Empfehlungen der Ausschüsse
Erstes Gesetz zur Änderung des Bundesjagdgesetzes

948. Sitzung des Bundesrates am 23. September 2016

A

Der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Gesetz zu verlangen, dass der Vermittlungsausschuss gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes aus folgenden Gründen einberufen wird:

1. Zu Artikel 1 Nummer 01 - neu - (§ 15 Absatz 5 bis 13 - neu - BJagdG)

In Artikel 1 ist der Nummer 1 folgende Nummer 01 voranzustellen:

'01. In § 15 werden die Absätze 5 bis 7 durch die folgenden Absätze 5 bis 13 ersetzt:

Begründung:

I. Zur Notwendigkeit der Einberufung des Vermittlungsausschusses:

Das ursprüngliche Vorhaben zur Änderung des Bundesjagdgesetzes dient dem Schließen einer Regelungslücke, die in dem vom Bundestag beschlossenen Gesetz zur Umsetzung der sogenannten Umweltstrafrecht-Richtlinie der EU in Bezug auf das Jagdrecht verblieben ist. Mit dem zu Grunde liegenden Gesetzentwurf (BT-Drucksache 18/4624) sollen bestehende Regelungslücken im nationalen Recht geschlossen werden.

Der Bundesrat hat in seiner 932. Sitzung am 27. März 2015 die Bitte geäußert, im laufenden Gesetzgebungsverfahren weitere Regelungen aufzunehmen, die dringend bundesweit einheitlich zu regeln wären (BR-Drucksache 050/15(B) HTML PDF - ).

In einem innerhalb der Bundesregierung abgestimmten "Entwurf eines Gesetzes zur Änderung jagdrechtlicher Vorschriften und zur Änderung des Bundeswaldgesetzes" hatte das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft am 24. Februar 2016 die vorgenannte Bitte des Bundesrates aufgegriffen und mit Schreiben vom 25. Februar 2016 Regelungen zur Verwendung von Jagdmunition bezüglich ihrer Bleiabgabe und ihrer Tötungswirkung sowie weitere Änderungsinhalte, wie etwa bundeseinheitliche Jäger- und Falknerprüfung oder regelmäßiger Schießnachweis, in eine umfangreiche Anhörung von Ländern und Verbänden gegeben. Die Inhalte dieses Gesetzentwurfs waren zudem wiederholt Gegenstand parlamentarischer Debatten, letztmalig in der 184. Sitzung des Deutschen Bundestages am 8. Juli 2016 (Sten. Bericht der 184. Sitzung vom 8. Juli 2016, S. 18257 D ff.).

Zwischenzeitlich hatte das Bundesverwaltungsgericht mit zwei Urteilen vom 7. März 2016 festgestellt, dass halbautomatische Waffen, die ein Magazin aufnehmen können, das mehr als zwei Schuss fassen kann, nach § 19 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe c des Bundesjagdgesetzes für die Jagd verboten sind. Um eine Rechtsgrundlage für die Verwendung solcher Waffen zur Jagd zu schaffen, ist die Änderung des § 19 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe c BJagdG erforderlich.

Mit der Anrufung des Vermittlungsausschusses soll der in Bezug auf eine bundeseinheitliche Jäger- und Falknerprüfung und eines Schießnachweises bestehende Kontext aufgegriffen werden, um eine dringend gebotene bundeseinheitliche Lösung sicherzustellen.

Das Recht der Jagdscheine ist nach Artikel 72 Absatz 3 des Grundgesetzes abweichungsfester Regelungsgegenstand im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung.

Entsprechend der bundesweiten Gültigkeit der Jagdscheine sollten sich die Voraussetzungen für die Erteilung von Jagdscheinen bundesweit vergleichbar darstellen. Prüfungsvoraussetzungen und Prüfungsinhalte der Jägerprüfungen sowie einheitliche Vorgaben zur Erteilung von Jagdscheinen an Ausländer und dauerhaft im Ausland lebende deutsche Staatsangehörige entsprechen der zunehmenden Mobilität der Bürgerinnen und Bürger.

Die beabsichtigte Vereinheitlichung sowie die weiteren Präzisierungen hinsichtlich des Rechts der Jagdscheine sind erforderlich, um ein weiteres Divergieren der Länder hinsichtlich der Erteilung von Jagdscheinen zu verhindern.

