Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 112012 - vom 18. Juni 2007. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 24. Mai 2007 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine jüngsten Entschließungen zu Jammu und Kaschmir, insbesondere seine Entschließung vom 29. September 2005 zu den Beziehungen EU-Indien: Eine strategische Partnerschaft1, vom 17. November 2005 zu Kaschmir2, vom 18. Mai 2006 zu dem Jahresbericht 2005 zur Menschenrechtslage in der Welt und zur Menschenrechtspolitik der Europäischen Union3, vom 28. September 2006 zu den Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen der EU und Indien4, und vom 22. April 2004 zur Lage betreffend Menschenrechte und Demokratie in der Islamischen Republik Pakistan5,
- - unter Hinweis auf das Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Islamischen Republik Pakistan über Partnerschaft und Entwicklung6, dessen Abschluss am 22. April 2004 vom Parlament angenommen wurde7,
- - in Kenntnis aller Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu diesem Thema zwischen 1948 und 19718,
- - unter Hinweis auf die Befürchtungen verschiedener Arbeitsgruppen und Berichterstatter des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen und dessen Vorläufer, des Menschenrechtsausschusses der Vereinten Nationen, sowie internationaler Menschenrechtsorganisationen in Bezug auf die Verletzung der Menschenrechte in Kaschmir,
- - unter Hinweis auf das Indus-Wasser-Abkommen zwischen Indien und Pakistan von 1960,
- - unter Hinweis auf den vom Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten im November 2004 angenommenen Bericht über die Reisen der Adhoc-Delegation des Parlaments nach Jammu und Kaschmir,
- - unter Hinweis auf das verheerende Erdbeben, das Jammu und Kaschmir am 8. Oktober 2005 heimgesucht hat,
- - unter Hinweis auf die Resolution Nr. A/RES/60/13 vom 14. November 2005 der Generalversammlung der Vereinten Nationen, in der die Regierungen und die Menschen, die an der Erdbebennothilfe und an den Wiederaufbaubemühungen beteiligt waren, gelobt werden,
- - unter Hinweis auf den Besuch des Präsidenten Pervez Musharraf der Islamischen Republik Pakistan beim Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten vom 12. September 2006,
- - unter Hinweis auf das 7. Gipfeltreffen EU-Indien in Helsinki vom 13. Oktober 2006,
- - unter Hinweis auf die erneuten Friedensbemühungen in Kaschmir seit Inkrafttreten des Waffenstillstandsabkommens im Jahr 2003 und die anschließende Zusage von Präsident Musharraf im Januar 2004, wonach Pakistan dem grenzüberschreitenden Terrorismus keine Basis biete, die zukunftsorientierte Vision des indischen Premierministers Manmohan Singh, wonach Grenzen nicht aufgehoben werden können, jedoch bedeutungslos gemacht werden sollten, und die weitere Runde von Friedensgesprächen, die am 17. Januar 2007 begonnen haben,
- - unter Hinweis auf den jüngsten Vierpunkteplan von Präsident Musharraf, den Kaschmir-Konflikt zu lösen (keine Veränderung der Grenzen von Jammu und Kaschmir, Freizügigkeit für die Menschen an der Grenz- und Kontrolllinie, eine gestaffelte Entmilitarisierung und Selbstverwaltung mit einem gemeinsamen Überwachungsmechanismus, an dem sich Indien, Pakistan und die Kaschmiris beteiligen), sowie unter Hinweis auf den Vorschlag von Premierminister Singh, es solle ein umfassender Vertrag für Frieden, Sicherheit und Freundschaft ausgearbeitet werden,
- - unter Hinweis auf den Besuch des indischen Außenministers Pranab Mukherjee am 13. und 14. Januar 2007 in Pakistan, in dessen Verlauf vier Abkommen über vertrauensbildende Maßnahmen unterzeichnet wurden,
- - unter Hinweis auf den Asienbericht Nr. 125 der Internationalen Krisengruppe vom 11. Dezember 2006 und die Berichte von Amnesty International, Freedom House, Human Rights Watch und der Abteilung Menschenrechte des Außenministeriums der Vereinigten Staaten,
- - unter Hinweis auf die Reisen des Berichterstatters des Parlaments zu beiden Seiten der Grenz- und Kontrolllinie im Juni 2006,
- - gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,
- - in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A6-0158/2007),
A. in der Erwägung, dass das umstrittene Gebiet, welches das ehemalige Fürstentum Jammu und Kaschmir bildete, derzeit jeweils separat von der Republik Indien, der Islamischen Republik Pakistan und der Volksrepublik China verwaltet wird und eine Gesamtbevölkerung von 13,4 Millionen aufweist,
B. in der Erwägung, dass ein Großteil der Bevölkerung von Jammu und Kaschmir, insbesondere Gilgit und Baltistan, unter extremer Armut und Vernachlässigung leidet, erschreckende Defizite bei den grundlegenden Fähigkeiten Lesen, Schreiben und Rechnen, sowie in Bezug auf den Zugang zur Gesundheitsfürsorge aufweist, und dass demokratische Strukturen und Rechtsstaatlichkeit und Justiz nur sehr mangelhaft entwickelt sind; ferner in der Erwägung, dass die Gesamtregion Jammu und Kaschmir unter einem außergewöhnlichen wirtschaftlichen Niedergang leidet,
C. in der Erwägung, dass die Frage der Wasserressourcen auch ein Faktor ist, der den Konflikt zwischen Pakistan und Indien über Jammu und Kaschmir verschärft und für eine endgültige Lösung von Bedeutung ist,
D. in der Erwägung, dass Jammu und Kaschmir seit nunmehr fast 60 Jahren die Ursache für Konflikte sind und dass es in dieser Zeit eine Vielzahl von bewaffneten Konflikten zwischen Indien, Pakistan und China gegeben hat; in der Erwägung, dass diese Konflikte über 80 000 Todesopfer gefordert haben sollen; in der Erwägung, dass die Konflikte zwischen Indien und Pakistan jetzt auch internationalen Terrorismus umfassen, und in der Erwägung, dass China, Indien und Pakistan inzwischen Atommächte sind und Indien und Pakistan den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet haben,
E. in der Erwägung, dass es zahlreiche Hinweise gibt, wonach Pakistan militante kaschmirische Gruppierungen über Jahre hinweg ausgebildet und mit Waffen, Geld und Schutz unterstützt hat und diese Gruppierungen aber nie für die Verbrechen, die sie in dem von Indien verwalteten Teil begangen haben, zur Rechenschaft gezogen hat; in der Erwägung, dass die Einschleusung von militanten Gruppierungen in den von Indien verwalteten Teil Jammu und Kaschmir Berichten der indischen Regierung zufolge jedoch seit dem 11. September 2001 erheblich zurückgegangen ist, und in der Erwägung, dass die Regierung Pakistans die Politik der Einschleusung endgültig aufgeben sollte,
F. in der Erwägung, dass seit November 2003 Waffenruhe an der Grenz- und Kontrolllinie herrscht und dass diese Waffenruhe trotz einiger Verstöße weiterhin eingehalten wird,
G. in der Erwägung, dass Indien und Pakistan dank dieser Waffenruhe einen Dialog über Jammu und Kaschmir aufnehmen konnten, der jetzt erste bescheidene Erfolge zeigt; in der Erwägung, dass eine Reihe vertrauensbildender Maßnahmen als Teil des Friedensprozesses durchgeführt wird; ferner in der Erwägung, dass die Bevölkerung Kaschmirs sich bemüht, die Früchte dieser vertrauensbildenden Maßnahmen zu ernten, und sie vor Ort konkret umsetzt; in der Erwägung, dass die Kaschmiris auf der chinesischen Seite bei diesem Prozess außen vor bleiben,
H. in der Erwägung, dass die zum Abschluss des Besuchs von Präsident Musharraf in Indien am 18. April 2005 von Indien und Pakistan gemeinsam abgegebene Erklärung dazu beigetragen hat, den Prozess der Annäherung zwischen den beiden Ländern zu verstärken, insbesondere indem die Unumkehrbarkeit des Friedensprozesses bekräftigt und die Anstrebung einer ni.htm .litärischen Lösung des Kaschmir-Konflikts hervorgehoben wurde,
I. in der Erwägung, dass die wirtschaftliche Entwicklung für den Aufbau der physischen und sozialen Infrastruktur sowie zur Verbesserung des Produktionspotenzials von Jammu und Kaschmir entscheidend ist; in der Erwägung, dass die Gemeinsame Erklärung EU-Pakistan von 8. Februar 2007 ein positiver Schritt zur Stärkung ihrer Beziehungen ist, sowie in der Erwägung, dass beide Seiten bestrebt sind, die Umsetzung der Kooperationsabkommen der dritten Generation voranzutreiben, in der Überzeugung, dass dies zur Förderung der sozioökonomischen Entwicklung und des Wohlstands in Pakistan beitragen könnte; in der Erwägung, dass die Europäische Union und Pakistan ihr Engagement bekräftigt haben, Konflikte auf friedlichem Wege im Einklang mit dem Völkerrecht, bilateralen Abkommen und den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen zu lösen,
