Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

2. Vollzugsaufwand

E. Sonstige Kosten

F. Bürokratiekosten

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 1. Mai 2009
Die Bundeskanzlerin

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Müller

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen


mit Begründung und Vorblatt.
Der Gesetzentwurf ist besonders eilbedürftig. Das Gesetzgebungsverfahren soll bis zur parlamentarischen Sommerpause abgeschlossen werden.
Federführend ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.


Mit freundlichen Grüßen
DrAngela Merkel

Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Telemediengesetzes

Das Telemediengesetz vom 26. Februar 2007 (BGBl. I S. 179), das durch Artikel 2 des Gesetzes vom 25. Dezember 2008 (BGBl. I S. 3083) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Änderung des Telekommunikationsgesetzes

Das Telekommunikationsgesetz vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190), das zuletzt durch Artikel 16 des Gesetzes vom 17. März 2009 (BGBl. I S. 550) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Artikel 3
Evaluierung

Artikel 4
Inkrafttreten

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Ausgangslage

Kinderpornographie ist die Dokumentation von Kindesmissbrauch und der sexuellen Ausbeutung von Kindern. Die Polizeiliche Kriminalstatistik verzeichnet seit Jahren einen konstanten Anstieg beim Besitz, der Beschaffung und Verbreitung von Kinderpornographie (2007: 11.357 Fälle; Steigerung um 55% gegenüber 2006: 7.318 Fälle). Bei der Besitzverschaffung von Kinderpornographie über das Internet war von 2006 auf 2007 sogar ein Zuwachs von 111% festzustellen (von 2.936 auf 6.206 Fälle). Bilder im Internet zeigen zunehmend Gewaltausübungen gegen Kleinkinder oder sogar Kleinstkinder, die schwer missbraucht und misshandelt werden. Insgesamt ist eine Tendenz zu immer jüngeren Opfern zu erkennen. Die Dimension der Verbreitung von Kinderpornographie über das Internet in Deutschland verdeutlicht die Anzahl der Beschuldigten in einzelnen großen Ermittlungskomplexen allein in Deutschland (z.B.


Operation Marcy: 530;
Operation Penalty: über 1.000;
Operation Mikado: 322;
Operation Himmel: 12.000;
Operation Smasher: 987)
(vgl. hierzu die Pressemitteilung des Bundeskriminalamtes vom 27. August 2008 zu aktuellen Entwicklungen im Bereich schwerer und organisierter Kriminalität). Der Großteil der Kinderpornographie im Bereich des World-Wide-Web wird mittlerweile über kommerzielle Webseiten verbreitet, die in Drittländern außerhalb der Europäischen Union betrieben werden. Trotz aller nationalen und internationalen Anstrengungen bleiben viele Kinderpornographie-Seiten im Netz verfügbar. Es gelingt in vielen Staaten nicht, Betreiber kinderpornographischer Angebote (sog. Content-Provider) haftbar zu machen oder ihnen die Plattform (über sog. Host-Provider) zu entziehen.

Gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern im Internet muss mit allen Mitteln vorgegangen werden. Es ist nicht hinnehmbar, dass bekannte kinderpornographische Angebote teilweise wochen- oder jahrelang weiter genutzt werden können. Zugangsvermittler können durch technische Vorkehrungen dazu beitragen, den Zugang zu kinderpornographischen Inhalten zu erschweren (sog. "Access-Blocking).

Die deutsche Internet-Wirtschaft engagiert sich bereits heute bei der Bekämpfung der Kinderpornographie. Beispielhaft dafür sind die Projekte im Rahmen des europäischen Gemeinschaftsprogramms "Safer Internet", an denen sie sich seit Jahren beteiligt. Diese EU-Projekte, besonders die Hotlines und das zugehörige Netzwerk INHOPE haben das Internet sicherer gemacht und in der Vergangenheit auch zu Fahndungserfolgen im Bereich der Kinderpornographie beigetragen.

