839. Sitzung des Bundesrates am 30. November 2007
Der federführende Gesundheitsausschuss (G), der Ausschuss für Familie und Senioren (FS), der Finanzausschuss (Fz), der Ausschuss für Kulturfragen (K), der Rechtsausschuss (R) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zu Artikel 1 Nr. 1a - neu - (§ 1 Abs. 4a - neu - SGB XI)
In Artikel 1 ist nach Nummer 1 folgende Nummer einzufügen:
"1a. In § 1 wird nach Absatz 4 folgender Absatz eingefügt:
- "(4a) In der sozialen Pflegeversicherung sind geschlechtsspezifische Unterschiede bezüglich der Pflegebedürftigkeit von Männern und Frauen und ihrer Bedarfe an Leistungen zu berücksichtigen." "
Begründung
In der sozialen Pflegeversicherung sind geschlechtsspezifische Unterschiede bezüglich der Pflegebedürftigkeit von Männern und Frauen und ihrer Bedarfe an Leistungen zu verzeichnen. Für die soziale Pflegeversicherung ist daher die Verankerung einer geschlechtersensiblen Sichtweise erforderlich.
Begründung (nur für das Plenum):
Nach dem einstimmigen Beschluss der 17. Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen, -minister, -senatorinnen und -senatoren der Länder ist das Gender Mainstreaming als programmatisches Ziel in das SGB XI aufzunehmen.
2. Zu Artikel 1 Nr. 4 (§ 7a SGB XI) - Pflegeberatung und Nr. 57 (§ 92c SGB XI) - Pflegestützpunkte
Der Bundesrat stellt fest:
- a) Der Bundesrat begrüßt die Initiative der Bundesregierung, im Rahmen des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes Pflegestützpunkte zu initiieren und einen Rechtsanspruch auf Pflegeberatung zu schaffen, der auch für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz ohne Pflegestufe, insbesondere bei Demenzerkrankung, gelten soll. Dieser Rechtsanspruch stellt keine Verpflichtung zur Inanspruchnahme der Beratung dar, sondern kann im Rahmen der Selbstbestimmung eigenverantwortlich wahrgenommen werden. Wie die Bundesregierung räumt auch der Bundesrat der Beratung von Menschen mit Pflegebedarf und der Koordinierung passgenauer Hilfen einen zentralen Stellenwert ein. Er sieht hierin einen wichtigen Beitrag, nachhaltige Strukturentwicklungen zu fördern, um pflegebedürftigen Menschen entsprechend ihrem Wunsche den Verbleib im bisherigen Wohn- und Lebensumfeld zu ermöglichen und damit auch den Grundsatz "ambulant vor stationär" umzusetzen. Pflegestützpunkte und Pflegeberatung tragen zudem dazu bei, die Teilhabe von Menschen mit Pflegebedarf an der Gesellschaft zu stärken und neues zivilgesellschaftliches Engagement - ausgehend von den Potentialen der Pflegebedürftigen, ihrer Angehörigen, Nachbarn und von bürgerschaftlich engagierten Menschen - zu ermöglichen. Der wirksame Impuls für vernetzte Beratungs- und Begleitungsstrukturen auf örtlicher Ebene ist insbesondere erforderlich, um trotz der Gliederung des sozialen Hilfesystems den pflegebedürftigen Menschen Hilfen aus einer Hand zu ermöglichen.
- b) Der Bundesrat spricht sich dafür aus, die Pflegeberatung auch als zugehende Hilfe auszugestalten, um frühzeitig ambulante Versorgungsalternativen aufzuzeigen. Angesicht von Lebensalter und Lebenssituation kann für einen erheblichen Teil der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen nur auf diesem Wege der Zugang zu Information und Beratung eröffnet werden.
- c) Der Bundesrat begrüßt die Absicht der Bundesregierung, dass die Pflege- und Krankenkassen, die Träger der Sozialhilfe und die Kommunen in den Pflegestützpunkten die Beratung insbesondere von Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen wirksam bündeln, die Leistungsgewährung koordinieren und dabei soziale sowie bürgerschaftliche Initiativen und Selbsthilfevereinigungen bzw. -organisationen nach Möglichkeit einbinden. Begrüßt wird auch, dass auf bereits bestehenden Strukturen aufgebaut werden soll (zum Beispiel Informations-, Anlauf- und Vermittlungsstellen (IAV-Stellen) in Baden-Württemberg, Angehörigenfachstellen in Bayern, Koordinierungsstellen rund ums Alter in Berlin, Wohnraumberatungsstellen in Nordrhein-Westfalen, Beratungs- und Koordinierungsstellen in Rheinland-Pfalz, trägerunabhängige Beratungsstellen in Schleswig-Holstein). Der Bundesrat ist jedoch der Auffassung, dass die Vorschriften des Gesetzentwurfs weiterentwickelt werden müssen, um diese Absicht wirkungsvoll zum Tragen zu bringen. Den Sozialversicherungen, den Kommunen und den zuständigen Sozialhilfeträgern kommt jeweils eine zentrale Rolle bei der Bereitstellung und Koordinierung der notwendigen Hilfen zu. Pflege ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe; sie umfasst deutlich mehr als die Hilfen der Pflegeversicherung. Vor allem vor dem Hintergrund der wachsenden Bedeutung von quartiersbezogenen Konzepten und bürgerschaftlich verantworteter Unterstützung ist dies wirksam nur bei einer gleichberechtigten Mitverantwortung der Kommunen bei der Ausgestaltung, Koordinierung und Förderung der örtlichen Hilfen möglich. Entsprechend sind die Aufgaben der Beratung der hilfe- und pflegebedürftigen Menschen, der Koordinierung der Hilfen im Einzelfall und der Koordinierung des regionalen Versorgungssystems gemeinsam und gleichberechtigt von Sozialversicherungs- und Sozialhilfeträgern und den Kommunen zu gestalten und zu verantworten. Die Träger von Einrichtungen und Diensten sowie weitere an der Versorgung pflegebedürftiger Menschen Beteiligte sind einzubeziehen. Auch um die in einzelnen Ländern bereits existierenden Beratungs- und Koordinierungsstrukturen in die Pflegestützpunkte und Pflegeberatung einbringen zu können, ist eine gemeinsame und gleichberechtigte Gestaltung und Verantwortung für die Weiterentwicklung von Beratungs- und Koordinierungsstrukturen notwendig.
- d) Der Bundesrat spricht sich dafür aus, die Beratung und Begleitung der pflegebedürftigen Menschen und die Koordinierung der Hilfen personell von dem sozialversicherungsrechtlichen Leistungsgewährungsverfahren zu trennen, weil Beratung, Koordinierung und Entscheidung über die Leistungsgewährung nicht in einer Hand liegen dürfen und für beide Aufgaben unterschiedliche Qualifikationen benötigt werden.
- e) Von zentraler Bedeutung für Akzeptanz und Erfolg der Beratungsstrukturen ist die fachliche Qualifikation der mit der Pflegeberatung betrauten Personen. Diese müssen sich an der Aufgabenstellung der Beratung, Hilfeplanung und Koordinierung der Hilfsangebote unterschiedlicher Leistungsträger orientieren. Für die Pflegeberatung sind daher besonders sozialarbeiterische Beratungskompetenzen und pflegefachliche Kenntnisse erforderlich. Dies schließt die für die Beratung erforderlichen Sozialrechtskenntnisse ein.
- f) Der Bundesrat spricht sich dafür aus, eine in diesem Sinne entwickelte Pflegeberatung in den Pflegestützpunkten möglichst schnell wirksam werden zu lassen. Der Bundesrat weist darauf hin, dass dies einer großen Kraftanstrengung aller Beteiligten bedarf. Um dennoch sicherzustellen, dass die Träger der Sozialhilfe und Kommunen gleichberechtigt mit den Pflege- und Krankenkassen die neuen Beratungs- und Koordinierungsstrukturen entwickeln können, sollte nach Ansicht des Bundesrates die Umsetzung in einem gestuften Verfahren erfolgen.
Zur Umsetzung dieser Grundsätze werden folgende Änderungen vorgeschlagen:
- g) Organisation von Pflegestützpunkten / Pflegeberatung
- aa) Die Verpflichtung der Kranken- und Pflegekassen, sich an Pflegestützpunkten zu beteiligen, wird von einer Bestimmung im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) flankiert, die einen gesetzgeberischen Impuls für die Beteiligung der zuständigen Sozialhilfeträger setzt.
- bb) Kranken- und Pflegekassen müssen die zuständigen Sozialhilfeträger am Vertragsschluss beteiligen, nicht nur auf ihre Beteiligung hinwirken.
- cc) Die bundesgesetzlichen Regelungen zur Anschubfinanzierung sehen auf der Grundlage der vorgesehenen Mittel in Höhe von 80 Millionen Euro nach dem Königsteiner Schlüssel maximale Fördermittel pro Land vor. Die Ausgestaltung der Anschubfinanzierung obliegt den Ländern. Der Anspruch auf Anschubfinanzierung darf nicht am länderspezifischen Aufbau von Sozialhilfestrukturen scheitern oder durch diesen erschwert werden.
- dd) Die Pflegeberatung ist ein integraler Bestandteil der Pflegestützpunkte.
- ee) Anstelle einer konkreten Vorgabe im Gesetz zum Verhältnis Pflegestützpunkt pro Einwohner erfolgt eine Formulierung, dass die Ausrichtung wohnortnah erfolgt und der Stützpunkt gut erreichbar ist.
- h) Umsetzung
- aa) Auf Bundesebene beschließen der Spitzenverband Bund der Pflegekassen, der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände gemeinsam und einheitlich Empfehlungen zum Aufbau und zur Arbeit der Pflegestützpunkte, insbesondere zum Finanzierungsrahmen und den Kooperationsgrundsätzen bis zum 31. August 2008.
- bb) Kommt diese Empfehlung nicht zustande, kann das Bundesministerium für Gesundheit bis zum 30. September 2008 seinerseits Empfehlungen aussprechen.
- cc) In einer Landesrahmenvereinbarung zwischen den Landesverbänden der Pflege- und Krankenkassen und nach Landesrecht zuständigen Sozialhilfeträgern bzw. deren Arbeitsgemeinschaften sollen die Grundlagen der Verträge über die Pflegestützpunkte bis zum 30. November 2008 vereinbart werden.
- dd) Kommt diese nicht zustande, sind die Länder ermächtigt, im Wege der Ersatzvornahme bis zum 31. Januar 2009 den Inhalt der Rahmenvereinbarung durch Rechtsverordnung festzulegen.
- ee) Die Verträge zwischen Pflege- und Krankenkassen und den Kommunen und Sozialhilfeträgern sind bis zum 31. März 2009 zu schließen.
- ff) Der Rechtsanspruch der Versicherten auf Pflegeberatung besteht ab 1. April 2009.
- gg) Kommen die Verträge über die einzelnen Pflegestützpunkte nicht bis zum 31. März 2009 zustande, haben die Kranken- und Pflegekassen die Pflicht, die Pflegeberatung anzubieten und Pflegestützpunkte zu errichten.
- i) Für die Pflegeberatung sind besonders sozialarbeiterische Beratungskompetenzen und pflegefachliche Kenntnisse erforderlich. Dies schließt die für die Beratung erforderlichen Sozialrechtskenntnisse ein.
3. Zu Artikel 1 Nr. 6 (§ 9 Satz 2 SGB XI)
In Artikel 1 Nr. 6 sind in § 9 Satz 2 nach dem Wort "Pflegebedürftiger" die Wörter "oder die Gewährung von an den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Pflegebedürftigen orientierter Leistungen an vollstationäre Pflegeheime" einzufügen.
Begründung
Pflegewohngeld ist eine Form der Förderung der Investitionskosten von Pflegeheimen, die bisher im SGB XI nicht berücksichtigt ist.
Dabei sind zwei Varianten dieses Förderinstrumentes zu unterscheiden:
- - Pflegewohngeld als unmittelbar auf die Person bezogene (Subjekt-) Leistung, bei der die Förderung der Investitionskosten der Person und nicht dem Heim gewährt wird (z.B. Regelung in Hamburg) und
- - Pflegewohngeld als Leistung an die Pflegeeinrichtung; hier liegt die Voraussetzung für die Förderung des Heimplatzes in der Bedürftigkeit des Nutzers (Regelung in den übrigen Pflegewohngeldländern).
Die im Gesetzentwurf vorgesehene Ergänzung zu § 9 SGB XI ist lediglich auf die Variante 1 fokussiert. Die Änderung dient dem Zweck, die unterschiedlichen landesrechtlichen Verfahren bei den Regelungen zur Förderung und Refinanzierung der Investitionskosten zu erhalten. Sie ermöglicht deshalb die Beibehaltung unterschiedlicher Regelungen zum Pflegewohngeld in den Ländern und dient darüber hinaus der Vermeidung von Rechtsunsicherheiten.
4. Zu Artikel 1 Nr. 9 Buchstabe a Doppelbuchstabe cc - neu - (§ 18 Abs. 1 Satz 4 - neu - SGB XI)
In Artikel 1 Nr. 9 ist dem Buchstaben a folgender Doppelbuchstabe anzufügen:
"cc) Nach Satz 3 wird folgender Satz angefügt:
"Die Pflegekassen beauftragen den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung auch mit der Begutachtung von Versicherten, die noch keinen Leistungsanspruch haben."
Begründung
In der Praxis leiten die Pflegekassen bisher häufig Anträge von Versicherten, die die Vorversicherungszeiten noch nicht erfüllt haben, nicht an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zur Begutachtung weiter.
Diese Versicherten werden hierdurch außer von der Feststellung einer Pflegestufe auch von den Feststellungen zum Präventionsbedarf und zum medizinischen Rehabilitationsbedarf abgeschnitten. Die Versicherten erhalten dadurch ggf. Krankenversicherungsleistungen nicht, auf die sie einen Anspruch hätten.
Da es ausdrückliche Absicht der Novelle ist, Prävention und Rehabilitation zu stärken, sollte die beschriebene Lücke geschlossen werden. Der MDK sollte ein vollständiges Gutachten erstellen, weil die Feststellung der Pflegestufe ggf. auch die Aufnahme in eine stationäre Einrichtung erleichtert und um unnötige erneute Begutachtungen bei Eintritt des Leistungsanspruchs zu vermeiden.
5. Zu Artikel 1 Nr. 16 (§ 34 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 - neu - SGB XI)
Artikel 1 Nr. 16 ist wie folgt zu fassen:
"16. § 34 wird wie folgt geändert:
- a) In Absatz 2 Satz 2 werden ...< weiter wie Gesetzentwurf Artikel 1 Nr. 16 >.
- b) In Absatz 3 werden nach dem Wort "Auslandsaufenthalt" die Wörter "des Versicherten oder Erholungsurlaub der Pflegeperson" eingefügt."
Begründung
Zur Sicherung der Pflegepersonen, die nicht erwerbsmäßig pflegen, werden von den Pflegekassen unter anderem Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet. Die Leistungen ruhen dann, wenn die Pflegeperson aufgrund eines Urlaubs selbst an der Pflege gehindert ist. Für die Zeit des Urlaubs besteht keine Versicherungs- und Beitragspflicht. Die größte Gruppe der pflegenden Angehörigen sind Frauen. Daher ist die Vollständigkeit von Rentenversicherungsbeiträgen besonders wichtig. Es sollte eine Änderung des entsprechenden Rechts dahin gehend vorgenommen werden, dass auch ein Anspruch auf Leistungen der Alterssicherung für die Zeit eines Erholungsurlaubs besteht. Die Änderung hat insoweit nicht nur eine versicherungsrechtliche Komponente sondern auch eine wertschätzende gegenüber der Pflegeperson.
6. Zu Artikel 1 Nr. 16a - neu - (§ 35a Satz 1 SGB XI)
In Artikel 1 ist nach Nummer 16 folgende Nummer einzufügen:
"16a. In § 35a Satz 1 werden die Wörter "; bei der Kombinationsleistung nach § 38 ist nur das anteilige und im Voraus bestimmte Pflegegeld als Geldleistung budgetfähig, die Sachleistungen nach den §§ 36, 38 und 41 dürfen nur in Form von Gutscheinen zur Verfügung gestellt werden, die zur Inanspruchnahme von zugelassenen Pflegeeinrichtungen nach diesem Buch berechtigen" gestrichen."
Begründung
Nach § 35a SGB XI können Sachleistungen der Pflegeversicherung nur als Gutscheine zur Einlösung bei anerkannten Pflegeeinrichtungen nach dem SGB XI in ein trägerübergreifendes Persönliches Budget einbezogen werden. Diese Regelung schränkt die Wahl- und Organisationsfreiheit für Budgetnehmer entscheidend ein.
Bundesweit entstehen jedoch im ambulanten Bereich vielfältige Wohnformen für Pflegebedürftige. Dazu gehören insbesondere Wohngemeinschaften für behinderte und an Demenz erkrankte Menschen, die auf geteilter Verantwortung beruhen.
Um die Position von Pflegebedürftigen und deren Angehörigen gegenüber Dienstleistern zu stärken, muss die Möglichkeit bestehen, Pflegeleistungen in das Persönliche Budget als echte Geldleistung zu integrieren. Damit würde ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der Eigenverantwortung geleistet werden; gleichzeitig trägt das integrierte Budget zur Durchlässigkeit der Leistungsbereiche bei, das für die Organisation selbst organisierter Wohnformen von erheblicher Bedeutung ist.
Zentrale Voraussetzung für den Erfolg und die Wirksamkeit von integrierten Budgets wird die Beratung und Begleitung Pflegebedürftiger insbesondere durch ein Case-Management sein. Mit den neuen Regelungen in § 7a (Pflegeberatung), § 45d (Förderung ehrenamtlicher Strukturen sowie der Selbsthilfe) und § 92c (Pflegestützpunkte) schafft der Gesetzgeber geeignete Rahmenbedingungen, um die Qualität und Transparenz auch bei der Inanspruchnahme von integrierten Budgets sicherzustellen. Ergänzend sollte durch eine regelmäßige Nachweisverpflichtung der Leistungsberechtigten gewährleistet sein, dass die Budgetleistungen durch sozialversicherungspflichtig beschäftigte Personen erbracht werden.
7. Zu Artikel 1 Nr. 17 (§ 36 SGB XI)
Der Bundesrat begrüßt das Ziel, die ambulante Pflege durch eine moderate Erhöhung der ambulanten Sachleistungsbeträge zu stärken.
8. Zu Artikel 1 Nr. 18 Buchstabe c Doppelbuchstabe aa, Buchstabe d Doppelbuchstabe aa und bb und Buchstabe e (§ 37 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 und 3 und Abs. 5 Satz 2 SGB XI)
In Artikel 1 Nr. 18 ist § 37 wie folgt zu ändern:
- a) In Buchstabe c Doppelbuchstabe aa sind in Abs. 3 Satz 1 nach den Wörtern "eine Beratung in der eigenen Häuslichkeit durch eine zugelassene Pflegeeinrichtung," die Wörter "durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung," einzufügen.
- b) Buchstabe d ist wie folgt zu ändern:
- aa) In Doppelbuchstabe aa sind in Absatz 4 Satz 1 vor den Wörtern "und die anerkannten Beratungsstellen" die Wörter ", der Medizinische Dienst der Krankenversicherung" einzufügen.
- bb) In Doppelbuchstabe bb sind in Absatz 4 Satz 3 vor den Wörtern "und die anerkannte Beratungsstellen haben" die Wörter "der Medizinische Dienst der Krankenversicherung" einzufügen.
- c) In Buchstabe e sind in Absatz 5 Satz 2 nach den Wörtern "gelten für" die Wörter "den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung und für" einzufügen.
Begründung
Zu Buchstabe a:
Mit der Ergänzung von § 37 Abs. 3 wird die Möglichkeit eröffnet, Beratungsbesuche bei Pflegegeldbeziehern künftig auch durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung als neutrale Stelle durchführen zu lassen.
Zu Buchstabe b:
Folgeänderung.
Zu Buchstabe c:
Folgeänderung.
9. Zu Artikel 1 Nr. 18 Buchstabe c Doppelbuchstabe cc (§ 37 Abs. 3 Satz 6 und 7 - neu - SGB XI) und Buchstabe f (§ 37 Abs. 7 Satz 2a - neu - SGB XI)
Artikel 1 Nr. 18 ist wie folgt zu ändern:
- a) Buchstabe c Doppelbuchstabe cc ist wie folgt zu fassen:
"cc) Folgende Sätze werden angefügt:
"Personen, ... <weiter wie Gesetzentwurf Artikel 1 nr. 18 Buchstabe c Doppelbuchstabe cc>.
In diesen Fällen kann die Beratung auch durch von den Landesverbänden der Pflegekassen anerkannte Beratungsstellen wahrgenommen werden, ohne dass für die Anerkennung eine pflegefachliche Kompetenz nachgewiesen werden muss."
- b) In Buchstabe f ist in § 37 Abs. 7 nach Satz 2 folgender Satz einzufügen:
- "Für die Durchführung von Beratungen nach Absatz 3 Satz 6 können die Landesverbände der Pflegekassen geeignete Beratungsstellen anerkennen, ohne dass ein Nachweis über die pflegefachliche Kompetenz erforderlich ist."
Begründung
Die Landesverbände der Pflegekassen haben nach § 37 Abs. 3 neutrale und unabhängige Beratungsstellen zur Durchführung der Beratung anzuerkennen. Dem Antrag auf Anerkennung ist ein Nachweis über die erforderliche pflegefachliche Kompetenz der Beratungsstelle und ein Konzept zur Qualitätssicherung des Beratungsangebotes beizufügen.
Personen, bei denen ein erheblicher Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung nach § 45a festgestellt ist, und die noch nicht die Voraussetzungen der Pflegestufe I erfüllen, können halbjährlich einmal einen Beratungsbesuch in Anspruch nehmen.
Insbesondere für diesen Personenkreis stehen pflegefachliche Beratungsfragen nicht im Vordergrund. Der wesentliche Beratungsgegenstand ist die Bewältigung der häuslichen und familiären Situation sowie die Unterstützung und Entlastung durch (niedrigschwellige) Hilfeangebote.
Daher wird es für angemessen gehalten, wenn für die Durchführung der Beratung dieses Personenkreises eine pflegefachliche Kompetenz durch sozialarbeiterische Kompetenz ersetzt werden kann. Dies könnte insbesondere auch eine neutrale und unabhängige Beratung durch Beratungsstellen der Alzheimer Gesellschaft ermöglichen.
10. Zu Artikel 1 Nr. 19 (§ 39 Satz 1 SGB XI)
Artikel 1 Nr. 19 ist wie folgt zu fassen:
"19. § 39 wird wie folgt geändert:
- a) In Satz 1 wird nach dem Wort "Kalenderjahr;" folgender Halbsatz eingefügt:
- "dauert die Pflege noch kein ganzes Jahr an, beschränkt sich der Anspruch auf längstens zwei Wochen;"
- b) Die Sätze 3 bis 5 werden wie folgt gefasst: < wie Artikel 1 Nr. 19 des Gesetzentwurfs >"
Begründung
Zu Buchstabe a:
Um eine unangemessene Belastung der Pflegeversicherung zu vermeiden, wird die Anspruchsdauer im ersten Jahr der Pflege auf zwei Wochen beschränkt.
11. Zu Artikel 1 Nr. 19 (§ 39 Satz 2 SGB XI)
Artikel 1 Nr. 19 ist wie folgt zu fassen:
"19. § 39 wird wie folgt geändert:
- a) In Satz 2 wird wie die Angabe "zwölf" durch die Angabe "sechs" ersetzt.
- b) Die Sätze 3 bis 5 werden wie folgt gefasst: < wie Artikel 1 Nr. 19 des Gesetzentwurfs >"
Begründung
Zu Buchstabe a:
Zur weiteren Stärkung der häuslichen Pflege wird die Wartezeit für die erstmalige Inanspruchnahme der Verhinderungspflege von bisher zwölf auf sechs Monate verkürzt.
12. Zu Artikel 1 Nr. 22 (§ 42 Abs. 2 Satz 1a - neu - und 2 SGB XI)
Artikel 1 Nr. 22 ist wie folgt zu fassen:
"22. § 42 Abs. 2 wird wie folgt geändert:
- a) Nach Satz 1 wird folgender Satz eingefügt:
- "Der Anspruch besteht in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 auch dann, wenn abweichend von § 14 Abs. 1 Pflegebedürftigkeit voraussichtlich für weniger als sechs Monate besteht."
- b) In Satz 2 wird die Angabe ... <weiter wie Artikel 1 nr. 22 des Gesetzentwurfs>."
Begründung
Die Änderung sieht für den Personenkreis mit Hilfebedarf in der Kurzzeitpflege nach § 42 Abs. 1 eine Änderung vor, da eine Inanspruchnahme der Kurzzeitpflege, insbesondere nach einer akuten Verschlechterung oder einem Krankenhausaufenthalt, durch die bestehende Voraussetzung einer mindestens sechs Monate bestehenden Pflegebedürftigkeit erheblich erschwert ist. In der Praxis zeigt sich, dass die besondere Situation der pflegebedürftigen Person gerade für eine kurze Zeitspanne bestehen kann, wie die auf vier Wochen begrenzte Übernahme der pflegebedingten Aufwendungen durch die Pflegekasse nach § 42 Abs. 2 deutlich macht. Im besten Fall wird durch die Leistung der Kurzzeitpflege die erhebliche Pflegebedürftigkeit reduziert oder sogar beseitigt und eine dauerhafte stationäre Pflege verhindert. Mit der in § 33 Abs. 1 vorgesehenen Möglichkeit, die Zuordnung zu einer Pflegestufe und die Bewilligung von Leistungen zu befristen, können die Pflegekassen und der Medizinische Dienst der Krankenversicherung flexibel auf Veränderungen im tatsächlichen Hilfebedarf reagieren.
