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Regelwerk, Abfall

Technische Hinweise zur Einstufung von Abfällen nach ihrer Gefährlichkeit

Vom 4. Dezember 2018
(LAGa - Länderarbeitsgemeinschaft Abfallaufgehoben)



Zur aktuellen Fassung: =>

Die "Technischen Hinweise zur Einstufung von Abfällen nach ihrer Gefährlichkeit" wurden unter Moderation des Abfalltechnik-Ausschusses der LAGa in den Jahren 2017 und 2018 erarbeitet.

Die Vollversammlung der LAGa hat auf ihrer 112. Sitzung am 27./28. März 2019 in Berlin unter Vorsitz des Bundeslandes Berlin unter top 5.1 die "Technischen Hinweise" den Bundesländern zur Anwendung empfohlen.

Vorwort

Für die Einstufung von Abfällen als gefährlich oder nicht gefährlich nach der Einleitung des Abfallverzeichnisses der AVV in Verbindung mit Anhang III der Abfall-RahmenRL ist bei Abfallarten mit sog. Spiegeleinträgen die Kenntnis der Konzentrationen einstufungsrelevanter gefährlicher Einzelverbindungen sowie sonstiger gefahrenrelevanter Eigenschaften, die sich nicht aus den Stoffgehalten ableiten lassen, erforderlich. Abfälle sind in der Praxis allerdings sehr oft Gemische aus vielen verschiedenen, teilweise unbekannten Stoffen, zu denen diese Kenntnisse fehlen und nur mit hohem analytischen Aufwand ermittelt werden könnten. Hier wird für den Vollzug eine praktikable Herangehensweise an die abfallrechtliche Einstufung benötigt, die sich an die Vorgaben der AVV hält und eine vereinfachte Prüfung der gefährlichen Eigenschaften anhand geeigneter Parameter ermöglicht. Dem Abfallerzeuger/ -besitzer bleibt es unbenommen, eine solche Einstufung seines Abfalls auf der Grundlage einer umfassenden Untersuchung der im Abfall vorliegenden Stoffe vorzunehmen und den Nachweis zu führen, dass keine gefährlichen Eigenschaften nach § 3 Abs. 2 Satz 1 AVV i. V. m. Anhang III der Abfall-RahmenRL (HP-Kriterien) vorliegen.

Liegen umfassende Kenntnisse zu konkreten Einzelverbindungen und deren Gehalte im Abfall vor, ergeben sich die Konzentrationsgrenzen zur Einstufung als gefährlich oder nicht gefährlich direkt aus Anhang III der Abfall-RahmenRL i. V. m. Anhang VI der CLP-V.

Wenn diese Kenntnisse über die stoffliche Zusammensetzung von Abfällen nicht vorliegen, kann die Einstufung von Abfällen nach ihrer Gefährlichkeit mit Hilfe der in den folgenden Kapiteln dargestellten, vereinfachten Regelungen erfolgen. Diese Regelungen wurden aus der chemikalienrechtlichen Einstufung relevanter Einzelverbindungen unter Beachtung einer worstcase-Annahme abgeleitet.

Ziel dieser Hinweise ist es, den Vollzug einschlägigen Rechts in den Bundesländern zu vereinheitlichen. In Bezug auf die im Abfall enthaltenen unbekannten Einzelverbindungen werden mit diesen Hinweisen die konzentrationsabhängigen gefahrenrelevanten Eigenschaften HP 4 bis HP 8 und HP 10 bis HP 15 berücksichtigt.

Die nachfolgend aufgeführten Konzentrationsgrenzen beziehen sich hinsichtlich der gefahrenrelevanten Eigenschaft HP 14 "ökotoxisch" ausschließlich auf die Kompartimente aquatische Umwelt (Oberflächengewässer) und Ozonschicht. Länderspezifische Regelungen für mineralische Massenabfälle im Hinblick auf die gefahrenrelevanten Eigenschaften HP 14, insbesondere in Verbindung mit Belangen des Boden- oder Grundwasserschutzes, bleiben unberührt.

