Regelwerk, Allgemein |
HArchivG - Hessisches Archivgesetz
- Hessen -
Vom 26. November 2012
(GVBl. Nr. 24 vom 05.12.2012 S. 458; 05.10.2017 S. 294 17; 13.10.2022 S. 493aufgehoben)
Gl.-Nr.: 76-13
Teil 1
Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Geltungsbereich
(1) Dieses Gesetz regelt den Umgang mit öffentlichem Archivgut. Es soll das öffentliche Archivgut vor Beschädigung, Verlust, Vernichtung und Zersplitterung schützen, verfügbar halten und unter Anwendung moderner Technologien für die öffentliche Nutzung zugänglich machen. Es regelt den Datenschutz für das öffentliche Archivgut.
(2) Dieses Gesetz regelt auch die Archivierung der Unterlagen von ehemals öffentlichen oder diesen gleichgestellten Stellen, sofern die Unterlagen bis zum Zeitpunkt des Übergangs in eine Rechtsform des Privatrechts entstanden sind.
(3) Dieses Gesetz gilt nicht für die Kirchen und andere öffentlich-rechtliche Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften und deren Vereinigungen. Es gilt ferner nicht für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und für öffentlich-rechtliche Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit, die am wirtschaftlichen Wettbewerb teilnehmen, und deren Zusammenschlüsse und solche Zweckverbände, deren Zweck der Betrieb eines öffentlich-rechtlichen Unternehmens mit eigener Rechtspersönlichkeit ist, das am wirtschaftlichen Wettbewerb teilnimmt.
§ 2 Begriffsbestimmungen
(1) Archivwürdig im Sinne dieses Gesetzes sind Unterlagen, die aufgrund ihrer politischen, rechtlichen, wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedeutung für die Erforschung und das Verständnis von Geschichte und Gegenwart von bleibendem Wert sind.
(2) Unterlagen im Sinne dieses Gesetzes sind Urkunden, Amtsbücher, Akten, Schriftstücke, amtliche Publikationen, Karteien, Karten, Pläne, Plakate, Siegel, Stempel, Bild-, Film- und Tonaufzeichnungen sowie alle anderen Informationsobjekte, auch digitale Aufzeichnungen, unabhängig von ihrer Speicherungsform. Dazu zählen auch alle Hilfsmittel und ergänzenden Daten, die für die Erhaltung, das Verständnis dieser Informationen und deren Nutzung notwendig sind.
(3) Öffentliches Archivgut sind alle archivwürdigen Unterlagen der Verfassungsorgane, Behörden, Gerichte, des Landtags und der sonstigen öffentlichen Stellen des Landes, der Städte, Gemeinden, Landkreise und kommunalen Verbände, ihrer Rechts- und Funktionsvorgänger sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts und ihrer Vereinigungen einschließlich der Hochschulen, die zur dauernden Aufbewahrung von einem öffentlichen Archiv übernommen werden.
(4) Als öffentliches Archivgut gelten auch archivwürdige Unterlagen, die die öffentlichen Archive zur Ergänzung ihres Archivguts gesammelt, erworben oder übernommen haben.
(5) Öffentliche Archive im Sinne dieses Gesetzes sind die Archive, die für das Archivgut der in Abs. 3 und 6 genannten Stellen sowie ihrer Rechtsvorgänger zuständig sind und dieses nach Maßgabe dieses Gesetzes übernehmen, auf Dauer aufbewahren, sichern, erschließen und nutzbar machen.
(6) Als öffentliche Stellen des Landes gelten auch:
(7) Die Archivierung umfasst die Aufgaben, Unterlagen zu erfassen, deren Archivwürdigkeit festzustellen, die archivwürdigen Unterlagen zu übernehmen und sachgemäß aufzubewahren, zu sichern, deren Integrität und Authentizität zu bewahren sowie sie zu erhalten, instand zu setzen, zu erschließen, verfügbar zu machen und für die Nutzung bereitzustellen.
Teil 2
Organisation und Aufgaben des Hessischen Landesarchivs
§ 3 Organisation des Hessischen Landesarchivs
(1) Das Hessische Landesarchiv besteht aus dem Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, dem Staatsarchiv Darmstadt und dem Staatsarchiv Marburg. Es bündelt zentrale archivfachliche und administrative Aufgaben. Das für das Archivwesen zuständige Ministerium übt die Rechts- und Fachaufsicht über das Hessische Landesarchiv aus.
(2) Kooperationspartner des Hessischen Landesarchivs sind der Landesbetrieb Archivschule Marburg - Hochschule für Archivwissenschaft (§ 5) und das Hessische Landesamt für geschichtliche Landeskunde (§ 6).
(3) Die vom Hessischen Landesarchiv zu erreichenden standortübergreifenden archivfachlichen Ziele werden zwischen dem für das Archivwesen zuständigen Ministerium und der Leiterin oder dem Leiter des Hessischen Landesarchivs im Rahmen einer Zielvereinbarung gemeinsam festgelegt.
§ 4 Aufgaben des Hessischen Landesarchivs
(1) Das Hessische Landesarchiv hat die Aufgabe, die archivwürdigen Unterlagen des Landes zu archivieren. Es nimmt standortübergreifende Aufgaben des Archivwesens des Landes und der Archivverwaltung wahr.
(2) Aufgaben der Archivierung werden von Personen wahrgenommen, die eine archivfachliche Ausbildung besitzen oder in sonstiger Weise fachlich geeignet sind.
(3) Das Hessische Landesarchiv berät die in § 2 Abs. 3 und 6 genannten Stellen im Rahmen seiner Zuständigkeit bei der Verwaltung und Sicherung ihrer Unterlagen im Hinblick auf die spätere Archivierung. Diese Stellen beteiligen das Hessische Landesarchiv bei der Einführung und Änderung technischer Systeme zur Erstellung und Speicherung digitaler Unterlagen. Die Beratungstätigkeit erstreckt sich auch auf die nicht staatlichen Archive im Rahmen der Archivpflege.
(4) Die Leiterin oder der Leiter des Hessischen Landesarchivs kann Verträge über die Archivierung von Unterlagen privater oder kommunaler Herkunft im Namen des Landes abschließen.
(5) Das Hessische Landesarchiv nimmt Aufgaben im Rahmen der Aus- und Fortbildung des archivarischen Fachpersonals wahr.
(6) Das Hessische Landesarchiv wirkt als Haus der Geschichte an der wissenschaftlichen Auswertung der von ihm aufbewahrten Unterlagen sowie an der Erforschung und Vermittlung der Geschichte des Landes mit.
Teil 3
Kooperationspartner des Hessischen Landesarchivs
§ 5 Archivschule Marburg - Hochschule für Archivwissenschaft 17
(1) Das Land ist Träger der Archivschule Marburg - Hochschule für Archivwissenschaft. Sie ist ein Landesbetrieb nach § 26 der Hessischen Landeshaushaltsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. März 1999 (GVBl. I S. 248), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Juni 2013 (GVBl. S. 447), im Geschäftsbereich des für das Archivwesen zuständigen Ministeriums. Die Archivschule Marburg - Hochschule für Archivwissenschaft hat die Aufgabe, Archivarinnen und Archivare des gehobenen und höheren Dienstes für Bund und Länder nach hessischem Recht auszubilden. Sie führt Fortbildungsveranstaltungen und Weiterbildungsstudiengänge durch und betreibt archivwissenschaftliche Forschung.
(2) Die Archivschule Marburg - Hochschule für Archivwissenschaft arbeitet mit dem Hessischen Landesarchiv auf der Grundlage von Kooperationsvereinbarungen zusammen. Die Qualität der Leistungen der Archivschule Marburg - Hochschule für Archivwissenschaft wird nach Maßgabe des für das Archivwesen zuständigen Ministeriums regelmäßig evaluiert.
§ 6 Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde
(1) Das Land unterhält ein Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde mit Sitz in Marburg. Es hat die Aufgabe, Grundlagen der hessischen Geschichte zu erschließen und im Kontext überregionaler Forschung wissenschaftlich zu vermitteln. Es gibt eigene Schriften heraus und betreibt ein digitales landesgeschichtliches Informationssystem. Arbeitsgebiete sind insbesondere der Hessische Städteatlas und das Historische Ortslexikon.
(2) Das Hessische Landesamt für geschichtliche Landeskunde arbeitet mit dem Hessischen Landesarchiv auf der Grundlage von Kooperationsvereinbarungen zusammen. Die wissenschaftliche Qualität der Leistungen wird nach Maßgabe des für das Archivwesen zuständigen Ministeriums regelmäßig evaluiert.
