Verordnung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Verordnung über die Teilnahme elektronischer Mobilitätshilfen am Verkehr und zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und der Fahrzeug-Zulassungsverordnung

A. Probleme und Ziele

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

2. Vollzugsaufwand

E. Sonstige Kosten

F. Bürokratiekosten

Verordnung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Verordnung über die Teilnahme elektronischer Mobilitätshilfen am Verkehr und zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und der Fahrzeug-Zulassungsverordnung

Der Chef des Bundeskanzleramtes Berlin, den 28. Mai 2009

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Müller

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich die vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zu erlassende


mit Begründung und Vorblatt.
Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Thomas de Maizière

Verordnung über die Teilnahme elektronischer Mobilitätshilfen am Verkehr und zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und der Fahrzeug-Zulassungsverordnung

Vom ...

Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung verordnet

Artikel 1
Verordnung über die Teilnahme elektronischer Mobilitätshilfen am Verkehr

(Mobilitätshilfenverordnung - MobHV)

§ 1 Anwendungsbereich, Grundsatz der Verwendung

§ 2 Anforderungen an das Inbetriebsetzen

§ 3 Berechtigung zum Führen

Für das Führen einer Mobilitätshilfe gilt die Fahrerlaubnis-Verordnung in der jeweils geltenden Fassung mit der Maßgabe, dass für das Führen einer Mobilitätshilfe mindestens die Berechtigung zum Führen eines Mofas nachzuweisen ist.

§ 4 Anforderung an die Verzögerungseinrichtung

§ 5 Anforderung an die lichttechnischen Einrichtungen

§ 6 Anforderung an die Schalleinrichtung

§ 7 Zulässige Verkehrsflächen, Anforderungen an die Teilnahme am Straßenverkehr

§ 8 Ordnungswidrigkeiten

Artikel 2
Änderung der Fahrzeug-Zulassungsverordnung

Artikel 3
Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung

Artikel 4
Inkrafttreten


Der Bundesrat hat zugestimmt.
Berlin, ... 2009
Der Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

Begründung

I. Allgemeiner Teil

Regelungsinhalt Um den immer dichter werdenden Individualverkehr in Ballungsgebieten wirksam zu bewältigen, wurden von der Industrie Fahrzeuge entwickelt, die sich durch geringen Verkehrsflächenbedarf beim Fahren und Parken sowie durch eine besondere Umweltfreundlichkeit auf Grund eines Elektroantriebes auszeichnen. Da dieses neuen Fahrzeuge durch Gewichtsverlagerungen gelenkt werden, wird auch mobilitätseingeschränkten Personen die Möglichkeit der Teilnahme am Verkehr ermöglicht, die sie auf Grund ihrer Mobilitätseinschränkung mit dem Fahrrad oder zu Fuß nur schwer erreichen könnten. Ziel dieser Verordnung ist es, die rechtlichen Grundlagen für die Teilnahme dieser neuen Fahrzeugkategorie (im Folgenden elektronische Mobilitätshilfe genannt) zu schaffen.

Kosten, Auswirkungen auf das Preisgefüge

Bürokratiekosten

Es entstehen Informationspflichten hinsichtlich der Erlangung der Typgenehmigung beim Kraftfahrt-Bundesamt für die elektronischen Mobilitätshilfen.

Die vorzulegenden Unterlagen (technische Beschreibung) liegen allerdings bereits vor. Es bedarf jedoch zur Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit seitens KBA eines Gutachtens durch einen technischen Dienst. Die Kosten des Gutachtens sind, da es sich um Fahrzeuge eigener Art handelt und Erfahrungen insoweit nicht bestehen, derzeit nicht abschätzbar.

II. Zu den Einzelbestimmungen

Zu Artikel 1

1.) Zu § 1

Absatz 1

Die Bundesanstalt für Straßenwesen hat in 2005 mit der elektronischen Mobilitätshilfe einen Pilotversuch im Saarland initiiert, der vom Fachgebiet Mobilität & Verkehr (imove) der Technischen Universität Kaiserslautern ausgewertet wurde (Förderkennzeichen FE 82.0288/2005). Bezüglich der technischen Fahrzeugausstattung beurteilte die imove die Inbetriebnahme vertretbar, wenn bestimmte Anforderungen erfüllt werden, die in Absatz 1 Nr. 1, Nr. . 3 bis 6 festgelegt sind. Die bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit wurde auf Grund der Versuchsergebnisse und der Einsatzbedingungen auf 20 km/h festgelegt.

Um sich selbst und andere Verkehrsteilnehmer bei Überholvorgängen etc. nicht zu gefährden, wird durch die Nummer 2 die Breite auf 0,7 m begrenzt.

Absatz 2

Mobilitätshilfen werden aufgrund der Verordnung als Kraftfahrzeuge mit den für diese geltenden Vorschriften eingestuft.

2.) Zu § 2

In § 2 werden die Voraussetzungen für die Teilnahme der in § 1 beschriebenen elektronischen Mobilitätshilfen als nicht zulassungspflichtige Fahrzeuge am öffentlichen Straßenverkehr geregelt.

Dass diese Fahrzeuge mit einer nationalen Typgenehmigung einem genehmigten Typ entsprechen müssen oder einer Einzelgenehmigung bedürfen, wird durch Satz 1 festgelegt. Darüber hinaus verpflichtet Satz 1 zur Führung von Versicherungskennzeichen. Die Datenbestätigung oder die Bescheinigung über die Einzelgenehmigung ist nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Fahrzeug-Zulassungsverordnung mitzuführen und zuständigen Personen auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen. Der Halter darf nach § 4 Abs. 6 Fahrzeug- Zulassungsverordnung die Inbetriebnahme des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen nicht anordnen oder zulassen, wenn das Fahrzeug dem genehmigten Typ nicht entspricht oder eine Einzelgenehmigung nicht erteilt ist oder ein Versicherungskennzeichen nicht führt.

3.) Zu § 3

Gefährdungen der Verkehrssicherheit können bei Nutzung von elektronischen Mobilitätshilfen nicht ausgeschlossen werden, weil sich Einwirkungen auf das Fahrzeug oder den Fahrer im Hinblick auf die Steuerung, die Beschleunigungs- und Verzögerungscharakteristik und das Gewicht des Fahrzeuges anders auswirken als etwa bei Fahrrädern oder Inlinern. Während der Mofaausbildung bzw. während der Ausbildung zum Erwerb einer Fahrerlaubnis lernt der Bewerber rücksichtsvolles und verkehrsgerechtes Verhalten im Straßenverkehr, so dass mit dem Mindesterfordernis des Nachweises der Berechtigung zum Führen eines Mofas das Mobilitätsbedürfnis von Nutzern elektronischer Mobilitätshilfen mit den Belangen der Verkehrsicherheit in Einklang gebracht werden kann. Die Berechtigung zum Führen eines Mofas kann durch die Vorlage einer Mofa-Prüfbescheinigung, einer Fahrerlaubnis nach § 4 Fahrerlaubnis-Verordnung oder einer zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigenden ausländischen Erlaubnis nachgewiesen werden. Damit wird zugleich ein Mindestalter von 15 Jahren festgelegt, um Selbstgefährdungen oder Gefährdungen Dritter durch zu junge und im Straßenverkehr unerfahrene Nutzer auszuschließen.

4.) Zu § 4

Da sich die realistisch erreichbare Bremsleistung des Fahrzeugs nur in Abhängigkeit vom Fahrer ermitteln lässt, ist die verbindliche Vorgabe einer Mindestverzögerung von 3,5 m/s2 geboten.

Die Ausrüstung mit dieser Verzögerungseinrichtung ist Voraussetzung für die Inbetriebnahme der Mobilitätshilfe.

5.) Zu § 5

Da dem Fahrzeug die Benutzung von innerörtlichen Fahrbahnen erlaubt sein soll, erscheinen die Anforderungen an Scheinwerfer, Schlussleuchte, Rückstrahler und Seitenreflektoren analog der Fahrradausrüstung nach § 67 Straßenverkehrs-Zulassungs-Verordnung geboten, aber auch ausreichend.

Ebenso ist die Stromversorgung über die Antriebsakkus oder eine Lichtmaschine ausreichend; bei leerem Akku ist Fahrbetrieb nicht mehr möglich bzw. kann das Fahrzeug nur geschoben oder gezogen werden. Die Veränderlichkeit des Ausleuchtungsbereichs des Scheinwerfers durch die Nickbewegungen beim Beschleunigen oder Abbremsen ist vertretbar, da vor allem das "Gesehenwerden" des Fahrzeugs durch andere Verkehrsteilnehmer entscheidend ist.

6.) Zu § 6

Wegen des nahezu geräuschlosen Fahrverhaltens ist das Fahrzeug analog den Mofas und Fahrrädern mit einer Glocke für notwendige Gefahrensignale auszurüsten. Radlaufglocken und andere Einrichtungen für Schallzeichen sind hingegen nicht zulässig.

7.) Zu § 7

Die Vorschrift regelt die Verhaltensanforderungen für die Teilnahme am Straßenverkehr. Da elektronische Mobilitätshilfen Kraftfahrzeuge sind, kommen grundsätzlich die für Kraftfahrzeuge geltenden Verhaltensvorschriften der StVO zur Anwendung. Folgerichtig sind innerorts grundsätzlich Fahrbahnen und verkehrsberuhigte Bereiche zu benutzen. Sollen die Mobilitätshilfen auf anderen Verkehrsflächen zugelassen werden, bedarf dies entweder der Ausnahmegenehmigung oder der Zusatzbeschilderung durch die zuständigen Straßenverkehrsbehörden, wobei das Zusatzzeichen noch erstellt werden muss. Eine solche Beschilderung kann im Einzelfall zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit und des Verkehrsflusses zum Beispiel bei hohen Differenzgeschwindigkeiten (auf der Fahrbahn in der Regel über 50 km/h), hohem Verkehrsaufkommen, auf Vorfahrtstraßen mit Zeichen 306 oder bei hohem Lkw-Anteil auf der Fahrbahn geboten sein. Auf anderen Verkehrsflächen hat sich die elektronische Mobilitätshilfe unterzuordnen. Außerorts gebieten es ebenfalls die Verkehrssicherheit und der Verkehrsfluss, die Fahrbahnen des klassifizierten Straßennetzes von Mobilitätshilfen freizuhalten.

8.) Zu § 8

Es handelt sich um die Festlegung von Verstößen gegen die für elektronische Mobilitätshilfen vorgegebenen Voraussetzungen bzw. Verhaltensanforderungen für die bzw. bei Teilnahme im Straßenverkehr und damit um die Normierung von Ordnungswidrigkeitentatbeständen, soweit sie nicht bereits Gegenstand anderer Vorschriften (z.B. § 49 StVO) sind. Von der Festlegung von neuen Bußgeldregelsätzen in der Anlage zur Bußgeldkatalog-Verordnung wird vor dem Hintergrund des geringen Verbreitungsgrades dieser Kraftfahrzeuge abgesehen. Die für den Verwaltungsvollzug zuständigen Länder sind gehalten, entsprechende Regelungen zur Gewährleistung einer gewissen einheitlichen Ahndung in eigener Zuständigkeit zu treffen.

Zu Artikel 2

Die Vorschrift stellt klar, dass die Mobilitätshilfe keiner Zulassung nach Fahrzeug-Zulassungsverordnung bedarf.

Zu Artikel 3

Es wird klargestellt, dass das Führen der Mobilitätshilfe keiner Fahrerlaubnis bedarf.

Zu Artikel 4

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten der Verordnung.

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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
NKR-Nr. 666:
Entwurf einer Verordnung über die Teilnahme elektronischer Mobilitätshilfen am Verkehr

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf der o.g. Verordnung auf Bürokratiekosten geprüft, die durch Informationspflichten begründet werden.

Mit der Verordnung werden für Bürger und Verwaltung keine Informationspflichten eingeführt, geändert oder abgeschafft. Für die Wirtschaft werden zwei neue Informationspflichten eingeführt.

Die Verordnung sieht vor, dass elektronische Mobilitätshilfen auf öffentlichen Straßen nur dann in Betrieb gesetzt werden dürfen, wenn sie einem genehmigten Typ entsprechen oder für sie eine Einzelgenehmigung erteilt wurde. Entsprechend ist in § 2 der Verordnung durch Verweis auf die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung geregelt, dass der Hersteller beim Kraftfahrtbundesamt eine Einzelgenehmigung oder Typengenehmigung für sein Fahrzeug beantragen kann. Das Bundesministerium erklärt, so werde sichergestellt, dass das Fahrzeug technisch so ausgestattet ist, dass die Inbetriebnahme gerechtfertigt ist.

Derzeit gibt es nur einen Hersteller elektronischer Mobilitätshilfen. Es ist davon auszugehen, dass er keine Einzelgenehmigungen sondern eine Typengenehmigung beantragen wird. Das Bundesministerium hat sich mit dem Hersteller in Verbindung gesetzt, der schätzt, dass ihm für die Typengenehmigung einmalig Bürokratiekosten in Höhe von etwa 35 bis 45 T€ entstehen werden.

Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig Prof. Dr. Wittmann
Vorsitzender Berichterstatter