J. in der Erwägung, dass das derzeitige, seit 1994 geltende ausführliche Kooperationsabkommen der dritten Generation zwischen der Europäischen Union und Indien als institutionelle Grundlage eine gemeinsame politische Erklärung hat, in der jährliche Treffen auf Ministerebene festgelegt wurden und die Einleitung eines umfassenden politischen Dialogs gefördert wurde,
K. in der Erwägung, dass am Morgen des 8. Oktober 2005 ein Erdbeben mit einer Stärke von 7,6 auf der Richterskala, das verheerendste internationale Erdbeben seit Menschengedenken, ein breites Gebiet von Afghanistan bis Pakistan und Indien heimsuchte, die größten Auswirkungen jedoch in Jammu und Kaschmir zu spüren waren, wobei in Azad Jammu und Kaschmir und in der nordwestlichen Grenzprovinz Pakistans außergewöhnlich hohe Verluste zu verzeichnen waren,
L. in der Erwägung, dass das Erdbeben innerhalb weniger Minuten über 75 000 Todesopfer in Azad Jammu und Kaschmir forderte, eine Zahl, die später auf 88 000 anstieg, und 6 000 Menschenleben in dem von Indien verwalteten Jammu und Kaschmir forderte, und Zehntausende von Menschen dabei Verletzungen erlitten, Millionen heimatlos gemacht wurden, die auf der pakistanischen Seite nur die allernötigste Grundversorgung erhielten und ohne dauerhafte Bleibe, Beschäftigung, Gesundheitsfürsorge und Bildung sind; in der Erwägung, dass Dutzende von Städten und Dörfern teilweise oder vollkommen zerstört wurden, die Landwirtschaft stark geschwächt und die Umwelt verseucht wurde, sowie in der Erwägung, dass das Entwicklungsniveau stark zurückgeworfen wurde,
M. in der Erwägung, dass sowohl die staatlichen Streitkräfte als auch die bewaffneten Oppositionstruppen, die am Kaschmir-Konflikt beteiligt sind, sich an die Genfer Konvention von 1949 und das übliche internationale humanitäre Recht halten müssen, wonach Angriffe auf Zivilisten verboten sind und schwerwiegende Verstöße dagegen als Kriegsverbrechen gelten, die die Staaten strafrechtlich verfolgen müssen,
N. in der Erwägung, dass in den letzten zehn Jahren über 2 000 Soldaten beim Siachen-Gletscher getötet wurden, sowie in der Erwägung, dass der Waffenstillstand in der Region Siachen seit November 2005 zu begrüßen ist,
Einleitung
- 1. weist mit Nachdruck darauf hin, dass Indien, Pakistan und China (an das Pakistan 1963 das Gebiet jenseits des Karakorum-Gebietes abtrat) wichtige Partner der Europäischen Union sind, wobei die Beziehungen zu den beiden ersten Ländern den Status einer strategischen Partnerschaft haben; ist davon überzeugt, dass eine Beilegung des anhaltenden Konflikts entlang der Grenz- und Kontrolllinie am besten durch ein ständiges Engagement der Regierungen Indiens und Pakistans erreicht werden kann, wobei die Bevölkerungen aller Teile des ehemaligen Fürstentums einbezogen werden muss; ist jedoch der Auffassung, dass die Europäische Union aufgrund früherer Erfahrungen der erfolgreichen Konfliktbewältigung in einem multiethnischen, multinationalen und multireligiösen Rahmen hier etwas zu bieten hat; bietet daher diese Entschließung und alle Treffen, die sich daraus ergeben könnten, als Teil einer gemeinsamen Erfahrung an, von der auch die Europäische Union lernen kann; betont erneut die Bedeutung einer anhaltenden Unterstützung der Europäischen Union sowohl für Indien als auch für Pakistan bei der Umsetzung des Friedensprozesses 2004;
- 2. stellt fest, dass Indien die größte säkulare Demokratie der Welt ist und demokratische Strukturen auf allen Ebenen entwickelt hat, während Pakistan die Demokratie in Azad Jammu und Kaschmir noch nicht voll umgesetzt hat und in Gilgit und Baltistan in Bezug auf die Demokratie noch einige Fortschritte machen muss; stellt fest, dass beide Länder Atommächte außerhalb des Atomwaffensperrvertrags sind; betont, dass zwar Indiens nukleare Doktrin auf dem Grundsatz beruht, keinen atomaren Erstschlag zu führen, Pakistan eine solche Zusage aber noch machen muss; stellt ebenfalls fest, dass Präsident Musharraf nicht in der Lage war, sein Versprechen von 1999 einzuhalten, "dass die Streitkräfte nicht die Absicht hätten, länger an der Macht zu bleiben, als es unbedingt notwendig ist, um den Weg zu bereiten, dass sich eine echte Demokratie in Pakistan entfalten kann";
- 3. bedauert außerordentlich die negative Kette von Ereignissen, die durch die Absatzung des Obersten Richters Iftikhar Muhammad Chaudhry in Gang gesetzt wurde, und die jüngsten Ausbrüche von Gewalt, anerkennt jedoch, dass die Absatzung tatsächlich eine neue Debatte über Demokratie, Verfassungsmäßigkeit und die Rolle des Militärs in Pakistan eröffnet hat; betont die dringende Notwendigkeit eines sicheren und unabhängigen Justizsystems, um die Situation des Volkes von Pakistan und insbesondere der Bevölkerung von Azad Jammu und Kaschmir sowie Gilgit und Baltistan zu verbessern;
- 4. fordert die Vertreter der Regierungen sowohl Indiens als auch Pakistans auf, die Chance zu nutzen, die sich aus den Erklärungen von Ministerpräsident Singh und Präsident Musharraf ergibt, der Suche nach Möglichkeiten einer erweiterten Selbstverwaltung, Bewegungsfreiheit, Entmilitarisierung und zwischenstaatlicher Zusammenarbeit in Bereichen wie Wasser, Tourismus, Handel und Umwelt einen neuen Impuls zu geben und einen echten Durchbruch bei der Suche nach einer Lösung des Kaschmir-Konflikts zu fördern;
- 5. stellt fest, dass die Auswirkungen des Erdbebens auf die Menschen in Azad Jammu und Kaschmir die bereits schlechte Versorgung noch weiter verschlechtert und das Potenzial zum Aufbau von Institutionen und Kapazitäten auf dramatische Weise beeinträchtigt hat; fordert die Europäische Union nachdrücklich auf, den Bewohnern Kaschmirs in dieser Hinsicht Unterstützung und Hilfestellung zuteil werden zu lassen;
- 6. fordert die Regierung Pakistans und die Regierung Indiens mit Nachdruck auf, die wesentlichen Fragen, bei denen es um Uferstreitigkeiten im Zusammenhang mit den großen Strömen und die Nutzung der Flüsse, die durch Jammu und Kaschmir fließen (die Flüsse Indus, Jhelum, Chenab, Ravi, Beas und Sutlej), geht, so schnell wir möglich unter Bezugnahme auf den im Indus-Wasser-Abkommen von 1960 derzeit zur Verfügung stehenden Mechanismus zu lösen; weist jedoch mit Nachdruck darauf hin, dass die Befriedigung der Bedürfnisse der betroffenen Bevölkerung in den Bereichen Landwirtschaft, Fischerei, Tierhaltung und Wasserversorgung, z.B. die Verstärkung des Mangla-Staudamms oder der Bau des Baglihar-Damms, eine wichtige Priorität bleiben muss, und appelliert an beide Regierungen, umfassende Umwelt- und Sozialverträglichkeitsstudien in Auftrag zu geben, bevor künftige Entscheidungen über ein weiteres Dammprojekt getroffen werden;
- 7. äußert seine große Besorgnis über die negativen Auswirkungen, die der seit langer Zeit anhaltende Konflikt auf die Umwelt in Jammu und Kaschmir hatte, und zwar in einem Maße, dass die wirtschaftliche Zukunft von Jammu und Kaschmir aufgrund einer gravierenden Verschlechterung der Bodenqualität, von Luftverschmutzung, Verschmutzung der Flüsse und, was höchst dramatisch ist, des früheren Touristenanziehungspunkts Dal Lake, sowie der Entwaldung und des Aussterbens der Wildtiere auf dem Spiel steht;
- 8. nimmt die Bedeutung von Wasser, Sicherheit und einer nachhaltigen und sicheren Energieversorgung für die Stabilität und das Wachstum der Region sowie in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Entwicklung von Projekten in den Bereichen Bewässerung und Wasserkraft zur Kenntnis; hält es für unbedingt erforderlich, dass die Regierung Pakistans und die Regierung Indiens ihren konstruktiven Dialog fortführen und Vertreter der Bevölkerung Kaschmirs zu Fragen über Uferstreitigkeiten konsultieren, und fordert sie nachdrücklich auf, bei Wasserressourcen einen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen und anzuerkennen, dass wichtige Zusammenhänge zwischen Wasser, Land, örtlichen Benutzern, Umwelt und Infrastruktur bestehen;
