Unterrichtung durch die Bundesregierung
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über den Nutzen der Telemedizin für Patienten, Gesundheitssysteme und die Gesellschaft KOM (2008) 689 endg.; Ratsdok. 15283/08

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 13. November 2008 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 5. November 2008 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 4. November 2008 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.


Hinweis: vgl.
Drucksache 525/04 (PDF) = AE-Nr. 042273,
Drucksache 803/07 (PDF) = AE-Nr. 070860 und
Drucksache 498/08 (PDF) = AE-Nr. 080518

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über den Nutzen der Telemedizin für Patienten, Gesundheitssysteme und die Gesellschaft

1. Einleitung

Telemedizin - die Erbringung von medizinischen Diensten über größere Entfernungen hinweg - kann dazu beitragen, die Lebensqualität vieler europäischer Bürger, von Patienten wie auch Angehörigen von Gesundheitsberufen, zu verbessern und die sich in den Gesundheitssystemen stellenden Probleme zu lösen.

Die europäischen Bürger werden immer älter und leiden zunehmend an chronischen Krankheiten. Ihr Bedarf an medizinischer Versorgung wächst. Gerade in entlegenen Gebieten kann es vorkommen, dass keine medizinische Versorgung vorhanden ist oder dass bestimmte fachärztliche Dienstleistungen nicht so leicht oder so häufig verfügbar sind, wie dies der Gesundheitszustand der Bürger erfordern würde.

So kann der Zugang zu fachärztlicher Versorgung in Gebieten mit Fachärztemangel oder mit schwer zugänglicher medizinischer Versorgung durch die Telemedizin erleichtert werden.

Chronisch kranke Menschen etwa können mit Hilfe des Telemonitoring ihre Lebensqualität verbessern und Krankenhausaufenthalte verkürzen. Dienstleistungen wie die Teleradiologie und die Telekonsultation können dazu beitragen, Wartelisten zu verkürzen, den Ressourceneinsatz zu optimieren und die Produktivität zu erhöhen.

Die Telemedizin ermöglicht nicht nur eine verbesserte Patientenversorgung und höhere Effizienz im Gesundheitswesen, sondern kann auch einen großen Beitrag zur Wirtschaft der EU leisten. In diesem Sektor, der in den letzten zehn Jahren ein rasantes Wachstum verzeichnen konnte, das auch weiterhin unvermindert anhalten dürfte, ist die europäische Wirtschaft mit Tausenden kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) gut aufgestellt.

Trotz der Möglichkeiten der Telemedizin, ihres Nutzens und der technischen Ausgereiftheit ihrer Anwendungen werden ihre Dienste nur wenig in Anspruch genommen. Hinzu kommt, dass der Markt nach wie vor sehr fragmentiert ist. Obwohl die Mitgliedstaaten ihre Absicht bekräftigt hatten, den Einsatz der Telemedizin weiter zu verbreiten, kommen die meisten Initiativen nicht über einmalige und kleinmaßstäbliche Projekte hinaus, die nicht in die Gesundheitssysteme integriert sind.

Diese neue Art von Diensten in die Gesundheitssysteme zu integrieren, ist keine leichte Aufgabe. Welche Hindernisse sich dem breiteren Einsatz der Telemedizin entgegenstellen, wie sie überwunden und wie Vertrauen und Akzeptanz aufgebaut werden können, soll in dieser Mitteilung dargelegt werden, um die Mitgliedstaaten bei diesen Bemühungen zu unterstützen. In der Mitteilung wird ein Paket von Maßnahmen vorgestellt, das die Mitgliedstaaten, die Kommission und die im weitesten Sinne Betroffenen umsetzen sollten.

Folgende Aspekte stehen dabei im Mittelpunkt:

Unabhängig davon, in welchem Umfang die Kommission und andere Betroffene sich zu engagieren bereit sind, liegt es - ganz im Sinne des Subsidiaritätsprinzips - nach wie vor an den Gesundheitsbehörden der Mitgliedstaaten, die die Hauptverantwortung für die Organisation, Finanzierung und Erbringung von Gesundheitsdiensten tragen, die Telemedizin für die europäischen Patienten Wirklichkeit werden zu lassen.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen stützen sich auf die im Rahmen verschiedener Kommissionsinitiativen12 laufende Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission, insbesondere auf die jüngst verabschiedete erneuerte Sozialagenda3. Sie stehen auch im Einklang mit der Entschließung des Europäischen Parlaments4, in der die Bedeutung der Telemedizin anerkannt wird. Das Maßnahmenpaket wurde nach einer zwischen September 2007 und Juni 2008 durchgeführten umfangreichen Konsultation unter den Mitgliedstaaten, den wichtigsten interessierten Kreisen, den Angehörigen von Gesundheitsberufen sowie Vertretern von Patienten und Unternehmen festgelegt. Zu Fragen der Wahrung der Privatsphäre und der Datensicherheit wurde der europäische Datenschutzbeauftragte gehört.

Die Europäische Kommission erkennt das Potenzial der Anwendungen der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) für die elektronischen Gesundheitsdienste (eHealth), insbesondere die Telemedizin, an und hat seit zwanzig Jahren Forschung und Entwicklung auf diesem Gebiet gefördert. In der von ihr vorgelegten Gesundheitsstrategie5 und in ihrem Aktionsplan für elektronische Gesundheitsdienste6 hat die Europäische Kommission nochmals ihre Absicht bekräftigt, dynamische Gesundheitssysteme und den nutzbringenden Einsatz neuer Technologien zu fördern. Aus diesem Grund hat sich die Europäische Kommission auch in Drittländern engagiert, indem sie den Einsatz von Telemedizin in Entwicklungsländern unterstützt.

2. Telemedizin - Begriffsbestimmung und Beispiele

Unter Telemedizin versteht man die Bereitstellung von Gesundheitsdiensten mit Hilfe von IKT für den Fall, dass der Patient und der Angehörige eines Gesundheitsberufs (bzw. zwei Angehörige eines Gesundheitsberufs) nicht am selben Ort sind. Voraussetzung ist eine sichere Übertragung medizinischer Daten und Informationen für die Prävention, Diagnose, Behandlung und Weiterbetreuung von Patienten in Form von Text, Ton und Bild oder in anderer Form.

Die Telemedizin umfasst eine große Vielfalt von Dienstleistungen. Bei den so genannten Peer Reviews werden am häufigsten die Teleradiologie, Telepathologie, Teledermatologie, Telekonsultation, Telemonitoring, Telechirurgie und Tele-Ophthalmologie genannt. Weitere potenzielle Dienste sind Call-Center, Online-Informationszentren für Patienten, Telekonsultation bzw. elektronische Hausbesuche oder Videokonferenzen zwischen den Angehörigen von Gesundheitsberufen.

Portale mit Gesundheitsinformationen, elektronische Patientendatensysteme7, die elektronische Übertragung von Verschreibungen oder Überweisungen an den Facharzt gelten für die Zwecke dieser Mitteilung nicht als telemedizinische Dienste.

Im folgenden Abschnitt werden die Dienste des Telemonitoring und der Teleradiologie näher beleuchtet da sie zusammengenommen generell die größten Probleme hinsichtlich der Umsetzung der Telemedizindienste aufwerfen.

2.1. Telemonitoring: eine riesige Chance für die Behandlung chronischer Krankheiten

Das Telemonitoring ist ein Dienst der Telemedizin zur Überwachung des Gesundheitszustands von Patienten8. Die Daten werden entweder automatisch mit Hilfe von patienteneigenen Geräten9 für die Gesundheitsüberwachung oder durch die aktive Mitarbeit von Patienten erhoben (indem diese z.B. täglich ihr Gewicht oder den Blutzuckerspiegel messen und mit Hilfe von IKT-Werkzeugen eingeben). Sobald die Daten verarbeitet und weitergegeben wurden, können sie zur Optimierung der Überwachungs- und Behandlungsprotokolle des Patienten eingesetzt werden.

Besonders hilfreich ist das Telemonitoring bei chronisch kranken Personen (die z.B. unter Diabetes oder chronischer Herzinsuffizienz leiden - siehe auch nachstehenden Kasten). Viele dieser oft älteren Patienten müssen aufgrund der langen Krankheitsdauer, ihres Gesundheitszustands und der ihnen verordneten Arzneimittel regelmäßig überwacht werden.

Das Telemonitoring nützt nicht nur den Patienten, sondern bietet auch den Angehörigen von Gesundheitsberufen Vorteile. Sein Einsatz ermöglicht es, Symptome und anormale medizinische Parameter früher festzustellen als erst bei einer Routine- oder Notfalluntersuchung, und Gegenmaßnahmen zu ergreifen, bevor schwerere Komplikationen auftreten. Es kann den Patienten auch ermöglichen, Gesundheitseinrichtungen weniger häufig aufzusuchen und so ihre Lebensqualität erhöhen.

Das Telemonitoring wurde aufgrund seiner besonderen Merkmale als Beispiel ausgewählt:

Die Branche hat erheblich in die Entwicklung von Telemonitoringdiensten investiert, so dass die Anwendungen jetzt technisch ausgereift sind. Die Akzeptanz der Patienten ist hoch, so dass einige Behörden der Gesundheitsfürsorge bereits Bedarf an diesen Diensten angemeldet haben. Die meisten Telemonitoringdienste sind jedoch immer noch nicht über das Projektstadium hinausgekommen und haben keine klare Aussicht auf einen breiteren Einsatz und eine echte Integration in die Gesundheitssysteme. Damit diese Art von Diensten gemeinschaftsweit stärker eingesetzt wird, bedarf es des Engagements von Anbietern im Gesundheitswesen und einer konzertierten Aktion aller Betroffenen.

Der Einsatz des Telemonitoring am Beispiel der chronischen Herzinsuffizienz Über sechs Millionen Menschen in Europa leider unter chronischer Herzinsuffizienz. Die Lebensqualität der Patienten ist erheblich eingeschränkt, ihre Mortalität ist hoch und den Gesundheitssystemen entstehen erhebliche Kosten10.

Das Telemonitoring von Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz ermöglicht die genauere Überwachung ihrer Krankheit und eine frühzeitige Behandlung. Dyspnoea (Atembeschwerden) und/oder schnelle Gewichtszunahme sind Schlüsselparameter, die es täglich zu überwachen gilt und die häufig Anzeichen einer Verschlechterung des Krankheitsbilds sind. Eine frühzeitige Umstellung der Behandlung auf der Grundlage der Überwachungsdaten kann den Zustand stabilisieren, Arztbesuche überflüssig machen und Krankenhausaufenthalte vermeiden oder verkürzen.

In zwei Studien wurden wissenschaftliche Arbeiten zum Telemonitoring bei chronischer Herzinsuffizienz, die zwischen 1966 und 9311 bzw. zwischen 1966 und 0612 veröffentlicht wurden systematisch analysiert. Anhand der vorliegenden Daten kamen die beiden Studien zu dem Schluss, dass das Telemonitoring eine effiziente Strategie für den Umgang mit Krankheiten sein könnte, vor allem mit Hochrisiko-Patienten, die unter Herzinsuffizienz leiden. In beiden Artikeln wurde allerdings eingeräumt, dass nur sehr wenige evidenzbasierte Daten für das Telemonitoring bei Herzinsuffizienz vorliegen und dass Kosteneffizienz, Skalierbarkeit, Sicherheit und Akzeptanz für Patienten noch weiter untersucht werden müssten.

2.2. Teleradiologie: ein Weg für den optimalen Einsatz knapper Ressourcen

Die Teleradiologie ist ein Dienst der Telemedizin, bei dem radiologische Aufnahmen zwischen verschiedenen Standorten zum Zweck der Auswertung und Konsultation elektronisch übertragen werden13.

Die Teleradiologie entstand mit der schrittweisen Digitalisierung der bildgebenden Verfahren in der Medizin. Begünstigt wurde diese Entwicklung durch gut strukturierte Berufsverbände und die frühzeitige Festlegung von Normen.

Mit Hilfe der Teleradiologie sind die Einrichtungen des Gesundheitswesens in der Lage, Spitzenbelastungen zu bewältigen, einen Rund-umdie-Uhr-Dienst anzubieten, die Wartelisten für bestimmte Untersuchungen zu verkürzen und vor allem Kosten zu sparen.

Die Teleradiologie wurde aufgrund ihrer besonderen Merkmale als Beispiel ausgewählt:

Für die Teleradiologie gilt es vor allem sicherzustellen, dass sie sich zum Nutzen des Patienten weiterentwickelt und die Sicherheit des Patienten insgesamt gewährleistet ist und dabei in keiner Weise die Qualität der Radiologieleistungen beeinträchtigt wird. Daher besteht dringender Handlungsbedarf, um Rechtsklarheit herzustellen und eine hohe Qualität in der Patientenversorgung zu gewährleisten.

3. Telemedizin - Wie sie Wirklichkeit werden kann

In ihrer Erklärung zum Abschluss der hochrangigen Konferenz zu elektronischen Gesundheitsdiensten im Mai 0814 bestätigten die Vertreter der Mitgliedstaaten die Dringlichkeit eines breiteren Einsatzes von Diensten der Telemedizin und innovativer IKT-Werkzeuge für den Umgang mit chronischen Krankheiten.

Mit dieser Mitteilung sollen die Mitgliedstaaten darin unterstützt werden, Dienste der Telemedizin in großem Maßstab und nutzbringend einzusetzen, indem sie sich auf drei strategische Maßnahmenbündel konzentrieren:

Diese verschiedenen Maßnahmenpakete sind teilweise miteinander verknüpft. So steht der Aufbau von Akzeptanz unter den Angehörigen von Gesundheitsberufen in engem Zusammenhang mit der Existenz eines kohärenten Rechtsrahmens für die Erbringung bestimmter telemedizinischer Dienste, wie etwa der Teleradiologie.

3.1. Schaffung von Vertrauen in die Dienste der Telemedizin und Aufbau von

Akzeptanz Es gibt bisher kaum Belege für die großmaßstäbliche Wirksamkeit und Kosteneffizienz von Telemedizindiensten. Nach wie vor gilt es, die Gesundheitsbehörden, Fachleute und Patienten hierfür zu sensibilisieren sowie Vertrauen und Akzeptanz aufzubauen.

(a) Wissenschaftlicher Nachweis der großmaßstäblichen Wirksamkeit und Kosteneffizienz.

In verschiedenen Studien wurden die Vorteile für Patienten und Gesundheitssysteme im kleinen Maßstab nachgewiesen. Daher kommt es darauf an, allgemein akzeptierte Verfahren für die Bewertung der Wirksamkeit, ähnlich wie bei pharmazeutischen Produkten, weiterzuentwickeln.

Dabei kann es sich als schwierig erweisen, die für die Wirksamkeit und Kosteneinsparungen ausschlaggebenden Faktoren monetär genau zu beziffern. Dies gilt zum Beispiel für geringere Gesundheitsbeeinträchtigungen, weniger Verschreibungen, weniger Fehlzeiten am Arbeitsplatz oder eine bessere Lebensqualität für die Patienten. Möglicherweise kommt es in einem anderen Sektor als in dem, in dem die Investitionen getätigt wurden, zu Einsparungen bei den Gesundheitskosten. So könnten Investitionen in das Telemonitoring bei der Primärversorgung von Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz aufgrund der geringeren oder kürzeren Krankenhausaufenthalte zu Einsparungen bei den Krankenhäusern führen.

Manchmal zeigt sich erst mit größerem zeitlichen Abstand und in einem größeren Kontext, welche Vorteile eine Maßnahme bringt und welche Folgen ein Nichthandeln hätte.

Tragfähige und großmaßstäbliche Telemedizin-Programme sind nur dann denkbar, wenn die Kosten dieser Dienste zurückerstattet werden. Die Bereitschaft der Gesundheitsbehörden, die Kosten für bestimmte Arten von Diensten, insbesondere für das Telemonitoring, zurückzuerstatten hängt sehr stark von den Ergebnissen der Studien zur Wirksamkeit und Kosteneffizienz ab.

Maßnahmen

Die auf dem Gebiet der Telemedizin tätigen Unternehmen, vor allem die KMU, verfügen anders als Pharmaunternehmen nicht über die notwendigen finanziellen Mittel, um großmaßstäbliche Versuche mit dem Telemonitoring durchzuführen. Offenbar muss sich der öffentliche Sektor hier stärker engagieren - unter Einhaltung der gemeinschaftlichen Vorschriften für staatliche Beihilfen und das öffentliche Auftragswesen. Auch können öffentlichprivate Partnerschaften ein Weg sein, großmaßstäbliche Projekte zum Telemonitoring zu entwickeln.

Maßnahmen

(b) Vertrauen in Telemedizin-Lösungen und deren Akzeptanz durch Angehörige von Gesundheitsberufen, Patienten und Gesundheitsbehörden

Zentrales Anliegen der Gesundheitssysteme ist die bedarfsgerechte Versorgung der Patienten.

Das Potenzial der Telemedizin kann also nur dann genutzt werden, wenn Patienten davon überzeugt sind, dass sie ihren medizinischen Bedürfnissen gerecht wird. Die Akzeptanz seitens der Patienten hängt angesichts des hohen Maßes an Vertrauen, das Patienten in Angehörige von Gesundheitsberufen setzen, ganz wesentlich von der Akzeptanz seitens derjenigen ab, die sie behandeln.

Um das Vertrauen der Gesundheitsberufe zu gewinnen und die Akzeptanz ihrerseits zu fördern kommt es darauf an, die Angehörigen von Gesundheitsberufen besser über die Wirksamkeit der Telemedizindienste, ihre Sicherheitsmerkmale und Nutzerfreundlichkeit zu informieren.

Sowohl für die Angehörigen von Gesundheitsberufen als auch für die Patienten ist es wichtig, den Bedarf richtig einzuschätzen und an Fortbildungsmaßnahmen teilzunehmen, damit sie die notwendigen Fähigkeiten erwerben und sich mit den Werkzeugen vertraut machen können, aber auch eine Vorstellung davon bekommen, in welchem Zusammenhang diese zusammenwirken.

Den Mitgliedstaaten obliegt die Organisation, Bereitstellung und Finanzierung des nationalen Gesundheitswesens. Daher sollten ihre nationalen Gesundheitsbehörden bei der Anwendung der Telemedizin vorangehen, um deren Einsatz weiter zu verbreiten. So ist es mit Blick auf die notwendige Akzeptanz und das Engagement der Gesundheitsbehörden enorm wichtig, eine Evidenzbasis zusammenzustellen und bewährte Verfahren für die Umsetzung telemedizinischer Dienste und deren Kostenerstattung weiterzugeben.

Der breite Einsatz der Telemedizin und insbesondere des Telemonitoring werfen vor allem aufgrund der veränderten Beziehung zwischen Arzt und Patient neue ethische Fragen auf.

Angehörige von Gesundheitsberufen und Patientenorganisationen haben ihre Absicht bekundet an europaweit gültigen Leitlinien zu diesen Fragen mitzuarbeiten. Die Kommission begrüßt jede Initiative auf diesem Gebiet, die sich mit den Bedürfnissen der Nutzer befasst und darauf ausgerichtet ist, unter den Patienten und den Angehörigen von Gesundheitsberufen das Vertrauen in die Telemedizin und deren Akzeptanz im Interesse der Sicherheit und medizinischen Versorgung zu stärken.

Wesentliche Voraussetzung für den Aufbau von Vertrauen in die telemedizinischen Systeme sind die Achtung der Privatsphäre und sicherheitsrelevante Aspekte. Die Wahrung von Rechten und Grundfreiheiten, wie des Grundrechts auf den Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten, muss bei der Erhebung und Verarbeitung persönlicher Daten, vor allem medizinischer Daten, gewährleistet sein. Wie bei jeder anderen Übermittlung personenbezogener medizinischer Daten kann die Telemedizin datenschutzrechtliche Risiken bergen (im Sinne einer Beeinträchtigung des Privat- oder Berufslebens einer Person durch das Bekanntwerden des Gesundheitszustands oder eines medizinischen Befunds). Bei der Bereitstellung telemedizinischer Dienste sollten datenschutzrechtliche Aspekte systematisch berücksichtigt werden. Entscheidend ist auf jeden Fall, dass die einzelstaatlichen und gemeinschaftsweiten Bestimmungen zum Datenschutz eingehalten werden

Maßnahmen

3.2. Schaffung von Rechtsklarheit

Auch wenn die Telemedizin für viele Einrichtungen des Gesundheitswesens eine interessante

Option darstellen könnte, behindert die fehlende Rechtsklarheit ihren breiteren Einsatz - so der bei der Konsultation der interessierten Kreise häufig erhobene Einwand.

Die Schaffung von Rechtsklarheit soll vor allem dafür sorgen, dass sich die Telemedizin so weiterentwickelt dass sie den Patienten nützt, den Datenschutz gewährleistet und den höchsten Ansprüchen an die Patientensicherheit genügt.

Die fehlende Rechtsklarheit - in Bezug auf Genehmigung, Zulassung und Registrierung von professionellen Telemedizindiensten, Fragen der Haftung, Kostenerstattung und Rechtsprechung - ist für die Telemedizin, vor allem für die Teleradiologie, ein großes Problem. Auch die grenzübergreifende Erbringung von telemedizinischen Dienstleistungen erfordert datenschutzrechtliche Klärung.

Einen klaren Rechtsrahmen für die Telemedizin haben nur wenige Mitgliedstaaten. In einigen Mitgliedstaaten wird eine medizinische Handlung nur dann rechtlich als solche anerkannt, wenn der Patient und der Angehörige eines Gesundheitsberufs sich physisch am selben Ort befinden. Dies stellt ein klares Hindernis für die Telemedizin dar. Ferner ist die Kostenerstattung telemedizinischer Dienstleistungen häufig gesetzlich oder verwaltungstechnisch eingeschränkt.

Nach dem Subsidiaritätsprinzip sind diese Fragen (der Regelung medizinischer Leistungen, medizinischer Berufe und der Kostenerstattung) primär Sache der Mitgliedsstaaten und müssen von diesen geregelt werden. Angesichts der Komplexität dieser Fragen und ihrer Berührungspunkte mit dem Gemeinschaftsrecht kann die Gemeinschaft jedoch die Mitgliedstaaten - etwa durch den Austausch bewährter Verfahren - unterstützen, damit diese ihre Rechts- und Verwaltungsvorschriften optimieren können.

Maßnahmen

Im nachstehenden Kasten sind die wichtigsten Vorschriften des Gemeinschaftsrechts für die Telemedizin aufgeführt.

Für die Telemedizin geltende EU-Vorschriften Die Telemedizin vereint Dienste des Gesundheitswesens und der Informationsgesellschaft15.

Damit fällt sie unter den EG-Vertrag (Artikel 49) und unter geltendes EU-Sekundärrecht, insbesondere unter die Richtlinie 2000/31/EG, nachstehend als die "Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr" bezeichnet.

Der Europäische Gerichtshof hat bekräftigt, dass weder die Besonderheiten der Gesundheitsdienstleistungen noch ihre Ausgestaltung oder Finanzierung dazu führen, dass diese nicht unter den elementaren Grundsatz des freien Verkehrs fallen16. Hierunter fällt auch das Recht der Empfänger von medizinischen Leistungen, sich in einem anderen Mitgliedstaat behandeln zu lassen, unabhängig davon, wie, etwa in Form von Telemedizin, die Dienstleistung erbracht wird .

In der Richtlinie 98/34/EG in ihrer durch die Richtlinie 98/48/EG geänderten Fassung ist ein Verfahren festgelegt, das die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten vor ihrer Verabschiedung sämtliche technischen Vorschriften für Produkte und Dienstleistungen der Informationsgesellschaft, also auch der Telemedizin, im Entwurf mitzuteilen17.

Die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr enthält Vorschriften für die innerstaatliche und länderübergreifende Bereitstellung von Dienstleistungen der Informationsgesellschaft. Sie gilt auch für die Telemedizin. Zwischen professionellen Dienstleistern gilt für die Erbringung von telemedizinischen Diensten, wie der Teleradiologie, das Ursprungslandprinzip: Der vom professionellen Dienstleister angebotene Dienst muss den Vorschriften des Sitzmitgliedstaats genügen. Bei Geschäften zwischen Unternehmen und Verbrauchern (etwa bei der Erbringung von Telemonitoringdiensten) sind die vertraglichen Verpflichtungen vom Ursprungslandprinzip ausgenommen: Die Dienstleistung muss den Vorschriften des Empfängerlands genügen.

Die Festlegung, was als medizinische Handlung gilt, obliegt den Mitgliedstaaten.

Grundsätzlich sollte bei der Einstufung einzelner telemedizinischer Dienste als medizinische Handlungen sichergestellt sein, dass diese den gleichen Anforderungen genügen wie nicht telemedizinische Leistungen (wie Teleradiologie und Radiologie). Dieser Grundsatz stellt sicher dass angemessen regulierte medizinische Dienste nicht durch weniger regulierte telemedizinische Dienste ersetzt werden und dass Anbieter derselben Dienste nicht unterschiedlich behandelt werden, was mit der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr nicht vereinbar wäre.

Die Richtlinie 97/66/EG über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre legt noch weitere Anforderungen an die Vertraulichkeit und die Sicherheit fest, die die Telemedizin und alle sonstigen interaktiven Online-Dienste zum Schutz der Rechte Einzelner erfüllen müssen.

Die Richtlinie 2002/58/EG über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation enthält besondere Bestimmungen für Anbieter elektronischer Kommunikationsdienste über öffentliche Kommunikationsnetze, um die Vertraulichkeit von Mitteilungen und die Sicherheit ihrer Netze zu gewährleisten.

Die Richtlinie 2005/36/EG legt für eine Reihe reglementierter Berufe fest, welche Berufsqualifikationen gemeinschaftsweit anerkannt werden. Die Anerkennung der Berufsqualifikationen durch den Aufnahmemitgliedstaat ermöglicht der begünstigten Person, in diesem Mitgliedstaat denselben Beruf wie den, für den sie in ihrem Herkunftsmitgliedstaat qualifiziert ist, aufzunehmen und unter denselben Voraussetzungen wie Inländer auszuüben.

Die Telemedizin wird auch im Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung18 anerkannt, die sich mit der grenzübergreifenden Mobilität von Patienten und deren Zugangsmöglichkeiten zu Diensten jenseits der Grenzen befasst. Dieser Vorschlag erfolgt unbeschadet der vorstehend genannten Richtlinien, insbesondere der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr und der Richtlinie 2005/36/EG.

Nach Verabschiedung der Richtlinie müsste die Kommission Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen dass die Einrichtungen, die elektronische Gesundheitsdienste, etwa Telemedizin (Artikel 16), anbieten, interoperabel sind19.

3.3. Klärung technischer Fragen und Erleichterung der Marktentwicklung

Auch wenn es bereits seit langem den einen oder anderen telemedizinischen Dienst gibt und die meisten IKT seit einiger Zeit zur Verfügung stehen, gibt es immer noch Bereiche, in denen technische Fragen offen sind.

Voraussetzung für den Einsatz der Telemedizin sind der Zugang zum Breitbandnetz und die volle Anschlussfähigkeit für Dienstleister. Erst wenn alle Zugang zum Breitbandnetz haben, kann die Telemedizin zu einem für alle zugänglichen öffentlichen Gut werden. Der Einsatz der Telemedizin und der universelle Zugang zu Gesundheitsdiensten für alle setzt die Anbindung aller geographischen Gebiete der EU, einschließlich der ländlichen Gebiete und Regionen in Randlage, voraus. Mit ihrer Kohäsionspolitik unterstützt die EU sowohl den Breitbandzugang als auch die Entwicklung von Inhalten, Dienstleistungen und Anwendungen für Bürger20.

Für das Telemonitoring sind Interoperabilität und Normung von entscheidender Bedeutung, damit die Technologien größeren Einsatz finden, sie sich den Binnenmarkt21 zunutze machen und zu seiner Vollendung beitragen können. Die Normungsgremien sollten unter aktiver Mitwirkung der Branche den Einsatz bereits vorhandener Normen, die Verabschiedung neuer Normen und standardisierte Verfahren zur Herstellung der Interoperabilität unterstützen.

Notwendig ist ein koordiniertes gemeinschaftliches Vorgehen, wie es auch in dem Vorschlag für eine Richtlinie über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung ausdrücklich gefordert wurde.

Strenge Tests, Normen und ein allgemein akzeptiertes Zertifizierungsverfahren sind unerlässlich um Vertrauen in neue und innovative Technologien und IKT-gestützte Dienste im Gesundheitssektor zu schaffen. Dies gilt ganz besonders für Telemonitoring-Geräte. Um bei diesen telemedizinischen Systemen und Diensten eine Fragmentierung des Marktes zu vermeiden und gemeinsame Spezifikationen festlegen zu können, sind konzertierte Maßnahmen auf EU-Ebene notwendig. Bei solchen konzertierten Aktionen könnte der notwendige Sachverstand zusammen kommen, damit sichergestellt ist, dass in der gesamten EU qualitativ gute und sichere telemedizinische Dienste zur Verfügung stehen, auch wenn sie nicht von geltendem Recht abgedeckt sind.

Maßnahmen

4. Schlussfolgerungen

Ein größerer Einsatz der Telemedizin könnte enorme gesellschaftliche und wirtschaftliche Vorteile mit sich bringen. Zum jetzigen Zeitpunkt liegt die volle Würdigung und Nutzung dieser Vorteile noch in weiter Ferne.

Für die Telemedizin ist es jetzt an der Zeit, das Leben der Patienten zu verbessern und den Angehörigen der Gesundheitsberufe neue Möglichkeiten an die Hand zu geben. Die Telemedizin kann die Gesundheitssysteme bei der Bewältigung ihrer enormen Herausforderungen unterstützen und europäischen Unternehmen bedeutende Geschäftsmöglichkeiten eröffnen.

Die Kommission wird Ideen und Initiativen unterstützen, damit dieses Ziel Wirklichkeit wird, und ist bereit, gemeinsam mit den Mitgliedstaaten und den interessierten Kreisen darauf hin zu arbeiten. Hierfür schlägt sie ein konkretes Maßnahmenpaket vor. Auch andere Fragen, auf die in dieser Mitteilung nicht explizit eingegangen wird, wie die allgemeine Verfügbarkeit des Breitbands und die Umsetzung datenschutzrechtlicher Maßnahmen, spielen eine wichtige Rolle bei der Ausschöpfung des Potenzials der Telemedizin.

Damit diese Initiative ein Erfolg wird, sind jedoch vor allem die Mitgliedstaaten gefordert. Sie tragen die Verantwortung für Organisation, Bereitstellung und Finanzierung ihrer Gesundheitssysteme. Die Telemedizin kann ihr volles Potenzial nur dann entfalten, wenn sich die Mitgliedstaaten aktiv für deren Einbeziehung in ihre Gesundheitssysteme einsetzen.

Anhang
Für die kommenden Jahre stehen Maßnahmen auf drei Ebenen an:

Maßnahmen der Mitgliedstaaten

Von der EU geförderte Maßnahmen der Mitgliedstaaten

Von der Kommission durchzuführenden Maßnahmen