Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat: Aktionsplan für ein wirksameres europäisches Vorgehen gegen Reisedokumentenbetrug COM (2016) 790 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl.
Drucksache 522/16 (PDF) = AE-Nr. 160783 und AE-Nr. . 160341, 160389

Europäische Kommission
Brüssel, den 8.12.2016
COM (2016) 790 final

Mitteilung der Kommission an Das Europäische Parlament und den Rat: Aktionsplan für ein wirksameres europäisches Vorgehen gegen Reisedokumentenbetrug

I. Einleitung

Das zunehmende Problem des Reisedokumentenbetrugs ist im Zusammenhang mit den jüngsten Terroranschlägen in Europa und den aktuellen Migrationsströmen in den Fokus gerückt. Dokumentenbetrug hat Terrorismus und organisierte Kriminalität begünstigt und steht im Zusammenhang mit dem Menschenhandel1 und der Schleusung von Migranten. Es ist von grundlegender Bedeutung, dass wir die Sicherheit von Reisedokumenten erhöhen, einschließlich der Infrastruktur für das Identitätsmanagement.

In ihrer Mitteilung Mehr Sicherheit in einer von Mobilität geprägten Welt: Besserer Informationsaustausch bei der Terrorismusbekämpfung und ein stärkerer Schutz der Außengrenzen2 hat die Kommission herausgestellt, wie wichtig sichere Reise- und Identitätsdokumente sind, wenn die Identität einer Person zweifelsfrei festgestellt werden muss, und die Vorlage eines Aktionsplans angekündigt, um das Phänomen des Reisedokumentenbetrugs in Angriff zu nehmen. Ein verbesserter Ansatz wird sich auf solide Systeme zur Verhinderung missbräuchlicher Verwendungen von Dokumenten und zur Abwendung von Bedrohungen für die innere Sicherheit aufgrund von Mängeln bei der Dokumentensicherheit stützen.

Meistens handelt es sich bei Reisedokumenten um Reisepässe, aber auch nationale Personalausweise und Aufenthaltstitel für Drittstaatsangehörige können (in dem Gebiet ohne Kontrollen an den Binnengrenzen) verwendet werden. Für die EU, den Schengen-Raum und bestimmte Drittstaaten reicht EU-Bürgern für die Ein- und Ausreise ein nationaler Personalausweis, der von einem der Mitgliedstaaten ausgestellt wurde. Das kann beispielsweise bedeuten, dass ausländische terroristische Kämpfer für Reisen zwischen der EU und der Türkei nur ihren nationalen Personalausweis benötigen.

Unter Betrügern herrscht eine hohe Nachfrage nach EU-Reisedokumenten. Mindestens drei Viertel der gefälschten Dokumente, die an den Außengrenzen, aber auch in dem Gebiet ohne Kontrollen an den Binnengrenzen, entdeckt werden, wurden vermeintlich von einem EU-Mitgliedstaat oder einem assoziierten Schengen-Land ausgestellt.3 Laut kürzlich erstellten Berichten der Europäischen Grenz- und Küstenwache sind von den Mitgliedstaaten ausgestellte, weniger sichere nationale Personalausweise die am häufigsten entdeckten falschen Dokumente, die für Reisen im Schengen-Raum verwendet werden. Der "Doppelgänger-Betrug" (bei dem der Inhaber eines Dokuments einfach ein Doppelgänger des wirklichen Inhabers ist) nimmt noch zu und war im zweiten Quartal 2016 nach wie vor die am häufigsten gemeldete Art von Betrug. Sehr schwer feststellbar und daher höchst problematisch ist es weiterhin, wenn auf der Grundlage falscher Ausgangsdokumente (Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden) echte Dokumente ausgestellt werden.

Vor diesem Hintergrund ist es von entscheidender Bedeutung, dass die EU und insbesondere die Mitgliedstaaten sich verstärkt darum bemühen, die Sicherheit der Reisedokumente, die EU-Bürgern und Drittstaatsangehörigen ausgestellt werden, zu verbessern. Die Sicherheit von Reisedokumenten ist ein wichtiger Faktor für einen besseren Grenzschutz und ein besseres Migrationsmanagement sowie für den Übergang zu einer echten und wirksamen Sicherheitsunion.4

Die Art des Reisedokumentenbetrugs entwickelt sich rasch weiter. Kriminelle Netzwerke, die an der Fälschung und Nachahmung von Reisedokumenten beteiligt sind, haben einen höheren Spezialisierungsgrad erreicht und entwickeln kontinuierlich neue Arten der Fälschung, darunter die Manipulation von Vorrichtungen für den Fälschungsschutz und Techniken zur Umgehung biometrischer Kontrollen, sowie neue Vorgehensweisen.

Durch die Einführung differenzierterer Sicherheitsmerkmale, Herstellungsmethoden und Dokumentenprüfungssysteme wird die Fälschung oder Nachahmung von Identitäts- und Reisedokumenten erschwert. Als Antwort hierauf verlagern die Fälscher ihre Tätigkeit jedoch in zunehmendem Maße vom "traditionellen" Betrug - der sich auf das physikalische Dokument stützt, indem beispielsweise das Gültigkeitsdatum in einem Reisepass geändert wird (Fälschung) oder ein komplett gefälschtes Dokument hergestellt wird (Nachahmung) - auf andere Arten des Dokumentenbetrugs wie den Doppelgänger-Betrug. Sie verwenden auch andere Arten falscher Dokumente, wie zum Beispiel Ausgangsdokumente, mit denen echte Reisedokumente beantragt werden.

Gemäß dem Bericht 2016 der Europäischen Grenz- und Küstenwache5 haben der Doppelgänger-Betrug und die betrügerische Erlangung echter Dokumente zwischen dem ersten Quartal 2015 und dem ersten Quartal 2016 um 4 % bzw. 76 % zugenommen, während der Betrug mit gefälschten Dokumenten rückläufig war (-8 %).

Diese Mitteilung legt einen Aktionsplan zur Verbesserung der Sicherheit von Reisedokumenten dar. Sicherheitsstandards für Reisedokumente und die Anforderungen an Grenzkontrollen6 werden auf EU-Ebene festgelegt, die Mitgliedstaaten tragen jedoch weiterhin in vollem Umfang die Verantwortung für die Ausgangsdokumente sowie für die eigentliche Herstellung und Ausstellung von Reisedokumenten. Der Aktionsplan legt zu allen Aspekten der Sicherheit von Reisedokumenten Maßnahmen dar, die die Kommission ergreifen wird und empfiehlt den Mitgliedstaaten die Durchführung von Maßnahmen im Rahmen nationaler Politiken.

Die Kommission und die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass die Grundrechte und insbesondere das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten bei allen Maßnahmen garantiert werden, auf die in diesem Aktionsplan hingewiesen wird.

Als Hüterin der Verträge wird die Kommission weiterhin die korrekte Umsetzung des Gemeinschaftsrechts überwachen und ihre Befugnisse nutzen, um die korrekte Umsetzung gegebenenfalls durchzusetzen.

II. Aktionsplan

1. Registrierung der Identität

Echte Dokumente, die auf der Grundlage falscher Identitäten ausgestellt werden, sind beim Grenzübertritt oder auf dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats sehr schwierig zu erkennen. Die Identität von Personen sollte festgestellt werden und "Ausgangsdokumente"7 sollten nur auf der Grundlage von Einwohnermelderegistern ausgestellt werden, die die einschlägigen aktuellen historischen, sozialen und geografischen Daten enthalten. Länder mit einem biometrischen Melderegister oder einer biometrischen Datenbank für Reisedokumente können die Identität einer Person jedes Mal überprüfen, wenn diese ein neues Reisedokument beantragt. Das heißt, dass dann nicht unter Verwendung eines falschen Ausgangsdokuments ein echtes Dokument beantragt werden kann.

Während es rechtlich zulässig sein kann, den Namen zu ändern, sollte ein solcher Prozess genau verfolgt werden und die Verfahren müssen stichhaltig sein. Wenn sich Erwachsene erstmals anmelden oder erstmals einen Antrag auf einen Reisepass stellen (zum Beispiel nach einer Einbürgerung) und keine zuverlässigen Anmeldedaten vorliegen, sollten die zuständigen Behörden persönliche Gespräche führen und gegebenenfalls nach zusätzlichen Nachweisen dafür Ausschau halten, dass der Betreffende die geltend gemachte Identität tatsächlich benutzt; zu diesem Zweck sind beispielsweise Wählerverzeichnisse oder Sozialversicherungsregister heranzuziehen.

Darüber hinaus sollten Ausgangsdokumente ein Mindestmaß an Sicherheit aufweisen, um eine Fälschung zu verhindern. Die EU hat insgesamt 16 Mio. EUR für Forschungs- und Entwicklungsinitiativen8 bereitgestellt, um sicherere Ausgangsdokumente zu gewährleisten. Zukünftige Horizont-2020-Arbeitsprogramme zu "Sichere Gesellschaften 2018-2020" werden Forschung und Entwicklung in Bezug auf die Dokumentensicherheit unterstützen.

Außerhalb der EU gibt es im Zusammenhang mit dem Partnerschaftsrahmen im Kontext der Europäischen Migrationsagenda mit wichtigen Drittstaatenpartnern, die über die Kapazität verfügen, funktionierende Personenstandsregister und eine Digitalisierung der Fingerabdrücke oder biometrischen Daten sicherzustellen, Projekte zur Entwicklung biometrischer Registrierungsdatenbanken.

Europol hat die Entwicklung eines Handbuchs zur Feststellung falscher Ausgangsdokumente finanziert. Dieses Handbuch enthält Beispiele und kurze Beschreibungen der europäischen Identitäts- und Ausgangsdokumente, wird aber nicht so viel genutzt wie es sollte.

Die elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen9 können ebenfalls bei der Feststellung falscher Dokumente helfen und die Sicherheit elektronischer Dokumente erhöhen, indem sie die Identität nachweisen und den Identitätsbetrug durch die gegenseitige Online-Validierung von Identitätsdaten verhindern.

Sie würden auch die Erleichterung sicherer Online-Anwendungen für die Verlängerung von Reisedokumenten unterstützen.

Eine kürzlich angenommene Verordnung zur Vereinfachung des Verkehrs von öffentlichen Urkunden innerhalb der Union10 legt fest, dass Geburts- und Heiratsurkunden, die in einem Mitgliedstaat ausgestellt wurden, in einem anderen ohne Echtheitsstempel als echt anerkannt werden können. Dies stärkt den Kampf gegen Betrug durch die Einführung der administrativen Kooperation. Wenn Mitgliedstaaten beispielsweise die Echtheit einer öffentlichen Urkunde anzweifeln, kommunizieren sie über das Binnenmarkt-Informationssystem (IMI) miteinander, um die Echtheit von Ausgangsdokumenten zu überprüfen.

Spezielle Maßnahmen

Die Mitgliedstaaten sollten:

Die Kommission wird:

2. Ausstellung von Dokumenten

Auf der Tagung des Rates im Dezember 2005 haben alle Mitgliedstaaten Schlussfolgerungen11 zu Mindestnormen für die Sicherheit der Verfahren für die Ausstellung der Personalausweise der Mitgliedstaaten angenommen. Dem folgte im Jahr 2006 eine Entschließung.12 Die Empfehlungen betreffen die Ausstellung von Personalausweisen, die als Reisedokumente verwendet werden sollen, sie sind aber für alle Reisedokumente relevant. Dennoch sind einige der Empfehlungen (beispielsweise, dass Antragsteller persönlich erscheinen sollten und dass der gesamte Ausstellungsprozess beobachtet werden soll) noch nicht vollständig umgesetzt.

Es ist wichtig, dass die Mitgliedstaaten bewährte Verfahren sowohl in Bezug auf die Erfassung biometrischer Daten als auch auf die Verfahren zur Gewährung und Ausstellung von Dokumenten austauschen, um eine größere Kohärenz zwischen den einzelstaatlichen Praktiken zu erzielen. Die Kommission wird dies durch die Organisation von Workshops und Adhoc-Sitzungen erleichtern.

Wir wissen, dass dezentralisierte Ausstellungsverfahren Fälschern den Diebstahl und die Wiederverwendung von Blankodokumenten erleichtern. Die Zentralisierung und die Kontrolle/Überprüfung der Ausstellung- und Personalisierungsprozesse (Ausfüllen von Blankodokumenten) verhindern, dass gestohlene Dokumente (und insbesondere Blankodokumente) im Umlauf sind.

Spezielle Maßnahmen

Die Mitgliedstaaten sollten:

Die Kommission wird:

3. Herstellung von Dokumenten

3.1 Sicherheitsmerkmale in Reisedokumenten

Es wurden EU-Rechtsvorschriften über Normen für Sicherheitsmerkmale und biometrische Daten in von den Mitgliedstaaten ausgestellten Pässen und Reisedokumenten13, über eine einheitliche Visagestaltung14 und zur einheitlichen Gestaltung des Aufenthaltstitels für Drittstaatenangehörige15 angenommen. Diese Normen werden auch für Grenzübertrittsgenehmigungen für den kleinen Grenzverkehr16 verwendet und für Genehmigungen, die im Rahmen des Besitzstands im Bereich der legalen Migration ausgestellt werden. Die entsprechenden technischen Spezifikationen für Dokumente werden zur Betrugsverhinderung ständig aktualisiert. Folglich ist es wichtig, dass die Dokumente unter vollumfänglicher Einhaltung der jüngsten Fassung dieser technischen Spezifikationen hergestellt werden.

Die Kommission hat zwei Vorschläge17 zur Verbesserung der Sicherheitsmerkmale und zur Neugestaltung der Visa und Aufenthaltstitel für Drittstaatsangehörige vorgelegt. Die rasche Annahme dieser Vorschläge würde dazu beitragen, dass bei der Einreise in das Gebiet ohne Kontrollen an den Binnengrenzen weniger oft gefälschte Dokumente verwendet werden.

Sicherheitsmerkmale auf nationalen, von den Mitgliedstaaten ausgestellten Personalausweisen und auf den Aufenthaltstiteln für EU-Staatsangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat leben und für ihre Familienangehörigen variieren derzeit beträchtlich, was das Risiko für Fälschungen und Dokumentenbetrug erhöht und zu praktischen Schwierigkeiten für Bürger führt, wenn sie versuchen, ihr Recht auf Freizügigkeit auszuüben. Im Rahmen des Follow-up des Berichts über die Unionsbürgerschaft 2013 und gemäß der Feststellung in der Mitteilung von 2016 "Mehr Sicherheit in einer von Mobilität geprägten Welt" hat die Kommission eine Studie18 in die Wege geleitet, um die Sicherheitsfragen weiter zu bewerten, einschließlich einer möglichen Harmonisierung der Sicherheitsmerkmale, um ihre Resistenz gegen Risiken des Dokumentenbetrugs zu erhöhen. Eine Verbesserung der Sicherheitsmerkmale auf Identitätsdokumenten und Aufenthaltstiteln könnte auch helfen, das in den letzten Berichten der Europäischen Grenz- und Küstenwache angesprochene Problem zu bekämpfen, dass nationale Personalausweise mit einem niedrigeren Sicherheitsniveau die am häufigsten festgestellten falschen Dokumente sind.