- 9. hebt das gemeinsame Erbe Indiens und Pakistans hervor, das in der alten Kultur Jammus und Kaschmirs zum Ausdruck kommt; erkennt den Pluralismus, die vielfältige Kultur und die vielen Glaubensrichtungen und säkularen Traditionen der Menschen in Jammu und Kaschmir, die im indischen Teil von Jammu und Kaschmir gewahrt werden, an und misst ihnen einen hohen Stellenwert bei;
- 10. ist der Auffassung, dass die Achtung der Europäischen Union für regionale Identitäten und ihre Bemühungen, dafür zu sorgen, dass ihre eigenen Beschlüsse auf der geeignetsten Verwaltungsebene (d. h. möglichst nah an den Betroffenen) gefasst werden, für das Streben des kaschmirischen Volkes nach übertragenen Entscheidungsstrukturen und nach Anerkennung ihrer einzigartigen kulturellen Identität von Bedeutung sind;
Politische Lage: die Hoffnungen der Menschen
- 11. spricht Indien und Pakistan seine Anerkennung für die laufenden Friedensbemühungen aus und unterstützt diese; begrüßt die Tatsache, dass die bilateralen Gespräche, die nach den Bombenattentaten in Mumbai im Juli 2006 drei Monate lang ausgesetzt wurden, wieder aufgenommen wurden; unterstreicht, dass die Region, die Europäische Union und die internationale Gemeinschaft die laufenden bilateralen Gespräche unterstützen müssen und dass der Austausch über eine Lösung des Konflikts weiter intensiviert werden muss, wobei den Menschen in Jammu und Kaschmir und ihren Nachbarn eine bessere Zukunft gewährleistet werden und eine Lösung des Kaschmir-Konflikts gefunden werden muss, die für alle Beteiligten akzeptabel ist;
- 12. fordert die Europäische Union auf, die Einbeziehung der lokalen Zivilgesellschaft in den Friedensprozess zu unterstützen und in erster Linie Peopleto-People-Projekte zu fördern, um den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen pakistanischen, indischen und kaschmirischen NRO voranzubringen;
- 13. hat die vertrauensbildenden Maßnahmen, die von Indien und Pakistan eingeleitet wurden und beim Abbau der Spannungen und des Misstrauens auf beiden Seiten einen gewissen Erfolg zeigen und grenzüberschreitende Familienzusammenführungen nach Jahren der Trennung ermöglicht haben, ausdrücklich begrüßt; weist besonders darauf hin, dass sich die Regierungen Indiens und Pakistans verstärkt darum bemühen sollten, die Bevölkerung Kaschmirs in die Lösung der Kernfragen einzubeziehen;
- 14. weist darauf hin, dass die normalen Bürger Kaschmirs aufgrund der humanitären Lage nach dem Erdbeben nunmehr allmählich aus dem Friedensprozess Nutzen ziehen, weil an der Grenz- und Kontrolllinie Handel getrieben wird und sowohl die indische als auch die pakistanische Regierung sich politisch zur Freizügigkeit sowie zum freien Verkehr von Gütern und Dienstleistungen bekannt haben (auch wenn dies erst in begrenztem Umfang erfolgt); fordert erneute Anstrengungen, damit alle Kaschmiris unabhängig von ihrer politischen Zugehörigkeit eng in die Modalitäten des Friedensprozesses und die vertrauensbildenden Maßnahmen eingebunden werden;
- 15. weist mit Nachdruck darauf hin, dass die Krisen und Konflikte der letzten Jahre die Bedeutung der Vereinten Nationen nicht geschwächt, sondern gestärkt haben und dass die Vereinten Nationen weiterhin ein wichtiges Forum für den Dialog und die Diplomatie sind; verweist auf die große Zahl der Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen von 1948 bis 1971 zu Kaschmir, in denen sowohl die indische Regierung als auch die pakistanische Regierung aufgefordert wurden, alles in ihren Kräften Stehende zu tun, um die Lage zu verbessern, und in denen die Überzeugung zum Ausdruck gebracht wurde, dass eine friedliche Beilegung des Konflikts den Interessen der Bevölkerungen in Jammu und Kaschmir, Indien und Pakistan am dienlichsten wäre; zieht angesichts dieser Überlegungen sowie angesichts wiederholter Verstöße gegen die in den diversen Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen dargelegten Punkte die Schlussfolgerung, dass die Voraussetzungen zur Einleitung einer Volksabstimmung bisher nicht erfüllt sind;
- 16. bekräftigt, dass nach Artikel 1 Absatz 1 des Internationalen Pakts der Vereinten Nationen über bürgerliche und politische Rechte alle Völker das Recht auf Selbstbestimmung haben; kraft dieses Rechts können sie frei über ihren politischen Status entscheiden und in Freiheit ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung gestalten; bekräftigt, dass nach Artikel 1 Absatz 3 alle Vertragsstaaten entsprechend den Bestimmungen der Charta der Vereinten Nationen die Verwirklichung des Rechts auf Selbstbestimmung zu fördern und dieses Recht zu achten haben; stellt jedoch fest, dass in allen Resolutionen der Vereinten Nationen zum Kaschmir-Konflikt ausdrücklich und ausschließlich das Recht des ehemaligen Fürstentums Jammu und Kaschmir anerkannt wird, Teil von Indien oder Pakistan zu werden; begrüßt im Rahmen einer dauerhaften Lösung des Kaschmir-Konflikts, die für die gesamte Region von außerordentlichem Nutzen wäre, die neuen Ideen, die derzeit im Rahmen des strukturierten Dialogs (Composite Dialogue) und der Gespräche am runden Tisch mit Indien erörtert werden (wobei die Wiederaufnahme des Dialogs der indischen Regierung mit der Allparteienkonferenz Hurriyat (APHC) besonders zu begrüßen ist); begrüßt insbesondere die Idee, die Grenzen auf Dauer bedeutungslos zu machen, die Einführung eines Systems der Selbstverwaltung und institutionelle Vorkehrungen für eine gemeinsame oder kooperative Verwaltung; ermuntert sowohl Indien als auch Pakistan nachdrücklich, diese Konzepte in gemeinsamen Diskussionen und mit den Kaschmiris auf beiden Seiten der Grenz- und Kontrolllinie und in Gilgit und Baltistan zu prüfen;
- 17. bedauert die anhaltende politische und humanitäre Krise in allen vier Teilen Jammus und Kaschmirs; begrüßt jedoch die Rolle des strukturierten Friedensprozesses bei den Bemühungen um eine dauerhafte Lösung für die Kaschmiris auf der Grundlage von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Achtung der Grundrechte; unterstützt den Ansatz des "zweiten Weges" sowie einen umfassenden Dialog, an dem namhafte Persönlichkeiten, Akademiker und andere einschlägige Experten aus allen Teilen Kaschmirs sowie aus Indien und Pakistan, die praktische Vorschläge für eine engere Zusammenarbeit vorlegen, beteiligt werden sollen; beglückwünscht Indien und Pakistan, diese Gruppen zusammengebracht zu haben, und schlägt vor, dass die Europäische Union praktische Unterstützung bietet, wann immer sie von beiden Seiten und im Rahmen des strukturierten Friedensprozesses dazu aufgefordert wird;
- 18. bedauert jedoch, dass Pakistan es konsequent versäumt hat, seine Verpflichtungen zur Einführung repräsentativer demokratischer Strukturen, die diese Bezeichnung auch verdienen, in Azad Jammu und Kaschmir einzuführen; stellt insbesondere fest, dass Kaschmir in der Nationalversammlung Pakistans immer noch nicht vertreten ist und dass Azad Jammu und Kaschmir von dem Ministerium für die Angelegenheiten Kaschmirs in Islamabad verwaltet wird, dass pakistanische Beamte den Kaschmir-Rat beherrschen und dass der leitende Sekretär, der Generalinspektor der Polizei, der Generalhaushaltsprüfer und der Finanzsekretär alle aus Pakistan stammen; missbilligt die Bestimmung in der Interimsverfassung von 1974, wonach jede politische Aktivität, die nicht der Doktrin entspricht, dass Jammu und Kaschmir Teil Pakistans sind, untersagt ist und jeder Bewerber um einen Parlamentssitz in Azad Jammu und Kaschmir verpflichtet ist, eine entsprechende Loyalitätserklärung zu unterzeichnen; ist besorgt darüber, dass es in der Region Gilgit-Baltistan keinerlei demokratische Repräsentation gibt; macht ferner auf die Tatsache aufmerksam, dass die Verordnung der Regierung Pakistans von 1961 über Jammu und Kaschmir (Verwaltung von Besitz) das von Pakistan kontrollierte Land, das am 15. August 1947 zum Staat Jammu und Kaschmir gehörte, der Bundesregierung übertragen hat;
