Niedersächsischen Maßregelvollzugsgesetzes entsprechende Anwendung:

  1. § 7 mit Ausnahme der Regelungen über die Aussetzung der Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung;
  2. § 12 mit der Maßgabe, dass als Grundsätze gemäß § 12 Abs. 2 die im Maßregelvollzugszentrum Moringen geltenden Grundsätze anzuwenden sind;
  3. § 15 mit der Maßgabe, dass vor Entscheidungen nach § 15 Abs. 5 das nach § 4 des Therapieunterbringungsgesetzes zuständige Gericht anzuhören ist.

(3) Der Vollzug der Therapieunterbringung steht unter ärztlicher Leitung (Vollzugsleitung). Die Vollzugsleitung trägt die Verantwortung für die ärztlichen und pflegerischen Aufgaben des Vollzuges.

§ 4 Behandlung

(1) Die untergebrachte Person hat Anspruch auf die nach dem aktuellen Stand des Wissens notwendige medizinische, therapeutische, pflegerische und pädagogische Behandlung ihrer der Unterbringung zugrundeliegenden psychischen Störung. Ihre Bereitschaft zur Behandlung und zur Mitarbeit bei der Behandlung ist zu fördern. Eine Behandlung, die die Persönlichkeit der untergebrachten Person in ihrem Kernbereich verändern würde, ist unzulässig.

(2) Die untergebrachte Person ist durch eine Ärztin oder einen Arzt über Notwendigkeit, Art, Dauer und Umfang der Behandlung in einer ihrer Auffassungsgabe und ihrem Gesundheitszustand angemessenen Weise aufzuklären.

§ 5 Behandlung sonstiger Krankheiten, Gesundheitsvorsorge

(1) Untergebrachte haben in entsprechender Anwendung der §§ 56 bis 63 des Niedersächsischen Justizvollzugsgesetzes (NJVollzG) Anspruch auf Behandlung von anderen Krankheiten als der der Unterbringung zugrundeliegenden Störung sowie auf Schutzimpfungen, medizinische Vorsorgeleistungen und Gesundheitsuntersuchungen und auf Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft entsprechend § 71 NJVollzG.

(2) Untergebrachte sollen von der Einrichtung dazu angehalten werden, auf die eigene Gesundheit zu achten, auf die Gesundheit anderer Personen Rücksicht zu nehmen und Hygienevorschriften einzuhalten.

§ 6 Zwangsmaßnahmen zur Abwehr von Gefahren für Leben und Gesundheit

(1) Zur Abwehr einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr für das Leben oder die Gesundheit einer anderen Person ist eine Behandlung der untergebrachten Person auch gegen ihren Willen zulässig, wenn die Behandlung geeignet ist, die Gefahr abzuwehren, die Gefahr nicht durch ein weniger belastendes Mittel abgewehrt werden kann und der von der Maßnahme erwartete Nutzen die mit der Maßnahme verbundenen Belastungen deutlich überwiegt.

(2) Besteht eine gegenwärtige erhebliche Gefahr nur für das Leben oder die Gesundheit der untergebrachten Person, so ist deren Behandlung nur zulässig, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen und die untergebrachte Person die Behandlung in einwilligungsfähigem Zustand nicht abgelehnt hat.

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