II. Zur Zielsetzung der vorgeschlagenen Gesetzesergänzung:

In der Praxis haben sich deutliche Unterschiede zwischen den Ländern bei der Jäger- und Falknerprüfung herausgebildet. Im Rahmen der Kompetenz des Bundes, das Recht der Jagdscheine zu regeln, sollen die Prüfungsvoraussetzungen für die Jäger- und Falknerprüfung vereinheitlicht und zu einer stärkeren Ausprägung einzelner Fachgebiete wie Wildschadensvermeidung, Fallenjagd, Wildbrethygiene und Lebensmittelsicherheit führen. Auch die Erteilung von Ausländerjagdscheinen soll vereinheitlicht werden. Der Schießnachweis soll die sichere Handhabung der Waffe und die Präzision beim Schuss verbessern.

Weiteres Ziel des Vorhabens ist es, die Jäger- und Falknerprüfungsanforderungen bundeseinheitlich im Rahmen der Kompetenz des Bundes für das Recht der Jagdscheine zu regeln, um entsprechend der bundesweiten Gültigkeit der Jagdscheine die Prüfungsvoraussetzungen zu vereinheitlichen und zu einer stärkeren Ausprägung einzelner Fachgebiete wie Lebensmittelsicherheit und Wildschadensvermeidung zu kommen.

III. Zu den einzelnen Regelungen der vorgeschlagenen Gesetzesergänzung:

In Bezug auf die Einzelbegründungen wird auf die Fassung "Entwurf eines Gesetzes zur Änderung jagdrechtlicher Vorschriften und zur Änderung des Bundeswaldgesetzes" des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft im Ergebnis der Länder- und Verbändeanhörung verwiesen.

2. Zu Artikel 2 - neu - (§ 40 Absatz 3, § 46 Bundeswaldgesetz)

Nach Artikel 1 ist folgender Artikel 2 einzufügen:

'Artikel 2
Änderung des Bundeswaldgesetzes

Das Bundeswaldgesetz vom 2. Mai 1975 (BGBl. I S. 1037), das zuletzt durch Artikel 413 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Folgeänderungen:

Begründung:

I. Zur Notwendigkeit der Einberufung des Vermittlungsausschusses:

Die Einberufung dient dem Schließen einer Regelungslücke, die in dem vom Bundestag beschlossenen Gesetz zur Umsetzung der sogenannten Umweltstrafrecht-Richtlinie der EU verblieben ist. Mit dem zu Grunde liegenden Gesetzentwurf (BT-Drucksache 18/4624) sollen bestehende Regelungslücken im nationalen Recht geschlossen werden.

Die Umweltstrafrecht-Richtlinie der EU gehört zu dem Kanon von Umweltschutzbestimmungen, die in erheblichem öffentlichem Interesse liegen und dem Allgemeinwohl bzw. der Daseinsvorsorge dienen. Dies gilt in gleicher Weise für wesentliche Teile der Bestimmungen des BWaldG. Schon im Jahr 1990 hatte das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die Bedeutung des Waldes für die Umwelt gleichrangig neben seinen wirtschaftlichen Nutzen tritt (BVerfG 2 BvL 013/88 ; Rn 117). Bestimmte Tätigkeiten der Waldbehandlung, die für die Steuerung und Lenkung der Waldentwicklung zwingend notwendig sind, dienen danach maßgeblich der Daseinsvorsorge und liegen in erheblichem Maß im öffentlichen Interesse des Allgemeinwohls.

Entgegen dieser klaren verfassungsgerichtlichen Einordnung ist in jüngerer Zeit im Gesetzesvollzug und in der Rechtsprechung ein abweichendes Rechtsverständnis zu beobachten. Aktuelle gerichtliche Streitverfahren bedingen daher einen gesetzgeberischen Klarstellungsbedarf. Diese gesetzgeberische Notwendigkeit in der dem Jagdrecht artverwandten Rechtsmaterie des Bundeswaldgesetzes ergibt sich in gleicher Weise wie die beabsichtigte Klarstellung in § 19 Bundesjagdgesetz zur gerichtlich problematisierten Verwendung von halbautomatischen Langwaffen im Gesetzentwurf (BT-Drucksache 18/4624).

In ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bunderates vom 27. Mai 2015 führt die Bundesregierung Gründe für eine Abtrennung des vorliegenden Gesetzgebungsverfahrens von dem "ursprünglichen Gesetzgebungsvorhaben zur Änderung des Bundesjagdgesetzes und des Bundeswaldgesetzes" an. Damit bringt sie selbst den engen Sachzusammenhang beider Gesetzgebungsvorhaben zum Ausdruck (BT-Drucksache 18/424, Anlage 3).

Ein entsprechender, innerhalb der Bundesregierung abgestimmter "Entwurf eines Gesetzes zur Änderung jagdrechtlicher Vorschriften und zur Änderung des Bundeswaldgesetzes" wurde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft am 25. Februar 2016 in eine umfangreiche Anhörung von Ländern und Verbänden gegeben. Der Gesetzentwurf ist von der Bundesregierung entgegen der Ankündigung in der 942. Sitzung des Bundesrates am 26. Februar 2016 (vgl. Stenografischer Bericht der 942. Sitzung des Bundesrates am 26. Februar 2016, TOP 32, S. 72 D) bislang nicht in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht worden. Im Hinblick auf diese Ankündigung ist die Beratung einer zielgleichen Initiative des Landes Rheinland-Pfalz (BR-Drucksache 092/16 (PDF) ) im Bundesrat zunächst zurückgestellt worden.

Mit der Anrufung des Vermittlungsausschusses soll daher der seinerzeitige Kontext aufgegriffen werden, um die Daseinsvorsorge im Bereich der Forstwirtschaft durch eine dem aktuellen Änderungsbedarf gerecht werdende Lösung sicherzustellen.

Ein gleichlautender Antrag zur Änderung des Bundeswaldgesetzes wurde im Rahmen der Beratungen des vorliegenden Gesetzes im Bundestag sowohl im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft (vgl. BT-Drucksache 18/9093) als auch in der zweiten Beratung des Gesetzes in der 184. Sitzung des Bundestages (18. WP) am 8. Juli 2016 jeweils auf Grundlage eines Änderungsantrags behandelt (BT-Drucksache 18/9104). Das Anrufungsbegehren ist auf diese Weise vor dem Gesetzesbeschluss zum Beratungsgegenstand im Deutschen Bundestag geworden.

II. Zur Zielsetzung der vorgeschlagenen Gesetzesergänzung:

Die vorgesehene Änderung des Bundeswaldgesetzes, die dem Wortlaut des Entwurfs aus der Länderanhörung vom 25. Februar 2016 entspricht, greift die vom Bundeskartellamt in seinem Verfahren gegen Baden-Württemberg angestoßene Diskussion auf und bettet die der Holzvermarktung vorgelagerten forstlichen Dienstleistungen in den wettbewerbsrechtlichen Kontext ein.

Die vom Bundeskartellamt entwickelte Sicht auf forstliches Handeln stellt vielfach historisch gewachsene und bewährte länderspezifische Angebote der Landesforstverwaltungen zur Unterstützung des nichtstaatlichen Waldbesitzes im Sinne der vom Bundesverfassungsgericht betonten Gleichrangigkeit aller Waldfunktionen in Frage, indem sie den Begriff der Holzvermarktung sehr weit auslegt.

Es bedarf der Klarstellung, dass die dem privatrechtlichen Verkaufsgeschäft vorausgehenden forstlichen Tätigkeiten dem Holzverkauf nicht zuzurechnen sind.

Durch eine solche Klarstellung kann das Angebot der Beratung und Betreuung nichtstaatlicher Waldbesitzer durch fachkundiges Personal der Landesforstverwaltungen aufrechterhalten werden. Dieses Angebot dient in besonderer Weise der Überwindung der Nachteile aus der Zersplitterung des Privat- und Körperschaftswaldes und der Sicherung der Wahlfreiheit der Waldbesitzer bezüglich der fakultativen Inanspruchnahme forstlicher Dienstleistungen.

III. Zu den einzelnen Regelungen der vorgeschlagenen Gesetzesergänzung:

Zu § 40 Absatz 3:

Die Unberührtheitsklausel des § 40 Absatz 3 wird um den neuen § 46 erweitert.

Zu § 46 - neu -:

Die Forstwirtschaft ist durch Besonderheiten gekennzeichnet, die sie von anderen landwirtschaftlichen Produktionszweigen unterscheidet. Dazu gehört insbesondere die Langfristigkeit - zwischen der Entscheidung über die Art der Neubegründung eines Bestandes und der Nutzung liegen oft 100 Jahre und mehr - der Produktion. Darüber hinaus werden an die Waldbewirtschaftung hohe Anforderungen hinsichtlich der Bereitstellung von Gemeinwohlleistungen gestellt. Wälder erbringen vielfältige Schutz- und Erholungsfunktionen. Es liegt im öffentlichen Interesse, dass diese Gemeinwohlleistungen auch weiterhin zur Verfügung stehen. Diese Gemeinwohlleistungen werden insbesondere durch die über Jahrzehnte währende Bestandspflege und nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder erbracht, in die die Erhaltung und langfristige Sicherung der vielfältigen Waldfunktionen integriert sind, die aber auch gezielte Maßnahmen erfordern. Hierfür tragen die privaten, kommunalen und staatlichen Waldeigentümer die Verantwortung - seien es die vielen einzelnen, z.T. kleinstrukturierten Forstbetriebe, seien es die eine wichtige Bündelungsfunktion wahrnehmenden Forstbetriebsgemeinschaften oder seien es in gleichem Maße die Staatsforstbetriebe.

Um diese ordnungsgemäße Waldpflege und nachhaltige Waldbewirtschaftung in allen Waldbesitzarten gleichermaßen erbringen zu können, haben - neben den Forstbetriebsgemeinschaften sowie den privaten und kommunalen Forstbetrieben - auch die Staatsforstbetriebe der Länder Betreuungsangebote für kleinere private und kommunale Waldeigentümer entwickelt.

Um diese im öffentlichen Interesse liegenden Aufgaben von der eigentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit der Holzvermarktung rechtswirksam abzugrenzen, wird in § 46 - Zum einen dienen diese forstlichen Tätigkeiten der Waldpflege und Walderhaltung und damit der im Interesse des Allgemeinwohls liegenden Daseinsvorsorge. So geht es beispielsweise bei der jährlichen Betriebsplanung auch um die Maßnahmen, die für den Waldschutz und die Waldpflege zu treffen sind. Beim Markieren der zu fällenden Bäume spielen die Stabilitätssicherung, die Berücksichtigung besonderer Waldfunktionen, wie z.B. die Erhaltung von Habitatbäumen aus Gründen des Natur- und Artenschutzes sowie das nachhaltige Wachstum der Waldbestände eine herausragende Rolle.

Zum anderen liefern die Planung von Holzerntemaßnahmen, das Holzauszeichnen, der Holzeinschlag und die Holzregistrierung in sogenannten Holzlisten wichtige Daten für den Holzverkauf, wie beispielsweise Informationen zu Baumart, Sortiment, Qualität, Stärke und Menge. Nur mit Hilfe dieser Daten können Holzverkaufsverhandlungen effektiv ausgestaltet werden. Die Holzlistenerstellung dient im Übrigen zugleich der Gewährleistung der Nachhaltigkeit des Holzeinschlags und der Sicherung des Herkunftsnachweises nach der EU-Holzhandelsverordnung (EUTR) 995/2010.

Soweit diese Tätigkeiten zu überwiegenden Teilen dem Interesse des Allgemeinwohls und lediglich nachrangig dem Wirtschaftsinteresse dienen, kommt das nationale oder europäische Wettbewerbsrecht von vornherein nicht zum Tragen.

Soweit diese Tätigkeiten jedoch wirtschaftliche Komponenten enthalten, wird nach § 46 - neu - BWaldG vermutet, dass diese forstwirtschaftlichen Maßnahmen die Voraussetzungen für eine Freistellung im Sinne des § 2 GWB und Artikels 101 Absatz 3 AEUV erfüllen. Absatz 1 enthält eine unwiderlegliche Vermutung, dass die Voraussetzungen für eine Freistellung im Sinne des § 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen erfüllt sind. Absatz 2 enthält für den Fall, dass der innergemeinschaftliche Handel spürbar beeinträchtigt ist, eine widerlegliche Vermutung, dass die Voraussetzungen einer Freistellung nach Artikel 101 Absatz 3 AEUV grundsätzlich gegeben sind.

Die Regelung in § 46 - neu - BWaldG berührt in keiner Weise die Wahlfreiheit der Waldbesitzer bezüglich der Inanspruchnahme forstlicher Dienstleistungen und den Zugang zu diesen Dienstleistungen. Es bleibt auch künftig allein der Entscheidung des Waldbesitzers überlassen, ob und wenn ja, welche forstlichen Dienstleistungen von Dritten er in Anspruch nehmen möchte. Die vielfältigen eigenverantwortlichen Anstrengungen der Waldbesitzer zur Erbringung der mit der nachhaltigen Waldbewirtschaftung und -pflege verknüpften Gemeinwohlleistungen werden lediglich flankiert.

B

Der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz empfiehlt dem Bundesrat ferner, die folgende Entschließung zu fassen: