Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Vorschlag für eine Durchführungsverordnung des Rates zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 hinsichtlich bestimmter Befreiungen bei innergemeinschaftlichen Umsätzen - COM (2017) 568 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl.
Drucksache 920/09 (PDF) = AE-Nr. 091124,
Drucksache 191/16 (PDF) = AE-Nr. 160271,
Drucksache 637/16 (PDF) = AE-Nr. 160936

Europäische Kommission

Brüssel, den 4.10.2017 COM (2017) 568 final 2017/0249 (NLE)

Begründung

1. Kontext des Vorschlags

- Gründe und Ziele des Vorschlags

Am 7. April 2016 nahm die Kommission den Aktionsplan im Bereich der Mehrwertsteuer - Auf dem Weg zu einem einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraum: Zeit für Reformen1 (Mehrwertsteuer-Aktionsplan) an. Darin verkündete sie u.a. ihre Absicht, ein endgültiges Mehrwertsteuersystem für den grenzüberschreitenden Handel zwischen Unternehmen in der Union anzunehmen, das auf dem Prinzip der Besteuerung im Bestimmungsmitgliedstaat der Gegenstände beruht, um einen robusten, einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraum zu schaffen. Ein Legislativvorschlag für ein solches einfacheres und weniger betrugsanfälliges endgültiges Mehrwertsteuersystem für den Handel innerhalb der Union wurde ins Arbeitsprogramm der Kommission für 20172 aufgenommen.

In seinen Schlussfolgerungen vom 25. Mai 20163 nahm der Rat die Anmerkungen der Kommission im Mehrwertsteuer-Aktionsplan für den Weg zum endgültigen Mehrwertsteuersystem sowie ihre Absicht zur Kenntnis, als ersten Schritt im Jahr 2017 einen Legislativvorschlag für das endgültige Mehrwertsteuersystem für den grenzüberschreitenden Handel vorzulegen. Der Rat bekräftigte außerdem seine Ansicht, wonach der "Grundsatz, die Lieferung von Gegenständen und die Erbringung von Dienstleistungen im Ursprungsmitgliedstaat zu besteuern", für Umsätze zwischen Unternehmen im endgültigen Mehrwertsteuersystem durch den "Grundsatz der Besteuerung im Bestimmungsmitgliedstaat" ersetzt werden sollte.

In seinen Schlussfolgerungen vom 8. November 20164 führte der Rat an, dass das derzeitige Mehrwertsteuersystem noch verbessert werden sollte, während die Kommission das endgültige Mehrwertsteuersystem für den unionsinternen Handel ausarbeitet. In diesem Zusammenhang forderte der Rat Änderungen in vier Bereichen:

- Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen

Die Schaffung eines einfachen, modernen und betrugssicheren Mehrwertsteuersystems ist eine der fiskalpolitischen Prioritäten der Kommission für das Jahr 20177.

Die Bekämpfung des Missing-Trader-Mehrwertsteuerbetrugs ist auch einer der vorrangigen Bereiche der Kriminalitätsbekämpfung in der Europäischen Union ("Union" oder "EU") im Rahmen des EU-Politikzyklus 2014-2017 von Europol8.

Die Verringerung des Verwaltungsaufwands, insbesondere für KMU, ist ein weiteres wichtiges Ziel der EU-Wachstumsstrategie9.

Die vorgeschlagene Initiative und ihre Ziele stehen in Einklang mit der KMU-Politik der EU gemäß dem Small Business Act10, insbesondere mit dem Grundsatz VII, die KMU dabei zu unterstützen, die Chancen des Binnenmarkts besser zu nutzen.

Sie deckt sich mit der Binnenmarktstrategie11 und den Zielen des Programms zur Gewährleistung der Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung (REFIT).

2. Rechtsgrundlage, Subsidiarität und Verhältnismässigkeit

- Rechtsgrundlage

Der Beschluss stützt sich auf Artikel 397 der Mehrwertsteuerrichtlinie, dem zufolge der Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig die zur Durchführung der Mehrwertsteuerrichtlinie erforderlichen Maßnahmen beschließt.

- Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)

Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip (Artikel 5 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union) wird die Union nur dann tätig, wenn die verfolgten Ziele auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen der vorgeschlagenen Maßnahme auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind.