Teil 4
Archivische Verfahren
§ 7 Aufbewahrung im Rahmen laufender Fristen
(1) Archivwürdige Unterlagen können vor Ablauf der festgelegten Aufbewahrungsfristen vom zuständigen Archiv übernommen werden. Das Verfügungsrecht liegt beim zuständigen Archiv.
(2) Unabhängig von der Archivwürdigkeit können Unterlagen vor Ablauf der Aufbewahrungsfristen dem zuständigen Archiv zur befristeten Aufbewahrung als Zwischenarchivgut übergeben werden. Die abgebende Stelle bleibt weiterhin für die Unterlagen verantwortlich und entscheidet über die Benutzung durch Dritte.
(3) Unterlagen, die allein zur Rechtssicherung aufgrund von Rechtsvorschriften dauernd aufzubewahren sind, können bei der aktenführenden Stelle verbleiben oder an das zuständige Archiv abgegeben werden. Die Einzelheiten werden in einer Vereinbarung geregelt.
§ 8 Anbietung von Unterlagen
(1) Die in § 2 Abs. 3 und 6 genannten Stellen sind verpflichtet, alle Unterlagen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigt werden und deren Aufbewahrungsfrist abgelaufen ist, unverzüglich auszusondern und dem zuständigen Archiv zur Archivierung anzubieten. Dies hat spätestens 30 Jahre nach Entstehung der Unterlagen zu erfolgen, soweit nicht Rechtsvorschriften andere Aufbewahrungsfristen bestimmen. Das zuständige Archiv hat binnen sechs Monaten über die Archivwürdigkeit angebotener Unterlagen zu entscheiden.
(2) Anzubieten sind auch Unterlagen, die besonderen Rechtsvorschriften über Geheimhaltung oder des Datenschutzes unterworfen sind oder die aufgrund besonderer Vorschriften hätten gelöscht oder vernichtet werden müssen.
(3) Die in § 2 Abs. 3 und 6 genannten Stellen dürfen nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen Unterlagen nur vernichten oder Daten nur löschen, die das zuständige Archiv zur Vernichtung oder Löschung freigegeben hat oder wenn es nicht binnen sechs Monaten über die Archivwürdigkeit angebotener Unterlagen entschieden hat, und sofern kein Grund zur Annahme besteht, dass durch die Vernichtung oder Löschung schutzwürdige Belange von Betroffenen beeinträchtigt werden.
(4) Auf die Anbietung von offensichtlich nicht archivwürdigen Unterlagen und Daten wird im Einvernehmen mit dem zuständigen Archiv verzichtet.
(5) Die in § 2 Abs. 3 und 6 genannten Stellen bieten jeweils ein Exemplar der von ihnen herausgegebenen Veröffentlichungen, auch solcher in elektronischer Form, dem zuständigen Archiv zur Übernahme an.
(6) Die in § 2 Abs. 3 und 6 genannten Stellen können Unterlagen einem anderen öffentlichen Archiv anstelle des zuständigen Archivs mit dessen Einvernehmen zur Archivierung anbieten, wenn es im öffentlichen Interesse liegt.
§ 9 Digitales Archivgut
(1) Bei der Übernahme von digitalen Unterlagen sind Auswahlkriterien und technische Kriterien, insbesondere das Format von Primär- und Metadaten und die Form der Übermittlung, von dem zuständigen Archiv mit Zustimmung der abgebenden Stelle vorab festzulegen.
(2) Bei digitalen Unterlagen, die einer laufenden Aktualisierung unterliegen, legt das zuständige Archiv die Form der Anbietung und die Zeitabstände der Übergabe mit Zustimmung der abgebenden Stelle vorab fest.
§ 10 Feststellung der Archivwürdigkeit und Übernahme des Archivguts
(1) Über die Archivwürdigkeit der angebotenen Unterlagen entscheidet das zuständige Archiv nach § 2 Abs. 1 unter Mitwirkung der anbietenden Stelle sowie unter den Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit. Über die Archivwürdigkeit und Auswahl von gleichförmigen oder wiederkehrenden Unterlagen, die in großer Zahl anfallen, können schriftliche Vereinbarungen getroffen werden.
(2) Dem zuständigen Archiv ist Einsicht in anzubietende Unterlagen und die dazugehörigen Ordnungssysteme zu gewähren.
