Gesetzesantrag des Landes Baden-Württemberg
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen Keine zwingenden Kosten für Bund und Länder.

E. Sonstige Kosten

Gesetzesantrag des Landes Baden-Württemberg
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes

Staatsministerium Baden-Württemberg Stuttgart, den 4. Oktober 2005
Der Staatssekretär
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Regierung des Landes Baden-Württemberg hat beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage mit Begründung beigefügten


zuzuleiten.
Ich bitte, gemäß § 36 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates die Beratung des Gesetzentwurfs in den Ausschüssen zu veranlassen.
Mit freundlichen Grüßen
Rudolf Böhmler

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1 Änderung des Telekommunikationsgesetzes

Dem § 55 Abs. 1 des Telekommunikationsgesetzes vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190), das zuletzt durch Artikel 6 Nr. 8 des Gesetzes vom 14. März 2005 (BGBl. I S. 721) geändert worden ist, wird folgender Satz angefügt:

Artikel 2 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

1. Problem und Ziel

Mit dem Gesetz sollen ausreichende Rechtsgrundlagen für den Betrieb von Mobilfunkblockern (auch "Handystörsender" oder "Jammer" genannt) durch Justizvollzugsbehörden auf dem Gelände von Justizvollzugsanstalten geschaffen werden.

Die Nutzung von Mobiltelefonen in Bereichen des geschlossenen Justizvollzugs ist seit jeher untersagt. Zuletzt hat dies die 90. Tagung des Strafvollzugsausschusses der Länder vom 28.09. bis 01.10.1999 in Schwerin (TOP 15) festgestellt. Diese bundesweit einheitliche Handhabung stützt sich für den Bereich der Strafhaft auf das aus § 156 Strafvollzugsgesetz ableitbare Hausrecht des Anstaltsleiters sowie für Gefangene zusätzlich auf § 70 Abs. 2 Nr. 2 des Strafvollzugsgesetzes, wonach einem Gefangenen keine Gegenstände überlassen oder zur Nutzung ausgehändigt werden dürfen, welche die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden würden.

Für den Bereich der Untersuchungshaft ergibt sich dies aus Nr. 4 und Nr. 53 der Untersuchungshaftvollzugsordnung.

Die Nutzung unerlaubt in Justizvollzugsanstalten eingebrachter Mobiltelefone durch Gefangene lässt die in § 32 Strafvollzugsgesetz und Nr. 38 Untersuchungshaftvollzugsordnung geregelte Überwachung von Ferngesprächen leer laufen. Sie unterläuft darüber hinaus bei Untersuchungsgefangenen den richterlich festgestellten Haftgrund der Verdunkelungsgefahr.

Unerlaubte Mobilfunkgespräche Gefangener stellen eine ganz erhebliche Gefährdung der Sicherheit und Ordnung in Justizvollzugsanstalten dar. Aus Telefonüberwachungsmaßnahmen der Polizei ist bekannt geworden, dass Gefangene aus

Justizvollzugsanstalten heraus mit unerlaubt eingebrachten Mobiltelefonen weiterhin beispielsweise versuchen, den Drogenhandel zu organisieren. Darüber hinaus lassen sich außenstehende Dritte wie beispielsweise Fluchthelfer oder sog. "Mauerwerfer" anleiten.

Die unerlaubte Kontaktaufnahme mit Gefangenen über ein Mobiltelefon stellt für Außenstehende eine Ordnungswidrigkeit gem. § 115 Ordnungswidrigkeitengesetz dar.

Das unerlaubte Einbringen von Mobiltelefonen in Bereiche des geschlossenen Vollzuges lässt sich trotz sorgfältiger Kontrollen nicht zuverlässig verhindern, zumal Mobiltelefone immer kleiner werden.

Die Justizverwaltung des Landes Baden-Württemberg hat versucht, der unerlaubten Nutzung von Mobiltelefonen in Justizvollzugsanstalten durch so genannte "Mobi-Finder" entgegenzuwirken. Mit diesen Geräten lassen sich Mobiltelefone, bei denen aktuell eine Telefonverbindung besteht, aufspüren. Zwar konnten hierdurch zahlreiche Mobiltelefone geortet und in der Folge sichergestellt werden, eine vollständige Verhinderung unerlaubten Telefonverkehrs ist damit jedoch nicht möglich.

Hinzu kommt, dass der Zeitabstand zwischen Ortung und Sicherstellung eines Mobiltelefons grundsätzlich zwar nur wenige Minuten beträgt. In dieser Zeit ist jedoch ein unüberwachtes Telefongespräch möglich. SMS-Nachrichten können wegen der Kürze ihrer Versand- und Empfangszeiten nicht detektiert werden.

Die Erfahrungen der vollzuglichen Praxis zeigen, dass der Gefahr, die aus der Nutzung eingeschmuggelter Mobiltelefone in Justizvollzugsanstalten entsteht, letztlich nur durch eine technische Unterdrückung dieses Mobilfunkverkehrs wirksam begegnet werden kann. So verfährt beispielsweise Österreich mit positiven Erfahrungen.

2. Lösung

Mit der Anfügung einer entsprechenden Regelung in einem Satz 6 an § 55 Abs. 1 TKG soll den Justizvollzugsbehörden erlaubt werden, auf dem Gelände von Justizvollzugsanstalten technische Geräte zur Störung derjenigen Frequenzen zu betreiben, die zur Herstellung unzulässiger Mobilfunkverbindungen dienen. Weiter wird bestimmt, dass es hierzu einer Frequenzzuteilung nicht bedarf. Grundrechtseingriffe erfolgen hierdurch nicht.

Die wirtschaftlichen Belange der Mobilfunknetzbetreiber sind nicht schützenswert, weil es um Unterdrückung von in Justizvollzugsanstalten unzulässigen Mobilfunkverbindungen geht. Aufgrund ihrer technischen Beschaffenheit stellen die Mobilfunkblocker auch keine Gefahr für die Gesundheit von Bediensteten und Gefangenen dar.

3. Alternativen

Alternativen zur Einführung von Mobilfunkblockern im Bereich von Justizvollzugsanstalten bestehen nicht.

Der Einsatz von mobilen Detektionsgeräten zum Aufspüren von Mobilfunktelefonen (sog. "Mobi-Finder") kann unerlaubten Mobilfunkverkehr nur punktuell und damit nicht wirksam unterbinden. Selbst wenn sich ein in Betrieb befindliches Mobilfunktelefon haftraumgenau orten ließe, wäre die Reaktionszeit zwischen Detektion und Sicherstellung ausreichend, um unerlaubte Kommunikation zu betreiben. Darüber hinaus werden SMS-Nachrichten dadurch weder detektiert noch unterbunden.

4. Finanzielle Auswirkungen

Da die Justizvollzugsanstalten in Länderhoheit betrieben werden, entstehen für den Bund keine Kosten.

Aus der Gesetzesformulierung ergibt sich keine Verpflichtung, sondern nur die rechtliche Möglichkeit der Bundesländer zum Einsatz von Mobilfunkblockern in Justizvollzugsanstalten. Den einzelnen Bundesländern ist damit freigestellt, ob und ggf. in welchem Umfang und mit welchem Zeitfenster im Rahmen der Beschaffung von Sicherheitstechnik Mobilfunkblocker für die Justizvollzugsanstalten beschafft werden.

5. Personalmehrbedarf

Ein Personalmehrbedarf wird nicht entstehen.

6. Kosten Privater

Bei den Mobilfunknetzbetreibern werden Umsätze von Mobilfunktelefonaten, die aus Justizvollzugsanstalten geführt wurden, wegfallen. Diese wirtschaftlichen Belange sind jedoch nicht schützenswert, da es hier ausschließlich um unerlaubte Mobilfunkverbindungen geht.

B. Einzelbegründung

1. Zu Artikel 1:

Die vorgeschlagene Regelung besteht in der Anfügung eines Satzes 6 an § 55 Abs. 1 TKG.

Die Formulierung in Artikel 1 bringt eindeutig zum Ausdruck, dass der Einsatz sog. Mobilfunkblocker auf das Gelände der Justizvollzugsanstalten beschränkt ist und nicht in den öffentlichen Verkehrsraum reichen darf. Der zugelassene Betreiberkreis wird auf die Justizvollzugsbehörden beschränkt. Ergänzend wird klargestellt, dass es für den Einsatz sog. Mobilfunkblocker keiner Frequenzzuteilung bedarf. Insoweit wird von der in § 55 Abs. 1 Satz 1 TKG normierten Ausnahmemöglichkeit Gebrauch gemacht.

Aus der vorgeschlagenen Formulierung lässt sich ableiten, dass die Bundesnetzagentur für geeignete technische Geräte eine Gerätezulassung zu erteilen hat.

Hervorzuheben ist, dass mit der Gesetzesänderung nicht ein Verbot von Mobilfunkverkehr in Justizvollzugsanstalten begründet wird, sondern ein geltendes Verbot von Mobilfunkverkehr effektiv durchgesetzt werden soll.

2. Zu Artikel 2:

Das Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.

Im Hinblick auf die Sicherheitslage in den Justizvollzugsanstalten ist ein Inkrafttreten ohne Übergangsfristen geboten.