1. Rechtsvorschriften

Für die Einstufung von Abfällen nach ihrer Gefährlichkeit gelten ausschließlich die Regelungen der AVV. Die AVV ist maßgeblich durch Art. 1 der Verordnung zur Umsetzung der novellierten abfallrechtlichen Gefährlichkeitskriterien vom 04.03.2016 (BGBl. I S. 382) und Art. 2 der Verordnung zur Überwachung von nicht gefährlichen Abfällen mit persistenten organischen Schadstoffen und zur Änderung der Abfallverzeichnis-Verordnung vom 17.07.2017 (BGBl. S. 2644) geändert worden. Die Änderungsverordnungen dienen der Umsetzung von Änderungen des Europäischen Abfallverzeichnisses und des Anhangs III der Abfall-RahmenRL in nationales Recht. Nach geltender Rechtslage ist bei der Einstufung von Abfällen mit sog. Spiegeleinträgen als gefährlich oder nicht gefährlich Folgendes zu beachten:

Abfälle sind als gefährlich einzustufen, wenn sie eine oder mehrere gefahrenrelevante Eigenschaften HP 1 bis HP 15 aufweisen (Nr. 2.2.1 der Einleitung des Abfallverzeichnisses der AVV) oder bestimmte persistente organische Schadstoffe (POP) oberhalb der Konzentrationsgrenzen nach Anhang IV der POP-V enthalten (vgl. Nr. 2.2.3 der Einleitung des Abfallverzeichnisses der AVV).

2. Einstufung von Abfällen mit Unbekannten Einzelverbindungen

Nachfolgend werden Hinweise für die Einstufung von Abfällen in Bezug auf wichtige Stoffgruppen gegeben. Fehlen Kenntnisse über die konkreten Einzelverbindungen, können Abfälle anhand der Konzentrationsgrenzen in den Tabellen 1 bis 4 als gefährlich oder nicht gefährlich eingestuft werden. Ist eine der Konzentrationsgrenzen erreicht oder überschritten, sind die Abfälle der passenden gefährlichen Abfallart zuzuordnen.

Die Konzentrationsgrenze der Feststoffparameter ist auf die Masse des einzustufenden Abfalls in der Originalsubstanz zu beziehen.

Zur Bewertung der gefahrenrelevanten Eigenschaft HP 14 "ökotoxisch" sind die Konzentrationen der in der jeweiligen Tabelle mit "X" markierten, als "chronisch gewässergefährdend, Kategorie 1" eingestuften Stoffe zu addieren, sofern die Einzelkonzentrationen über dem Berücksichtigungsgrenzwert von 0,1 % oder 1.000 mg/kg liegen. Der Abfall ist ökotoxisch, somit gefährlich, wenn in der Summe die Schwelle von 0,25 % oder 2.500 mg/kg erreicht oder überschritten wird.

Liegen Hinweise auf die mögliche Anwesenheit weiterer einstufungsrelevanter Stoffe im Abfall vor, sind auch diese bei der Einstufung zu berücksichtigen.

2.1 Metallgehalte im Feststoff

Die in Tabelle 1 festgelegten Konzentrationsgrenzen gelten für reine Metalllegierungen in massiver Form nur dann, sofern diese durch gefährliche Stoffe verunreinigt sind (vgl. Nr. 2.2.4 der Einleitung des Abfallverzeichnisses der AVV).

Tab. 1: Einstufung von Abfällen mit unbekannten Einzelverbindungen als gefährlich oder nicht gefährlich - Konzentrationsgrenzen von Metallen im Feststoff auf Grundlage der harmonisierten Einstufung relevanter Metallverbindungen nach CLP-V.

Für die Einstufung relevante worst case Klassifikation nach Anhang VI der CLP-V Konzentrationsgrenze nach Anhang III der Abfall-RahmenRL

Relevante Stoffe
(worst case)

Index-Nr.

Kodierung
der
Gefahrenklassen
und -kategorien

Kodierung
der
Gefahren-
hinweise

[mg/kg
OS]

[%]