Im Zusammenhang mit dem Recht auf konsularischen Schutz, den EU-Bürger genießen, deren Mitgliedstaat in einem Drittstaat keine diplomatische oder konsularische Vertretung unterhält, muss diesen Bürgern vielleicht ein anderer Mitgliedstaat Rückkehrausweise ausstellen. Ein Beschluss aus dem Jahr 9619 legte einen einheitlichen Rückkehrausweis fest, um Bürgern die Heimreise zu ermöglichen. Die Ausstellung von Rückkehrausweisen ist die häufigste Art der konsularischen Hilfe. Nach 20 Jahren ist dieser Beschluss veraltet.20 Einige Mitgliedstaaten verwenden den Rückkehrausweis nicht, da er nicht als sicher gegen Dokumentenbetrug gilt. Im Zusammenhang mit dieser Überarbeitung wird die Kommission auch die Möglichkeiten zur Modernisierung der Sicherheitsmerkmale des Rückkehrausweises untersuchen.

3.2. Erfassung biometrischer Merkmale

Auf EU-Ebene wurden Leitlinien für Behörden angenommen, die in Reisepässen und Aufenthaltstiteln für Drittstaatsangehörige Sicherheitsmerkmale erfassen.21 Dies ist eine sehr wichtige Aufgabe, da die meisten Nichtübereinstimmungen bei Grenzkontrollen durch eine fehlerhafte Erfassung der Daten zum Ausstellungszeitpunkt verursacht werden. Biometrische Qualität ist der wichtigste Parameter, der sich auf die Genauigkeit automatischer biometrischer Systeme auswirkt. Biometrische Schwachstellen wie "Gesichtsmorphing" und "Fingerabdruck-Spoofing"22 sollten auch behandelt werden.

Spezielle Maßnahmen

Das Europäische Parlament und der Rat sollten:

Die Kommission wird:

4. Kontrolle von Dokumenten

Der Schengener Grenzkodex23 legt die Verfahren für die Kontrollen von EU-Bürgern und Drittstaatsangehörigen an den Außengrenzen fest. Die Grenzschutzbeamten müssen diese Kontrollen schnell durchführen und sich dabei auf Technologien/Datenbanken, Schulungen und Anleitungen verlassen, die es ihnen ermöglichen, Reisedokumente zu prüfen.

4.1 Elektronische Kontrollen der Reisedokumente von Drittstaatsangehörigen

Die elektronische Überprüfung der Echtheit der Reisedokumente von Drittstaatsangehörigen ist ein grundlegender Bestandteil des zukünftigen Einreise-/Ausreisesystems.24 Es trägt zur Sicherheit bei und hilft bei der Aufdeckung und Bekämpfung von Identitätsbetrug und der missbräuchlichen Verwendung von Reisedokumenten. Darüber hinaus wird das System zur Bekämpfung des Identitätsbetrugs beitragen, indem es die biometrische Identität von EU-Bürgern auf sehr ähnliche Weise verwaltet wie das Visa-Informationssystem die biometrische Identität von Visuminhabern. Für diese Zwecke sind die beiden Systeme eng miteinander verbunden.

Das Einholen von Zertifikaten von Drittstaaten (Country Signing Certification Authorities), um die Echtheit des Reisedokuments zu bestätigen, ist ein zeitaufwändiger und sensibler Prozess. Es muss jedoch sichergestellt werden, dass die Vertrauenskette vom "Hersteller" des Zertifikats bis zum "Verbraucher" (Nutzer) ohne Unterbrechungen ist. Die Kommission hat im Jahr 2015 ein Pilotprojekt in die Wege geleitet, um zu prüfen, wie Zertifikate von Drittstaaten eingeholt, ihre Vertrauensstufe validiert und sie dann unter Einhaltung der Spezifikationen einer internationalen Zivilluftfahrt-Organisation in einer Art "Masterliste" gemeinsam genutzt werden können.25 Ab 2017 könnte diese "Masterliste" die elektronische Authentifizierung von Reisedokumenten aus Drittstaaten für alle Mitgliedstaaten vereinfachen und weiter unterstützen.

4.2 Kontrollen der Datenbanken

Die Inhaber von Dokumenten sollten den Verlust oder Diebstahl ihrer Dokumente unverzüglich melden. Wenn die Mitgliedstaaten die Informationen unverzüglich im Schengener Informationssystem (SIS) und in der Interpol-Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente erfassen, wozu sie rechtlich verpflichtet sind, reduziert dies die Möglichkeiten des Dokumentenbetrugs beträchtlich. Seit dem 24. November 2016 gab es mehr als 52 Millionen Ausschreibungen von ausgestellten Dokumenten im SIS und 1 Million für Blankodokumente. Im Jahr 2015 gab es ungefähr 18 500 Treffer für ausgestellte Dokumente.