- 19. bedauert außerordentlich, dass die derzeitige Regierung Pakistans hinsichtlich der ethnischen Identität von Gilgit und Baltistan weiterhin ambivalent ist, wobei Erklärungen des Präsidenten von offiziellen Regierungsmitteilungen widersprochen wird; empfiehlt nachdrücklich, dass die Regierung Pakistans das Urteil des Obersten Gerichtshofs Pakistans vom 28. Mai 1999, das das kaschmirische Erbe der Bevölkerung von Gilgit und Baltistan hervorhebt und feststellt, dass die Regierung deren grundlegenden Menschenrechte, demokratischen Freiheiten und den Zugang zur Justiz gewährleisten sollte, unterstützt und umsetzt;
- 20. räumt ein, dass Pakistan sich in einer besonders komplexen Situation befindet und dass von vielen Seiten Druck auf das Land ausgeübt wird;
- - bedauert jedoch zutiefst, dass aufgrund des Fehlens eines ausreichenden politischen Willens auf nationaler Ebene, die grundlegende Versorgung, die politische Teilhabe und die Rechtsstaatlichkeit in Azad Jammu und Kaschmir anzugehen, die Frauen dort nach dem Erdbeben in einer verzweifelten Lage sind;
- - weist erneut auf die Unterzeichnung des Kooperationsabkommens der dritten Generation EG-Pakistan im Jahr 2001 hin, in dem in Artikel 1 die Achtung der Menschenrechte und der Grundsätze der Demokratie als ein Grundelement festgeschrieben sind, und fordert die Europäische Union nachdrücklich auf, ihren Teil dazu beizutragen, um die Einhaltung dieser Grundsätze bei der Durchführung des Abkommens sicherzustellen; ist daher besonders besorgt darüber, dass die Menschen in Gilgit und Baltistan unter der direkten Herrschaft des Militärs stehen und über keine demokratischen Rechte verfügen;
- - nimmt die Annahme des Gesetzes über den Schutz der Frauen zur Überarbeitung der sich auf die Scharia stützenden Hudood-Gesetze über Ehebruch und Vergewaltigung als einen positiven Schritt zur Kenntnis, um einen besseren Schutz der Rechte der Frau in Pakistan zu gewährleisten, und begrüßt das Eintreten von Präsident Musharraf und von überzeugten Reformern im Parlament für diese Änderungen trotz der Versuche, sie zum Scheitern zu bringen; betont jedoch, dass außer Frage steht, dass Pakistan noch mehr tun muss, um seine Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte zu erfüllen;
- - ist weiterhin besorgt über die schwierige Lage, in der sich alle Minderheiten in der gesamten Region befinden;
- 21. fordert Pakistan nachdrücklich auf, seine Auffassung über demokratische Verantwortlichkeit und die Rechte der Minderheiten und die Rechte der Frauen in Azad Jammu und Kaschmir einer Revision zu unterziehen, da diese wie andernorts auch ein Schlüsselfaktor sind, wenn die Bedingungen für die Menschen verbessert und die Bedrohung des Terrorismus abgewehrt werden soll;
- 22. bringt seine Besorgnis über die fehlende Meinungsfreiheit in Azad Jammu und Kaschmir sowie über Berichte über Folterung und Misshandlungen, über die Diskriminierung von Flüchtlingen aus dem von Indien verwalteten Jammu und Kaschmir und über Korruption unter Regierungsbeamten zum Ausdruck und fordert die pakistanische Regierung auf sicherzustellen, dass die Menschen in Azad Jammu und Kaschmir ihre bürgerlichen und politischen Grundrechte in einem Umfeld wahrnehmen können, das frei ist von Zwang und Angst;
- 23. fordert Pakistan ferner auf, in Azad Jammu und Kaschmir die Abhaltung freier und fairer Wahlen sicherzustellen, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Parlamentswahlen vom 11. Juli 2006 durch massiven Wahlschwindel und Manipulationen bei der Stimmabgabe gekennzeichnet waren und jeder Kandidat, der sich weigerte, sich dem Standpunkt anzuschließen, dass Kaschmir Pakistan beitreten solle, von den Wahlen ausgeschlossen wurde; fordert Pakistan ebenfalls auf, zum ersten Mal Wahlen in Gilgit und Baltistan abzuhalten;
- 24. fordert die Regierungen Pakistans und Indiens weiterhin nachdrücklich auf, den in Siachen seit 2003 bestehenden Waffenstillstand in einen dauerhaften Friedensvertrag umzuwandeln, denn hier, auf dem höchsten Schlachtfeld der Welt, sterben mehr Soldaten jährlich aus klimatischen Gründen als aufgrund des bewaffneten Konflikts;
- 25. fordert die Europäische Union auf, Indien und Pakistan . unbeschadet der Position jeder Seite . bei der Aushandlung einer Zone der vollständigen Truppenentflechtung in der Region Siachen zu unterstützen, insbesondere indem sie Unterstützung in Form von Überwachungstechnologien und Verifizierungsverfahren anbietet;
- 26. fordert die militanten bewaffneten Gruppen auf, einen Waffenstillstand auszurufen, auf den ein Prozess der Entwaffnung, Demobilisierung und Wiedereingliederung folgen sollte; fordert die Regierung Pakistans und die Regierung Indiens auf, einen solchen Waffenstillstand zu erleichtern;
- 27. ermuntert die Regierung Pakistans, Websites und Zeitschriften mit militantem Inhalt zu schließen; schlägt vor, dass die Regierungen Pakistans und Indiens die Verabschiedung eines Gesetzes gegen Hassreden ins Auge fassen;
- 28. stellt fest, dass das von Indien verwaltete Jammu und Kaschmir gemäß Artikel 370 der indischen Verfassung einen Sonderstatus genießt, der ihm größere Autonomie verleiht als den anderen Staaten der Union; ist über die jüngsten Maßnahmen in Jammu und Kaschmir zur Stärkung der Demokratie (was sich in der Wahlbeteiligung von 75 % bei den jüngsten Kommunalwahlen gezeigt hat) und über die Bemühungen von Premierminister Singh zur Wiederaufnahme des Dialogs mit der APHC erfreut; stellt jedoch fest, dass es in der Praxis immer noch Unzulänglichkeiten gibt, was die Menschenrechte und die direkte Demokratie betrifft, was z.B. dadurch zum Ausdruck kommt, dass alle Bewerber um ein politisches Amt in Jammu und Kaschmir (sowie in anderen Staaten) einen Loyalitätseid auf die Verfassung des Staates Jammu und Kaschmir leisten müssen, der die Integrität Indiens aufrechterhält; fordert die nationale Menschenrechtskommission Indiens (NHRC) mit Nachdruck auf, ihr Mandat im Zusammenhang mit mutmaßlichen oder nachgewiesenen Verstößen uneingeschränkt auszuüben, und fordert die NHRC mit Nachdruck auf, Abhilfe zu schaffen, was die Tatsache betrifft, dass Menschenrechtsexperten in ihrem Verwaltungsrat nicht vertreten sind, um der NHRC noch mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen; sieht stärkeren Fortschritten in diesem Bereich und positiven Ergebnissen im Zusammenhang mit den neuen Gesetzen über Kinderarbeit und über Frauen und Gewalt mit Erwartung entgegen; stellt mit Besorgnis fest, dass zahlreiche Kaschmiris ohne faires Verfahren in Haft gehalten werden;
- 29. bedauert die nachgewiesenen Menschenrechtsverletzungen durch die indischen Streitkräfte, insbesondere wenn Morde und Vergewaltigungen weiterhin in einem Klima der Straflosigkeit verübt werden; stellt mit Besorgnis fest, dass die NHRC rechtlich nicht befugt ist, die Menschenrechtsverstöße zu untersuchen, die von den indischen Sicherheitskräften verübt wurden; ist aber dennoch erfreut über die Empfehlung der NHRC . der auch Folge geleistet wird . dass die Armee hochrangige Offiziere benennen sollte, um die Einhaltung der grundlegenden Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit in ihren Militäreinheiten zu überwachen; nimmt die Zusage der indischen Regierung vom September 2005 zur Kenntnis, Menschenrechtsverletzungen nicht zu tolerieren; fordert das Unterhaus des indischen Parlaments, Lok Sabha, nachdrücklich auf, die Abänderung des Gesetzes zum Schutze der Menschenrechte in Erwägung zu ziehen, damit die NRHC unabhängig Anschuldigungen über Missbrauch durch Angehörige der Streitkräfte nachgehen kann;