Gefahrenrelevante
Abfalleigenschaft

Summe für HP 14

Antimon Antimon(III)-oxid 051-005-00-X Carc. 2 H351 10.000 1,0 HP 7
Arsen Arsensalze u.a. 033-003-00-0 u.a. Carc. 1A H350 1.000 0,1 HP 7
Blei ungelistete Bleiverbindungen u.a. 082-001-00-6 u.a. Aquatic Chronic 1 H410 2.500 0,25 HP 14 X
Cadmium Cadmium, Cadmiumchlorid 048-008-00-3 Carc. 1B H350 1.0001) 0,1 HP 7
Chrom-VI ungelistete Chrom(VI)- Verbindungen 024-001-00-0 u.a. Carc. 1A, 1B H350 1.000 0,1 HP 7
Kobalt Kobalt(II)-chlorid u.a. 027-004-00-5 u.a. Carc. 1B H350i 1.000 0,1 HP 7
Kupfer Kupfersulfat u.a. 029-001-00-4 u.a. Aquatic Chronic 1 H410 2.500 0,25 HP 14 X
Nickel Nickeldichlorid u.a. 028-003-00-2 u.a. Carc. 1A H350i 1.0001) 0,1 HP 7
Quecksilber Quecksilber und -verbindungen 2) 2) 2)
Selen ungelistete Selenverbindungen 034-002-00-8 u.a. Aquatic Chronic 1 H410 2.500 0,25 HP 14 X
Thallium Thallium,
ungelistete Thalliumverbindungen u.a.
081-002-00-9 u.a. Acute Tox. 2
(Oral und inhalativ)
H300, H330 2.500 0,25 HP 6
Organozinverbindungen ungelistete Tributyl-, Triethyl-, Tripropyl- und Triphenylzinnverbindungen u.a. 050-008-00-3 u.a. Aquatic Chronic 1 H410 2.500 0,25 HP 14 X
Zink Zink (Pulver), Zinkchlorid u.a. 030-003-00-2 u.a. Aquatic Chronic 1 H410 2.500 0,25 HP 14 X
Beryllium Beryllium,
ungelistete Berylliumverbindungen u.a.
004-00200-2 u.a. Carc. 1B H350i 1.000 0,1 HP 7
Silber Silbernitrat u.a. 047-001- 00-2 Aquatic Chronic 1 H410 2.500 0,25 HP 14 X
Vanadium Vanadium(V)-oxid 023-001-00-8 STOT RE 1
Muta. 2
H372
H341
10.000 1,0 HP 5
HP 11
1) Liegen Kenntnisse darüber vor, dass im Abfall Cadmium- und Nickelverbindungen mit in Anhang VI der CLP-V festgelegten spezifischen Konzentrationsgrenzen enthalten sind, können diese zur abfallrechtlichen Einstufung herangezogen werden.

2) Quecksilberhaltige Abfälle sind nach länderspezifischen Regelungen zu prüfen und zu bewerten.

2.2 Gehalte Gefährlicher Stoffe im Eluat (Metalle und andere)

Zur Bewertung der gefahrenrelevanten Eigenschaft HP 15 "Abfall, der eine der gefahrenrelevanten Eigenschaften HP 1 bis HP 14 entwickeln kann, die der ursprüngliche Abfall nicht aufweist" können die Zuordnungswerte für Deponien der Klasse II (DK II) in Anhang 3 zur DepV herangezogen werden (vgl. Tabelle 2). Ist einer der Zuordnungswerte erreicht oder überschritten, sind die Abfälle als gefährlich einzustufen.

Tab. 2: Einstufung von Abfällen mit unbekannten Einzelverbindungen als gefährlich oder nicht gefährlich - Konzentrationsgrenzen für die Gehalte gefährlicher Stoffe (Metalle und andere) im Eluat auf Grundlage der Zuordnungswerte für DK II in Anhang 3 zur DepV.

Konzentrationsgrenze in mg/l
(Zuordnungswert für DK II nach DepV)
Phenole 50
Arsen 0,2
Blei 1
Cadmium 0,1
Kupfer 5
Nickel 1
Quecksilber 0,02
Zink 5
Cyanid, leicht freisetzbar 0,5
Barium 10
Chrom, gesamt 1
Molybdän 1
Antimon 0,07
Selen 0,05

2.3 Gehalte Organischer Parameter im Feststoff

Für persistente organische Schadstoffe (POP), die nicht unter Nr. 2.2.3 der Einleitung des Abfallverzeichnisses der AVV fallen, sind in Abschnitt 2.4 gesonderte Hinweise gegeben.

Tab. 3: Einstufung von Abfällen als gefährlich oder nicht gefährlich - Konzentrationsgrenzen von organischen Parametern im Feststoff auf Grundlage insbesondere der harmonisierten Einstufung von Stoffen/Stoffgruppen nach CLP-V.

Für die Einstufung relevante worst case Klassifikation insbesondere nach Anhang VI der CLP-V Konzentrationsgrenze nach Nr. 2.2.1 der Anlage zur AVV i.V.m. Anhang III der Abfall-RahmenRL
oder
Nr. 2.2.3 der Anlage zur AVV i.V.m. Anhang I der POP-V
Relevante Stoffe
(worst case)
Index-Nr. Kodierung der
Gefahrenklassen
und -kategorien
Kodierung der
Gefahrenhinweise
[mg/kg OS] [%] Gefahrenrelevante Abfalleigenschaft Summe für HP 14
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) nach EPA 1 1 1
Benzo(a)pyren (BaP) 601-032-00-3 Carc. 1B
Anmerkung M
H350 50 0,005 HP 7
Mineralölkohlenwasserstoffe (MKW) [C10-C40] Carc. 1A, 1B
Aquatic Chronic 1
H350
H410
1.000

2.500

0,1

0,252

HP 7
HP 14
X
Benzol/ Toluol/ Ethylbenzol/ Xylol (BTEX) Benzol 601-020-00-8 Carc. 1A H350 1.000 0,1 HP 7
Leichtflüchtige halogenierte Kohlenwasserstoffe (LHKW) Trichlorethylen u.a.
1,2-Dibrom-3-chlorpropan
602-027-00-9
602-021-00-6
Carc. 1B
Mutag. 1A, 1B
H350
H340
1.000 0,1 HP 7
HP 11
Tetrachlormethan u.a. 602-008-00-5 Ozon 1 H420 HP 14
Polychlorierte3 Biphenyle (PCB) 602-039-00-4 Aquatic Chronic 1 H410 50 0,005 HP 14
dioxine und -furane (PCDD/F in I-TEQ) Polychlorierte Dibenzo-15 µg/kg
(1 µg/kg)4
15 ppb
(1 ppb)4
DDT {1,1,1-trichlor-2,2- bis(4-chlorphenyl)ethan}, 602-045-00-7 je Stoff 50 je Stoff 0,005
Pentachlorbenzol, 602-074-00-5
Hexachlorbenzol, 602-065-00-6
Aldrin, 602-048-00-3
Chlordan, 602-047-00-8
Chlordecon, 606-019-00-6
Hexachlorcyclohexane (HCH, inkl. Lindan), 602-043-00-6
Dieldrin, 602-049-00-9
Endrin, 602-051-00-X
Heptachlor,
Hexabrombiphenyl,
602-046-00-2
Mirex, 602-077-00-1
Toxaphen 602-044-00-1
1) PAK-haltige Abfälle sind nach länderspezifischen Regelungen zu prüfen und zu bewerten.
2) Weist der Abfallerzeuger nach, dass der Abfall keine karzinogenen KW enthält, liegt die Konzentrationsgrenze bei 2.500 mg/kg. Kann auf Grund herkunftsspezifischer Kenntnisse ausgeschlossen werden, dass der Befund auf MKW zurückzuführen ist, sind die betreffenden Konzentrationen bei der abfallrechtlichen Einstufung nicht zu berücksichtigen. Dies ist z.B. bei Kunststoffen (z.B. Kunststoffbeschichtungen) und bitumenstämmigen Materialien (z.B. entsprechender Schwarzanstrich auf Beton) der Fall.
3) Die Bezugsgröße ergibt sich aus der Bestimmung des gesamten Gehaltes an PCB nach DIN EN 12766-1 [1] und DIN EN 12766-2 [2].
4) Nach länderspezifischen Vorgaben ist zum Teil in Anlehnung an das Verwendungsverbot in der ChemVerbotsV abweichend eine Konzentrationsgrenze von 1 µg I-TEQ/kg festgelegt.

2.4 Gehalte "Neuer" Persistenter Organischer Schadstoffe (POP) im Feststoff

Als "neue" persistente organische Schadstoffe (persistent organic pollutants - POP) werden vorliegend diejenigen persistenten organischen Schadstoffe bezeichnet, die nicht unter die Regelung nach Nr. 2.2.3 der Einleitung des Abfallverzeichnisses der AVV fallen und in Anhang IV der POP-V aufgeführt sind.

In Tabelle 4 stehen die Konzentrationsgrenzen nach Anhang III der Abfall-RahmenRL für die Einstufung von Abfällen als gefährlich den Konzentrationsgrenzen nach § 2 Nr. 1 lit. b der POP-Abfall-ÜberwV i. V. m. Anhang IV der POP-V gegenüber.

Erreichen oder überschreiten die Gehalte "neuer" persistenter organischer Schadstoffe (POP) die Konzentrationsgrenzen in Anhang IV der POP-V (letzte Spalte in Tabelle 4), sind für die in § 2 POPAbfallÜberwV genannten Abfallarten die Pflichten zur getrennten Sammlung und Beförderung POP-haltiger Abfälle, das Verbot des Vermischens POP-haltiger Abfälle mit anderen Abfällen sowie die Nachweis- und Registerpflichten ( §§ 3, 4 und 5 der POP-Abfall-ÜberwV) zu beachten.

Erreichen oder überschreiten die Gehalte "neuer" persistenter organischer Schadstoffe (POP) die Konzentrationsgrenzen in Anhang III der Abfall-Rahmen-RL (Spalten 6 und 7 in Tabelle 4), sind die Abfälle als gefährlich einzustufen. Gefährliche Abfälle unterliegen nicht der POP-Abfall-ÜberwV.

Tab. 4: Einstufung von Abfällen als gefährlich oder nicht gefährlich nach AVV i. V. m. der Abfall-RahmenRL-Konzentrationsgrenzen für die Gehalte von "neuen" persistenten organischen Schadstoffen (POP) im Feststoff auf Grundlage insbesondere der harmonisierten Einstufung von Stoffen/Stoffgruppen nach CLP-V sowie Konzentrationsgrenzen für das Handling und die Dokumentation der Entsorgung POP haltiger Abfälle nach POP-Abfall-ÜberwV i. V. m. der POP-V.

Für die Einstufung relevante worst case Klassifikation nach
Anhang VI der CLP-V
Konzentrationsgrenze nach Nr. 2.2.1 der Anlage zur AVV i.V.m. Anhang III der Abfall-RahmenRL Konzentrationsgrenze nach Anhang IV der POP-V
Relevante Stoffe
(worst case)
Index-Nr. Kodierung
der Gefahrenklassen
und -kategorien
Kodierung
der Gefahrenhinweise
[mg/kg OS] [%] Gefahrenrelevante
Abfalleigenschaft
Summe für
HP 14
[mg/kg OS]
Endosulfan 602-052-00-5 Acute Tox. 2
Aquatic Chronic 1
H300
H410
2.500 0,25 HP 6
HP 14
X 50
Hexachlorbutadien (HCBD) 1 1 100
Polychlorierte Naphthaline Pentachlornaphthalin 602-051-00-5 Aquatic Chronic 1 H410 2.500 0,25 HP 14 X 10
Kurzkettige chlorierte Paraffine (SCCP) [C10-C13] 602-080-00-8 Aquatic Chronic 1 H410 2.500 0,25 HP 14 X 10.000
Polybromierte Diphenylether (PBDE3) Pentabromdiphenylether (penta-BDE) 602-083-00-4 Aquatic Chronic 1 H410 2.500 0,25 HP 14 X Σ ≥ 1.000
Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) 607-704-00-8 Repr. 1B H360D 3.000 0,3 HP 10 50
Hexabromcyclododecan (HBCD) 602-109-00-4 Repr. 2 H361 30.000 3 HP 10 1.0002
Pentachlorphenol (PCP) 604-002-00-8 Aquatic Chronic 1 H410 2.500 0,25 HP 14 X 100
1) Da keine harmonisierten Einstufungen nach CLP-V vorliegen, kann die Selbsteinstufung nach dem Einstufungs- und Kennzeichnungsverzeichnis (C&L-Inventory) der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) herangezogen werden.
2) Vorbehaltlich der Überprüfung durch die Europäische Kommission bis 20.04.2019.
3) Umfasst Tetra-, Penta-, Hexa- und Hepta-BDE.

3. Einstufung von Abfällen als "reizend" (HP 4) oder "ätzend" (HP 8) Anhand des pH-Werts

pH-Werte von ≤ 2 oder ≥ 11,5 können ein Indiz für das Potenzial sein, die Haut oder das Auge zu schädigen. Danach wäre der Abfall als "reizend" (HP 4) oder "ätzend" (HP 8) einzustufen (vgl. Nr. 2.2.7 der Einleitung des Abfallverzeichnisses der AVV). Stoffe mit solchen extremen pH-Werten können aber mit einer nur geringen Pufferkapazität einhergehen, müssen also wegen ihrer geringen alkalischen oder sauren Reserve trotz des niedrigen oder hohen pH-Werts nicht zwingend die gefahrenrelevante Eigenschaft HP 4 oder HP 8 aufweisen.

Ein geeignetes Verfahren zur Bestimmung der alkalischen oder sauren Reserve ist die in Anhang 4 zu TRGS 201 [3] erläuterte Methode von YOUNG et al. Ist der Abfall wegen seiner alkalischen oder sauren Reserve trotz des niedrigen oder hohen pH-Werts möglicherweise als nicht gefährlich einzustufen, kann dies auf Grundlage der Vorgaben der CLP-V (vgl. Nr. 3.l2 und Nr. 3.3 des Anhangs I der CLP-V) nachgewiesen werden.

Sofern Invitro-Tests als Nachweis gewählt werden, kommen die Methoden B.40 (TER-Test) und B.40 bis. (Test mit menschlichem Hautmodell) der Prüfmethoden-V in Frage.

Die Anwendung der vorgenannten aufwendigen Verfahren ist nur in Ausnahmefällen angezeigt und kann folgende Schritte umfassen:

Schritt: pH-Wert als Indikator;

Schritt: Methode von YOUNG et al. zur Bestimmung der alkalischen/sauren Reserve [4];

Schritt: Invitro-Tests.

______________________
[1] DIN EN12766-1 - Mineralölerzeugnisse und Gebrauchtöle - Bestimmung von PCBs und verwandten Produkten - Teil 1: Trennung und Bestimmung von ausgewählten PCB Congeneren mittels Gaschromatographie (GC) unter Verwendung eines Elektroneneinfang-Detektors (ECD).
Beuth Verlag, Berlin, November 2011.

[2] DIN EN 12766-2 - Mineralölerzeugnisse und Gebrauchtöle - Bestimmung von PCBs und verwandten Produkten - Teil 2: Berechnung des Gehaltes an polychlorierten Biphenylen (PCB). Beuth Verlag, Berlin, Dezember 2001, 25 S.

[3] TRGS 201 - Technische Regeln für Gefahrstoffe - Einstufung und Kennzeichnung bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen. Ausgabe Februar 2017. GMBl (2018) 12/13, S. 234-235.

[4] Üblicherweise liefert das Untersuchungsergebnis eine für Abfälle ausreichende Information zur Bewertung des Vorliegens der in Rede stehenden Merkmale HP 4 oder HP 8. Für eine weitere Untersetzung hinsichtlich der Bestätigung oder der Entkräftung des Ergebnisses von Schritt 2 wäre Schritt 3 auszuführen.

An der fachlichen Erarbeitung beteiligte Personen/Institutionen in alphabetischer Reihenfolge:

Kurt-Christian Adenau, Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten Rheinland-Pfalz Stefan Behrend, Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt Ulf Berger, Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz - Berlin

Ariane Blaschey, Sonderabfallgesellschaft Brandenburg/Berlin mbH

Dominik Bogner, Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz

Dr. Stephan Böhme, Ministerium für ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft des Landes Brandenburg

Antonia Bolender, Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie

Ulrike Bönisch, Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz

Sophie Conradt, Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie

Dr. Solveig Fischer, Freie und Hansestadt Hamburg - Behörde für Umwelt und Energie

Dr. Marianne Hegemann, Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen

Dirk Hensel-Schikora, Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz

Annegret Kammel, Niedersächsische Gesellschaft zur Endablagerung von Sonderabfall mbH

Dirk Lorig, SAM - Sonderabfall-Management-Gesellschaft Rheinland-Pfalz mbH

Doris Meßmann, Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg

Dr. Michael Oberdörfer, Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen

Harald Pfaller, Bayerisches Landesamt für Umwelt

Jens Reuther, Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit Mecklenburg-Vorpommern

Mareike Röhreich, Umweltbundesamt

Dr. Barbara Sagemann, Freie und Hansestadt Bremen - Senator für Umwelt, Bau und Verkehr

Dr. Carsten Schäfer, Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg

Dr. Georg Surkau, Umweltbundesamt

Christine Vorschneider, Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Yvonne Weidlich, Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein

Gunther Weyer, Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz Sabine Zerle, Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz

Abkürzung

Abfall-RahmenRL Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien
AVV Verordnung über das Europäische Abfallverzeichnis (Abfallverzeichnis-Verordnung)
ChemVerbotsV Verordnung über Verbote und Beschränkungen des Inverkehrbringens und über die Abgabe bestimmter Stoffe, Gemische und Erzeugnisse nach dem Chemikaliengesetz (Chemikalien-Verbotsverordnung)
CLP-V Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen
DepV Verordnung über Deponien und Langzeitlager (Deponieverordnung)
POP-Abfall-ÜberwV Verordnung über die Getrenntsammlung und Überwachung von nicht gefährlichen Abfällen mit persistenten organischen Schadstoffen (POP-Abfall-Überwachungs-Verordnung)
POP-V Verordnung (EG) Nr. 850/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über persistente organische Schadstoffe und zur Änderung der Richtlinie 79/117/EWG
Prüfmethoden-V Verordnung (EG) Nr. 440/2008 der Kommission zur Festlegung von Prüfmethoden gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH)
ENDE

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