Die Mitgliedstaaten sollten Interpol auch alle verlorenen, gestohlenen oder unterschlagenen Reisedokumente melden, die von Drittstaaten ausgestellt wurden, sodass Interpol diese gegebenenfalls in der Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente erfassen kann. Dies ist beispielsweise von besonderer Bedeutung in Bezug auf in betrügerischer Weise erlangte syrische Reisedokumente. Die Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente enthält über 68 Millionen Aufzeichnungen, die zwischen Januar und September 2016 mehr als 1243 Milliarden Mal abgerufen wurden, was zu 115 000 Treffern führte.

Mit der vorgeschlagenen Änderung des Schengener Grenzkodex26 würde es verpflichtend werden, alle Reisedokumente unabhängig von der Nationalität des Inhabers mit dem SIS und der Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente abzugleichen. Dies würde es einfacher machten, verlorene, gestohlene, unterschlagene oder für ungültig erklärte Dokumente festzustellen und sie zu beschlagnahmen oder als Beweismittel zu sichern. Darüber hinaus sollte das vorgeschlagene Europäische Reiseinformations- und -genehmigungssystem (ETIAS)27 ermöglichen, die Reisedokumente von Drittstaatsangehörigen, die von der Visumpflicht befreit sind, vor ihrer Ankunft an den Außengrenzen mit dem SIS und der Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente abzugleichen. Die hochrangige Expertengruppe für Informationssysteme und Interoperabilität28 untersucht, wie die Interoperabilität zu verbesserten Dokumenten- und Identitätskontrollen beitragen könnte.

4.3 Schulungen

Die Mitgliedstaaten, die zuständigen EU-Agenturen und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa haben (unter anderen) Schulungen für Grenzschutzbeamte zur Aufdeckung des Dokumentenbetrugs entwickelt. Diese Schulungen müssen ständig aktualisiert werden, insbesondere damit sie sich auf neue Formen des Betrugs, wie den Doppelgänger-Betrug, konzentrieren und um alle anzusprechen, die mit der Kontrolle von Dokumenten befasst sind, wie Beförderungsunternehmen, konsularisches Personal und Gebietskörperschaften.

Die Richtlinie über die Haftung von Beförderungsunternehmen sieht finanzielle Sanktionen für die Beförderungsunternehmen vor, die Drittstaatsangehörige befördern, die nicht über die erforderlichen Dokumente für die Einreise in die EU verfügen. Darüber hinaus sollte dem Aspekt der angemessenen Vorkehrungen für die Schulung von Beförderern Rechnung getragen werden, um die Aufdeckung von Dokumentenbetrug zu verbessern.

4.4 Instrumente

Die Datenbank FADO (False and Authentic Documents Online - Datenbank für gefälschte und echte Dokumente) zählt zu den Instrumenten, die Polizeibeamten, Grenzschutzbeamten und anderen für die Aufdeckung von Dokumentenbetrug zur Verfügung stehen. Dabei handelt es sich um eine europäische Bilddatenbank mit standardisierten Beschreibungen der Sicherheitsmerkmale von Dokumenten und Fälschungstechniken in den 24 Amtssprachen der EU, die über verschiedene Links die Möglichkeit des direkten Zugangs zu anderen dokumentenbasierten Datenbanken sowie nationale und kommerzielle Anwendungen bietet.

An der Einrichtung von FADO haben die Mitgliedstaaten gemeinsam gearbeitet. Die Datenbank sollte sich auf einen EU-Rechtsrahmen stützen. Derzeit sind die Mitgliedstaaten nicht rechtlich dazu verpflichtet, Dokumente (ihre eigenen echten oder die gefälschten, die sie entdeckt haben) hochzuladen und dies führt dazu, dass der Umfang der Beiträge in Bezug auf die eigenen Dokumente und die von Drittstaaten sehr unterschiedlich ist. Darüber hinaus ist die tatsächliche Nutzung der Datenbank noch eingeschränkt. Es sollte eine Analyse über den Mehrwert des Systems durchgeführt werden und über die Frage, ob Verbesserungen erforderlich sind.

Außer den Polizei- und Grenzschutzbehörden verlassen sich auch zivile und private Stellen29, die aus verschiedenen Gründen Identitätskontrollen durchführen müssen, auf die Verwendung echter Reise- und Identitätsdokumente. Der Kreis der Personen, die keine Fachleute für Dokumente sind, sollte sich auf einfache Authentifizierungsmechanismen verlassen können, die kein Fachwissen und keine Spezialausrüstung erfordern. Laien und die allgemeine Öffentlichkeit haben Zugang zu einem Subsystem von FADO, das weniger detaillierte Informationen gibt. Es sollten Wege erprobt werden, diesen Nutzern einen umfangreicheren Zugang zu Ausschreibungen von verlorenen oder gestohlenen Dokumenten, Datenbanken mit echten Dokumenten und neueren Warnmeldungen in Bezug auf Betrugstrends zu geben.

4.5 Biometrische Daten in Reisedokumenten

Biometrische Identifikatoren sind ein wichtiges Instrument für die Aufdeckung von Betrug. Grenzschutzbeamte können sie verwenden, um die Identität festzustellen, insbesondere durch den Vergleich der Daten im Chip mit denen auf dem Dokument.

Damit die Behörden die elektronischen Komponenten der e-Reisepässe und e-Aufenthaltstitel abgleichen können, muss ihnen der Mitgliedstaat, der das Dokument ausgestellt hat, die entsprechenden Zertifikate zur Verfügung stellen, sodass sie Zugriff auf die Fingerabdrücke nehmen können, die in dem Chip gespeichert sind. Der systematische elektronische Abgleich der Chipdaten würde zur Aufdeckung der gebräuchlichsten Formen des Dokumentenbetrugs führen, wie Manipulationen am Foto des Inhabers. Leider geben nicht alle Mitgliedstaaten ihre Zertifikate weiter.

Das Potenzial des SIS zur Bekämpfung des Dokumentenbetrugs wird mit der Einführung einer Suchfunktion für Fingerabdrücke steigen. Die ersten Elemente (der Kontrollmechanismus für die Datenqualität) werden bis Mitte 2017 fertiggestellt sein und die Arbeiten auf zentraler Ebene werden im vierten Quartal 2017 abgeschlossen sein. Die Funktion wird die erfolgreiche Identifizierung (über ihre Fingerabdrücke) der Personen ermöglichen, die von den Behörden gesucht werden. Das automatisierte FingerabdruckIdentifizierungssystem (AFIS) wird Identitätskontrollen durchführen und in bedeutendem Maß zur Aufdeckung von Dokumenten- und Identitätsbetrug beitragen. Die Mitgliedstaaten werden es ab 2018 schrittweise einführen.

Gestohlene, unterschlagene, verlorene oder für ungültig erklärte Reisepässe, Personalausweise, Führerscheine, Aufenthaltstitel und Reisedokumente können bereits in das SIS eingegeben werden, die Kommission erwägt jedoch, (im Rahmen der Überarbeitung der Rechtsgrundlage des Systems) vorzuschlagen, dass auch gefälschte Dokumente eingegeben werden sollen. Das wird einen umfassenderen Ansatz für die Entdeckung und Beschlagnahme solcher Dokumente ermöglichen.

Spezielle Maßnahmen

Die Mitgliedstaaten sollten:

Die Kommission wird:

III. FOLLOW-UP

Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, alle erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung einer raschen Umsetzung des vorliegenden Aktionsplans zu ergreifen. Die Kommission wird dem Europäischen Parlament und dem Rat bis Ende des ersten Quartals 2018 über die erzielten Fortschritte Bericht erstatten.