Fragen im Zusammenhang mit dem Nachweis der innergemeinschaftlichen Beförderung zum Zwecke der Mehrwertsteuerbefreiung für den grenzüberschreitenden Handel können besser auf Unionsebene behandelt werden, da zwangsläufig mehr als ein Mitgliedstaat beteiligt ist. Darüber hinaus ist die Mehrwertsteuer eine auf Unionsebene harmonisierte Steuer, weswegen jede Initiative zur Durchführung einer einzelnen Bestimmung der Mehrwertsteuerrichtlinie einen Vorschlag der Kommission zur Änderung der Mehrwertsteuer-Durchführungsverordnung erfordert.

Die vorgeschlagene Maßnahme betreffend die Belege, die für die Beantragung einer Steuerbefreiung von innergemeinschaftlichen Lieferungen erforderlich sind, wurde einstimmig von den Mitgliedstaaten gefordert, was klar belegt, dass ein Vorgehen auf Unionsebene wahrscheinlich wirksamer ist als nationale Maßnahmen, die sich als nicht ausreichend wirkungsvoll herausgestellt haben.

- Verhältnismäßigkeit

Die vorgeschlagene Maßnahme betreffend den Nachweis der Beförderung von Gegenständen von einem Mitgliedstaat in einen anderen ist eine gezielte Antwort auf ein spezifisches Problem mit einer Mehrwertsteuervorschrift, deren systematische und einheitliche Anwendung sich als schwierig erwiesen und so Probleme für Steuerpflichtige und Steuerbehörden verursacht hat.

- Wahl des Instruments

Mit diesem Vorschlag wird die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates geändert.

3. Ergebnisse der EX-POST-BEWERTUNG, der Konsultation der Interessenträger und der Folgenabschätzung

- Konsultation der Interessenträger

Die Kommission hat zwei Arbeitsgruppen zur Erörterung der Mehrwertsteuer auf fachlicher Ebene eingerichtet: die Gruppe "Zukunft der Mehrwertsteuer" und die Mehrwertsteuer-Expertengruppe. Diese beiden Gruppen haben Verbesserungen des geltenden Mehrwertsteuersystems erörtert, unter anderem die Frage des Nachweises der Beförderung von Gegenständen von einem Mitgliedstaat in einen anderen im Rahmen der Mehrwertsteuerbefreiung von innergemeinschaftlichen Lieferungen von Gegenständen zwischen Unternehmen. Zusätzlich wurde vom 20. Dezember 2016 bis 20. März 2017 eine öffentliche Konsultation durchgeführt, zu der 121 Beiträge12 eingingen.

- Folgenabschätzung

Es wird auf die separate Folgenabschätzung [SWD(2017) 325 und deren Zusammenfassung SWD(2017) 326] verwiesen, die unter anderem zu dem vorliegenden Vorschlag durchgeführt wurde. der Ausschuss für Regulierungskontrolle prüfte die Folgenabschätzung zu dem Vorschlag am 14. Juli 2017 [Ares(2017) 3573962 − SEC(2017) 423]. Der Ausschuss gab eine befürwortende Stellungnahme zu dem Vorschlag mit einigen Empfehlungen ab, die aufgegriffen wurden. Die Stellungnahme des Ausschusses und die Empfehlungen werden in Anhang 1 der Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen für die Folgenabschätzung zum vorliegenden Vorschlag erwähnt.

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Der Vorschlag hat keine negativen Auswirkungen auf den Unionshaushalt.

5. Weitere Angaben

- Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen des Vorschlags

Im Jahr 1994 wies die Kommission den Rat und das Europäische Parlament13 auf Schwierigkeiten mit dem Nachweis hin, dass die Voraussetzungen für die Befreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung von Gegenständen gegeben sind. Bereits zu jenem Zeitpunkt - d.h. weniger als zwei Jahre nach der Einführung der derzeit geltenden Übergangsregelung zur Besteuerung des innergemeinschaftlichen Handels (der zufolge ein innergemeinschaftlicher Umsatz zwischen Unternehmen eine befreite Lieferung von Gegenständen im Abgangsmitgliedstaat und einen besteuerten innergemeinschaftlichen Erwerb im Ankunftsmitgliedstaat umfasst) - wies die Kommission darauf hin, dass diese Regelung Probleme verursachte.

Spätere Beratungen auf Unionseben führten zu keinem praktischen Ergebnis. Zudem enthält die Mehrwertsteuer-Durchführungsverordnung derzeit keine Bestimmung zu diesem Punkt, obwohl der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) sich in seiner Rechtsprechung mit der Frage des Nachweises der Befreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen befasst hat.14

Während des im Zusammenhang mit dem Grünbuch über die Zukunft der Mehrwertsteuer15 eingeleiteten Konsultationsprozesses wurde dieser Punkt trotzdem erneut in zahlreichen Beiträgen als eines der Hauptprobleme des geltenden Mehrwertsteuersystems genannt. Klare und feste Regeln, die den Unternehmen Rechtssicherheit bieten, sind von entscheidender Bedeutung. Gleichzeitig müssen die Steuerverwaltungen in der Lage sein, die korrekte Anwendung der Befreiung zu überwachen und zu gewährleisten, zumal befreite innergemeinschaftliche Lieferungen oft ein grundlegender Bestandteil grenzüberschreitenden Karussellbetrugs sind.

Der Lösungsvorschlag besteht in der Einführung einer widerlegbaren Vermutung in zwei spezifischen Fällen, die einen Bezug zum Status des "zertifizierten Steuerpflichtigen" haben. Was den Status des zertifizierten Steuerpflichtigen betrifft, so wird Bezug genommen auf den Legislativvorschlag zum endgültigen Mehrwertsteuersystem für den innergemeinschaftlichen Handel.

Im ersten Fall sind Gegenstände vom Lieferer unmittelbar oder für seine Rechnung von einem Dritten befördert oder versandt worden, und der Lieferer genießt den Status eines zertifizierten Steuerpflichtigen. In diesem Fall wird eine Vermutung eingeführt, dass die Gegenstände vom Mitgliedstaat der Lieferung (Abgang) in einen anderen Mitgliedstaat befördert wurden, sofern der Lieferer im Besitz zweier einander nicht widersprechender Dokumente ist (die Verordnung enthält eine Liste), die die Beförderung belegen. Eine Steuerbehörde kann diese Vermutung jedoch auf der Grundlage von Nachweisen widerlegen, aus denen hervorgeht, dass die Gegenstände nicht vom Mitgliedstaat der Lieferung in einen anderen Mitgliedstaat befördert wurden.

Im zweiten Fall ist der Erwerber ein zertifizierter Steuerpflichtiger, und die Gegenstände sind von diesem Erwerber unmittelbar oder für seine Rechnung von einem Dritten befördert oder versandt worden. In diesem Fall wird eine Vermutung eingeführt, dass die Gegenstände vom Mitgliedstaat der Lieferung in einen anderen Mitgliedstaat befördert wurden, wenn der Lieferer im Besitz folgender Unterlagen ist: (i) einer schriftlichen Erklärung des Erwerbers, dass die Gegenstände von ihm oder für seine Rechnung von einem Dritten befördert wurden, wobei der Ankunftsmitgliedstaat der Gegenstände anzugeben ist (ohne jedoch eine genaue Angabe des Bestimmungsortes, um die Vertraulichkeit der Geschäftsinformationen des Erwerbers zu wahren) und (ii) zweier einander nicht widersprechender Dokumente (von der in der Verordnung aufgeführten Liste), die die Beförderung belegen. Die Erklärung (i), die vom Lieferer zu erfassen ist, muss spätestens am Zehnten des auf die Lieferung folgenden Monats vorliegen. Dies sollte dem Erwerber ausreichend Zeit für die Übermittlung der Informationen lassen, gleichzeitig wird aber auch die Frist eingehalten, innerhalb deren der Lieferer die Rechnung erstellen muss (spätestens bis zum Fünfzehnten des auf die Lieferung folgenden Monats gemäß Artikel 222 der Mehrwertsteuerrichtlinie).

In Fällen, für die diese Vermutungen nicht gelten, weil die betreffenden Steuerpflichtigen beispielsweise nicht den Status eines zertifizierten Steuerpflichtigen genießen, sind nach wie vor die geltenden Bestimmungen in der Auslegung durch den EuGH anwendbar. 2017/0249 (NLE)

Vorschlag für eine DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG des Rates zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 hinsichtlich bestimmter Befreiungen bei innergemeinschaftlichen Umsätzen

DER Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, gestützt auf die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem1, insbesondere Artikel 397, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, in Erwägung nachstehender Gründe:

HAT folgende Verordnung Erlassen:

Artikel 1

In Kapitel VIII der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 wird der folgende Abschnitt 2a eingefügt:

"ABSCHNITT 2a
Steuerbefreiungen bei innergemeinschaftlichen Umsätzen (Artikel 138 bis 142 der Richtlinie 2006/112/EG)

Artikel 45a

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Sie gilt ab dem 1. Januar 2019.
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Rates
Der Präsident