Regelwerk Allgemein Sanktionen

ThUG - Therapieunterbringungsgesetz
Gesetz zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter

Vom 22. Dezember 2010
(BGBl. I Nr. 68 vom 31.12.2010 S. 2300; 05.12.2012 S. 2425 12)
Gl.-Nr.: 450-31



§ 1 Therapieunterbringung

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

  1. sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
  2. die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

§ 2 Geeignete geschlossene Einrichtungen 12

(1)Für die Therapieunterbringung nach § 1 sind nur solche geschlossenen Einrichtungen geeignet, die

  1. wegen ihrer medizinischtherapeutischen Ausrichtung eine angemessene Behandlung der im Einzelfall vorliegenden psychischen Störung auf der Grundlage eines individuell zu erstellenden Behandlungsplans und mit dem Ziel einer möglichst kurzen Unterbringungsdauer gewährleisten können,
  2. unter Berücksichtigung therapeutischer Gesichtspunkte und der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit eine die Untergebrachten so wenig wie möglich belastende Unterbringung zulassen und
  3. räumlich und organisatorisch von Einrichtungen des Strafvollzuges getrennt sind.

(2) Einrichtungen im Sinne des § 66c Absatz 1 des Strafgesetzbuches sind ebenfalls für die Therapieunterbringung geeignet, wenn sie die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 erfüllen.

§ 3 Gerichtliches Verfahren

Für das gerichtliche Verfahren gelten die Vorschriften des Allgemeinen Teils und die Vorschriften über das Verfahren in Unterbringungssachen des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

§ 4 Sachliche und örtliche Zuständigkeit; Besetzung des Spruchkörpers

(1) Für das gerichtliche Verfahren nach diesem Gesetz sind die Zivilkammern der Landgerichte ausschließlich zuständig. Eine Übertragung der Entscheidung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(2) Örtlich ausschließlich zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Therapieunterbringung entsteht. Befindet sich die Person, die nach § 1 untergebracht werden soll (Betroffener), in der Sicherungsverwahrung, ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk die Einrichtung liegt, in der diese vollstreckt wird.

§ 5 Einleitung des gerichtlichen Verfahrens

(1) Das gerichtliche Verfahren wird eingeleitet, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass die Voraussetzungen für eine Therapieunterbringung nach § 1 gegeben sind. Den Antrag stellt die untere Verwaltungsbehörde, in deren Zuständigkeitsbereich das Bedürfnis für die Therapieunterbringung entsteht. Befindet sich der Betroffene in der Sicherungsverwahrung, so ist auch der Leiter der Einrichtung antragsberechtigt, in der diese vollstreckt wird. Der Betroffene ist über die Antragstellung zu unterrichten.

(2) Der Antrag ist bereits vor der Entlassung des Betroffenen aus der Sicherungsverwahrung zulässig. Er gilt als zurückgenommen, wenn nicht innerhalb von zwölf Monaten seit Antragstellung die in § 1 Absatz 1 vorausgesetzte Entscheidung rechtskräftig geworden ist.

(3) Die für die Sicherungsverwahrung des Betroffenen zuständige Vollstreckungsbehörde, der in Absatz 1 Satz 3 genannte Antragsberechtigte sowie die Führungsaufsichtsstelle des Betroffenen teilen der zuständigen unteren Verwaltungsbehörde die für die Einleitung des gerichtlichen Verfahrens notwendigen Daten mit, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass die Voraussetzungen für eine Therapieunterbringung nach § 1 gegeben sind. Die Übermittlung personenbezogener Daten zu dem in Satz 1 genannten Zweck ist zulässig, wenn dem keine schutzwürdigen Interessen des Betroffenen entgegenstehen. Der Inhalt der Mitteilung, die Art und Weise ihrer Übermittlung und der Empfänger sind aktenkundig zu machen. Der Betroffene ist über die Mitteilung und den Inhalt der Mitteilung zu unterrichten.

§ 6 Beteiligte

(1) Beteiligte sind der Betroffene und der Antragsteller.

(2) Der dem Betroffenen beigeordnete Rechtsanwalt wird durch seine Beiordnung als Beteiligter zum Verfahren hinzugezogen.

(3) Auf ihren Antrag sind als Beteiligte hinzuzuziehen:

  1. die zuständige untere Verwaltungsbehörde und der Leiter der Einrichtung, in der sich der Betroffene zur Vollstreckung der Sicherungsverwahrung befindet, sofern sie nicht Antragsteller sind, sowie
  2. die Führungsaufsichtsstelle des Betroffenen.

§ 7 Beiordnung eines Rechtsanwalts

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