13. Zu Artikel 1 Nr. 28 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb (§ 45b Abs. 1 Satz 2 - neu - und 3 - neu - SGB XI)
Artikel 1 Nr. 28 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb ist zu streichen.
Begründung
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht keine Neufassung des vor allem somatisch ausgerichteten Pflegebedürftigkeitsbegriffs vor. Die seit Einführung der Pflegeversicherung bestehende Diskriminierung der Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz, deren allgemeiner Aufsichts- und Betreuungsbedarf bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nicht berücksichtigt werden kann, wird daher mit dem Gesetzentwurf nicht beseitigt. Die längst erforderliche vollwertige Einbeziehung dieses Personenkreises in die Leistungen der Pflegeversicherung wird weiterhin versäumt.
Durch die Festschreibung des zusätzlichen Betreuungsbetrages auf einheitlich 200 Euro pro Monat werden Einzelfallprüfungen zur tatsächlichen Höhe des zusätzlichen Betreuungsbedarfes durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung und Einzelfallentscheidungen der Pflegekassen zur Höhe des jeweiligen Anspruchs entbehrlich.
14. Zu Artikel 1 Nr. 28 Buchstabe a Doppelbuchstabe cc (§ 45b Abs. 1 Satz 5 Nr. 3, 4 und 5 SGB XI)
In Artikel 1 Nr. 28 Buchstabe a Doppelbuchstabe cc ist § 45b Abs. 1 Satz 5 wie folgt zu ändern:
- a) In Nummer 3 ist das Komma nach dem Wort "handelt" durch das Wort "oder" zu ersetzen.
- b) In Nummer 4 sind das Komma nach dem Wort "sind" durch einen Punkt zu ersetzen und das Wort "oder" zu streichen.
- c) Nummer 5 ist zu streichen.
Begründung
Niedrigschwellige Angebote werden nach einem landesrechtlichen Verfahren anerkannt, wenn sie ihre ehrenamtlichen Kräfte vorbereitend schulen und durch eine Fachkraft fachlich begleiten. Diese Anforderungen sind wichtig, um ein Mindestmaß an Qualität zu gewährleisten und das Vertrauen der Betroffenen und ihrer Angehörigen zu gewinnen.
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass bei Vermittlung eines Angebotes durch einen Pflegestützpunkt auf die genannten Qualitätsanforderungen verzichtet wird. Diese Regelung ist zu streichen. Wenn auch ungeschulte und nicht fachlich begleitete ehrenamtliche Kräfte Betreuungsleistungen abrechnungsfähig erbringen können, besteht die Gefahr, dass die o. g. Qualitätsanforderungen der Länder ins Leere laufen.
15. Zu Artikel 1 Nr. 28 Buchstabe b (§ 45b Abs. 2 Satz 2 SGB XI)
In Artikel 1 Nr. 28 Buchstabe b ist in § 45b Abs. 2 Satz 2 das Wort "Kalenderquartal" durch das Wort "Kalenderjahr" zu ersetzen.
Begründung
Wie bisher sollte die Möglichkeit bestehen, die Leistungen nach § 45b möglichst flexibel einzusetzen und so auf unterschiedliche Bedarfssituationen und gegebenenfalls im Jahresverlauf unterschiedliche familiäre Ressourcen reagieren zu können.
16. Zu Artikel 1 Nr. 29 Buchstabe a und b (§ 45c Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 SGB XI)
Artikel 1 Nr. 29 ist wie folgt zu ändern:
- a) In Buchstabe a ist in § 45c Abs. 1 Satz 1 die Zahl "15" durch die Zahl "25" zu ersetzen.
- b) In Buchstabe b ist in § 45c Abs. 2 Satz 2 die Zahl "30" durch die Zahl "50" zu ersetzen.
Begründung
Damit die erhöhten Leistungsansprüche der Betroffenen auch tatsächlich umgesetzt werden können, ist eine entsprechend ausgebaute Infrastruktur erforderlich.
Die im Gesetzentwurf vorgesehene Erhöhung der Fördermittel ist nicht ausreichend, da die Nachfrage nach niedrigschwelligen Betreuungsangeboten durch - die Erhöhung des Leistungsanspruchs der heute Leistungsberechtigten sowie - durch die Erweiterung des leistungsberechtigten Personenkreises um Betroffene, die noch keine Pflegestufe haben (Pflegestufe 0), in einem ungleich höheren Maß steigen wird.
Hinzu kommt, dass der Gesetzentwurf zusätzliche und damit konkurrierende Fördergegenstände vorsieht. Die Mittel können künftig auch für andere Gruppen Ehrenamtlicher, die Pflegebedürftige und Personen mit erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf unterstützen, sowie für den Auf- und Ausbau von Selbsthilfegruppen, -organisationen und -kontaktstellen eingesetzt werden.
Da die Mittel der Pflegeversicherung durch Kommunen bzw. Länder kofinanziert werden müssen, werden sie nicht in allen Kommunen bzw. Ländern sofort in voller Höhe abfließen.
17. Zu Artikel 1 Nr. 42 Buchstabe c (§ 75 Abs. 7 Satz 1 SGB XI)
In Artikel 1 Nr. 42 Buchstabe c sind in § 75 Abs. 7 Satz 1 nach den Wörtern "Spitzenverband Bund der Pflegekassen" die Wörter ", die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände" einzufügen.
Begründung
Durch die Ergänzung wird die notwendige Beteiligung der Länder und Kommunen sichergestellt, wie auch bereits in §§ 75 Abs. 6, 80 Abs. 1 SGB XI. Die Länder und Kommunen haben insbesondere wegen der öffentlichen Förderung von Investitionsmaßnahmen und der daran geknüpften Rechtsfolgen in § 82 Abs. 3 SGB XI ein berechtigtes Interesse daran, bei der Vereinbarung von Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Pflegebuchführung eingebunden zu sein.
18. Zu Artikel 1 Nr. 43 Buchstabe b (§ 76 Abs. 6 Satz 3 SGB XI)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob anstelle des Ausschlusses jeglichen Rechtsweges in § 76 Abs. 6 Satz 3 SGB XI-E eine Regelung in Anlehnung an § 1059 ZPO aufgenommen werden sollte.
Begründung
Der Ausschluss jeglichen gerichtlichen Rechtsschutzes selbst für Fälle, in denen das Schiedsverfahren an elementaren Verfahrensmängeln leidet oder die Entscheidung der Schiedsperson die Grenzen der Regelungsmaterie überschreitet bzw. der öffentlichen Ordnung widerspricht, dürfte mit dem rechtsstaatlichen Justizgewährungsanspruch nicht vereinbar sein. Dass die Beauftragung einer Schiedsperson freiwillig geschieht und die Vertragsparteien auch eine Schiedsstelle anrufen könnten, gegen deren Entscheidungen der Rechtsweg gegeben wäre, dürfte lediglich eine Einschränkung des Umfangs der gerichtlichen Prüfung auf Evidenz- und Missbrauchskontrolle rechtfertigen.
19. Zu Artikel 1 Nr. 44a - neu - (§ 78 Abs. 2 Satz 5 SGB XI)
In Artikel 1 ist nach Nr. 44 folgende Nummer einzufügen:
"44a. In § 78 Abs. 2 Satz 5 werden nach den Wörtern "behinderten Menschen" die Wörter "sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände" eingefügt."
Begründung
Das Pflegehilfsmittelverzeichnis wird (allein) durch die Spitzenverbände der Pflegekassen unter Anhörung der Spitzenorganisationen der betroffenen Hersteller und Leistungserbringer sowie der Verbände der Pflegeberufe und behinderten Menschen festgestellt und fortgeschrieben.
Die Sozialhilfeträger wenden zwar das Hilfsmittelverzeichnis als Kostenträger an, können jedoch hierauf (im Vorfeld) keinen Einfluss nehmen.
Es ist daher sachgerecht, (der seit Jahren bestehenden Forderung nachzukommen und) die Spitzenverbände der Sozialhilfeträger in das Anhörungsverfahren zur Erstellung und Fortschreibung des Pflegehilfsmittelverzeichnisses einzubinden.
20. Zu Artikel 1 Nr. 48 Buchstabe a und b (§ 82a Abs. 1 und 2 Satz 1 SGB XI)
In Artikel 1 Nr. 48 ist § 82a wie folgt zu ändern:
- a) In Buchstabe a sind in Absatz 1 die Wörter "in der Altenpflegehilfe" durch die Wörter "für sonstige Pflegeberufe" zu ersetzen.
- b) In Buchstabe b sind in Absatz 2 Satz 1 die Wörter "in der Altenpflegehilfe" durch die Wörter "für sonstige Pflegeberufe" zu ersetzen.
Begründung
Da die Länder unterschiedliche Wege zur Regelung der bisherigen Altenpflegehilfe beschritten haben und hierfür auch abweichende Bezeichnungen verwenden, ist eine allgemeinere gesetzliche Formulierung erforderlich.
21. Zu Artikel 1 Nr. 48 Buchstabe c - neu - (§ 82a Abs. 3 Satz 1 SGB XI)
In Artikel 1 ist der Nummer 48 folgender Buchstabe anzufügen:
"c) In Absatz 3 Satz 1 werden nach den Wörtern "landesrechtliches Umlageverfahren" die Wörter "oder durch ein freiwilliges Umlageverfahren eines oder mehrerer Vereinigungen von Trägern der Pflegeeinrichtungen auf Landesebene" eingefügt."
Begründung
Nach der derzeitigen Regelung des § 82a Abs. 3 SGB XI ist lediglich eine Umlage zur Finanzierung der Ausbildungsvergütungen, die aufgrund eines landesrechtlichen Umlageverfahrens gezahlt wird, in der Vergütung der allgemeinen Pflegeleistungen berücksichtigungsfähig.
Nach den bisherigen Erfahrungen haben gesetzlich vorgegebene Umlageverfahren erhebliche Widerstände und eine erheblichen Zahl von Klageverfahren durch alle Instanzen zur Folge.
Um aber freiwillige verbandsinterne oder verbandsübergreifende Ausgleichsverfahren auf Landesebene ermöglichen zu können, ist eine Regelung geboten, die auch die Refinanzierung der auf Grundlage einer freiwilligen Vereinbarung erbrachten Umlagebeiträge zulässt. Da die Begrenzungen des § 82a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 3 auch auf eine freiwillige Verbandsumlage Anwendung finden, sind keine zusätzlichen Kosten im Vergleich zu der derzeitigen Rechtslage zu befürchten.
22. Zu Artikel 1 Nr. 50 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb (§ 84 Abs. 2 Satz 7 SGB XI)
In Artikel 1 Nr. 50 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb ist § 84 Abs. 2 Satz 7 wie folgt zu fassen:
- "Bei der Bemessung der Pflegesätze einer Pflegeeinrichtung sind die Pflegesätze derjenigen Pflegeeinrichtungen, die hinsichtlich der in Absatz 5 genannten Leistungs- und Qualitätsmerkmale im Wesentlichen gleichartig sind, zu berücksichtigen."
Begründung
In Umsetzung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG Az. B 3 P 19 / 00 R vom 14. Dezember 2000) sind die Vertragspartner zu verpflichten, einen externen Pflegesatzvergleich vorzunehmen, schon um Rechtsstreitigkeiten aus dem Wege zu gehen.
Eine "Kann-Regelung" würde zu einer deutlichen Abschwächung dieser Rechtsprechung und damit zur Abkehr vom externen Vergleich führen, der dann nur noch auf gemeinsamen Wunsch aller Vertragsparteien durchzuführen wäre. Einrichtungen, die ihre mit anderen vergleichbaren Leistungen am Markt zu verhältnismäßig hohen Preisen anbieten, würden einem derartigen Vergleich nicht zustimmen und stattdessen die Orientierung an den einrichtungsindividuellen Gestehungskosten fordern. Damit würde eine Rückkehr zum Selbstkostendeckungsprinzip befördert.
Die Gleichartigkeit von Pflegeeinrichtungen ergibt sich im Wesentlichen aus den im neuen § 84 Abs. 5 genannten Leistungs- und Qualitätsmerkmalen.
Dagegen ist die "Größe" einer Einrichtung kein Leistungs- und Qualitätsmerkmal und daher zu einem externen Pflegesatzvergleich nicht uneingeschränkt geeignet. Darüber hinaus ist die wesentliche Gleichartigkeit von Einrichtungen anhand der "Größe" nicht eindeutig definierbar. Die Vertragsparteien müssten im Einzelfall sowieso aushandeln, welcher Größenunterschied einen Vergleich nicht mehr zulässt. Daher sollte es den Vertragsparteien überlassen bleiben, ob die "Größe" im Einzelfall als Vergleichskriterium hinzugezogen wird. Im Streitfall entscheidet auf Antrag einer Partei die Schiedsstelle über die Angemessenheit und Sachgerechtigkeit. Auf die gesetzliche Vorgabe, die "Größe" als Vergleichsmerkmal von Pflegeeinrichtungen heranzuziehen, ist daher zu verzichten.
23. Zu Artikel 1 Nr. 54a - neu - (§ 92 Abs. 1 bis 4 SGB XI)
In Artikel 1 ist nach Nummer 54 folgende Nummer einzufügen:
"54a. § 92 wird wie folgt geändert:
- a) Die bisherigen Absätze 1 bis 3 werden durch folgenden Absatz ersetzt:
- "(1) Zur Beratung der Umsetzung der Pflegeversicherung wird für jedes Land oder für Teile des Landes ein Landespflegeausschuss gebildet. Pflegekassen und Pflegeeinrichtungen haben einvernehmliche Empfehlungen des Landespflegeausschusses, insbesondere bei dem Abschluss von Versorgungsverträgen und Vergütungsvereinbarungen, angemessen zu berücksichtigen."
- b) In Absatz 4 werden die Wörter ", die Berufung weiterer Mitglieder über die in Absatz 2 genannten Organisationen hinaus" gestrichen.
- c) Der bisherige Absatz 4 wird Absatz 2."
Begründung
Zu Buchstabe a:
In § 92 Abs. 1 bis 3 SGB XI wird bis hin zur Geschäftsführung detailliert Aufgabe, Struktur und Verfahren der pflegepolitischen Koordinierung der Akteure auf Landesebene geregelt. Diese Regelungstiefe des Bundesrechts ist unangemessen. Daher wird eine Regelung vorgeschlagen, nach der ein deutlich größerer Spielraum der Länder besteht, durch Rechtsverordnung Koordinierungsstrukturen und -verfahren zu schaffen, die auf die konkrete Situation im Land zugeschnitten sind.
Zu Buchstabe b und c:
Es handelt sich um redaktionelle Folgeänderungen. In den Rechtsverordnungen der Länder wird die Bestellung sämtlicher Mitglieder des jeweiligen Landespflegeausschusses geregelt.
24. Zu Artikel 1 Nr. 67 Buchstabe a, b und d (§ 110 Abs. 2, 3 und Abs. 5 Satz 1 SGB XI) Artikel 2 (Weitere Änderungen des SGB XI)
- (bei Annahme entfällt Ziffer 25)
- a) Artikel 1 Nr. 67 ist wie folgt zu ändern:
- aa) Buchstabe a ist zu streichen.
- bb) Buchstabe b ist zu streichen.
- cc) In Buchstabe d sind in § 110 Abs. 5 Satz 1 nach dem Wort "Akteneinsicht" die Wörter "in Bezug auf die Einstufung zur Pflege" einzufügen.
- b) Artikel 2 ist zu streichen.
Begründung
Zu Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und Buchstabe b:
Die im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehenen Regelungen zur Übertragung der Regelungen zur Bezahlbarkeit der Beiträge von Versicherten im Standardtarif nach § 315 SGB V bzw. in dem den Standardtarif ab 1. Januar 2009 ablösenden Basistarif in der privaten Krankenversicherung auf die private Pflege-Pflichtversicherung dieser Versicherten sind nicht akzeptabel. Die Übertragung der für die private Krankenversicherung vorgesehenen Regelungen würde einen weiteren system- und rechtswidrigen Subventionsbedarf zu Lasten der Bestandsversicherten auslösen und wäre ein unzulässiger Eingriff in bestehende Verträge und damit in die Vertragsfreiheit.
Zudem besteht für die im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehenen Regelungen keinerlei Erforderlichkeit, so dass erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel bestehen. Die Beiträge in der privaten Pflege-Pflichtversicherung sind im Gegensatz zur sozialen Pflegeversicherung schon seit Einführung der Pflegepflichtversicherung im Jahr 1995 äußerst stabil. Zudem existieren bereits heute zahlreiche sozialpolitische Regulierungen und Beitragskappungen in der privaten Pflegeversicherung, wie beispielsweise die Beitragslimitierung für Einzelpersonen auf den Höchstbeitrag und die Beitragslimitierung für Ehepaare im Altbestand auf 150 Prozent des Höchstbeitrages in der sozialen Pflegeversicherung. Diese umfangreichen Beitragskappungen in der privaten Pflege-Pflichtversicherung sind völlig ausreichend. Für weitere Beitragslimitierungen gibt es keinerlei Bedarf. Ernsthafte Forderungen nach Ausweitung der Umverteilungsmechanismen bestehen nicht. Die Angleichung der privaten Pflege-Pflichtversicherung an den Standardtarif bzw. an das neue Modell des Basistarifs der privaten Krankenversicherung ist deshalb nur ideologisch bedingt. Da die Leistungen der Pflegeversicherung typisiert sind, wäre auch die Portabilität der Altersrückstellungen ohne das Konstrukt des Standard- bzw. Basistarifs möglich.
Zu Buchstabe a Doppelbuchstabe bb:
Da jede Person, die ihrer Versicherungspflicht nachkommt, allgemeine Krankenhausleistungen versichert hat, genügt die bisherige Regelung.
Zu Buchstabe a Doppelbuchstabe cc:
Es ist kein Grund ersichtlich, warum abweichend von den für die soziale Pflegeversicherung geltenden Regelungen zum Recht auf Akteneinsicht den in der privaten Pflege-Pflichtversicherung Versicherten ein weitergehendes Akteneinsichtsrecht gewährt werden sollte. Daher und zur Begrenzung von Bürokratiekosten wird das Recht auf Akteneinsicht auf die im Zusammenhang mit der Einstufung in die Pflegestufe erforderlichen Daten beschränkt. Das Recht auf Akteneinsicht dient nicht der Überprüfung des Versicherungsunternehmens, sondern der Überprüfung der Pflegestufeneinstufung, so dass ein Einblick in das darüber hinausgehende Vertragsgeschehen nicht erforderlich ist.
25. Zu Artikel 1 Nr. 67 Buchstabe a (§ 110 Abs. 2 Satz 4 und 4a - neu - und 4b - neu - SGB XI), Artikel 2 (Eingangsformel zu § 110 Abs. 2 Satz 2 bis 4 und Satz 4a - neu -, 4b - neu - und 4c - neu - SGB XI)
- (entfällt bei Annahme von Ziffer 24)
- a) In Artikel 1 Nr. 67 Buchstabe a ist § 110 Abs. 2 wie folgt zu ändern:
- aa) Satz 4 ist wie folgt zu ändern:
- aaa) Die Wörter "; dabei gilt Satz 6" sind zu streichen.
- bbb) Nach den Wörtern "dass der zuständige Träger" ist das Wort "höchstens" einzufügen.
- bb) Nach Satz 4 sind folgende Sätze einzufügen:
- "Ein Differenzbetrag zwischen dem nach Satz 3 reduzierten Beitrag und dem vom zuständigen Träger nach Satz 4 zu tragenden Betrag ist weder von den Versicherten noch vom zuständigen Träger nach dem Zweiten oder Zwölften Buch zu tragen. Den Versicherungsunternehmen dadurch entstehende finanzielle Belastungen werden im Risikoausgleich nach § 111 des Elften Buches berücksichtigt."
- aa) Satz 4 ist wie folgt zu ändern:
- b) Artikel 2 ist wie folgt zu ändern:
- aa) In der Eingangsformel sind die Wörter "§ 110 "Abs. 2 Satz 2 bis 4" durch die Wörter " § 110 Abs. 2 Satz 2 bis 5" zu "(ersetzen).
- bb) In dem neu gefassten Satz 4 sind die Wörter "; dabei gilt Satz 6" zu streichen und nach den Wörtern "zuständige Träger" das Wort "höchstens" einzufügen.
- cc) Nach Satz 4 sind folgende Sätze einzufügen:
"Eine Differenzbetrag zwischen dem nach Satz 3 reduzierten Beitrag und dem vom zuständigen Träger nach Satz 4 zu tragenden Betrag ist weder von den Versicherten noch vom zuständigen Träger nach dem Zweiten oder Zwölften Buch zu tragen. Den Versicherungsunternehmen dadurch entstehende finanzielle Belastungen werden im Risikoausgleich nach § 111 des Elften Buches berücksichtigt. Entsteht allein durch die Zahlung des Beitrags zur Pflegeversicherung nach Satz 2 Hilfebedürftigkeit im Sinne des Zweiten oder Zwölften Buches, gelten die Sätze 3, 4, 4a und 4b entsprechend; die Hilfebedürftigkeit ist vom zuständigen Träger nach dem Zweiten oder Zwölften Buch auf Antrag des Versicherten zu prüfen und zu bescheinigen.
Begründung
Zu Buchstabe a und b (allgemein):
Der Verweis in dem neuen § 110 Abs. 2 SGB XI auf § 12 Abs. 1c Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) führt zu Unsicherheiten bei der Anwendung des § 32 SGB XII (Übernahme von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen für Sozialhilfeempfänger). Aufgrund der nicht eindeutigen Regelungen in § 12 Abs. 1c VAG ist nicht klar, in welcher Höhe der Träger der Sozialhilfe private Pflegepflichtversicherungsbeiträge übernehmen muss.
Zu Buchstabe a Doppelbuchstabe aa:
Es ist nicht verständlich, warum die durch den Verweis auf § 12 Abs. 1c Satz 6 VAG vorgesehene Deckelung des vom Sozialhilfeträger zu übernehmenden Betrags auf den Betrag, der der auch für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der sozialen Pflegeversicherung zu tragen ist, nicht auch für die Fälle gilt, in denen die Hilfebedürftigkeit erst durch die Zahlung der Versicherungsbeiträge entsteht. Es werden dadurch vergleichbare Sachverhalte ohne ersichtlichen Grund ungleich behandelt. Für eine erst durch die Versicherungsbeiträge hilfebedürftig gewordene Person müsste der Sozialhilfeträger unter Umständen deutlich höhere Kosten tragen, als für einen unabhängig von der Beitragszahlung Hilfebedürftigen.
Durch die hier vorgeschlagene Änderung muss der Träger der Sozialhilfe auch für Personen, die erst durch die Zahlung des Versicherungsbeitrags hilfebedürftig werden, höchstens den Betrag übernehmen, der auch für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der sozialen Pflegeversicherung zu tragen ist.
Begründung
Zu Buchstabe a Doppelbuchstabe bb:
Zwar wird in dem neuen § 110 Abs. 2 Satz 4 SGB XI über den ohnehin bestehenden Verweis auf § 12 Abs. 1c Satz 6 VAG hinaus klargestellt, dass der Sozialhilfeträger für Personen, die unabhängig von der Beitragszahlung hilfebedürftig im Sinne des SGB XII sind, nur den Betrag zahlt, der auch für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der sozialen Pflegeversicherung zu tragen ist. Zu wessen Lasten ein eventueller Differenzbetrag zwischen dem auf die Hälfte reduzierten privaten Pflegeversicherungsbeitrag und dem vom Sozialhilfeträger zu tragenden ALG II - Beitrag geht, wird jedoch nicht deutlich gemacht.
Obgleich Rücktritts- und Kündigungsrechte für die Versicherungsunternehmen während des bestehenden Kontrahierungszwangs ausgeschlossen sind (§ 110 Abs. 4 SGB XI), ist im Interesse der Hilfebedürftigen eine Klärung dieser Frage erforderlich. Der o. g. Differenzbetrag darf nicht zu Lasten der Sozialhilfeempfänger oder des Sozialhilfeträgers gehen. Vielmehr ist er im Rahmen des Risikoausgleichs nach § 111 SGB XI zu berücksichtigen.
26. Zu Artikel 1 Nr. 70 (§ 113 Abs. 3 Satz 3 und 4 SGB XI)
In Artikel 1 Nr. 70 sind in § 113 Abs. 3 die Sätze 3 und 4 zu streichen.
Begründung
Die Regelung erscheint neben der Regelung des § 113b Abs. 1 Satz 3 und 4 SGB XI-E, die für jede "Entscheidung der Schiedsstelle" gilt, überflüssig.
27. Zu Artikel 1 Nr. 71 (§ 113b Abs. 2 Satz 10 - neu - SGB XI)
In Artikel 1 Nr. 71 ist dem § 113b Abs. 2 folgender Satz anzufügen:
- "Regeln die Vertragsparteien das Nähere zur Einrichtung und Arbeitsweise der Schiedsstelle bis zum 31. August 2008 nicht, so legt das Bundesministerium für Gesundheit die Geschäftsordnung fest."
Begründung
Nur so lässt sich sicherstellen, dass die Schiedsstelle Qualitätssicherung arbeitsfähig ist. Es besteht sonst die Gefahr, dass bereits über die in § 113b Abs. 2 SGB XI zahlenmäßig nicht konkret definierte Zusammensetzung dauerhaft gestritten wird.
28. Zu Artikel 1 Nr. 72 (§ 114 Abs. 2 Satz 5 SGB XI)
In Artikel 1 Nr. 72 sind in § 114 Abs. 2 Satz 5 die Wörter "den Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention nach § 23 Abs. 2 des Infektionsschutzgesetzes" durch die Wörter "den nach § 113a entwickelten Standards zur Hygiene und Infektionsprävention" zu ersetzen.
Begründung
Es wird bezweifelt, dass die "Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention" ohne weiteres auf Pflegeeinrichtungen übertragbar sind. Die Verhältnisse in Pflegeeinrichtungen weisen gravierende Unterschiede zu den Verhältnissen in Krankenhäusern auf, insbesondere auch im Hinblick auf die personelle Ausstattung.
Stattdessen ist sicherzustellen, dass Empfehlungen zu Hygiene und Infektionsprävention in Pflegeeinrichtungen als Expertenstandards im Sinne des § 113a des Gesetzentwurfes entwickelt und aktualisiert werden, und damit dem dort vorgesehenen qualitätsgesicherten Verfahren unterworfen werden.
29. Zu Artikel 1 Nr. 72 (§ 114 Abs. 3 Satz 2 SGB XI)
In Artikel 1 Nr. 72 sind in § 114 Abs. 3 Satz 2 die Wörter "der Pflegeeinrichtung oder den Einrichtungsträger veranlasst wurde" durch die Wörter "einem unabhängigen Sachverständigen durchgeführt worden ist" zu ersetzen.
Begründung
Die im Gesetzentwurf der Bundesregierung für die Landesverbände der Pflegekassen vorgesehene Möglichkeit, die Prüfabstände der Qualitätsprüfungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung zu verkürzen oder die Prüftiefe zu verringern, wenn ihr Erkenntnisse über die Einhaltung der maßgeblichen Qualitätsanforderungen aufgrund von Qualitätsprüfungen und Zertifizierungen vorliegen, die von der Pflegeeinrichtung oder dem Einrichtungsträger selbst veranlasst wurden, ist nicht akzeptabel.
Von den Einrichtungen oder Einrichtungsträgern selbst veranlasste Prüfungen und Zertifizierungen können entgegen der Gesetzesbegründung gerade nicht als ebenso verlässlich wie externe Prüfungen beurteilt werden, denn erfahrungsgemäß spiegeln trägereigene Zertifizierungen nur unzureichend die tatsächliche Qualität in den Einrichtungen wider. Darüber hinaus sind trägereigene Zertifizierungen bislang nur in der Lage, Prozess- und Strukturqualität zu steuern, nicht dagegen die vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung insbesondere zu prüfende Ergebnisqualität. In jedem Fall muss sichergestellt werden, dass korruptionsanfällige Qualitätsnachweise keine Anerkennung finden.
Daher wird die Möglichkeit eröffnet, die Ergebnisse von Prüfungen unabhängiger Sachverständiger, die mit den Einrichtungen und Einrichtungsträgern weder in rechtlicher noch in wirtschaftlicher Verbindung stehen, bei der Verringerung der vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung durchgeführten Qualitätskontrolle zu berücksichtigen. Solche unabhängige Sachverständige können beispielsweise der Medizinischer Dienst der Krankenversicherung selbst oder der TÜV sein. Auch auf diesem Weg finden die Qualitätssicherungsbemühungen der Einrichtungen und Einrichtungsträger ausreichend Anerkennung, ohne dass korruptivem Verhalten Tür und Tor geöffnet wird.
30. Zu Artikel 1 Nr. 73 (§ 114a Abs. 1 Satz 1a - neu - und 1b - neu - SGB XI)
In Artikel 1 Nr. 73 sind in § 114a Abs. 1 nach Satz 1 folgende Sätze einzufügen:
- "Auf Antrag und Kosten der Pflegeeinrichtungen führen der Medizinische Dienst der Krankenversicherung und die von den Landesverbänden der Pflegekassen bestellten Sachverständigen zeitnah Nachbegutachtungen durch. Deren Ergebnisse sind im Rahmen des § 115 Abs. 1a zu beachten."
Begründung
Die Pflegeeinrichtungen, die eine nach ihrer Auffassung negative Beurteilung erhalten haben, müssen die Möglichkeit erhalten, die festgestellten Mängel zeitnah abzustellen und diese Mängelabstellung auch nach außen publiziert zu bekommen. Ein negatives Ranking, zum Beispiel im Internet im Rahmen der Veröffentlichungen nach § 115a SGB XI, kann existenzgefährdend oder -vernichtend wirken. Die mit der Ergänzung vorgesehene Option ist kostendeckend, da sie die Kostenlast auf die Pflegeeinrichtungen in vollem Umfang und nach vorheriger Kostenbegleichung verlagert.
31. Zu Artikel 1 Nr. 73 (§ 114a Abs. 4 Satz 4 SGB XI)
In Artikel 1 Nr. 73 ist § 114a Abs. 4 Satz 4 zu streichen.
Begründung
Die Möglichkeit für den Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, sich an Überwachungen der Heimaufsicht zu beteiligen, ist nach den Ergebnissen der Föderalismusreform landesrechtlich zu regeln.
32. Zu Artikel 1 Nr. 74 Buchstabe b (§ 115 Abs. 1a Satz 2a - neu - und Satz 2b - neu - SGB XI)
In Artikel 1 Nr. 74 Buchstabe b sind in § 115 Abs. 1a nach Satz 2 folgende Sätze einzufügen:
- "Die Veröffentlichung der Erkenntnisse der Überwachungen der Heimaufsicht bedarf der Zustimmung der nach Landesrecht zuständigen Stelle. Die Kriterien der Veröffentlichung werden von dieser Stelle festgelegt."
Begründung
Die Veröffentlichung von Informationen aus heimrechtlichen Überwachungen fällt nach den Ergebnissen der Föderalismusreform in die Gesetzgebungskompetenz der Länder.
33. Zu Artikel 3 (§ 3 Abs. 1 Satz 1 PflegeZG)
In Artikel 3 sind in § 3 Abs. 1 Satz 1 nach dem Wort "Beschäftigte" die Wörter ", deren Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate besteht," einzufügen.
Begründung
Um die Arbeitgeber von einer unangemessenen sofortigen Inanspruchnahme der Pflegezeit zu schützen, wird in Analogie zur Wartezeit des im Rahmen der Elternzeit bestehenden Anspruchs auf Verringerung der Arbeitszeit sowie des Anspruchs auf Verringerung der Arbeitszeit im Teilzeit- und Befristungsgesetz eine Wartezeit von sechs Monaten eingeführt.
34. Zu Artikel 3 (§ 3 Abs. 1 Satz 2 PflegeZG)
In Artikel 3 ist § 3 Abs. 1 Satz 2 wie folgt zu fassen:
- "Der Anspruch nach Satz 1 besteht nicht gegenüber Arbeitgebern, die, unabhängig von der Anzahl der Personen in Berufsbildung, in der Regel fünfzehn oder weniger Personen beschäftigen."
Begründung
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht keine Regelung zur Berechnung der 15 Beschäftigten vor, bis zu deren Grenze kein Anspruch auf Pflegezeit besteht. Um mögliche Vorbehalte der Arbeitgeber gegen die Einstellung von zur Berufsbildung beschäftigten Personen wegen einer dann erfolgenden Überschreitung des Schwellenwertes von 15 Beschäftigten zu vermeiden, werden diese bei der Berechnung der Beschäftigten nach Satz 2 analog § 15 Abs. 7 Nr. 1 des Bundeseltern- und Elternzeitgesetzes sowie § 8 Abs. 7 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes nicht berücksichtigt.
35. Zu Artikel 3 (§ 3 Abs. 1 Satz 3 - neu - PflegeZG)
In Artikel 3 ist dem § 3 Abs. 1 folgender Satz 3 anzufügen:
- "Für die Feststellung der Zahl der Beschäftigten nach Satz 2 sind Teilzeitbeschäftigte mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen."
Begründung
Um ebenfalls mögliche Vorbehalte der Arbeitgeber gegen die Einstellung von Teilzeitbeschäftigten wegen einer dann erfolgenden Überschreitung des Schwellenwertes von 15 Beschäftigten zu vermeiden, werden diese bei der Berechnung der Beschäftigten nach Satz 2 analog § 23 Abs. 1 Satz 4 Kündigungsschutzgesetz nur entsprechend ihrem Stundenanteil anteilig berücksichtigt.
36. Zu Artikel 3 (§ 3 Abs. 1 Satz 4 - neu - PflegeZG)
- (bei Annahme entfällt Ziffer 37)
In Artikel 3 ist dem § 3 Abs. 1 nach dem neuen Satz 3 folgender Satz 4 anzufügen:
- "Der Arbeitgeber ist berechtigt, den Anspruch auf Freistellung nach Satz 1 abzulehnen, wenn diesem dringende betriebliche Gründe entgegenstehen."
Begründung
Der im Rahmen der Pflegezeit bestehende Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung stellt insbesondere kleinere Arbeitgeber vor organisatorische Probleme. Daher wird in Analogie zum Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit bei der Elternzeit und zum Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit im Rahmen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes für den Arbeitgeber die Möglichkeit geschaffen, den Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung aus dringenden betrieblichen Gründen abzulehnen.
37. Zu Artikel 3 (§ 3 Abs. 1 Satz 4 - neu - PflegeZG)
- (entfällt bei Annahme von Ziffer 36)
In Artikel 3 ist dem § 3 Abs. l nach dem neuen Satz 3 folgender Satz 4 anzufügen:
- "Der Arbeitgeber ist berechtigt, den Anspruch auf teilweise Freistellung von der Arbeitsleistung abzulehnen, wenn diesem dringende betriebliche Gründe entgegenstehen."
Begründung
Der im Rahmen der Pflegezeit bestehende Anspruch auf teilweise Freistellung von der Arbeitsleistung stellt insbesondere kleinere Arbeitgeber vor organisatorische Probleme. Daher wird in Analogie zum Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit bei der Elternzeit und zum Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit im Rahmen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes für den Arbeitgeber die Möglichkeit geschaffen, den Anspruch auf teilweise Freistellung von der Arbeitsleistung aus dringenden betrieblichen Gründen abzulehnen.
38. Zu Artikel 3 (§ 3 Abs. 3 Satz 1 und 1a - neu - PflegeZG)
In Artikel 3 ist § 3 Abs. 3 wie folgt zu ändern:
- a) In Satz 1 sind die Wörter "zehn Arbeitstage" durch die Wörter "sieben Wochen" zu ersetzen.
- b) Nach Satz 1 ist folgender Satz 1a einzufügen:
- "Bei einer akut auftretenden Pflegesituation ist ausnahmsweise eine angemessene kürzere Frist möglich."
Begründung
Die Inanspruchnahme der Pflegezeit stellt die betroffenen Arbeitgeber vor große organisatorische Herausforderungen. Die vom Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehene Ankündigungsfrist für die Inanspruchnahme der Pflegezeit von lediglich 10 Arbeitstagen reicht nicht aus, um entsprechende organisatorische Maßnahmen zu treffen. Um dies abzumildern, wird eine Ankündigungsfrist von sieben Wochen (analog zur Ankündigungsfrist bei der Elternzeit) vorgesehen.
Eine unzumutbare Belastung der pflegenden Angehörigen ist damit nicht verbunden. Schließlich haben diese die Möglichkeit, bei einer akut aufgetretenen Pflegesituation sich nach § 2 des Pflegezeitgesetzes kurzfristig von der Arbeit freistellen zu lassen. Innerhalb dieses Zeitraums kann die Pflege, die bis zur Inanspruchnahme der Pflegezeit benötigt wird, organisiert werden. Außerdem soll bei einer akut auftretenden Pflegesituation ausnahmsweise eine angemessene kürzere Frist möglich sein.
39. Zu Artikel 3 (§ 3 Abs. 4 Satz 2 PflegeZG)
In Artikel 3 ist in § 3 Abs. 4 Satz 2 das Wort "Belange" durch das Wort "Gründe" zu ersetzen.
Begründung
Die Änderung bezweckt einen sprachlichen Gleichklang mit bestehenden Regelungen in anderen Gesetzen (z.B. Kündigungsschutzgesetz, Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz), um ggf. entstehende Auslegungswidersprüche von vorneherein zu vermeiden.
40. Zu Artikel 6 Nr. 5a - neu - (§ 28 Abs. 1 Satz 3 - neu - SGB V) und Nr. 8a - neu - (§ 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V)
Artikel 6 ist wie folgt zu ändern:
- a) Nach Nummer 5 ist folgende Nummer einzufügen:
"5a. Dem § 28 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:
"Zu den Hilfeleistungen nach Satz 2, die von entsprechend qualifizierten Angehörigen nichtärztlicher Gesundheitsberufe in Abwesenheit des Arztes nach § 15 Abs. 1 Satz 2 erbracht werden, gehören insbesondere krankheits- und therapieüberwachende sowie vorbeugende und betreuende Hilfeleistungen in der Häuslichkeit der Patienten."
- b) Nach Nummer 8 ist folgende Nummer einzufügen:
"8a. In § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 werden nach dem Wort "Umfeldes" die Wörter ", auch durch Hilfeleistungen (§ 15 Abs. 1 Satz 2; § 28 Abs. 1 Satz 3) von entsprechend qualifizierten Angehörigen nichtärztlicher Gesundheitsberufe in der Häuslichkeit der Patienten in Abwesenheit des Hausarztes" eingefügt."
Begründung
Zur Klarstellung, dass Hilfeleistungen anderer nichtärztlicher Personen auch außerhalb der Arztpraxis in der Häuslichkeit des Patienten erbracht werden können, sind die Änderungen und Ergänzungen des SGB V erforderlich.
Derzeit droht besonders in einigen Regionen der neuen Länder - insbesondere im ländlichen Raum - Unterversorgung im hausärztlichen Bereich. Diese wird sich zukünftig vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung weiter verstärken und perspektivisch auch deutschlandweit eintreten.
Mit Hilfe des seit 2005 in den neuen Ländern modellhaft durchgeführten Einsatzes der "Gemeindeschwester" / "AGnES" (Arztentlastende, Gemeindenahe, E-Healthgestützte, Systemische Intervention) wird ermittelt, ob entsprechend qualifizierte nichtärztliche Heilberufe die hausärztlich tätigen Vertragsärzte bei der Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung, insbesondere in ärztlich unterversorgten bzw. von Unterversorgung bedrohten Gebieten oder Teilen von Gebieten, unterstützen können.
Die Delegation ärztlicher Leistungen auf nichtärztliche Heilberufe ist prinzipiell in den bestehenden berufs- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften geregelt und findet bereits in der Praxis statt. Somit stellt die in den Modellprojekten durchgeführte Delegation ärztlicher Leistungen zunächst nichts Neues und keinen Paradigmenwechsel im Sinne des aktuellen Gutachtens des Sachverständigenrates dar.
Dennoch besteht hierzu Regelungsbedarf. In der Konzeption der "Gemeindeschwester" / "AGnES" ist neu:
- - Die delegierten ärztlichen Leistungen werden überwiegend nicht in der Arztpraxis, sondern bei Hausbesuchen in der Häuslichkeit der Patienten durchgeführt. Somit wird der Arzt bei ihrer Durchführung nicht selbst orts- und zeitnah anleitend, mitwirkend, beaufsichtigend oder nachträglich kontrollierend tätig. Dies ist derzeit in § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht hinreichend rechtlich geregelt.
- - Auf entsprechend qualifizierte nichtärztliche Heilberufe delegierbare ärztliche Leistungen sollen perspektivisch über das heute rechtlich mögliche Maß erweitert werden.
Für den angestrebten bedarfsgerechten und versorgungswirksamen Einsatz der "Gemeindeschwester" / "AGnES" im Regelversorgungssystem der GKV und vor dem dargestellten Hintergrund kommt es entscheidend darauf an, dass:
- - die Möglichkeit der Durchführung ärztlich delegierter Leistungen durch entsprechend qualifizierte nichtärztliche Heilberufe außerhalb der Arztpraxis in der Häuslichkeit der Patienten rechtlich klargestellt wird;
- - der Gesetzgeber die Überführung der Modellprojekte in die Regelversorgung nach dem Ende der "Anschubfinanzierung" durch die Länder ermöglicht, dies umso mehr, als die hausärztliche Versorgungssicherung keinen weiteren Zeitverzug erlaubt.
41. Zu Artikel 6 Nr. 8 (§ 63 Abs. 3b und 3c SGB V), Nr. 4 (§ 15 Abs. 1 Satz 1 SGB V), Artikel 15 (KrPflG) und Artikel 16 (AltPflG)
- (bei Annahme entfallen Ziffer 42 und Ziffer 50)
In Artikel 6 ist Nummer 8 zu streichen.
Als Folge sind Artikel 6 Nr. 4 sowie Artikel 15 und 16 zu streichen.
Begründung
Zu Artikel 6 Nr. 8:
Die Ausweitung der Modellklausel auf die Verordnung von Verbandsmitteln und Pflegehilfsmitteln durch die Angehörigen der im Krankenpflegegesetz und im Altenpflegegesetz geregelten Berufe sowie die inhaltliche Ausgestaltung der häuslichen Krankenpflege wird abgelehnt. Auch die Übertragung ärztlicher Tätigkeiten auf nichtärztliches Personal wird aus grundsätzlichen Erwägungen abgelehnt.
Wird der Schutzgedanke, der dem Prinzip innewohnt, dass ärztliche Behandlung nur von approbierten Ärzten erbracht wird und Hilfeleistungen anderer Personen, soweit erforderlich, nur erbracht werden, wenn sie vom Arzt angeordnet und von ihm verantwortet werden, durchbrochen bzw. abgeschwächt, gäbe es keinen Grund mehr, z.B. Heilpraktikern die Behandlung von gesetzlich Krankenversicherten zu verwehren.
Diese schwierigen Abgrenzungs- und daraus resultierende Haftungsfragen sollten zunächst auch mit den medizinischen Fachgesellschaften eingehend beraten und mit der Bundesärztekammer abgestimmt werden.
Insgesamt zeichnen sich die Regelungen durch eine Inkonsistenz zum bestehenden System der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aus. So dürfen nicht alle approbierten Ärzte, sondern nur die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen bzw. ermächtigten Ärzte Leistungen und Verordnungen zu Lasten der GKV erbringen. Nach dem Gesetzentwurf sollen dagegen alle Angehörigen der im Krankenpflegegesetz und im Altenpflegegesetz geregelten Berufe entsprechende Leistungen erbringen dürfen. Für diese ist auch keine Bedarfsplanung vorgesehen, wie sie für Vertragsärzte als Voraussetzung einer gleichmäßigen und bedarfsgerechten ärztlichen Versorgung der Versicherten im Gesetz verankert ist. Auch ist die Abgrenzung unklar; die Regelung widerspricht somit dem Grundsatz der Klarheit von Rechtsvorschriften. Gerichtliche Auseinandersetzungen sind damit vorprogrammiert.
Durch punktförmige systemwidrige Einzelregelungen im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung und durch pauschalierte Übergriffe auf die Ausübung der Heilkunde ohne Überlegungen zu entsprechenden Curricula oder eine Konkretisierung der Tätigkeiten, die übertragen werden sollen, lässt sich das Ziel einer Weiterentwicklung der im Krankenpflegegesetz und im Altenpflegegesetz geregelten Berufe nicht erreichen.
Zu Artikel 6 Nr. 4:
Die Streichung von Artikel 6 Nr. 4 ist eine Folgeänderung der Streichung von Artikel 6 Nr. 8.
Zu Artikel 15 und 16:
Die zur Änderung vorgesehenen Gesetze (KrPflG und AltPflG) sind Gesetze, die die Berufszulassung zu Heilberufen regeln (Artikel 74 Abs. 1 Nr. 19 GG). Es besteht kein Erfordernis, Berufszulassungsgesetze im Rahmen der Weiterentwicklung der Pflegeversicherung und damit des Sozialrechts zu ändern.
Vor einer Gesetzesänderung bedarf das Berufszulassungsrecht der Gesundheitsfachberufe einer umfassenden Bestandsaufnahme und ggf. Neubewertung der Aufgaben jedes einzelnen dieser Berufe angesichts vielschichtiger Entwicklungen im Bereich der ärztlichen, pflegerischen und Heilmittelversorgung sowie der Finanzierbarkeit des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies kann nicht durch punktuelle Vorhaben auf "Modellversuchsbasis" zur Erlangung "erweiterter Kompetenzen zur Ausübung heilkundlicher Tätigkeiten" stattfinden, die zudem isoliert für das KrPflG und das AltPflG gelten sollen.
Die grundgesetzliche Verpflichtung des Staates zum Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit steht einem im Wege des Modellversuchs erfolgenden Erwerb der je nach Ausbildungsplan der einzelnen Ausbildungseinrichtung individuell zu definierenden eingeschränkten Heilkundeausübung entgegen. Eine derartige Regelung würde faktisch eine sehr starke Zersplitterung der einheitlichen Heilkundeausübung herbeiführen. Unbeschadet der fehlenden Abgrenzbarkeit einzelner Bereiche würde dies nicht ohne rechtliche und politische Auswirkungen auf die Ärzteschaft und das Heilpraktikerrecht bleiben. Zudem wäre eine gesetzliche Erteilung einer Berechtigung zur Ausübung von "im Rahmen der (...) in der Ausbildung vermittelten erweiterten Kompetenzen" zur Ausübung heilkundlicher Tätigkeiten systemwidrig und so unbestimmt, dass die Erteilung der Berechtigung in die Nähe der Beliebigkeit gerückt wird.
Zudem ist der Vorbehalt der Genehmigung der Ausbildungspläne der Ausbildungsstätten durch ein Bundesministerium (Artikel 15 Nr. 3 Buchstabe c und Artikel 16 Nr. 3 Buchstabe c E-PfWG) nicht mit Artikel 30 und Artikel 83 ff. GG vereinbar, da in die Verwaltungszuständigkeit der Länder eingegriffen wird.
De facto bedeuten die vorgesehenen Änderungen zudem eine Akademisierung der grundständigen Ausbildung in den Gesundheitsfachberufen. Es bedarf jedoch zunächst einer sorgfältigen Prüfung, ob und inwieweit diese Verlagerung der Ausbildung auf die Hochschulen zulässig und gewollt ist. Mit der Übernahme zusätzlicher Ausbildungsaufgaben durch Hochschulen sind Kosten verbunden, die aus den Landeshaushalten zu bestreiten wären. Die vorgesehene Qualifizierung für heilkundliche Tätigkeiten wird an den Hochschulen kapazitäre Auswirkungen haben, die vielfach zu Lasten der bereits jetzt zulassungsbeschränkten medizinischen Studiengänge gehen. Dies erscheint angesichts des steigenden Ärztebedarfs nicht hinnehmbar.
Insgesamt zeichnen sich die Regelungen auch durch eine Inkonsistenz zum bestehenden System der Gesetzlichen Krankenversicherung aus. So dürfen nicht alle approbierten Ärzte, sondern nur die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen bzw. ermächtigten Ärzte Leistungen und Verordnungen zu Lasten der GKV erbringen. Nach dem Gesetzentwurf sollen dahingegen alle Angehörigen der im Krankenpflegegesetz und im Altenpflegegesetz geregelten Berufe entsprechende Leistungen erbringen dürfen. Für diese ist auch keine Bedarfsplanung vorgesehen, wie sie für Vertragsärzte als Voraussetzung einer gleichmäßigen und bedarfsgerechten ärztlichen Versorgung der Versicherten im Gesetz verankert ist. Durch punktförmige systemwidrige Einzelregelungen im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung und durch pauschalierte Übergriffe auf die Ausübung der Heilkunde ohne Überlegungen zu entsprechenden Curricula oder eine Konkretisierung der Tätigkeiten, die übertragen werden sollen, lässt sich das Ziel einer Weiterentwicklung der im Krankenpflegegesetz und im Altenpflegegesetz geregelten Berufe nicht erreichen.
42. Zu Artikel 6 Nr. 8 (§ 63 Abs. 3c SGB V)
- (entfällt bei Annahme von Ziffer 41)
- a) Im Hinblick auf die Weiterentwicklung der Einbeziehung nichtärztlicher Heilberufe in Versorgungskonzepte begrüßt der Bundesrat grundsätzlich die in § 63 Abs. 3c SGB V des Gesetzentwurfes vorgesehene Möglichkeit, dass Krankenpflegekräfte zukünftig im Rahmen von Modellvorhaben unter bestimmten Voraussetzungen zur selbständigen Ausübung der Heilkunde befugt sein sollen.
- b) Der Bundesrat weist jedoch auf den Umstand hin, dass die Regelung erst in frühestens vier Jahren wirksam werden kann, da die Durchführung von Modellvorhaben nach § 63 Abs. 3c SGB V voraussetzt, dass die zum Einsatz kommenden Krankenpflegekräfte nach § 4 Abs. 7 KrPflG eine entsprechende vierjährige Ausbildung mit dem Erwerb erweiterter Kompetenzen durchlaufen haben. Die Möglichkeit einer verkürzten Ausbildung für bereits ausgebildete Krankenpflegekräfte ist in dem Gesetzentwurf dagegen nicht ausdrücklich vorgesehen. Dies würde bedeuten, dass die im Rahmen der laufenden Modellprojekte in den neuen Ländern durch die "Gemeindeschwestern" bereits erworbenen Kompetenzen für etwaige Modellvorhaben nach § 63 Abs. 3c SGB V nicht genutzt werden könnten.
- c) Die vorgesehene Regelung erweist sich im Übrigen auch deshalb als unbefriedigend, da die Auszubildenden zu Beginn ihrer erweiterten Ausbildung überhaupt nicht wissen, ob sie ihre im Rahmen der Ausbildung erworbenen erweiterten Kompetenzen jemals im Rahmen von Modellvorhaben ausüben können.
- d) Der Bundesrat fordert deshalb, im Rahmen des weiteren Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, inwieweit die modellhafte Ausbildung nach § 4 Abs. 7 KrPflG auch auf bereits ausgebildete und berufserfahrene Krankenpflegekräfte erweitert werden kann. Diese könnten dann eine auf ein Jahr verkürzte Ausbildung mit dem Ziel der Vermittlung erweiterter Kompetenzen zur Ausübung heilkundlicher Tätigkeiten erhalten.
- e) Der Bundesrat bittet zugleich um Prüfung, inwieweit die in § 63 Abs. 3c SGB V vorgesehene Übertragung der ärztlichen Tätigkeiten, bei der es sich um die selbständige Ausübung von Heilkunde handelt, auch auf Krankenpflegekräfte zugelassen werden kann, die im Rahmen einer entsprechenden landesrechtlich geregelten Weiterbildung qualifiziert wurden.
- f) Eine mögliche Erweiterung der Modellklausel hätte folgende Vorteile:
- - Es würden auf diese Weise in den Modellvorhaben nur Krankenschwestern mit bereits vorhandener Berufserfahrung zum Einsatz kommen, was unter dem Gesichtspunkt des Patientenschutzes eindeutig vorzugswürdig erscheint.
- - Es könnte sehr viel schneller mit entsprechenden Modellprojekten begonnen werden als dies nach dem Regelungsvorschlag des Bundesministeriums für Gesundheit der Fall wäre.
- - Sofern man eine Qualifizierung auch auf der Basis einer landesrechtlich geregelten Weiterbildung zulässt, könnten in der zu schaffenden Weiterbildungsverordnung für einen Übergangszeitraum bereits (im Rahmen von Modellprojekten) absolvierte Fortbildungen, die in der Weiterbildungsverordnung enthaltene Weiterbildungsinhalte vermittelt haben, angerechnet werden.
43. Zu Artikel 6 Nr. 8a - neu - (§ 75 Abs. 6a - neu - SGBV)
In Artikel 6 ist nach Nummer 8 folgende Nummer einzufügen:
"8a.* In § 75 wird nach Absatz 6 folgender Absatz eingefügt:
(6a) Auf Verlangen von Trägern stationärer Pflegeeinrichtungen nach § 71 Abs. 2 des Elften Buches, welche durch einen Versorgungsvertrag zugelassen sind, hat die Kassenärztliche Vereinigung mit dafür geeigneten
- * Die Nummerierung wird bei Annahme von Ziffer 40 redaktionell angepasst.
Vertragsärzten, die an der hausärztlichen und fachärztlichen Versorgung teilnehmen, Kooperationsverträge zu vermitteln, die sicherstellen, dass eine ausreichende ärztliche Versorgung von pflegebedürftigen Versicherten in der Pflegeeinrichtung ermöglicht wird. Der Kooperationsvertrag ist vor seinem Abschluss von der Kassenärztlichen Vereinigung daraufhin zu überprüfen, dass die in Satz 1 genannten Bedingungen erfüllt sind."
Begründung
In § 75 SGB V ist der gesetzliche Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung konkretisiert. Durch die neue Regelung in Absatz 6a wird die Kassenärztliche Vereinigung auf Verlangen von Pflegeeinrichtungen verpflichtet, Kooperationsverträge mit niedergelassenen Vertragsärzten zu vermitteln. Es kann davon ausgegangen werden, dass damit ein gerechter Interessenausgleich zwischen den niedergelassenen Vertragsärzten und Pflegeeinrichtungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Zahlen der Bedarfsplanung geschaffen wird. Die ambulante ärztliche Versorgung der Heimbewohnerinnen und -bewohner wird damit unter Wahrung der freien Arztwahl sichergestellt werden können.
44. Zu Artikel 6 Nr. 8a - neu - (§ 85 Abs. 2 Satz 4 - neu - SGB V)
In Artikel 6 ist nach Nummer 8 folgende Nummer einzufügen:
"8a.* In § 85 Abs. 2 Satz 4 werden nach den Wörtern "psychiatrischer Tätigkeit" die Wörter "sowie für ärztlich angeordnete Hilfeleistungen, die von nichtärztlichen Personen in der Häuslichkeit der Patienten in Abwesenheit des Arztes im Rahmen der Unterstützung der hausärztlichen Versorgung gemäß § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 erbracht werden," eingefügt."
- * Die Nummerierung wird bei Annahme von Ziffer 40 und / oder 43 redaktionell angepasst.
Begründung
Einer breiteren Einführung der arztunterstützenden Gemeindeschwester, insbesondere in unterversorgten oder von Unterversorgung bedrohten Gebieten, stehen derzeit vergütungsrechtliche Probleme entgegen. Aufgrund der derzeitigen Rechtslage sind nämlich die ärztlich delegierten Leistungen in der Häuslichkeit der Patienten nur unzureichend abrechenbar. Die meisten in Frage kommenden Abrechnungspositionen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM) setzen voraus, dass der Arzt die Leistung persönlich erbringt. Dieser Umstand stellt ein erhebliches Hindernis für die breitere Einführung der Gemeindeschwester dar. Mit der vorgesehenen Änderung des § 85 Abs. 2 Satz 4 wird sichergestellt, dass die ärztlich delegierten Leistungen auch adäquat vergütet werden.
45. Zu Artikel 6 Nr. 11 (§ 120 Überschrift und Abs. 1 Satz 3 SGB V)
In Artikel 6 ist Nummer 11 wie folgt zu fassen:
"11. § 120 wird wie folgt geändert:
- a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst:
- "Vergütung ambulanter Leistungen in Krankenhäusern und ermächtigten Einrichtungen"
- b) Absatz 1 wird wie folgt geändert:
- aa) In Satz 1 werden die Wörter ... <weiter wie Gesetzentwurf Artikel 6 nr.>.
- bb) In Satz 3 werden nach dem Wort "weitergeleitet" die Wörter "; dies gilt entsprechend für ermächtigte Einrichtungen" eingefügt."
Begründung
Nach Artikel 6 Nr. 10 (§ 119b SGB V) des Gesetzentwurfs wird stationären Pflegeeinrichtungen unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch auf Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung von pflegebedürftigen Versicherten, die in der Pflegeeinrichtung leben, eingeräumt. Die in ermächtigten Pflegeeinrichtungen durch angestellte Ärztinnen und Ärzte erbrachten ambulanten ärztlichen Leistungen sollen nach den für Vertragsärzte geltenden Grundsätzen vergütet werden. Nach § 120 Abs. 1 Satz 3 rechnen die Krankenhausträger die erbrachten Leistungen mit der Kassenärztlichen Vereinigung ab und leiten die Vergütung nach Abzug der anteiligen Verwaltungskosten sowie der dem Krankenhaus nach Satz 2 entstehenden Kosten an die berechtigten Krankenhausärztinnen und Krankenhausärzte weiter.
Für die von angestellten Ärztinnen und Ärzten in ermächtigten Einrichtungen erbrachten ambulanten Leistungen soll das gleiche Abrechnungsverfahren wie für die ermächtigten Krankenhausärztinnen und Krankenhausärzte Anwendung finden. Allerdings enthält § 120 Abs. 1 insoweit ausdrückliche Regelungen nur für die ermächtigten Krankenhausärztinnen und Krankenhausärzte gemäß Satz 3. Zur Klarstellung, dass diese Regelung sowohl für erbrachte ambulante Leistungen in Krankenhäusern als auch in ermächtigten Einrichtungen gelten soll, wird Absatz 1 Satz 3 entsprechend ergänzt.
Die Überschrift zu § 120 ist dem geänderten Regelungsgehalt anzupassen.
46. Zu Artikel 6 Nr. 12 (§ 132e Satz 1 SGB V)
Artikel 6 Nr. 12 ist zu streichen.
Begründung
Die beabsichtigte Änderung würde bewirken, dass Vertragspartner für Verträge über die Durchführung von Schutzimpfungen auch Einrichtungen sein können, die nicht ärztlich geleitet sind. Streng genommen könnte damit z.B. auch der TÜV, wenn er über geeignetes ärztliches Personal verfügt, als Vertragspartner in Betracht kommen. Dies kann nicht die Intention des Gesetzgebers sein.
47. Zu Artikel 6 Nr. 12a - neu - (§ 136 Abs. 4 - neu - SGB V)
In Artikel 6 ist nach Nummer 12 folgende Nummer einzufügen:
"12a. Dem § 136 wird folgender Absatz angefügt:
(4) Zur Förderung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung können die Kassenärztlichen Vereinigungen mit einzelnen Krankenkassen oder mit den für ihren Bezirk zuständigen Landesverbänden der Krankenkassen oder den Verbänden der Ersatzkassen unbeschadet der Regelungen der §§ 87a ff. gesamtvertragliche Vereinbarungen schließen, in denen für bestimmte Leistungen einheitlich strukturierte und elektronisch dokumentierte besondere Leistungs-, Struktur- oder Qualitätsmerkmale festgelegt werden, bei deren Erfüllung die an dem jeweiligen Vertrag teilnehmenden Ärzte Zuschläge zu den Vergütungen erhalten. In den Verträgen nach Satz 1 ist ein Abschlag von den nach § 87a Abs. 2 Satz 1 vereinbarten Punktwerten für die an dem jeweiligen Vertrag beteiligten Krankenkassen und die von dem Vertrag erfassten Leistungen, die von den an dem Vertrag nicht teilnehmenden Ärzten der jeweiligen Facharztgruppe erbracht werden, zu vereinbaren, durch den die Mehrleistungen nach Satz 1 für die beteiligten Krankenkassen ausgeglichen werden."
Begründung
Mit dieser Vorschrift wird es den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Krankenkassen ermöglicht, für ihren Bezirk Qualitätsprogramme aufzulegen sowie erfolgreich etablierte Qualitätsoffensiven fortzuführen bzw. weiterzuentwickeln. Hierfür wird ihnen die Kompetenz eingeräumt, regionale Vergütungsvereinbarungen zu schließen, mit denen genau zu bestimmende qualitätsgesicherte Leistungen gefördert werden können. Eine effektive Qualitätssteuerung bedarf solcher ökonomischer Anreize. Die Kostenneutralität der Förderung der Programme ist durch die obligatorische Ausgleichsregelung in Satz 2 sichergestellt. Die Vorschrift ist erforderlich, weil durch die Neukonstruktion der Vergütungsregelungen (§§ 87a bis 87c SGB V) ab 1. Januar 2009 die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen ansonsten keine Möglichkeit mehr hätten, auf regionaler Ebene vergütungsbezogene Qualitätssicherungskonzepte zu vereinbaren.
Anlässlich der Beratungen des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG) hatte der Bundesrat eine gleichlautende Empfehlung angenommen (vgl. BR-Drucksache 755 / 06 (Beschluss), Ziffer 51). Die Bundesregierung hatte in ihrer Gegenäußerung die Prüfung der Stellungnahme zugesagt. Das Anliegen wurde in den weiteren Beratungen des Bundestages nicht mehr aufgegriffen.
48. Zu Artikel 10 Nr. 2 Buchstabe b (Artikel 45 Nr. 6 GKV-WSG [§ 13 Abs. 5 Satz 1 KalkulationsV] )
In Artikel 10 Nr. 2 Buchstabe b sind in § 13 Abs. 5 Satz 1 die Wörter "des anderen Unternehmens" zu streichen.
Begründung
Durch die Streichung werden Unklarheiten hinsichtlich der Bedeutung des Begriffs "anderes Unternehmen" (Herkunfts- oder Zielunternehmen) beseitigt.
49. Zu Artikel 10 Nr. 2 Buchstabe c (Artikel 45 Nr. 7 GKV-WSG [§ 13a Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 und Abs. 3 KalkulationsV] )
In Artikel 10 Nr. 2 Buchstabe c ist § 13a wie folgt zu ändern:
- a) In Absatz 2 Satz 2 sind die Nummern 1 und 2 wie folgt zu fassen:
- "1. Die fiktive Altersrückstellung ergibt sich als Barwert der Differenz der Basistarif-Neuzugangsbeiträge zum anrechenbaren und zum im Wechselzeitpunkt erreichten Alter.
- 2. Das anrechenbare Alter ergibt sich aus dem Vergleich des zum (einsetzen: Tag der Verkündung) gezahlten Tarifbeitrags in den gekündigten Tarifen mit den dann gültigen Neugeschäftsbeiträgen."
- b) In Absatz 3 sind nach dem Wort "die" die Wörter "einheitlich kalkulierte tarifliche" einzufügen.
Begründung
Zu Buchstabe a:
Die im GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vorgesehene Rückrechnung ist wegen vielfach gebrochener Historien der Versicherten nicht praktikabel. So wechseln Versicherte von Beihilfe- zu Nichtbeihilfetarifen, innerhalb von Beihilfetarifen zwischen verschiedenen Erstattungsstufen, zwischen verschiedenen Selbstbehaltstufen und zwischen voller Versicherung und Anwartschaft / Ruhen. Mit dem anrechenbaren Alter wird die Vorversicherungszeit mit dem gesamten Versicherungsverlauf abgebildet. Die vorgesehene Regelung beinhaltet eine praktikable Rückrechnung.
Zu Buchstabe b:
Die Klarstellung ist wegen der besonderen einheitlichen Pflegekalkulation nötig.
- [Hilfsempfehlung]
50. Zu Artikel 15 (KrPflG) und Artikel 16 (AltPflG) (entfällt bei Annahme von Ziffer 41)
Artikel 15 und Artikel 16 sind zu streichen.
Begründung
Die zur Änderung vorgesehenen Gesetze (KrPflG und AltPflG) sind Gesetze, die die Berufszulassung zu Heilberufen regeln (Artikel 74 Abs. 1 Nr. 19 GG). Es besteht kein Erfordernis, Berufszulassungsgesetze im Rahmen der Weiterentwicklung der Pflegeversicherung und damit des Sozialrechts zu ändern.
Vor einer Gesetzesänderung bedarf das Berufszulassungsrecht der Gesundheitsfachberufe einer umfassenden Bestandsaufnahme und ggf. Neubewertung der Aufgaben jedes einzelnen dieser Berufe angesichts vielschichtiger Entwicklungen im Bereich der ärztlichen, pflegerischen und Heilmittelversorgung sowie der Finanzierbarkeit des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies kann nicht durch punktuelle Vorhaben auf "Modellversuchsbasis" zur Erlangung "erweiterter Kompetenzen zur Ausübung heilkundlicher Tätigkeiten" stattfinden, die zudem isoliert für das KrPflG und das AltPflG gelten sollen.
Die grundgesetzliche Verpflichtung des Staates zum Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit steht einem im Wege des Modellversuchs erfolgenden Erwerb der je nach Ausbildungsplan der einzelnen Ausbildungseinrichtung individuell zu definierenden eingeschränkten Heilkundeausübung entgegen. Eine derartige Regelung würde faktisch eine sehr starke Zersplitterung der einheitlichen Heilkundeausübung herbeiführen. Unbeschadet der fehlenden Abgrenzbarkeit einzelner Bereiche würde dies nicht ohne rechtliche und politische Auswirkungen auf die Ärzteschaft und das Heilpraktikerrecht bleiben. Zudem wäre eine gesetzliche Erteilung einer Berechtigung zur Ausübung von "im Rahmen der (...) in der Ausbildung vermittelten erweiterten Kompetenzen" zur Ausübung heilkundlicher Tätigkeiten systemwidrig und so unbestimmt, dass die Erteilung der Berechtigung in die Nähe der Beliebigkeit gerückt würde.
Zudem ist der Vorbehalt der Genehmigung der Ausbildungspläne der Ausbildungsstätten durch das zuständige Bundesministerium (Artikel 15 Nr. 3 Buchstabe c und Artikel 16 Nr. 3 Buchstabe c des Gesetzentwurfs) nicht mit Artikel 30 und Artikel 83 ff. des Grundgesetzes vereinbar, da in die Verwaltungszuständigkeit der Länder eingegriffen wird.
De facto bedeuten die vorgesehenen Änderungen [zudem] eine Akademisierung der grundständigen Ausbildung in den Gesundheitsfachberufen. Es bedarf jedoch zunächst einer sorgfältigen Prüfung, ob und inwieweit diese Verlagerung der Ausbildung auf die Hochschulen zulässig und gewollt ist. Mit der Übernahme zusätzlicher Ausbildungsaufgaben durch Hochschulen sind Kosten verbunden, die aus den Landeshaushalten zu bestreiten wären. Die vorgesehene Qualifizierung für heilkundliche Tätigkeiten wird an den Hochschulen kapazitäre Auswirkungen haben, die vielfach zu Lasten der bereits jetzt zulassungsbeschränkten medizinischen Studiengänge gehen. Dies erscheint angesichts des steigenden Ärztebedarfs nicht hinnehmbar.
Insgesamt zeichnen sich die Regelungen auch durch eine Inkonsistenz zum bestehenden System der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aus. So dürfen nicht alle approbierten Ärzte, sondern nur die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen bzw. ermächtigten Ärzte Leistungen und Verordnungen zu Lasten der GKV erbringen. Nach dem Gesetzentwurf sollen dagegen alle Angehörigen der im Krankenpflegegesetz und im Altenpflegegesetz geregelten Berufe entsprechende Leistungen erbringen dürfen. Für diese ist auch keine Bedarfsplanung vorgesehen, wie sie für Vertragsärzte als Voraussetzung einer gleichmäßigen und bedarfsgerechten ärztlichen Versorgung der Versicherten im Gesetz verankert ist. Durch punktförmige systemwidrige Einzelregelungen im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung und durch pauschalierte Übergriffe auf die Ausübung der Heilkunde ohne Überlegungen zu entsprechenden Curricula oder eine Konkretisierung der Tätigkeiten, die übertragen werden sollen, lässt sich das Ziel einer Weiterentwicklung der im Krankenpflegegesetz und im Altenpflegegesetz geregelten Berufe nicht erreichen.
51. Zu Artikel 15 und 16 (KrPflG und AltPflG)
Der Bundesrat sieht die Notwendigkeit, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die Berufsgesetze der therapeutischen Fachberufe (insbesondere der Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten, der Hebammen, der Logopädinnen und Logopäden und der Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten) um eine Erprobungsklausel zu erweitern, wie sie das Altenpflegegesetz und das Krankenpflegegesetz bereits jetzt enthalten. Dort ist normiert, dass die Länder zur zeitlich befristeten Erprobung von Ausbildungsangeboten, die der Weiterentwicklung des jeweiligen Berufs dienen, von der vorgeschriebenen Schulform sowie von der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung abweichen können, sofern das Ausbildungsziel nicht gefährdet wird und die Vereinbarkeit der Ausbildung mit den einschlägigen EG-Richtlinien gewährleistet ist.
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren entsprechende Änderungen des Gesetzes über den Beruf der Ergotherapeutin und des Ergotherapeuten, des Gesetzes über den Beruf der Hebamme und des Entbindungspflegers, des Gesetzes über den Beruf des Logopäden und des Gesetzes über die Berufe in der Physiotherapie aufzunehmen.
Begründung (nur für das Plenum):
Vor dem Hintergrund veränderter Qualifikationsanforderungen und neuer bildungspolitischer Konzepte hat die Gesundheitsministerkonferenz in ihrer Sitzung am 4. / 5. Juli 2007 beschlossen, das Bundesministerium für Gesundheit um die Erarbeitung eines Gesetzentwurfs zu bitten, in dem die Erprobungsklausel des Krankenpflege- und des Altenpflegegesetzes in die Berufsgesetze der anderen Gesundheitsfachberufe übernommen wird.
Die Berufsgesetze für die therapeutischen und medizintechnischen Gesundheitsfachberufe und die darauf beruhenden Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen sind zum überwiegenden Teil - bis auf einige Bestimmungen, die Folgeänderungen zu anderen Gesetzen darstellen - seit 15 bis 25 Jahren nicht geändert worden. Der derzeitige inhaltliche und didaktische Kenntnisstand spiegelt sich daher in den Bestimmungen der Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen nicht wider. Es wäre jedoch sinnvoll, die Möglichkeit zur Erprobung neuer Ausbildungsinhalte, methodischcurricularer Vorgehensweisen (zum Beispiel fallbezogene Prüfungsverfahren) und neuer Ausbildungsstrukturen (zum Beispiel Studiengänge) einzuräumen. Dazu besteht unter der herrschenden Gesetzeslage jedoch keine Möglichkeit.
Die Länder sehen angesichts immer lauter werdender Forderungen nach veränderten Ausbildungsformen die Notwendigkeit, neue Konzepte zu erproben, um zu gesicherten Aussagen über wünschenswerte Veränderungen im Ausbildungsgeschehen zu kommen. Die Aufnahme eines entsprechenden Passus in die Berufsgesetze ist überfällig. Eine weitere Verzögerung hemmt die Länder in der gezielten Erprobung und Evaluation von Neuerungen im Ausbildungsgeschehen und schadet dem Gesundheitswesen, das auf kompetentes Personal angewiesen ist.
52. Zur Finanzierung der Pflegeversicherung
- a) Das Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz) enthält zur pflegerischen Versorgung älterer Menschen eine Reihe von zu begrüßenden Verbesserungen, wie beispielsweise die Stärkung des Prinzips "ambulant vor stationär" durch integrierte wohnortnahe Versorgung, die Beendigung der Realwertminderung durch die Anhebung der Leistungen in drei Stufen bis zum Jahr 2012 und der danach folgenden regelmäßigen Dynamisierung der Leistungsbeträge in dreijährigen Abständen sowie die Verbesserung im Hinblick auf die Diskriminierung Demenzkranker durch den tradiert verrichtungsbezogenen Pflegebedürftigkeitsbegriff. Die Bundesregierung geht dabei davon aus, dass die Anhebung des Beitragssatzes um 0,25 Prozentpunkte für die Finanzierung der im Pflege-Weiterentwicklungsgesetz enthaltenen Reformmaßnahmen lediglich bis Ende 2014 / Anfang 2015 ausreichen wird.
- b) Um die Leistungsfähigkeit und die finanzielle Nachhaltigkeit der Pflegeversicherung auch für die Zukunft zu sichern, muss sie weiterentwickelt werden. Angesichts der demografischen Entwicklung schmilzt kontinuierlich das finanzielle Fundament. Auf Dauer wird der steigende Finanzbedarf nicht nur aus der Umverteilung gedeckt werden können, ohne die jüngere Generation damit zu überfordern. Um die Pflegeversicherung demografiefest zu machen, wird eine umfassende Finanzreform mit dem Aufbau eines Kapitalstocks erforderlich. Nicht zuletzt deshalb, weil der Aufbau einer kapitalgedeckten Pflegepflichtversicherung demografieresistenter als das bisherige allein an die Arbeitskosten gekoppelte umlagefinanzierte System ist und mit dem Aufbau eines Kapitalstocks die Eigenverantwortung und Eigeninitiative zur Absicherung des Pflegefallrisikos jedes Einzelnen ausgeweitet wird.
- c) Der Bundesrat hält es mit Blick auf das weitere Gesetzgebungsverfahren für dringend erforderlich,
- aa) nachdem bereits die Bundesregierung selbst davon ausgeht, dass die Anhebung des Beitragssatzes um 0,25 Beitragssatzpunkte für die Finanzierung der Reformmaßnahmen nach dem Pflege-Weiterentwicklungsgesetz nicht lange ausreichen wird und die weitergehenden finanziellen Auswirkungen, insbesondere auf die Pflege- und Krankenkassen, auf die private Pflege-Pflichtversicherung, auf die Sozialhilfeträger und auf die öffentlichen Haushalte, nicht nachvollziehbar sind, eine nachvollziehbare und transparente Finanzierung für das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz nachzureichen;
- bb) nachdem eine notwendige grundlegende Finanzreform mit dem Pflege-Weiterentwicklungsgesetz ausgeblieben ist und somit wertvolle Jahre zum Aufbau einer Demografiereserve verloren sind, jetzt die Weichen für einen generationengerechten Umbau der Pflegeversicherung sowie für eine umfassende Finanzreform der Pflegeversicherung mit dem Aufbau eines Kapitalstocks zur Schließung der Demografielücke zu stellen. Dabei sind unterschiedliche Optionen bis hin zu einem vollständigen Wechsel von der umlagefinanzierten in die kapitalgedeckte Finanzierung zu prüfen.
53. Zur zentralistischen Ausrichtung des Gesetzentwurfs
- a) Der Bundesrat bemängelt die deutlich zu zentralistische Ausrichtung des Gesetzentwurfs, die der Zielsetzung der Föderalismusreform widerspricht, die Exekutivrechte der Länder zu stärken. Kritisch zu sehen sind insofern etwa die detaillierten Regelungen zur Einrichtung von Pflegestützpunkten, die umfassende Kompetenzübertragung auf den Spitzenverband Bund der Pflegekassen oder die Möglichkeiten der Ersatzvornahme durch das Bundesministerium für Gesundheit.
- b) Der Bundesrat sieht mit großer Sorge, dass sich mit dem Gesetzentwurf die allgemeine Tendenz in der Gesetzgebung des Bundes fortsetzt, den föderalen Aufbau der Bundesrepublik durch zentralistische Strukturen der Sozialversicherung deutlich zu schwächen.
- c) Der Bundesrat fordert daher im Rahmen dieses Gesetzgebungsverfahrens, aber auch mit Blick auf künftige Gesetzesvorhaben, der Tendenz zum Zentralismus Einhalt zu gebieten und dem Föderalismus sowie den berechtigten Interessen der Länder umfassend Rechnung zu tragen.