- 30. betont, wie riskant es ist, die Todesstrafe in einer komplexen politischen Situation wie in dem Streit um Kaschmir beizubehalten, wo das Recht auf einen fairen Prozess nicht gewährleistet zu sein scheint; nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, dass Südasien in Bezug auf die Todesstrafe weiterhin die Lage schlecht ist, und bedauert zutiefst, dass sowohl die indische als auch die pakistanische Regierung für deren Beibehaltung sind; begrüßt, dass zu den entschiedenen Befürwortern der Abschaffung der Todesstrafe in der Region Präsident Kalam und der neu ernannte Oberste Richter beim Obersten Gerichtshof in Indien gehören; begrüßt die Resolution 2005/59 der UN-Menschenrechtskommission über die Frage der Todesstrafe und bekräftigt die EU-Menschenrechtsrichtlinien zur Todesstrafe; drängt Indien und Pakistan, den Beitritt zum Zweiten Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und zivile Rechte und ähnliche regionale Übereinkommen mit Blick auf Einführung eines Moratoriums zur Todesstrafe in Betracht zu ziehen und sich in Richtung ihrer vollständigen Abschaffung zu bewegen;
- 31. begrüßt in diesem Zusammenhang die Erklärungen des Premierministers Singh, der eine "Null-Toleranz für Menschenrechtsverletzungen" in Kaschmir forderte, und ersucht die indische Regierung, jegliches Vorgehen, wie Hinrichtungen ohne Gerichtsverfahren, das "Verschwinden" von Personen, Folter und willkürliche Festnahmen in Jammu und Kaschmir einzustellen;
- 32. stellt fest, dass die weit verbreitete Straflosigkeit weitere Menschenrechtsverletzungen im gesamten Staat sowohl ermutigt als auch erleichtert; fordert Indien und die Regierung des Staates Jammu und Kaschmir auf, alle Rechtsvorschriften aufzuheben, mit denen den Mitgliedern der Streitkräfte eine nachhaltige Straflosigkeit garantiert wird, und eine unabhängige und unparteiische Untersuchungskommission einzurichten, die sich mit gravierenden Verstößen der indischen Sicherheitskräfte gegen die internationalen Menschenrechte und das internationale humanitäre Recht seit dem Beginn des Konflikts befasst;
- 33. fordert die Regierungen Indiens und Pakistans nachdrücklich auf, internationalen Menschenrechtsorganisationen (wie Freedom House, Amnesty International und Human Rights Watch) unverzüglich und uneingeschränkt Zugang zu allen Teilen des ehemaligen Fürstentums zu gewähren, damit sie die dortige Menschenrechtslage untersuchen und in regelmäßigen Abständen unabhängige Berichte darüber verfassen können; drängt beide Regierungen, sich öffentlich zur uneingeschränkten Zusammenarbeit mit allen Menschenrechtsorganisationen, die ins Land kommen, zu bekennen;
- 34. fordert die Europäische Union nachdrücklich auf, sich entschieden für die Anwendung der Demokratie- und Menschenrechtsklausel in ihren Abkommen mit Indien und Pakistan einzusetzen, dabei einen intensiven politischen Dialog mit beiden Ländern zu Menschenrechtsfragen, auch in Kaschmir anzustreben und die Möglichkeit der Aufnahme eines spezifischen Menschenrechtsdialogs mit Pakistan, wie er mit Indien bereits aufgenommen wurde, sowie der Einrichtung spezifischer Unterausschüsse für Menschenrechte, die sich mit beiden Ländern befassen, zu prüfen, wie dies für einige andere Ländern geschehen ist;
- 35. erkennt die schwierigen Lebensbedingungen einer Reihe von Gruppen an, darunter die zwangsvertriebenen Pandits des Kaschmirtals; fordert mit Nachdruck, dass die Diskriminierung dieser und anderer Gruppen, insbesondere bei Beschäftigungsverhältnissen, energisch bekämpft wird; schlägt vor, dass solche Gruppen in Eigeninitiative Ausschüsse mit ihren eigenen gewählten Vertretern einführen und dadurch gewährleisten, dass Frauen und der Teil der Bevölkerung, der jünger als 25 Jahre alt ist, angemessen vertreten sind;
- 36. schlägt vor, dass Indien den Grad des Erfolgs der Einsetzung des autonomen Bergentwicklungsrats (Autonomous Hill Council) in Ladakh 1993 überprüft; hofft, dass die Handelsroute Kargil-Skardu als Teil der vertrauensbildenden Maßnahmen wieder belebt werden kann und dass die Trennung Ladakh/nördliche Gebiete durch Übergänge überbrückt werden kann, die mit denen vergleichbar sind, die bereits andernorts entlang der Grenz- und Kontrolllinie geöffnet wurden;
- 37. begrüßt insbesondere, dass generell eine immer größere Zahl von Visa für den Reiseverkehr zwischen Indien und Pakistan ausgestellt wird und die Busverbindung Srinagar-Muzaffarabad wieder in Betrieb genommen wurde; stellt fest, dass ihre Benutzung - nach den jüngsten Statistiken - aber auf weniger als 400 Personen auf jeder Seite der Grenz- und Kontrolllinie beschränkt ist; fordert die indischen und die pakistanischen Behörden auf, die Beschränkungen im Bezug auf die Ausstellung von Reisegenehmigungen zu lockern;
- 38. beglückwünscht Indien zu seinen Anstrengungen, die wirtschaftliche und soziale Entwicklung von Jammu und Kaschmir durch spezielle Pakete für diesen Staat zu fördern und seine Schwerpunkte auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und Maßnahmen zur Förderung des Fremdenverkehrs in Jammu und Kaschmir zu legen, und schlägt vor zu prüfen, wie die (bevorstehende) Partnerschaft EU-Indien in Zukunft dazu beitragen könnte, neue qualifizierte Arbeitsplätze, besonders für Frauen und Jugendliche, zu schaffen; ermuntert die Europäische Union, die Initiativen lokaler nichtstaatlicher Organisationen zu unterstützen und Projekte ins Leben zu rufen, mit denen Kapazitäten für Frauen in den Bereichen Produktion und Vermarktung aufgebaut werden; vertritt die Ansicht, dass die Europäische Union Probleme im Bereich der Chancengleichheit lösen könnte, indem sie den Handel mit Erzeugnissen, wie Textilien und Kunsthandwerk, mit denen traditionell Frauen ihren Lebensunterhalt verdienen, verstärkt und den Handel im Dienstleistungsbereich in den Sparten erleichtert, in denen Frauen beschäftigt sind; empfiehlt, die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Europäischen Union und Pakistan auf ähnliche Weise zu stärken;
- 39. fordert sowohl Indien als auch Pakistan auf, zu prüfen, wie sich eine verbesserte Sicherheitslage und die Achtung der Menschenrechte in Bezug auf die Verwirklichung der Ziele, in ganz Jammu und Kaschmir Arbeitsplätze zu schaffen und den Fremdenverkehrssektor zu stärken, auswirken könnten;
Terrorismusbekämpfung
- 40. ist sich bewusst, dass es ohne die Beendigung des Terrorismus keine echten Fortschritte hin zu einer politischen Lösung oder einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Bevölkerung in ganz Jammu und Kaschmir geben kann; stellt fest, dass die Zahl der Opfer von Terroranschlägen zwar in den letzten fünf Jahren ständig gesunken ist, die Aktivitäten der sich ständig ändernden terroristischen Gruppen mit Basen in Azad Jammu und Kaschmir, wie Lashkare-Taiba und Harakat ul-Mujahedeen aber Hunderte Todesopfer im von Indien verwalteten Jammu und Kaschmir und darüber hinaus gefordert haben;
- 41. bedauert die nachgewiesenen Menschenrechtsverletzungen durch Pakistan, auch in Gilgit und Baltistan, wo 2004 angeblich gewalttätige Krawalle stattfanden, sowie die Tatsache, dass Terror und Gewalt durch bewaffnete militante Gruppen allzu häufig vorkommen; fordert Pakistan nachdrücklich auf, seine Auffassungen über die grundlegenden Rechte der freien Meinungsäußerung, der Vereinigungsfreiheit und der freien Religionsausübung in Azad Jammun und Kaschmir und in Gilgit und Baltistan zu überprüfen, und nimmt mit Besorgnis Anschuldigungen von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International über Folter und Inhaftierung ohne Gerichtsverfahren zur Kenntnis; fordert alle Beteiligten mit Nachdruck auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um gegen diese Verstöße vorzugehen; begrüßt die öffentlichen Zusagen Pakistans, gegen die Infiltration von militanten Gruppen über die Grenz- und Kontrolllinie vorzugehen, die außerhalb des Territoriums unter pakistanischer Kontrolle operieren; vertritt jedoch die Auffassung, dass Pakistan sehr viel stärkere und wirksamere Maßnahmen ergreifen muss; fordert nachdrücklich ein anhaltendes und entschiedenes Engagement von Präsident Musharraf, den Terrorismus zu bekämpfen, was anerkanntermaßen eine enorme Herausforderung bedeutet; billigt und unterstützt multilaterale und bilaterale Hilfen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zur Unterstützung Pakistans bei der Bekämpfung des Terrorismus und bei den intensiven Bemühungen, das Leben der Menschen in Azad Jammu und Kaschmir und in Gilgit und Baltistan zu verbessern; fordert die Regierung von Pakistan und die Mitgliedstaaten der Europäischen Union ferner auf, ihre Anstrengungen zur Identifizierung und Festnahme potentieller Rekruten von Terroristen, die aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach Pakistan kommen, zu verstärken; begrüßt die jüngste Einrichtung einer gemeinsamen Plattform der beiden Regierungen zur Bekämpfung des Terrorismus und zum Austausch von nachrichtendienstlichen Informationen (gemeinsamer Mechanismus zur Terrorismusbekämpfung Indien-Pakistan) und nimmt zur Kenntnis, dass die erste Sitzung der Plattform am 6. März 2007 in Islamabad stattfand;