§ 11 Sicherung und Erschließung
(1) Die öffentlichen Archive haben die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um die dauernde Aufbewahrung, Erhaltung und Nutzbarkeit des Archivgutes sowie seinen Schutz vor unbefugter Nutzung oder vor Vernichtung sicherzustellen. Ausnahmsweise kann Archivgut in öffentlichen Archiven vernichtet oder gelöscht werden, wenn es für die Rechtssicherung und für die wissenschaftliche Forschung keine Bedeutung mehr hat.
(2) Sofern es unter archivfachlichen Gesichtspunkten gerechtfertigt ist, können die öffentlichen Archive die im Archivgut enthaltenen Informationen auch in anderer Form archivieren und die Originalunterlagen ausnahmsweise löschen oder vernichten. Darüber ist ein Nachweis zu führen.
(3) Die öffentlichen Archive sind verpflichtet, das Archivgut nach archivfachlichen Gesichtspunkten zu ordnen und durch Findmittel zu erschließen. Die Verknüpfung personenbezogener Daten durch das öffentliche Archiv ist innerhalb der in § 13 Abs. 1 und 2 genannten Schutzfristen nur zulässig, wenn schutzwürdige Belange betroffener Personen oder Dritter nicht beeinträchtigt werden.
(4) Öffentliches Archivgut ist unveräußerlich und kann von Dritten nicht gutgläubig erworben werden. Eine Abgabe an andere öffentliche Archive ist ausnahmsweise zulässig, wenn sie im öffentlichen Interesse liegt und die Einhaltung der in diesem Gesetz für die Aufbewahrung und Nutzung von öffentlichem Archivgut getroffenen Bestimmungen gewährleistet ist.
Teil 5
Nutzung von Archivgut
§ 12 Recht auf Nutzung des öffentlichen Archivguts 17
(1) Das Recht, öffentliches Archivgut zu nutzen, steht jeder Person zu, soweit durch Rechtsvorschriften nichts anderes bestimmt ist. Vereinbarungen zugunsten von Eigentümerinnen und Eigentümern privaten Archivguts bleiben unberührt.
(2) Der Zweck der Nutzung, der persönlicher, amtlicher, wissenschaftlicher, pädagogischer, publizistischer oder gewerblicher Art sein kann, muss dargelegt werden.
(3) Die Nutzung von archivierten Unterlagen, die Rechtsvorschriften des Bundes über Geheimhaltung unterliegen, richtet sich nach den Vorschriften des Bundesarchivgesetzes vom 10. März 2017 (BGBl. I S. 410).
(4) Nutzer der öffentlichen Archive sind verpflichtet, von einem Werk, das unter wesentlicher Verwendung von Archivgut entstanden ist, unaufgefordert nach der Veröffentlichung ein Belegexemplar abzuliefern. Ist eine kostenfreie Ablieferung nicht zumutbar, kann entweder dem Archiv ein Exemplar des Werkes zur Erstellung einer Vervielfältigung überlassen oder eine Entschädigung bis zur Hälfte des Ladenpreises oder, wenn ein solcher Preis nicht besteht, bis zur Hälfte der Kosten des Belegexemplars verlangt werden.
§ 13 Schutzfristen
(1) Für öffentliches Archivgut gilt im Regelfall eine Schutzfrist von 30 Jahren nach Entstehung der Unterlagen. Archivgut, das bei der Übernahme durch das öffentliche Archiv besonderen Geheimhaltungsvorschriften unterlegen hat, darf im Regelfall erst 60 Jahre nach Entstehung der Unterlagen genutzt werden. Dies gilt auch für Unterlagen, die aufgrund besonderer Vorschriften hätten gelöscht oder vernichtet werden müssen.
(2) Unbeschadet der generellen Schutzfristen darf Archivgut, das sich seiner Zweckbestimmung oder seinem wesentlichen Inhalt nach auf eine oder mehrere natürliche Personen bezieht (personenbezogenes Archivgut), im Regelfall erst zehn Jahre nach dem Tod der betroffenen Person oder der letztverstorbenen von mehreren betroffenen Personen durch Dritte genutzt werden. Ist das Todesjahr nicht festzustellen, endet die Schutzfrist 100 Jahre nach der Geburt der betroffenen Person oder der Geburt der letztgeborenen von mehreren Personen, deren Todesjahr nicht festzustellen ist. Ist weder Geburts- noch Todesjahr der betroffenen Person oder einer der betroffenen Personen mit vertretbarem Aufwand festzustellen, so endet die Schutzfrist 60 Jahre nach Entstehung der Unterlagen.
(3) Die Schutzfristen nach Abs. 1 und 2 gelten nicht für solches Archivgut, das bereits bei seiner Entstehung zur Veröffentlichung bestimmt war.
(4) Die Schutzfristen nach Abs. 1 und 2 gelten auch bei der Nutzung durch öffentliche Stellen. Für die abgebenden Stellen gelten die Schutzfristen der Abs. 1 und 2 nur für Unterlagen, die bei ihnen aufgrund besonderer Vorschriften hätten gesperrt, gelöscht oder vernichtet werden müssen.
(5) Die Schutzfristen können vom öffentlichen Archiv im Einzelfall auf Antrag der Nutzer verkürzt werden, wenn es im öffentlichen Interesse liegt. Bei personenbezogenem Archivgut ist dem Antrag auf Nutzung des Archivguts vor Ablauf der Schutzfristen stattzugeben, wenn
(6) Eine Nutzung personenbezogenen Archivguts ist unabhängig von den in Abs. 1 und 2 genannten Schutzfristen auch zulässig, wenn die Person, auf die sich das Archivgut bezieht, oder im Falle ihres Todes ihre Angehörigen zugestimmt haben. Die Einwilligung ist von dem überlebenden Ehegatten, der überlebenden Ehegattin, von dem eingetragenen Lebenspartner oder von der eingetragenen Lebenspartnerin, nach dem Tod der genannten Personen von den Kindern und, wenn weder Ehegatte, Ehegattin, eingetragener Lebenspartner oder eingetragene Lebenspartnerin noch Kinder vorhanden sind, von den Eltern der betroffenen Person einzuholen.
(7) Vor Ablauf der Schutzfristen dürfen personenbezogene Angaben nur veröffentlicht werden, wenn die betroffenen Personen, im Falle ihres Todes ihre Angehörigen nach Abs. 6 eingewilligt haben oder dies für die Darstellung der Ergebnisse des bestimmten Forschungsvorhabens unerlässlich ist. Bei Amtspersonen in Ausübung ihres Amtes und bei Personen der Zeitgeschichte ist die Veröffentlichung zulässig, soweit diese einer angemessenen Berücksichtigung schutzwürdiger Belange nicht zuwiderläuft.
§ 14 Einschränkung der Nutzung von Archivgut in besonderen Fällen
(1) Die Nutzung von Archivgut ist einzuschränken oder zu versagen, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass
(2) Das für das Archivwesen zuständige Ministerium entscheidet über die Einschränkung oder Versagung der Nutzung des Archivguts des Hessischen Landesarchivs in den Fällen nach Abs. 1 Nr. 1. Das Hessische Landesarchiv entscheidet über die Einschränkung oder Versagung in den Fällen nach Abs. 1 Nr. 2 bis 4.
§ 15 Auskunfts- und Gegendarstellungsrecht 17
(1) Einer betroffenen Person im Sinne von § 2 Abs. 1 des Hessischen Datenschutzgesetzes, ist ohne Rücksicht auf die in § 13 Abs. 1 und 2 festgelegten Schutzfristen auf Antrag Auskunft über die im Archivgut zu ihrer Person enthaltenen Daten zu erteilen. Statt einer Auskunft kann das öffentliche Archiv Einsicht in die Unterlagen gewähren.
(2) Das öffentliche Archiv ist verpflichtet, den zum öffentlichen Archivgut gehörigen Unterlagen eine Gegendarstellung der betroffenen Person beizufügen, wenn diese durch eine in den Unterlagen enthaltene Tatsachenbehauptung betroffen ist und ein berechtigtes Interesse an der Gegendarstellung glaubhaft macht. Nach ihrem Tod steht dieses Recht den Angehörigen nach § 13 Abs. 6 zu. Weitergehende Pflichten nach Bundesrecht bleiben unberührt.
(3) Die Gegendarstellung nach Abs. 2 bedarf der Schriftform und muss von der betroffenen Person oder ihren Angehörigen unterzeichnet sein. Sie muss sich auf Angaben über Tatsachen beschränken und darf keinen strafbaren Inhalt haben.
(4) Das Gegendarstellungsrecht nach Abs. 2 gilt nicht für amtliche Niederschriften und Berichte über öffentliche Sitzungen der gesetzgebenden oder beschließenden Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände und anderer juristischer Personen des öffentlichen Rechts sowie der Gerichte.
§ 16 Weitergabe von Vervielfältigungen öffentlichen Archivguts in besonderen Fällen
(1) Das für das Archivwesen zuständige Ministerium kann nach Anhörung des Hessischen Datenschutzbeauftragten gestatten, dass Archiven, Museen und Forschungsstellen des Auslandes Vervielfältigungen von öffentlichem Archivgut zur Geschichte der Juden unter der nationalsozialistischen Herrschaft, zur nationalsozialistischen Judenverfolgung und zu deren Aufarbeitung in der Nachkriegszeit sowie zur Geschichte des Schicksals einer Gruppe natürlicher Personen unter staatlicher Gewaltherrschaft zu archivischer Nutzung und wissenschaftlicher Forschung überlassen werden.
(2) Die Gestattung ist nur zulässig, wenn sichergestellt ist, dass § 15 sowie bei der Nutzung der Vervielfältigungen die §§ 13 und 14 sinngemäße Anwendung finden. § 17 des Hessischen Datenschutzgesetzes ist entsprechend anzuwenden.
(3) Im Einvernehmen mit der zuständigen obersten Bundesbehörde und dem Bundesarchiv dürfen Vervielfältigungen von Unterlagen nachgeordneter Stellen des Bundes überlassen werden.
(4) Ansprüche auf die Gestattung und Überlassung bestehen nicht.
Teil 6
Archivgut des Landtags, des Bundes, kommunales und sonstiges öffentliches Archivgut
§ 17 Archivgut des Landtags
(1) Der Hessische Landtag entscheidet, ob bei ihm entstandene archivwürdige Unterlagen von ihm selbst archiviert werden oder dem Hessischen Landesarchiv zur Übernahme angeboten werden.
(2) Sofern der Hessische Landtag ein eigenes Archiv unterhält, regelt er die Einzelheiten der Archivierung nach Maßgabe dieses Gesetzes.
§ 18 Archivgut des Bundes
Werden vom Hessischen Landesarchiv archivwürdige Unterlagen nachgeordneter Stellen des Bundes übernommen, so gelten sie als öffentliches Archivgut des Landes im Sinne dieses Gesetzes, soweit bundesrechtlich nichts anderes bestimmt ist. Für die Nutzung solcher Unterlagen gelten die Vorschriften des Bundesarchivgesetzes entsprechend.
§ 19 Kommunales Archivgut
Die Träger der kommunalen Selbstverwaltung, deren Verbände sowie kommunale Stiftungen regeln die Archivierung ihrer Unterlagen im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in eigener Zuständigkeit durch Satzung.
§ 20 Sonstiges öffentliches Archivgut
(1) Die in § 2 Abs. 3 genannten sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts und ihre Vereinigungen einschließlich der Hochschulen und die in § 2 Abs. 6 genannten Stellen regeln die Archivierung der bei ihnen entstandenen Unterlagen in eigener Zuständigkeit in eigenen oder gemeinschaftlich getragenen fachlich geleiteten öffentlichen Archiven.
(2) Unterhalten die in Abs. 1 genannten Stellen eigene öffentliche Archive, so regeln sie die Archivierung ihres Archivgutes nach den in diesem Gesetz vorgegebenen Grundsätzen durch Satzung.
(3) Nur sofern die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht sichergestellt werden können und Vernichtung oder Zersplitterung der archivwürdigen Unterlagen drohen, sind die nicht mehr benötigten Unterlagen dieser Stellen dem Hessischen Landesarchiv anzubieten. In diesem Fall werden die archivwürdigen Unterlagen dieser Stellen als staatliches Archivgut behandelt.
Teil 7
Regelungsbefugnisse
§ 21 Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen 17
(1) Die Landesregierung regelt durch Rechtsverordnung die Kostentragungspflicht
(2) Die für das Archivwesen zuständige Ministerin oder der hierfür zuständige Minister regelt durch Rechtsverordnung
Teil 8
Schlussbestimmungen
§ 22 Inkrafttreten, Außerkrafttreten 17
Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2013 in Kraft. Es tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2022 außer Kraft. Abweichend von Satz 1 tritt § 21 am Tage nach der Verkündung in Kraft.
ENDE | |
(Stand: 03.11.2022)
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