Diese Maßnahmen reichen jedoch nicht aus. Dies gilt auch für das Mittel der einzelfallbezogenen Sperrverfügungen nach § 20 Absatz 4 Jugendmedienstaatsvertrag in Verbindung mit § 59 Absatz 4 Rundfunkstaatsvertrag. Diese Maßnahme eignet sich nur sehr eingeschränkt bei kinderpornographischen Telemedienangeboten" die nur eine kurze Lebensdauer haben und schnell auf andere Adressen weiter ziehen.

Im Ergebnis führt die jetzige Rechtslage dazu, dass kinderpornographische Webseiten in Deutschland leichter zu erreichen sind als in anderen Ländern. Dies kann nicht hingenommen werden.

Sperrungen werden seit vielen Jahren in Ländern wie Norwegen, Dänemark, Schweden, Finnland, den Niederlanden, Italien, Großbritannien, der Schweiz, Neuseeland, Südkorea, Kanada und Taiwan durchgeführt. Dieses geschieht auf gesetzlicher Grundlage in Italien und Finnland, durch verbindliche Vereinbarungen mit den Zugangsanbietern in den skandinavischen Ländern und durch freiwillige Selbstverpflichtung in den USA.

Erfahrungen in diesen Staaten zeigen, dass täglich Zehntausende von Zugriffen auf kinderpornographische Angebote verhindert werden können. Zum Beispiel werden in Norwegen täglich 15.000 - 18.000 Zugriffe und in Schweden täglich 50.000 Zugriffe auf Webseiten mit kinderpornographischen Inhalten verhindert.

Dies zeigt, dass die technische Sperrung solcher Seiten durch die Zugangsvermittler einen wichtigen Beitrag leisten kann, um die Verbreitung und Besitzverschaffung von Kinderpornographie zu erschweren. Dazu hat die Bundesrepublik Deutschland vertreten durch das Bundeskriminalamt am 17. April 2009 in einem ersten Schritt mit fünf großen Internetserviceprovidern in Deutschland eine Vereinbarung geschlossen. Mit dem Vertrag verpflichten sich die unterzeichnenden Internetanbieter, die 75 Prozent des Marktes abdecken, zeitnah spätestens aber bis in 6 Monaten Seiten mit kinderpornografischem Inhalt zu sperren.

Mit diesem Gesetz soll nunmehr in einem zweiten Schritt die Mitwirkung der Zugangsvermittler beim Kampf gegen kinderpornographische Seiten gesetzlich abgesichert werden. Eine Ausweitung auf andere Zwecke ist nicht beabsichtigt. Der Gesetzentwurf wirkt sich nicht auf die im Telemediengesetz geregelte eingeschränkte Verantwortlichkeit der Vermittler aus. Er führt insbesondere nicht zu einer Haftung der Zugangsvermittler, falls der Zugang zu kinderpornographischen Inhalten trotz Sperrmaßnahmen der Diensteanbieter trotzdem möglich bleibt.

II. Ziel und wesentlicher Inhalt

Der Entwurf zielt darauf ab, den Zugang von Deutschland aus auf kinderpornographische Seiten zu erschweren.

Dazu wird eine gesetzliche Verpflichtung der Zugangsvermittler zur Sperrung gelisteter kinderpornographischer Webseiten sowie zur Umleitung auf eine Stopmeldung geregelt. Dazu soll das Bundeskriminalamt den betroffenen Anbietern im Rahmen seiner Zentralstellenfunktion eine Liste von zu sperrenden kinderpornographischen Inhalten zur Verfügung stellen.