- 42. unterstützt mit Nachdruck die an Pakistan gerichteten Empfehlungen der Internationalen Krisengruppe vom 11. Dezember 2006, entschlossene Maßnahmen zu ergreifen, um die militanten Gruppierungen in Azad Jammu und Kaschmir und in Gilgit und Baltistan zu entwaffnen, die terroristischen Ausbildungslager zu schließen, der Anwerbung und Ausbildung von Terroristen auf seinem Gebiet Einhalt zu gebieten und die Geld- und Waffenzufuhr an die Taliban und an andere ausländische oder lokale militante Gruppierungen auf pakistanischem Gebiet zu unterbinden;
- 43. ist zu der Erkenntnis gelangt, dass die Menschen in Kaschmir auf eine sehr viel geringere militärische Präsenz auf beiden Seiten der Grenz- und Kontrolllinie hoffen, und unterstützt dies; weist jedoch darauf hin, dass eine wirkliche Entmilitarisierung nur dann stattfinden kann, wenn gleichzeitig wirksame Maßnahmen getroffen werden, um die Bedrohung einer Infiltration Jammus und Kaschmirs durch Mitglieder militanter Gruppierungen von außerhalb Pakistans anzugehen und wenn gleichzeitig vertrauensbildende Maßnahmen getroffen werden, wie die Beendigung der gegenseitigen Beschuldigungen, die vollständige Inbetriebnahme der Busverbindung Srinagar-Muzaffarabad, Kommunikations- und Handelsverbindungen sowie sonstige Maßnahmen, die in enger Konsultation mit den interessierten Kreisen in Kaschmir auf beiden Seiten festgelegt werden, und stellt fest, dass sich dies positiv auf die psychische Gesundheit und das Sicherheitsgefühl der Menschen in Kaschmir, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, auswirken wird; weist mit Nachdruck darauf hin, dass nur neue Initiativen, die sich mit der Zukunft befassen, eine positive Wechselwirkung herbeiführen können;
- 44. betont, das es für die Schaffung eines Klimas des Vertrauens und des guten Willens in der Region von größter Bedeutung ist, alle Hemmnisse und Behinderungen für alle Kaschmiris, in den gesamten Staat Jammu und Kaschmir zu reisen, zu beseitigen;
Vertrauensbildende Maßnahmen
- 45. ist hoch erfreut über die jüngsten Anzeichen wieder aufgenommener Bemühungen, zu denen sogar tief greifende politische Neuausrichtungen seitens der pakistanischen und der indischen Regierung zur Lösung des Kaschmir-Konflikts gehören;
- 46. begrüßt insbesondere die Maßnahmen, die ergriffen wurden, um die Familien, die durch die Grenz- und Kontrolllinie getrennt wurden, wieder zusammenzuführen, indem fünf Grenzübergänge geöffnet wurden; ist sich dessen bewusst, dass die Öffnung von Treffpunkten entlang der Grenz- und Kontrolllinie als besonders langsam und der Dringlichkeit der Situation vor Ort nicht angemessen beschrieben wurde; befürwortet die Öffnung weiterer Grenzübergänge und hofft, dass der Grenzverkehr zunimmt; hofft darauf, dass der Grenzverkehr auf alle Bürger auf beiden Seiten ausgeweitet wird, und empfiehlt Indien und Pakistan, Maßnahmen einzuleiten, um sämtliches Reisen innerhalb oder außerhalb des ehemaligen Fürstentums durch schnelle und unkomplizierte Verwaltungs- und Konsularverfahren zu erleichtern;
- 47. hält es für wesentlich, den Austausch über die Grenz- und Kontrolllinie hinweg quer durch alle Ebenen der Bürgergesellschaft und alle Schichten der Bevölkerung noch mehr zu intensivieren; schlägt vor, Austauschprogramme zwischen Rechtsvereinigungen, Schulen und Hochschulen, einschließlich einer gemeinsamen Universität mit einem Campus auf beiden Seiten der Trennungslinie, zu schaffen; schlägt vor, zwischen den Militärs einen Dialog einzuleiten, um dazu beizutragen, das gegenseitige Misstrauen zwischen den beiden Armeen abzubauen;
- 48. fordert die Regierungen von Indien und Pakistan auf, die Wiederherstellung und Erhaltung der Umwelt im Jammu und Kaschmir zu einem der entscheidenden Punkte für gemeinsame Aktivitäten und gemeinsame Aktionspläne auf beiden Seiten der Grenz- und Kontrolllinie zu machen, und fordert die EU sowie die Mitgliedstaaten auf, derartige Vorhaben mit Nachdruck zu unterstützen;
- 49. empfiehlt, über die Errichtung eines gemeinsamen indischpakistanischen Überwachungszentrums nachzudenken, das Daten über die Wetterbildung und seismische Aktivität weitergeben soll, um Frühwarnungen bei Naturkatastrophen auf beiden Seiten der Grenz- und Kontrolllinie geben zu können;
- 50. empfiehlt, auf politischer Ebene die Einrichtung eines gemeinsamen parlamentarischen Ausschusses Indien-Pakistan, um einen intensiveren parlamentarischen Austausch und Dialog zu fördern; schlägt ebenfalls vor, gemeinsame Arbeitsgruppen der lokalen Regierung einzurichten, um Handels- und Fremdenverkehrsfragen zu prüfen;
- 51. ermuntert die Unternehmen in der Europäischen Union, sich darüber klar zu werden, welches Investitions- und Fremdenverkehrspotenzial ganz Kaschmir hat und dass dort hoch motivierte Arbeitskräfte vorhanden sind; schlägt vor, dass die europäischen Unternehmen Joint Ventures mit lokalen Unternehmen eingehen und dass Vorkehrungen zur Absicherung von Investitionen getroffen werden, um das Vertrauen der Investoren zu erhöhen; fordert alle Beteiligten auf, die Vertretung der jeweiligen Handelskammern bei internationalen Handelsmessen in der Europäischen Union zu unterstützen und zu erleichtern, damit diese den Export ihrer Produkte fördern können;
- 52. unterstützt nach wie vor die Forderung an Pakistan, die Humanressourcen zu entwickeln, indem es in den tertiären Bildungssektor investiert, wozu auch Berufsschulen und Fachhochschulen in den bundesstaatlich verwalteten Gebieten, einschließlich der Gebiete von Gilgit-Baltistan in Kaschmir, gehören;
- 53. stellt fest, dass Indien das Land ist, das am meisten vom allgemeinen Präferenzsystem (APS) profitiert; fordert die Kommission eindringlich auf, die APS+-Regelung sowie andere geeignete Handelsmaßnahmen automatisch unmittelbar nach großen Naturkatastrophen, wie Erdbeben, zu überprüfen; begrüßt die Zusage aller südasiatischen Staaten im Rahmen der Südasiatischen Vereinigung für regionale Zusammenarbeit (SAARC), engagiert daran zu arbeiten, dass die Südasiatische Freihandelszone politisch und wirtschaftlich Realität wird, die sich eigentlich nur günstig auf die vier Teile von Jammu und Kaschmir auswirken kann; fordert die Regierung Pakistans auf, das "System der Positivliste" einzustellen; stellt mit Zufriedenheit fest, dass der Handel zwischen den beiden Ländern im vergangenen Jahrzehnt zwar fluktuiert hat, der gesamte Umfang des offiziellen Handels zwischen Indien und Pakistan jedoch von 180 Millionen USD im Jahre 1996 auf 602 Millionen USD im Jahre 2005 gestiegen ist, und dass diese Tendenz noch zunehmen könnte und gefördert werden sollte, zumal der hohe Grad, den der inoffizielle Handel erreicht, auf das latent vorhandene Handelspotenzial zwischen diesen Ländern schließen lässt;
- 54. weist mit Nachdruck darauf hin, dass der Fremdenverkehr ein erhebliches Potenzial zur Ankurbelung der heimischen Wirtschaft darstellt; fordert die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten daher auf, die Sicherheitslage genau zu beobachten, um aktuelle, koordinierte Reisehinweise für diejenigen bereitstellen zu können, die nach Jammu und Kaschmir reisen möchten;
Auswirkungen des Erdbebens vom 8. Oktober 2005
- 55. weist mit Nachdruck darauf hin, dass das Erdbeben schwerwiegende Auswirkungen auf das Leben der Kaschmiris beiderseits der Grenz- und Kontrolllinie hatte und dass die überwältigende humanitäre Lage die fragile Kapazität der Institutionen vor Ort in Azad Jammu und Kaschmir und in der nordwestlichen Grenzprovinz Pakistans verschlechtert hat; hebt mit Nachdruck hervor, dass für diese Menschen das blanke Überleben inzwischen am wichtigsten ist;
- 56. bedauert, dass Azad Jammu und Kaschmir zusätzlich zu den zahlreichen Todesopfern unglaublichen materiellen Schaden an seiner Infrastruktur (Krankenhäuser, Schulen, Regierungsgebäude, Kommunikationsverbindungen) und an den vielfach bereits instabilen grundlegenden Institutionen und Dienstleistungen erlitten hat;
- 57. ist zutiefst betrübt darüber, dass dem Erdbeben eine unverhältnismäßig große Zahl von Kindern zum Opfer gefallen ist - nach Zahlen des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen wurden 17 000 Kinder getötet; ist äußerst besorgt über Berichte über Kinderhandel unmittelbar nach der Katastrophe und fordert die Regierung Pakistans auf, sich gezielt um die Frage der Rechte und des Schutzes der Kinder in Azad Jammu und Kaschmir und in Gilgit und Baltistan zu kümmern und wirksamere Maßnahmen zur Bekämpfung des Kinderhandels zu ergreifen;
- 58. verweist auf das Schicksal der Binnenvertriebenen und der Menschen, die nach dem Erdbeben weiterhin äußerst hilfsbedürftig sind; begrüßt in Ermangelung einer Konvention über die Rechte der Binnenvertriebenen die "Leitsätze" der Vereinten Nationen, die die Grundlage für eine humane Reaktion auf die schleichende Bedrohung der Menschenrechte durch die notgedrungene Vertreibung bilden, und fordert, dass alle einschlägigen Behörden, die ein Interesse an Kaschmir haben, diese Grundsätze achten; fordert die Regierung Pakistans auf, alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, um sobald wie möglich den Bewohnern derjenigen Dörfer Land zuzuweisen, die durch Erdrutsche praktisch verschwunden sind, um ihnen die Möglichkeit zu geben, sich als Dörfer neu zu bilden und dauerhaften und endgültigen Wohnraum neu aufzubauen; empfiehlt mit Nachdruck, dass die Europäische Union sich konsequent auf die oben genannten Grundsätze konzentriert, sowie auf die umfassenderen Fragen Demokratie, Justiz und Menschenrechte in allen vier Teilen Kaschmirs; ist ebenfalls der Auffassung, dass die seit langem bestehenden "Flüchtlingslager" auf beiden Seiten der Grenz- und Kontrolllinie aufgelöst werden sollten und dem Schutz, den Bedürfnissen und der sozialen Integration der Menschen, die dort untergebracht sind, angemessen Rechnung getragen werden sollte und ihnen entweder gestattet werden muss, rasch nach Hause zurückzukehren, oder sie dauerhaft umgesiedelt werden müssen; stellt fest, dass die internationale Gemeinschaft in dieser Hinsicht dauerhafte Hilfestellung leisten sollte;
- 59. weist mit Nachdruck darauf hin, dass die Katastrophe eine Region getroffen hat, die bereits durch einen Konflikt und durch Terrorismus geschwächt ist und deren fundamentale Institutionen und regionale Stabilität durch organisierte Kriminalität und Einschleusung radikalislamischer Netze über die Grenz- und Kontrolllinie, die sich das zerklüftete Gelände zunutze machen, ausgehöhlt worden sind;
- 60. ist bestürzt darüber, dass sich die bereits äußerst bescheidenen Lebensbedingungen in Azad Jammu und Kaschmir vor dem Erdbeben (in Bezug auf Nahrung, Wasser, Unterkunft, sanitäre Einrichtungen, Schulen und eine mehr schlecht als recht funktionierende Gesundheitsfürsorge) infolge des Erdbebes sehr verschlechtert haben; fordert die zuständigen Behörden eindringlich auf, jetzt, da es Millionen Menschen an der grundlegendsten Versorgung fehlt, ihre Energien auf die Bekämpfung der Korruption zu konzentrieren, die den Strom der internationalen Hilfsgelder denen vorenthält, für die sie eigentlich gedacht waren, wobei außerdem beunruhigende Behauptungen laut geworden sind, wonach von den Vereinten Nationen verbotene terroristische Vereinigungen im Erdbebengebiet in Azad Jammu und Kaschmir tätig geworden sind; fordert die Kommission, die Regierungen der Mitgliedstaaten, die Regierung Indiens und die Regierung Pakistans sowie die Hilfsagenturen auf, sich weiterhin auf die Grundbedürfnisse der Opfer des Erdbebens zu konzentrieren;
- 61. stellt fest, dass die Schwere und das Ausmaß des Erdbebens sehr viel größere Auswirkungen auf die pakistanische Seite der Grenz- und Kontrolllinie hatte, wodurch eine Vielzahl von lokalen Regierungsinfrastrukturen ausgelöscht und Verzögerungen bei solchen Dienstleistungen unvermeidlich waren, die zur Behebung des Notfalls erforderlich waren; beglückwünscht die Regierungen, die Streitkräfte und die örtliche Bevölkerung auf beiden Seiten der Grenz- und Kontrolllinie zu ihrem Einsatz, ihrer Entschlossenheit und ihrem Engagement, den vielfachen Herausforderungen gerecht zu werden, die sich durch das Erdbeben ergaben;
Reaktionen auf das Erdbeben vom 8. Oktober 2005
- 62. erkennt an, dass die internationale Gemeinschaft, Indien und Pakistan unter den gegebenen Umständen schnell und positiv auf das Erdbeben reagiert haben: es gab sofort Kontakte auf höchster Ebene zwischen Indien und Pakistan; die einheimischen und lokalen nichtstaatlichen Organisationen haben gut reagiert und mit den lokalen und zentralen Verwaltungen zusammengearbeitet; erkennt uneingeschränkt an, dass die internationale Gemeinschaft und internationale NRO eine beispiellose Solidarität mit den Überlebenden und den Opfern des Erdbebens an den Tag gelegt haben, und begrüßt die Entwicklung neuer Partnerschaften; empfiehlt, dass die Europäische Union weitere Ersuchen um zusätzliche Unterstützung für den Wiederaufbau in den vom Erdbeben betroffenen Gebieten positiv aufnimmt, und bittet die Kommission, aktualisierte Informationen über Ersuchen, die in diesem Zusammenhang eingegangen sind, vorzulegen;
- 63. stellt mit Besorgnis fest, dass in dem von der Asiatischen Entwicklungsbank und der Weltbank erstellten vorläufigen Bericht über die Schäden und Bedürfnisse, zu dem die Kommission beigetragen hat, der Verlust von Arbeitsplätzen bzw. des Lebensunterhalts infolge des Erdbebens auf insgesamt 29 % und die Zahl der betroffenen Menschen auf etwa 1,64 Millionen beziffert wird, mehr als die Hälfte von ihnen - laut Schätzungen - Jugendliche und Kinder unter 15 Jahren; begrüßt das Projekt der Kommission "Unterstützung Pakistans bei der frühen Beseitigung der Folgen des Erdbebens und dem Wiederaufbau", das über eine Mittelausstattung in Höhe von 50 Millionen EUR verfügt; betont, dass im Mittelpunkt dieses Vorhabens kurzfristig der Schutz der schutzbedürftigsten Gruppen, die Wiederaufnahme der Wirtschaftsaktivitäten in den betroffenen Gebieten, einschließlich der Wiederbelebung der kleinen Unternehmen und der Wiederherstellung der verlorenen Vermögenswerte in der Landwirtschaft, sowie die Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten im Rahmen von Aus- und Weiterbildungsprogrammen und Programmen zur Förderung von Kenntnissen und Fertigkeiten stehen sollten; empfiehlt, dass die Maßnahmen zur Wiederherstellung und Sicherung des Lebensunterhalts mittel- und langfristig die Mikrofinanzierung und die Förderung von Kenntnissen und Fertigkeiten mit einschließen sollten, und fordert die Kommission dringend auf, solche Strategien langfristig zu unterstützen;
- 64. nimmt mit Befriedigung die von der Kommission für Soforthilfemaßnahmen für die Opfer des Erdbebens in Azad Jammu und Kaschmir und Pakistan bereitgestellten Mittel zur Kenntnis, drängt jedoch den für Entwicklung und humanitäre Hilfe zuständigen Kommissar, der Bitte des Premierministers von Azad Jammu und Kaschmir stattzugeben, weitere Mittel für Zwecke der Sanierung und des Wiederaufbaus freizugeben, die wesentlich dazu beitragen werden, die Nachwirkungen dieser humanitären Katastrophe zu beseitigen;
- 65. beglückwünscht all diejenigen, die daran beteiligt waren, die gesundheitlichen Bedürfnisse der Überlebenden des Erdbebens in den Lagern zu ermitteln und zu befriedigen, was trotz der Herausforderungen in Bezug auf die Versorgung mit sauberem Trinkwasser und angemessenen hygienischen Einrichtungen nach der Katastrophe nicht zu massiven Ausbrüchen von Krankheiten durch verseuchtes Wasser geführt hat; beglückwünscht die Regierung Pakistans dazu, dass sie für mehr als zwei Millionen Erdbebenopfer Unterkünfte bereitgestellt und die Opfer versorgt hat, um sie durch den Winter zu bringen, und beglückwünscht ferner Indien dazu, dass es nun neue Unterkünfte für 30 000 Menschen geschaffen hat, die auf seiner Seite der Grenz- und Kontrolllinie obdachlos geworden waren; ist besorgt darüber, dass Berichten zufolge Tausende Menschen immer noch in Zelten leben, wie bei dem Besuch der Delegation des Europäischen Parlaments für die Beziehungen zur SAARC vom 15. bis 22. Dezember 2006 in Azad Jammu und Kaschmir festgestellt wurde;
- 66. stellt fest, dass Pakistan innerhalb weniger Tage nach der Katastrophe auf föderaler Ebene einen Ausschuss zur Linderung der Not gegründet hat, um die Such- und Rettungs- sowie Hilfsoperationen zu koordinieren; bedauert jedoch, dass Pakistan sich wegen der Nationalität der Piloten nicht in der Lage sah, das indische Angebot anzunehmen, Hubschrauber bereitzustellen, und auch gemeinsame Rettungsaktionen von beiden Seiten der Grenz- und Kontrolllinie, ärztliche Hilfeteams und die Reparatur der Telekom-Infrastruktur abgelehnt hat, die alle erheblich dazu hätten beitragen können, die Zahl der Opfer zu reduzieren; bedauert daher, dass das Erdbeben nicht als eine Möglichkeit genutzt wurde, um politischen Willen zu zeigen, den humanitären Bedürfnissen der Bevölkerung von Kaschmir Vorrang zu geben und politische Differenzen zu überwinden;
- 67. begrüßt, dass die Nachbarstaaten Pakistans (Indien, China, Iran, Afghanistan) und, in weiter entfernter Nachbarschaft, die Türkei und die Organisation der Islamischen Konferenz und die internationale Gemeinschaft insgesamt Pakistan so schnell finanzielle Hilfe zugesagt haben; beglückwünscht die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, und insbesondere die Generaldirektion Humanitäre Hilfe (ECHO), die bereits in Pakistan präsent ist, zu ihrer sofortigen und effizienten Reaktion; fordert die Geldgeber auf, ihre ursprünglichen Zusagen so bald wie möglich einzulösen;
- 68. begrüßt insbesondere die Kommission zu ihrem Programm zur fortlaufenden Finanzierung als Reaktion auf das Erdbeben, dem nunmehr 48,6 Millionen EUR zugewiesen wurden und das in Partnerschaft mit nichtstaatlichen Organisationen, dem Roten Kreuz und Agenturen der Vereinten Nationen durchgeführt wird; fordert, dass sich die Europäische Union weiterhin beim Wiederaufbau in Kaschmir engagiert;
- 69. betont, dass die Mittel für den Wiederaufbau in großem Umfang auf Initiativen zur Erhaltung der verbleibenden Wälder konzentriert werden sollten, insbesondere durch die Bereitstellung alternativer Brennstoffquellen, Wiederaufforstung, Umweltschulungsprogramme und möglicherweise Ausgleichsregelungen, die es der Regierung von Azad Jammu und Kaschmir erlauben, Ersatz für Einkommensverluste aufgrund eines Rückgangs beim Holzabsatz zu leisten;
- 70. bedauert, dass die Regierung Pakistans darauf bestanden hat, dass alle indischen Aufschriften von den aus Indien stammenden humanitären Hilfslieferungen entfernt werden mussten, bevor sie verteilt wurden;
- 71. weist mit Nachdruck darauf hin, dass die anfänglich zögerliche Reaktion des pakistanischen Militärs auf die Katastrophe unmittelbar nach dem Erdbeben ein Vakuum geschaffen hat, das von militanten Organisationen vor Ort, wie z.B. der Organisation Jamaati-Islami und der Organisation Jamaat-ud-Dawa, vormals Lakshare-Tayyaba (die zur Terrororganisation erklärt wurde und als solche von der Regierung Musharraf 2002 verboten wurde), ausgenutzt wurde, und dass diese Organisationen de facto rasch zu Lieferanten von Nahrungsmitteln, Unterkünften, Schulmöglichkeiten für Kinder und Unterstützung für die Witwen geworden sind; ist sehr besorgt, dass dies die Glaubwürdigkeit solcher polarisierenden Gruppen in den Augen der lokalen Bevölkerung erhöht hat und das Potenzial für eine echte demokratische Vertretung weiter untergraben hat;
- 72. fordert die Regierungen Indiens und Pakistans ebenso wie die internationale Gemeinschaft mit Nachdruck auf, alles in ihren Kräften Stehende zu tun, um Schutzvorkehrungen zu treffen und die Verwendung der bereitgestellten Mittel genau zu verfolgen;
- 73. hält die Vereinbarung vom 2. Mai 2006, den Handel und Warenverkehr zwischen den geteilten Regionen von Jammu und Kaschmir über beide Seiten der Grenz- und Kontrolllinie hinweg wiederzubeleben, insoweit für einen großen Fortschritt, als beschlossen wurde, einen Lastwagendienst auf der Strecke Srinagar-Muzaffarabad sowie einen zweiten Busdienst durch Kaschmir, der Poonch in Jammu und Kaschmir mit Rawalakot in Azad Jammu und Kaschmir verbindet, einzurichten; schlägt den Bau eines Straßennetzes zwischen Jammu und Sialkot und Gilgit-Baltistan vor; schlägt ebenfalls die Einführung einer Bahnverbindung zwischen Jammu und Srinagar und eine Verbesserung der Verbindungsstraße zwischen den beiden Städten vor; begrüßt die Zusage von Premierminister Singh vom 23. Mai 2006, einen freieren Handel und eine größere Freizügigkeit mit "sanften Grenzen" zu schaffen, um ein Klima zu fördern, das der Beilegung des Kaschmir-Konflikts förderlich ist; ermuntert beide Seiten ausdrücklich, den offiziellen Handel rasch auszuweiten; fordert eine rasche Einigung über die Modalitäten im Straßengüterverkehr und betont, dass diese soweit wie möglich vereinfacht werden müssen; schlägt die Ausarbeitung eines integrierten Marktentwicklungsplans, der mehrere Anlagen für die Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse, Kühlketten, Lieferungen in Kleincontainern und verplombte Lastwagen umfasst;
Schlussfolgerungen
- 74. fordert die Europäische Union und ihre Institutionen auf, dafür zu sorgen, dass das Schicksal der Menschen von Jammu und Kaschmir nicht aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit verschwindet, und zu gewährleisten, dass Hilfs- und andere Programme mit dem Ziel einer langfristigen Erholung und des Aufbaus von Institutionen entwickelt und durchgeführt werden;
- 75. unterstreicht, dass . wie die eigene Erfahrung in der Europäischen Union zeigt . zunehmende bilaterale Handelsströme Schlüsselelemente für die Verbesserung der Beziehungen zwischen Ländern sind; ist der Auffassung, dass im Falle Jammus und Kaschmirs der Handel über die Grenz- und Kontrolllinie hinweg besonders wichtig ist, um das Wirtschaftswachstum und die Entwicklung anzukurbeln sowie das Wirtschaftspotenzial freizusetzen; empfiehlt, dass Verkehrs- und Infrastrukturprojekte zur Priorität gemacht werden;
- 76. unterstützt ausdrücklich die fortgesetzten Bemühungen der Politiker auf beiden Seiten und auf allen Ebenen und fordert sie nachdrücklich auf, die Bedürfnisse der Menschen in Kaschmir sowohl in materieller als auch in institutioneller Hinsicht vorrangig zu behandeln, damit ihre politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Beeinträchtigungen behoben werden können; empfiehlt der Europäischen Union, auf Ersuchen beider Regierungen zu reagieren;
- 77. erkennt die hervorragende Arbeit an, die die Delegationen der Kommission in Islamabad und Neu-Delhi leisten;
- 78. stellt fest, dass Naturkatastrophen manchmal die politischen Voraussetzungen für den Frieden schaffen; erinnert daran, dass die Natur keine Grenzen kennt und dass Pakistan und Indien den Menschen in Kaschmir nur durch gemeinsame nachhaltige Maßnahmen Hoffnung auf eine bessere Zukunft geben können;
- 79. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, den Regierungen der Republik Indien und der Islamischen Republik Pakistan, den zuständigen Behörden oder Regierungen der von Indien und von Pakistan verwalteten Region Jammu und Kaschmir sowie der Volksrepublik China und den Vereinten Nationen zu übermitteln.
- 1 ABl. C 227 E vom 21.9.2006, S. 589.
- 2 ABl. C 280 E vom 18.11.2006, S. 469.
- 3 ABl. C 297 E vom 7.12.2006, S. 341.
- 4 Angenommene Texte, P6_TA(2006)0388.
- 5 ABl. C 104 E vom 30.4.2004, S. 1040.
- 6 ABl. L 378 vom 23.12.2004, S. 23.
- 7 ABl. C 104 E vom 30.4.2004, S. 988.
- 8 Für die Liste sämtlicher Resolutionen, siehe die Anlage zum Bericht A6-0158/2007 des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten.