992. Sitzung des Bundesrates am 3. Juli 2020
A
Der federführende Verkehrsausschuss (Vk) und der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (U) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zu § 2 Absatz 5 Satz 2 BinSchAbfÜbkAG
§ 2 Absatz 5 Satz 2 ist wie folgt zu fassen:
"Sie können von dieser Pflicht befreit werden, sofern sie die Abgabe der häuslichen Abwässer einschließlich der anfallenden Mengen an vorhandene, geeignete Annahmestellen nachweisen können."
Begründung:
Artikel 8.02 Absatz 3 der Anlage 2 zum Übereinkommen enthält die Pflicht zur Einrichtung von Annahmestellen für häusliches Abwasser "an bestimmten als Stamm- und Übernachtungsliegeplätze" der Fahrgast- und Kabinenschifffahrt dienende Anlegestellen. Zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit und zur Entlastung der Betreiber (s. Gesetzesbegründung) sollen die Betreiber nun mit § 2 Absatz 5 Satz 2 unmittelbar durch Gesetz und ohne weitere Prüfung von ihrer gesetzlichen Pflicht befreit sein, "sofern sie lückenlos die Abgabe ihrer häuslichen Abwässer einschließlich ihrer Mengen an vorhandenen, geeigneten Annahmestellen nachweisen können."
Diese Regelung wäre weder geeignet, die mit dem Übereinkommen eingegangenen Verpflichtung umzusetzen, noch wäre sie vollzugstauglich. Sie überließe es den Betreibern, von der eigenen Befreiung auszugehen und lässt offen, wem gegenüber die regelmäßig vor einer Befreiung von einer Verpflichtung vorzulegenden Nachweise zu erbringen wären. Der Hinweis auf die Nachweispflicht in § 9 Absatz 2 Nummer 6 in der Begründung des Gesetzentwurfs ist irreführend, da sich diese Regelung auf die Bestätigungspflichten des Betreibers gegenüber den Schiffsführern bezieht. Ein Nachweis über eine Befreiung von der gesetzlichen Pflicht, eine Annahmestelle zu errichten, ist aber nicht gegenüber Schiffsführern zu führen.
Eine Übersicht darüber, wo Annahmestellen errichtet wurden, errichtet werden müssen und wo entsprechende Überwachungen erforderlich wären, ist überdies so nicht möglich.
Die Regelung stellt zudem auf die häuslichen Abwässer der Betreiber, nicht auf die an der Anlegestelle zu erwartenden oder anfallenden Schiffsabwässer ab.
2. Zu § 2 Absatz 6 BinSchAbfÜbkAG
§ 2 Absatz 6 ist wie folgt zu fassen:
(6) Die nach den Absätzen 1 bis 5 Verpflichteten können zur Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben zuverlässige, fachlich geeignete Dritte beauftragen. Auch in diesem Falle bleiben sie dafür verantwortlich, dass die Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt werden. Dies haben sie durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, insbesondere durch Vorbehalt ausreichender Zeichnungs- und Weisungsbefugnisse im Zusammenhang mit der Drittbeauftragung."
Begründung:
Bei der Weiterübertragung der Pflichten nach § 2 Absatz 1 bis 5 an Dritte besteht das Risiko, dass Unklarheiten über Verantwortlichkeit und Ansprechpartner für die zuständigen Behörden entstehen. Außerdem ist der Gefahr eines Verantwortungsvakuums vorzubeugen, wenn sich die Aufgabenwahrnehmung durch "Dritte" als unzureichend erweist. Daher sollte eine Weiterübertragung von Aufgaben nur ermöglicht werden, wenn es bei der klaren Letztverantwortung des Betreibers der jeweiligen Stellen verbleibt. Die Begrifflichkeit eines "Betreibers" setzt im Übrigen voraus, dass dieser die Fäden in der Hand behält, und für die Aufgabenerfüllung gerade steht.
3. Zu § 2 Absatz 10 - neu - BinSchAbfÜbkAG
Dem § 2 ist folgender Absatz anzufügen:
(10) Für die Annahme und Entsorgung von Hausmüll oder von übrigem Sonderabfall dürfen keine besonderen Gebühren erhoben werden. Dies gilt nicht für Fahrgastschiffe."
Begründung:
Diese vom CDNI gewollte Kostenfreistellung weicht zwar vom direkten Verursacherprinzip ab, hat jedoch das Ziel zu verhindern, dass diese Abfälle unsachgemäß entsorgt werden.
Um das Ziel, die Reinhaltung der Gewässer, zu erreichen, regelt das CDNI die Finanzierung der Annahme und Entsorgung der öl- und fetthaltigen Schiffsbetriebsabfälle detailliert. Für Hausmüll besteht das Gebot, dass keine besonderen Gebühren erhoben werden und für übrigen Sonderabfall sollen die Kosten für die Annahme und Entsorgung in den Hafen- oder Liegeplatzgebühren inbegriffen sein oder dem Fahrzeug anderweitig auferlegt werden, unabhängig davon, ob es die genannten Abfälle abgibt oder nicht. Durch diese Klarstellung werden häufige Vollzugsfragen gelöst. Zudem verkleinert sich mit der Reduzierung der Pflicht zur Errichtung von Annahmestellen für übrigen Sonderabfall auf die Häfen der Kreis der Betroffenen. Diese können die Kosten über den Hafenbetrieb auf die Schifffahrt umlegen.
4. Zu § 3 Absatz 2 BinSchAbfÜbkAG
In § 3 Absatz 2 sind die Wörter "vor Errichtung der Anlage" zu streichen.
Begründung:
Einzelne Annahmestellen für Slops und übrigen Sonderabfall sind bereits errichtet und in Betrieb. Diese müssen bei der Aufstellung eines Bedarfsplanes Eingang finden können.
5. Hilfsempfehlung zu Ziffer 4
Zu § 3 Absatz 2 BinSchAbfÜbkAG
In § 3 Absatz 2 ist das Wort "Anlage" durch das Wort "Annahmestelle" zu ersetzen.
Begründung:
Vereinheitlichung der Begrifflichkeiten. Das Gesetz spricht von Annahmestellen.
6. Zu § 4 Absatz 3 Nummer 5 BinSchAbfÜbkAG
In § 4 Absatz 3 Nummer 5 sind vor dem Wort "Schifffahrt" die Wörter "Erfordernisse der im Geltungsbereich des Bedarfsplans verkehrenden" einzufügen.
Begründung:
Klarstellung des Gewollten. Der Bedarfsplan muss auf die Erfordernisse der Schifffahrt ausgerichtet sein, für die die Annahmestellen errichtet werden.
7. Zu § 17 Absatz 1 Nummern 1 und 2, Absatz 2, Absatz 3 BinSchAbfÜbkAG
§ 17 ist wie folgt zu ändern:
- a) In Absatz 1 sind die Nummern 1 und 2 wie folgt zu fassen:
- "1. während der üblichen Geschäfts- und Betriebszeiten Geschäfts- und Betriebsgrundstücke sowie Geschäfts- und Betriebsräume eines Fahrzeugs und der von der Überwachung betroffenen Anlagen betreten,
- 2. technische Ermittlungen und Prüfungen vornehmen,"
- b) Absatz 2 ist wie folgt zu fassen:
(2) Die zuständige Behörde ordnet nach pflichtgemäßen Ermessen gegenüber den in § 6 Absatz 4 genannten Personen die Maßnahmen an, die im Einzelfall zur Beseitigung eines festgestellten oder zur Verhütung eines zukünftigen Verstoßes gegen die Bestimmungen dieses Gesetzes, der nach diesem Gesetz erlassenen Rechtsverordnungen oder des Übereinkommens notwendig sind."
- c) Absatz 3 ist wie folgt zu fassen:
(3) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit im Hinblick auf dieses Gesetz, der nach diesem Gesetz erlassenen Rechtsverordnungen und das Übereinkommen können die zuständigen Behörden Geschäfts- und Betriebsgrundstücke sowie Wohn-, Geschäfts- und Betriebsräume an Bord eines Fahrzeugs oder auf Anlagen auch außerhalb der üblichen Geschäfts- und Betriebszeiten betreten; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung ( Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt."
Begründung:
Die Änderungen sind zur Schaffung effektiver und rechtsklarer Überwachungs- und Eingriffsbefugnisse der zuständigen Behörden erforderlich.
Die Nummern 1 und 2 des Absatzes 1 werden neu formuliert, um sicherzustellen, dass alle von den Verpflichtungen des CDNI und dieses Gesetzes betroffenen Anlagen - und nicht nur die in der bisherigen Nummer 1 aufgezählten - mit den entsprechenden Befugnissen überwacht werden können. Weil sich die zu überwachenden Pflichten nicht nur auf öffentlich zugängliche Bereiche beschränken, ist diese im Regierungsentwurf vorgesehene Einschränkung zu streichen.
Absatz 2 ist neu zu fassen, um die behördlichen Anordnungsbefugnisse eindeutig, widerspruchsfrei und umfassend zum Ausdruck zu bringen. Die bisher im Regierungsentwurf vorgesehene Differenzierung zwischen Befugnissen zum Zweck der Überwachung ohne Anlass und den Befugnissen bei Bestehen eines Anfangsverdachts ist dem Umweltrecht fremd, erschwert einen effektiven Vollzug und ist daher aufzugeben. Die im Regierungsentwurf bisher in Absatz 2 Nummer 1 vorgesehenen weiteren Aufklärungsmaßnahmen sind über die Befugnisse nach dem vorausgehenden Absatz hinaus nicht denkbar, bleiben deshalb rechtsunklar und erschweren so den Vollzug. Die Befugnis zur Überprüfung von Fahrzeugen, Annahmestellen und Umschlagsanlagen nach Absatz 2 Nummer 3 des Regierungsentwurfs ist bereits nach der Nummer 2 des vorausgehenden Absatzes ohne das Vorliegen eines Anfangsverdachtes gegeben.
Bei dringenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit bestehen die behördlichen Betretungsbefugnisse für Geschäfts- und Betriebsgrundstücke sowie alle Räume eines Schiffes oder einer Anlage auch außerhalb der üblichen Geschäfts- und Betriebszeiten.
8. Zu § 17 Absatz 6 BinSchAbfÜbkAG
§ 17 Absatz 6 ist wie folgt zu fassen:
(6) Wird bei einer Überprüfung festgestellt, dass ein Fahrzeug nicht den Vorgaben dieses Gesetzes, der nach diesem Gesetz erlassenen Rechtsverordnungen oder des Übereinkommens entspricht, und stellt diese Tatsache eine schwere oder wiederholte Verletzung der Vorgaben dar, so soll die zuständige Behörde die Weiterfahrt des betroffenen Fahrzeugs untersagen bis die erforderlichen Maßnahmen getroffen oder der Verstoß beseitigt worden ist."
Begründung:
Statt einer Kann-Vorschrift ist eine Soll-Vorschrift angezeigt. Die Untersagung der Weiterfahrt des Fahrzeugs ist an "eine schwere oder wiederholte Verletzung der Vorgaben" geknüpft. Bei Vorliegen solch gravierender Gesetzesverstöße ist ein eingeschränkter Ermessensspielraum der zuständigen Behörde gerechtfertigt, der den Vollzug zugleich erleichtert. In Ausnahmefällen kann die Behörde weiterhin von der vorgegebenen Rechtsfolge abweichen.
Außerdem wird durch eine Soll-Vorschrift eine Regelung getroffen, die sich auf bestehendes Landesrecht, das Weiterfahrverbote bei Nichteinhaltung der Vorgaben ohne weitere Voraussetzungen in das Ermessen der Behörde stellt, nicht auswirken kann. Die in Absatz 7 vorgesehene Unberührtheitsklausel verhindert nicht, dass der Bestand derartiger Landesregelungen im Hinblick auf den damit verbundenen (bei Erlass der Regelung zu prüfenden) Grundrechtseingriff in Frage gestellt wird.
Im Übrigen wird die ausdrückliche Ermächtigung zur Untersagung des Weiterbetriebs der Annahmestelle oder Umschlagsanlage gestrichen.
Das Betreiben von Annahmestellen ist nach dem CDNI in Verbindung mit diesem Gesetz eine zentrale Verpflichtung verschiedener Anlagenbetreiber. Wird deren Betreiben wegen der Nichterfüllung damit zusammenhängender Pflichten komplett untersagt, sind in der Praxis Abnahmeprobleme zu erwarten. Die gesetzlich vorgesehene Zuweisung anderer Annahmestellen bezieht sich grundsätzlich nur auf Waschwasser und Dämpfe. Die Konsequenz einer möglichen Untersagung des Betriebs der Annahmestelle für die jeweilige Anlage bleibt nach der bisherigen Regelung unklar. Insofern ist auch das bislang vorgesehene Nebeneinander des Untersagens des Weiterbetriebs (lediglich) der Annahmestelle, die von den Betreibern verschiedener Anlagen (einschließlich der Umschlagsanlagen) einzurichten ist, und der Umschlagsanlage widersprüchlich. Darüber hinaus sind Gründe dafür, von den nach CDNI betroffenen Anlagen lediglich Umschlagsanlagen für eine mögliche Betriebsuntersagung herauszugreifen, nicht ersichtlich.
Auch die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 17 Absatz 6 bezieht sich im Wesentlichen auf die in der Praxis häufig festgestellten Verstöße durch Schiffsbetreiber, insbesondere die Entsorgung des häuslichen Abwassers betreffend. Hinsichtlich der Annahmestellen wird hier lediglich auf die über Jahre verschleppte Errichtung einer solchen eingegangen. Wird bereits die Errichtung einer Annahmestelle verschleppt, kann deren Weiterbetrieb jedoch nicht untersagt werden. Auch aus der Begründung werden insoweit keine praktisch relevanten Fälle ersichtlich, die eine Untersagung des Weiterbetriebs einer Annahmestelle erfordern.
Aus Gründen der Rechtsklarheit ist daher auf die ausdrückliche Ermächtigung zur Untersagung des Weiterbetriebs der Annahmestellen und Umschlagsanlagen zu verzichten. Im Einzelfall können solche Maßnahmen auch aufgrund der vorgesehenen allgemeinen Anordnungsermächtigung durch die zuständige Behörde ergriffen werden.
9. Zu § 17 Absatz 7 BinSchAbfÜbkAV
§ 17 Absatz 7 ist wie folgt zu fassen:
(7) Weitergehende Rechtsvorschriften der Länder bleiben unberührt."
Begründung:
Durch die vorgesehene Änderung wird klargestellt, dass stets die weitergehenden Regelungen des Bundes oder der Länder zu den Eingriffsbefugnissen gelten und dies unabhängig vom Zeitpunkt des Erlasses der hiermit durchzusetzenden Vorschriften. Auslegungsschwierigkeiten auch beim Erlass künftiger Änderungen werden damit vermieden.
10. Zu § 18 Absatz 1 Nummer 4 BinSchAbfÜbkAV
Der Bundesrat begrüßt die Aufnahme einer Verordnungsermächtigung zur Regelung der Einzelheiten der Finanzierung der Annahme und Entsorgung von sonstigen Schiffsbetriebsabfällen nach Artikel 7 des Übereinkommens in den Entwurf eines Ausführungsgesetzes zum Übereinkommen vom 9. September 1996 über die Sammlung, Abgabe und Annahme von Abfällen in der Rhein- und Binnenschifffahrt.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, möglichst rasch von der Verordnungsermächtigung Gebrauch zu machen und die Finanzierung der Annahme und Entsorgung von Hausmüll und vom übrigen Sonderabfall zu regeln, da die Finanzierung der Kosten hierfür unabhängig vom Verursacherprinzip zu erfolgen hat.
Begründung:
Nach Artikel 5 des CDNI haben die Vertragsstaaten ein einheitliches Finanzierungsverfahren für die Annahme und Entsorgung von Schiffsabfällen einzuführen. Dies ist für die öl- und fetthaltigen Schiffsbetriebsabfälle weitgehend erfolgt.
11. Zu § 18 Absatz 5 und § 22 Absatz 2 Nummer 1 BinSchAbfÜbkAG
- a) In § 18 Absatz 5 ist das Wort "nicht" zu streichen.
- b) In § 22 Absatz 2 Nummer 1 sind nach den Wörtern "Buchstabe a" die Wörter "und soweit dort keine Ausnahmen vorgesehen sind" einzufügen.
Begründung:
Zu Buchstabe a:
Zutreffend wird in der Gesetzesbegründung zu § 18 Absatz 5 festgestellt, dass Artikel 19 Absatz 5 des Übereinkommens bei der innerstaatlichen Umsetzung keinen Ermessenspielraum zulässt. Daher hätten die Länder keine Möglichkeit, Änderungen über einen Bundesratsbeschluss zu erwirken. Insofern erscheint die Beteiligung des Bundesrates entbehrlich.
Allerdings gewährt Anlage 2 des Übereinkommens, zumindest durch Artikel 9.02, Ausnahmemöglichkeiten bei der Anwendung des Übereinkommens. Die nationale Festlegung zur Anwendung der Ausnahmeregelung könnte durch den Bund mit Verordnung auf Grundlage von § 18 Absatz 1 und 2 erfolgen. Da bei diesen Festlegungen wesentliche Interessen der Länder betroffen sein könnten, ist der Bundesrat vor Erlass dieser Verordnungen zu beteiligen. Gleichzeitig wird dadurch eine zwischen Bund und Ländern abgestimmte, einheitliche Umsetzung des Übereinkommens gewährleistet.
Zu Buchstabe b:
Es handelt sich um eine Folgeänderung zum Sachverhalt unter Buchstabe a, die sicherstellt, dass eine Handlung aufgrund eines nach dem Übereinkommen möglichen Ausnahmetatbestandes mit einem Bußgeld zu belegen wäre.
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- 12. Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, gegen den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes keine Einwendungen zu erheben.