III. Gesetzgebungskompetenz des Bundes

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes stützt sich auf Artikel 74 Absatz 1 Nr. 11 GG (Recht der Wirtschaft). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts deckt die Kompetenznorm alle Regelungen ab, die das wirtschaftliche Leben und die wirtschaftliche Betätigung als solche regeln und umfasst Normen und Gesetze mit wirtschaftsregulierenden oder wirtschaftslenkenden Inhalten (BVerfGE 68, 319,330). Die den Zugangsvermittlern auferlegte Pflicht, den Zugang zu kinderpornographischen Angeboten durch entsprechende technische Vorkehrungen zu erschweren, ist als solche wirtschaftslenkende Maßnahme zu qualifizieren, da sie die Diensteanbieter in der Ausübung ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit reglementiert. Im Übrigen stützt sich das Telemediengesetz auch schon bislang auf Artikel 74 Absatz 1 Nr. 11 GG.

Dem Bund steht hier das Gesetzgebungsrecht aus Art. 74 Absatz 1 Nr. 11 GG zu, weil die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundeseinheitliche Regelung erforderlich macht (Artikel 72 Absatz 2 GG). Dadurch werden Ungleichbehandlungen der betroffenen Diensteanbieter vermieden. Die von den Bestimmungen betroffenen Unternehmen würden in ihrem wirtschaftlichen Handeln andernfalls beeinträchtigt. Besonders die Sperrung ausländischer Webseiten ist nicht an Grenzen der einzelnen Bundesländer gebunden und kann aus technischen Gründen auch nicht daran gebunden werden.

Die Befugnis für die Regelung zur Zentralstellenfunktion des Bundeskriminalamtes folgt aus der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes gemäß Art. 73 Absatz 1 Nr. 10 GG. Die Änderung des Telekommunikationsgesetzes stützt sich auf die ausschließliche Gesetzgebung des Bundes gemäß Art. 73 Absatz 1 Nr. 7 GG.

IV. Finanzielle Auswirkung

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Keine

2. Vollzugsaufwand

Auf das Bundeskriminalamt kommt ein zusätzlicher Aufwand für das Führen und Bereitstellen der Sperrliste kinderpornographischer Angebote zu, der im Rahmen der Ansätze des Einzelplans 06 erwirtschaftet wird.

V. Sonstige Kosten

Auf die Zugangsvermittler kommen Investitionskosten für die technischen Vorkehrungen zu, die den Zugriff auf kinderpornographische Angebote im Internet erschweren. Hinzu kommen Aufwendungen für den laufenden Betrieb, für die Einrichtung der sog. Stopmeldung sowie für die Übermittlung der Aufstellung von Zugriffsversuchen auf kinderpornographische Angebote. Diese Kosten sind nicht generell bezifferbar und hängen u. a. von dem gewählten technischen Ansatz der Zugangserschwerung, vom jeweiligen Geschäftsmodell, der Netzstruktur und der Kundenzahl eines Providers ab. Die Kosten lassen sich derzeit nicht abschätzen. Indirekte Kosten für Unternehmen und Privathaushalte durch unbeabsichtigte Einschränkungen der Internetnutzung, sowie Auswirkungen auf Einzelpreise z.B. für Dienstleistungen der Zugangsanbieter können nicht ausgeschlossen werden.

Auswirkungen auf das allgemeine Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

B. Besonderer Teil

I. Zu Artikel 1 Nr. 1 Einfügung eines neuen § 8a Telemediengesetz:

1. Zu Absatz 1:

Aufgrund dieser Regelung führt das Bundeskriminalamt Informationen über kinderpornographische Angebote nach § 184b StGB, die es im Rahmen seiner Zentralstellenfunktion erhält, in einer Sperrliste zusammen und stellt diese den Zugangsvermittlern zur Verfügung.

Satz 2 bestimmt, dass die Sperrliste vom Bundeskriminalamt laufend zu aktualisieren ist. Dies ist erforderlich, da kinderpornographische Inhalte häufig nur für einen kurzen Zeitraum angeboten werden und oftmals nach kurzer Zeit auf anderen Seiten zum Abruf angeboten werden. Das Bundeskriminalamt hat die jeweils aktuelle Liste arbeitstäglich den Zugangsvermittlern zur Verfügung zu stellen.

Zu Absatz 2:

Satz 1 regelt die Verpflichtung der Zugangsvermittler, geeignete und zumutbare technische Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu Angeboten mit kinderpornographischen Inhalten in Deutschland zu erschweren. Die Vorschrift ist auf eine Handlungspflicht ausgerichtet, nicht auf einen Erfolg, denn es ist nach dem gegenwärtigen Stand der Technik nicht auszuschließen, dass der Zugang zu kinderpornographischen Inhalten trotz der Sperrmaßnahmen der Anbieter nicht vollständig verhindert werden kann. Es ist aber bereits viel erreicht, wenn solche Angebote nicht ohne Weiteres zugänglich sind.

Der Kreis der betroffenen Diensteanbieter wird auf privatrechtliche Anbieter ("in der Regel gegen Entgelt") eingeschränkt, die den Zugang zu einem öffentlichen Kommunikationsnetz für mindestens 10000 Teilnehmer oder andere Nutzungsberechtigte ermöglichen. Es handelt sich um eine notwendige Einschränkung, da andernfalls auch alle staatlichen Einrichtungen (Behörden, Bibliotheken, Universitäten, Schulen) erfasst wären. Die zahlenmäßige Beschränkung übernimmt die in der Telekommunikations-Überwachungsverordnung bereits enthaltene Einschränkung im Hinblick auf den mit dem Access-Blocking verbundenen Aufwand. Ziel ist dabei auch, den Kreis der Unternehmen, die Zugang zur Sperrliste erhalten, in angemessenem Rahmen zu halten.

Zudem gibt die Norm vor, welche Inhalte zu sperren sind. Es handelt sich abschließend um solche, die nach der Einschätzung des Bundeskriminalamts den Straftatbestand des § 184b des Strafgesetzbuchs erfüllen und Bestandteil der Sperrliste nach Absatz 1 sind.

Angesichts der rasanten Fortentwicklung der Technik erscheint es nicht zweckmäßig, den Zugangsvermittlern vorzugeben, wie die Sperrung technisch zu erfolgen hat. Vor diesem Hintergrund ist das Gesetz technologieneutral, dass heißt, es können alle vorhandenen technischen Möglichkeiten in Betracht gezogen werden, soweit diese den Diensteanbietern zuzumuten sind.

Die einzusetzenden Sperrtechniken haben sich an den Zielen der Eignung, der Effizienz, aber auch mit Blick auf mögliche Grundrechtseingriffe an dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu orientieren. Bei der in vielen Ländern (u. a. Norwegen, Dänemark) bereits praktizierten so genannten DNS-Sperre (Sperrung auf der Ebene der vollqualifizierten Domainnamen) unterbleibt die erforderliche Umwandlung des Domainnamens in die Ziffernfolge der Internetprotokoll-Adresse, unter der die Webseite letztlich nur abrufbar ist. Infolgedessen kann keine Verbindung zur gewünschten Webseite hergestellt werden. In der bloßen Verhinderung des Zugangs zu einer Seite mit kinderpornographischem Inhalt auf der DNS-Ebene liegt nach einhelliger Auffassung die geringste Eingriffstiefe. Den Diensteanbietern ist es jedoch unbenommen, sich für eine andere Sperrtechnik mit größerer Eingriffstiefe zu entscheiden.

Satz 4 gibt vor, dass die Sperrmaßnahmen unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern zu erfolgen haben, spätestens aber innerhalb von sechs Stunden nachdem ihnen die Sperrliste zur Verfügung gestellt wurde. Die Frist von maximal sechs Stunden ist erforderlich, da angesichts der Flüchtigkeit kinderpornographischer Telemedienangebote nur so die Effizienz der Sperrmaßnahme sichergestellt ist. Dies bestätigen auch die Erfahrungen aus Italien, die in der dortigen gesetzlichen Verpflichtung ebenfalls diesen Zeitraum vorgesehen haben.

Zu Absatz 3:

Die Vorschrift regelt die Pflichten der Diensteanbieter im Hinblick auf die Sperrliste, die ihnen das Bundeskriminalamt zur Verfügung stellt. Es handelt sich um sensible Informationen, die nicht an Dritte gelangen dürfen. Es ist sicherzustellen, dass die Sperrliste des Bundeskriminalamts oder Teile daraus nicht an die Öffentlichkeit gelangen und von Personen, die am Abruf von kinderpornographischen Seiten interessiert sind, nicht als Quelle missbraucht werden. Deshalb ist es notwendig, dass die betroffenen Zugangsvermittler die Liste gegen Kenntnisnahme durch Dritte sichern.

Zu Absatz 4:

Absatz 4 enthält die Verpflichtung der Zugangsvermittler, Nutzern, die den Abruf gelisteter kinderpornographischer Angebote versuchen, eine sog. Stopmeldung anzuzeigen. Bei der Stopmeldung handelt es sich um ein Telemedienangebot, das den allgemeinen rechtlichen Anforderungen im Hinblick auf Telemedien unterliegt. Die Stopmeldung soll den Nutzer über die Sperrung der Seite, die Gründe hierfür und die Kontaktmöglichkeit zum Bundeskriminalamt informieren. Die Ausgestaltung der Stopmeldung erfolgt durch das Bundeskriminalamt.

Zu Absatz 5:

Absatz 5 enthält notwendige Befugnisse des Diensteanbieters zur Verarbeitung personenbezogener Daten, die die Vorschriften des Telemediendatenschutzes ergänzen. Satz 2 regelt die datenschutzrechtliche Befugnis der Diensteanbieter, Daten an Strafverfolgungsbehörden zu übermitteln.

Zu Absatz 6:

Absatz 6 regelt die Übermittlung der für die Evaluierung des Vorgehens vom Bundeskriminalamt benötigten Informationen über die Zugriffszahlen. Hierzu haben die Diensteanbieter, die das Stopmeldeverfahren betreiben, eine Aufstellung zu fertigen , in der die Anzahl der Zugriffsversuche jeweils bezogen auf einen einzelnen Eintrag der Sperrliste zusammengefasst über jede Stunde der zurückliegenden Woche angegeben wird. Die Aufstellung ist einmal pro Woche dem Bundeskriminalamt zu übermitteln. Angaben zu vollqualifizierten Domainnamen, Internetprotokoll-Adressen und Zieladressen von Telemedienangeboten, die nicht auf der Sperrliste stehen, dürfen ebenso wie personenbezogene Daten nicht verarbeitet werden.

Zu Absatz 7:

Absatz 7 befreit die Diensteanbieter von Haftungsrisiken für den Fall, dass durch die von ihnen ordnungsgemäß vorgenommenen Maßnahmen ein Schaden entsteht.

Zu Absatz 8:

Absatz 8 etabliert eine Dokumentationspflicht für das Bundeskriminalamt. Es ist verpflichtet Unterlagen vorzuhalten, mit denen der Nachweis geführt werden kann, dass die in der Sperrliste aufgeführten Webseiten zum Zeitpunkt ihrer Bewertung durch das Bundeskriminalamt die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllten. Dies ist für eventuelle Nachfragen oder gerichtliche Auseinandersetzungen auch im Interesse der Zugangsvermittler erforderlich. Weiterhin wird in Satz 2 ein Auskunftsanspruch der Diensteanbieter geschaffen. Der Kreis der auskunftsberechtigten Diensteanbieter ist dabei nur durch das Erfordernis eines berechtigten Interesses an der Auskunft begrenzt. Das berechtigte Interesse ist bei der Auskunftsanfrage darzulegen.

Zu Absatz 9:

Absatz 9 verweist hinsichtlich des Verfahrens der Sperrliste auf eine technische Richtlinie, die das Bundeskriminalamt unter Beteiligung der Zugangsvermittler erstellen wird.

Zu Absatz 10:

Absatz 10 dient der Erfüllung des Zitiergebotes bei gesetzlichen Grundrechtseinschränkungen. Der Hinweis auf Telekommunikationsvorgänge ist wegen § 88 Absatz 3 Satz 3 des Telekommunikationsgesetzes in Verbindung mit § 7 Absatz 2 Satz 3 des Telemediengesetzes erforderlich.

II. Zu Art. 1 Nr. 2 Einführung neuer Bußgeldtatbestände:

Durch die Änderungen werden § 8a Absatz 2 (Verpflichtung, rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu gelisteten Webseiten zu erschweren) und § 8a Absatz 3 (Verpflichtung, die Liste zu sichern) in die Bußgeldvorschriften des § 16 miteinbezogen.

III. Zu Art. 2 Änderung des Telekommunikationsgesetzes

Zu Nummer 1 (§ 96 Absatz 1):

Mit der Änderung werden die datenschutzrechtlichen Voraussetzungen geschaffen, um den Diensteanbietern zu ermöglichen, die Erschwerung des Zugangs zu kinderpornographischen Inhalten im Internet sowie die Umleitung von Nutzeranfragen zu der so genannten Stopmeldung vorzunehmen und die Daten zum Zwecke der Strafverfolgung an die zuständigen Stellen zu übermitteln ( § 100g StPO).

Zu Nummer 2 (§ 149 Absatz 1 Nr. 16):

Mit der Ergänzung werden Verstöße gegen § 96 Absatz 1 mit 300 000 Euro bußgeldbewehrt.

IV. Zu Artikel 3 Evaluierung:

Im Hinblick auf die derzeit nicht abschätzbaren Auswirkungen und Gesetzesfolgen erscheint es notwendig, dass die Anwendung des Gesetzes durch die Bundesregierung evaluiert wird. Sie soll dazu einen Bericht erstellen. Dieser Bericht wird - insbesondere vor dem Hintergrund des am 25. März 2009 vorgelegten Entwurfs der Europäischen Kommission für einen "Rahmenbeschluss des Rates zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornographie sowie zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates - auch die Frage zum Gegenstand haben, ob Telemedienangebote, die Jugendpornographie nach § 184c des Strafgesetzbuches enthalten oder deren Zweck darin besteht, auf derartige Telemedienangebote zu verweisen, zukünftig in das Sperrverfahren einzubeziehen sind.

VI. Zu Art. 4 Inkrafttreten

Artikel 4 bestimmt, dass das Gesetz am Tage nach seiner Verkündung in Kraft tritt.

->

Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
NKR-Nr. 924:
Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen

Der Nationale Normenkontrollrat hat den oben genannten Gesetzentwurf auf Bürokratiekosten, die durch Informationspflichten begründet werden, geprüft.

Mit dem Gesetzentwurf wird eine Informationspflicht für die Wirtschaft neu eingeführt. Danach sind Diensteanbieter verpflichtet, dem Bundeskriminalamt wöchentlich eine anonymisierte Aufstellung über die Anzahl der Zugriffsversuche auf die in einer Sperrliste aufgeführten Telemedienangebote zu übermitteln.

Das Ressort geht davon aus, dass die Erstellung und Übermittlung dieser Informationen weitestgehend automatisch erfolgt und keinen nennenswerten Kostenaufwand für die betroffenen Unternehmen nach sich zieht.

Aufgrund der kurzen Frist konnte der Rat die Ausführungen zu den Bürokratiekosten nur kursorisch auf ihre Plausibilität hin überprüfen. Eine effiziente Umsetzung des Regelungsvorhabens setzt in jedem Fall ein weitgehend automatisiertes Verfahren voraus. Der Rat bittet deshalb das Ressort, dafür Sorge zu tragen, dass unnötige Medienbrüche vermieden werden.

Dr. Ludewig Dr. Schoser
Vorsitzender Berichterstatterin


Fristablauf: 12.06.09
Besonders eilbedürftige Vorlage gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 GG.