Das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft hat mit Schreiben vom 30. April 2005 zu der o.g. Entschließung Folgendes mitgeteilt:
Der Bundesrat hat in seiner 809. Sitzung am 18. März 2005 beschlossen, dass die Bundesregierung bis l. Mai 2005 über die ergriffenen Maßnahmen und die bislang erreichten Ergebnisse in Bezug auf die im Rahmen des Vermittlungsverfahrens abgegebene Erklärung vom 27. Oktober 2004 berichten solle (Drs. 153/05(B) ).
Hierzu übermittle ich Ihnen den nachfolgenden Bericht:
Bericht zur Erklärung des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft im Vermittlungsausschuss(Plenarprotokoll der 805. Sitzung des Bundesrates am 5.11.2004, Anlage 1)
Erklärung:
1. Das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft wird sich an die Europäische Kommission mit der Bitte wenden, ihre Sicht zur Auslegung von Artikel 2 Abs. 4 der Freisetzungsrichtlinie darzulegen. Zielsetzung ist, noch vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Gentechnikrechts eine europarechtlich einheitliche Vorgehensweise bei der Beurteilung der Frage zu erreichen, ob die Abgabe von Erzeugnissen an Dritte, deren zufälliger oder technisch nicht zu vermeidender Gehalt an gentechnisch veränderten Organismen auf eine genehmigte Freisetzung zurückzuführen ist, als Inverkehrbringen im Sinne der Freisetzungsrichtlinie zu qualifizieren ist.
Umsetzung:
Das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft hat sich bereits mit Schreiben vom 11. November 2004 mit der Bitte an die Kommission gewandt, die Sicht der Europäischen Kommission zu der Frage darzulegen, ob die Abgabe von Erzeugnissen an Dritte, deren zufälliger oder technisch nicht zu vermeidender Gehalt an gentechnisch veränderten Organismen auf eine genehmigte Freisetzung zurückzuführen ist, als Inverkehrbringen im Sinne von Artikel 2 Abs. 4 der Richtlinie 2001/18/EG zu qualifizieren sei.
Die Kommission hat mit Schreiben vom l. März 2005 geantwortet. Sie hat, wie aufgrund einer früheren Stellungnahme des juristischen Dienstes der Kommission zu erwarten war, den Rechtsstandpunkt des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, der auch dem Gesetz zur Neuordnung des Gentechnikrechts zugrunde liegt, bestätigt.
Die Kommission kommt zu dem Ergebnis, dass Freisetzungsversuche nach der Richtlinie 2001/18/EG auch dann genehmigt werden können, wenn es zu Auskreuzungen aus diesen Versuchen kommt. Dies entspricht dem Gentechnikgesetz, nach dem ebenfalls
Freisetzungsversuche auch dann genehmigt werden können, wenn es zur Auskreuzungen aus ihnen kommt. Da Auskreuzungen aus Freisetzungen nicht gänzlich ausgeschlossen werden können, wird dies im Rahmen des Freisetzungsgenehmigungsverfahrens bewertet und mit umfasst. Dies hat aber lediglich zur Folge, dass Freisetzungen nicht verboten werden können oder von Nachbarn gegen die Freisetzungsgenehmigung vorgegangen werden kann, nur weil Auskreuzungen stattfinden können. Davon zu unterscheiden ist jedoch die Frage, ob Auskreuzungsprodukte der Nachbarflächen ohne Inverkehrbringensgenehmigung auch in den Verkehr gebracht werden können. Dies hat die Kommission nunmehr grundsätzlich verneint, wobei für bestimmte GVO Ausnahmen gelten.
Hinsichtlich des Inverkehrbringens von Produkten, die nicht zum Inverkehrbringen genehmigte gentechnisch veränderte Organismen (oder gv Material) enthalten, stellt die Kommission auf Art. 47 der Verordnung 1829/2003 ab. Nach dieser Bestimmung dürfen für einen Übergangszeitraum, der am 18. April 2007 endet, Lebens- und Futtermittel nur dann (noch) nicht zum Inverkehrbringen genehmigtes gentechnisch verändertes Material zu einem Anteil von bis zu 0,5% enthalten, wenn
(a) das Vorhandensein des Materials zufällig oder technisch nicht zu vermeiden ist,
(b) zu dem genetisch veränderten Material eine befürwortende Stellungnahme (der EFSA oder der wissenschaftlichen Ausschüsse) vor dem 18.April 2004 vorgelegen hat,
(c) der entsprechende Zulassungsantrag nicht zwischenzeitlich abgelehnt worden ist und
(d) ein Nachweisverfahren öffentlich verfügbar ist.
Eine entsprechende Regelung befindet sich in der Bestimmung des Art. 12a der Freisetzungsrichtlinie, die mit der Verordnung 1829/2003 (Art. 43 Nr. 1) in die Richtlinie eingefügt wurde und die auf Art. 47 der Verordnung 1829/2003 Bezug nimmt. Diese Bestimmung wurde mit § 14 Abs. 2a im Gentechnikgesetz umgesetzt. Sofern solche Produkte in Freisetzungsexperimenten freigesetzt werden und in benachbarte Lebens- oder Futtermittelpflanzen auskreuzen, dürfen letztere in den Verkehr gebracht werden, wenn sie die oben bezeichneten. Bedingungen erfüllen. Dies gilt auch nach § 14 Abs. 2a GenTG.
In aller Regel - darauf weist auch die Kommission hin - werden jedoch andere als solche Organismen Gegenstand von Freisetzungsversuchen sein. Für diese anderen Organismen ist im Gemeinschaftsrecht kein Schwellenwert vorgesehen; sie dürfen daher nach Gemeinschaftsrecht ohne Inverkehrbringensgenehmigung nicht in den Verkehr gebracht werden.
Das Schreiben der Kommission bestätigt damit die Rechtsauffassung des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, nach der eine Ausnahmeregelung für Auskreuzungsprodukte aus genehmigten Freisetzungsversuchen gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen würde, sofern nicht die in Art. 47 der Verordnung 1829/2003 oder die in Art. 12a der Richtlinie 2001/18/EG in Verbindung mit der vorgenannten Vorschrift genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
Erklärung:
2. Bis zum Vorliegen der Stellungnahme der Kommission erklären das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft und das Bundesministerium für Bildung und Forschung, dass bei aus Bundesmitteln geförderten Freisetzungen gentechnisch veränderter Organismen angemessene Maßnahmen als zuwendungsfähig anerkannt werden sollen, mit denen Nutzungsbeeinträchtigungen im Sinne des § 36a Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes verhindert oder ausgeglichen werden. Das Bundesministerium appelliert an die Länderregierungen und private Forschungsgeldgeber, bei den von ihnen geförderten Freisetzungen in vergleichbarer Weise zu verfahren.
Umsetzung:
Seit Abgabe der Erklärung sind beim Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft und beim Bundesministerium für Bildung und Forschung keine Anträge zur Förderung von Projekten im Rahmen von Freisetzungsversuchen eingegangen, die der Erklärung entsprechende Maßnahmen verlangt hätten. Gleichwohl wird seitens des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft sowie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung weiterhin geprüft, inwieweit eine zusätzliche Förderung von Freisetzungsversuchen durch die Übernahme finanzieller Verpflichtungen oder Aufwendungen im Zusammenhang mit § 36a GenTG - in welcher Form auch immer - in Frage kommt und rechtlich möglich ist.
Hierbei könnte es sich handeln um die Berücksichtigung von Aufwendungen des Antragstellers für Maßnahmen zur präventiven Verhinderung oder Minimierung von Nutzungsbeeinträchtigungen durch Auskreuzungen, für Prämienzahlungen an Haftpflichtversicherungen bzw. Beiträge für einen Haftungsfonds, falls solche Einrichtungen von der Versicherungswirtschaft oder von den Beteiligten geschaffen werden sowie die Übernahme der Haftungsaufwendungen bei aus Bundesmitteln geförderten Projekten und Einrichtungen.
Erklärung:
3. Das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft stellt sicher, dass die im Rahmen genehmigter Freisetzungen von den Betreibern vorgelegten Monitoringberichte von der zuständigen Bundesoberbehörde ausgewertet werden. Über die Ergebnisse der Auswertung wird das Bundesministerium erstmals Mitte des Jahres 2005 berichten.
Umsetzung:
Das für die Genehmigung von Freisetzungen zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit wurde angewiesen, die im Rahmen genehmigter Freisetzungen von den Betreibern vorgelegten Monitoringberichte auszuwerten, damit über die Ergebnisse dieser Auswertung Mitte des Jahres 2005 berichtet werden kann.
Erklärung:
4. Zur Abdeckung von Ausgleichsansprüchen, die trotz Einhaltung der Vorsorgepflicht nach § 16b Gentechnikgesetz entstehen, stellen nach Ansicht des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft sowohl ein nicht steuerfinanzierter Ausgleichsfonds als auch eine Versicherungslösung geeignete Maßnahmen sowohl für kommerziellen Anbau als auch für Freisetzungen dar. Das Bundesministerium ermuntert die Wirtschaftsbeteiligten dazu, auf freiwilliger Basis einen Ausgleichsfonds einzurichten. Die Finanzierung des Ausgleichsfonds sollte durch diejenigen Wirtschaftsbeteiligten erfolgen, die einen Nutzen aus dem Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen haben. Unabhängig von den Bemühungen zur Einrichtung eines Fonds wird das Bundesministerium erneut das Gespräch mit der Versicherungswirtschaft suchen, um zu einer adäquaten Versicherungslösung zu gelangen.
Umsetzung:
Das Ministerium hat sich in der Öffentlichkeit mehrfach für nichtsteuerfinanzierte Ausgleichsfonds in der Verantwortung der Wirtschaftsbeteiligten ausgesprochen. Im Übrigen ist das Ministerium mit der Versicherungswirtschaft in Kontakt. Gesprächspartner ist der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft eV (GDV) und einzelnen Versicherungsgesellschaften. Dabei wurde auf den erheblichen Aufwand für die Entwicklung entsprechender Versicherungsmodelle hingewiesen und Zweifel an der Wirtschaftlichkeit eines solchen Angebots geäußert. Die Gespräche wurden fortgesetzt.
Erklärung:
5. Das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft wird zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Gentechnikrechts einen Bericht über die Wirkung des Gesetzes, insbesondere von § 36a GenTG, vorlegen, auf dessen Grundlage gegebenenfalls über die Novellierung des Gesetzes zu entscheiden ist. Das Bundesministerium wird Bundesländer an der Erstellung des Berichts beteiligen.
Umsetzung:
Das Ministerium wird den Bericht unter Beteiligung der Länder zum genannten Zeitpunkt vorlegen.
Erklärung:
6. Das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft wird dafür Sorge tragen, dass die Ergebnisse aus dem Erprobungsanbau, der in einigen Bundesländern bislang erfolgt ist, wie auch die Ergebnisse und Erfahrungen aus anderen Versuchen bei der Ausgestaltung der Rechtsverordnungen berücksichtigt werden, die auf der Grundlage des Gesetzes zur Neuordnung des Gentechnikrechts mit Zustimmung des Bundesrates beschlossen werden. Geeigneter Erprobungsanbau mit zum Inverkehrbringen zugelassenen gentechnisch veränderten Pflanzen soll von Bundeseinrichtungen wissenschaftlich begleitet werden.
Umsetzung:
Die Ergebnisse aus dem Erprobungsanbau, der 2004 in einigen Bundesländern erfolgt ist, sowie die Ergebnisse anderer Versuche werden sorgfältig geprüft und bei Relevanz in die Ausgestaltung der neuen Pflanzenerzeugungsverordnung selbstverständlich einbezogen. Im Übrigen plant das Ministerium die Durchführung eines eigenen Erprobungsanbaus unter Einbeziehung von wissenschaftlicher Begleitung von Bundeseinrichtungen.