Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen

Wirtschafts- und Sozialausschuss

Follow-up zum Aktionsplan im Bereich der Mehrwertsteuer

Auf dem Weg zu einem einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraum: Zeit zu handeln - COM (2017) 566 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl.
Drucksache 409/12 (PDF) = AE-Nr. 120540,
Drucksache 191/16 (PDF) = AE-Nr. 160271,
Drucksache 728/16 (PDF) = AE-Nr. 161053,
Drucksache 729/16 (PDF) = AE-Nr. 161054,
Drucksache 732/16 (PDF) = AE-Nr. 161055,
Drucksache 820/16 (PDF) = AE-Nr. 161160, AE-Nr. . 041394, 161051

Europäische Kommission

Brüssel, den 4.10.2017 COM (2017) 566 final

1. Einleitung - auf dem Weg zu einem EINHEITLICHEN Europäischen MEHRWERTSTEUERRAUM

Das EU-Mehrwertsteuersystem ist ein echter Vorteil des Binnenmarkts. Es hat Hemmnisse beseitigt, die den Wettbewerb verfälscht und den freien Warenverkehr eingeschränkt haben, und damit den Handel in der EU deutlich erleichtert. Als umfassende Verbrauchsteuer gilt die Mehrwertsteuer (MwSt) als eine der wachstumsfreundlichsten Formen der Besteuerung. Die Mehrwertsteuer ist auch eine wichtige und wachsende Quelle für Steuereinnahmen in der Europäischen Union.1 In den letzten Jahren hat das Mehrwertsteuersystem jedoch nicht mit der Globalisierung und der Digitalisierung der Wirtschaft Schritt halten können. So beruht das derzeitige System zur Besteuerung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten nach wie vor auf einer 25 Jahre alten "Übergangsregelung"2, gemäß der inländische und grenzüberschreitende Umsätze zwei völlig unterschiedlichen Mehrwertsteuerregelungen unterliegen. Dadurch sind die Kosten der Befolgung der Mehrwertsteuervorschriften für Unternehmen, die grenzüberschreitenden Handel treiben, 11 % höher als für Unternehmen, die ausschließlich im Inland Handel treiben. Da Gegenstände grenzüberschreitend mehrwertsteuerfrei erworben werden können, ist die Übergangsregelung zudem besonders betrugsanfällig. Im Jahr 2015 gingen aufgrund von Betrug und anderen Schwächen des Systems 151 Mrd. EUR bzw. 12,8 % der fälligen Mehrwertsteuer verloren.3 So entgingen den Steuerbehörden schätzungsweise 50 Mrd. EUR aufgrund von grenzüberschreitendem Mehrwertsteuerbetrug, der zum großen Teil von kriminellen Vereinigungen begangen wird und jüngsten Presseberichten zufolge unter anderem der Terrorismusfinanzierung diente.

Das bestehende EU-Mehrwertsteuersystem ist zersplittert und zu anfällig für Betrug. Im Rahmen ihrer Agenda für eine faire und wirksame Besteuerung in der EU will die Kommission das Mehrwertsteuersystem von Grund auf ändern, um dafür zu sorgen, dass es auch in Zukunft ein Vorteil des Binnenmarktes bleibt. Schätzungen zufolge würden durch die Einführung eines einheitlichen Mehrwertsteuersystems im Binnenmarkt der grenzüberschreitende Mehrwertsteuerbetrug um 41 Mrd. EUR4 und die Befolgungskosten für Unternehmen um 1 Mrd. EUR5 sinken.

In ihrem Mehrwertsteuer-Aktionsplan vom 7. April 20166 unterstrich die Kommission die Notwendigkeit eines einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraums, der den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht wird. Angekündigt wurde eine Reihe kurz-und mittelfristig zu ergreifender Maßnahmen zur Schaffung eines moderneren, einfacheren EU-Mehrwertsteuersystems, das weniger anfällig für Betrug und gleichzeitig unternehmensfreundlicher ist. Diese Maßnahmen verfolgen mehrere Ziele: Anpassung des Mehrwertsteuersystems an die globale, digitale und mobile Wirtschaft, Berücksichtigung der Bedürfnisse von KMU, einen angemessenen Ansatz für die Festsetzung der Mehrwertsteuersätze, Unterbindung des grenzüberschreitenden Betrugs und Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Schließung der Mehrwertsteuerlücke.

Die Modernisierung des bestehenden Mehrwertsteuersystems soll schrittweise erfolgen. In der vorliegenden Mitteilung wird über die Maßnahmen berichtet, die bereits ergriffen wurden (Abschnitt 2), und die nächsten Schritte werden beschrieben (Abschnitt 3), darunter auch die noch in diesem Jahr zu verabschiedenden Initiativen:

2. Ergebnisse SEIT der Annahme des MEHRWERTSTEUER-AKTIONSPLANS

2.1 Anpassung des Mehrwertsteuersystems an die digitale Wirtschaft und Vorbereitung eines modernen Ansatzes für die Festsetzung der Mehrwertsteuersätze

Am 1. Dezember 2016 hat die Kommission mehrere Vorschläge7 zur Modernisierung der Mehrwertsteuer für den grenzüberschreitenden elektronischen Geschäftsverkehr und einen Vorschlag betreffend den Mehrwertsteuersatz für elektronische Veröffentlichungen vorgelegt. siehe: https://ec.europa.eu/taxation_customs/sites/taxation/files/com_2016_148_de.pdf

Diese Vorschläge sind ein wichtiger Bestandteil der Strategie für den digitalen Binnenmarkt8 und sollen helfen, das Mehrwertsteuersystem fit für die digitale Wirtschaft zu machen.

2.1.1. Vorschläge zur Mehrwertsteuer im elektronischen Geschäftsverkehr

Die Digitalisierung der Wirtschaft hat Herausforderungen für die Steuerpolitik geschaffen, die immer dringender nach einer Lösung verlangen. Es braucht innovative und zukunftsweisende Lösungen, um mit diesen neuen Trends Schritt halten zu können. Die Steuervorschriften müssen weiterentwickelt werden, um sie dem raschen Wandel von Geschäftsmodellen und Verbrauchermustern anzupassen. Gleichzeitig sollte die Besteuerung fair und wirksam für neu gegründete Unternehmen sein und positiv zur Entwicklung des digitalen Binnenmarkts beitragen.

Als Verbrauchsteuer spielt die Mehrwertsteuer eine wichtige strategische Rolle bei der Verwirklichung dieser Ziele. Die Vorschläge zum elektronischen Geschäftsverkehr sollen den Unternehmen, den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Mitgliedstaaten zugutekommen und haben es der EU ermöglicht, sich international als Vorreiter zu positionieren.

Dank der neuen Vorschriften könnten Unternehmen, die Gegenstände online verkaufen, ihren sämtlichen EU-Mehrwertsteuerpflichten an einem einzigen Ort nachkommen, und die mehrwertsteuerliche Behandlung von Start-up-Unternehmen und Kleinstunternehmen, deren grenzüberschreitende Online-Verkäufe weniger als 10 000 EUR entsprechen, würde vereinfacht. KMU könnten vereinfachte Verfahren für grenzüberschreitende Verkäufe im Wert von bis zu 100 000 EUR nutzen. Außerdem würde durch die neuen Vorschriften die derzeit geltende Mehrwertsteuerbefreiung für in die EU eingeführte Kleinsendungen mit einem Wert von weniger als 22 EUR abgeschafft, sodass gleiche Wettbewerbsbedingungen für die EU-Unternehmen entstehen.

Diese Vorschläge werden derzeit im Rat erörtert.

Des Weiteren prüft die Kommission derzeit im Rahmen des EU-MwSt-Forums9, wie durch die Schaffung einer strukturierten öffentlichprivaten Zusammenarbeit mit Steuerbehörden, Logistikunternehmen, Internetplattformen, Zahlungsdienstleistern und Unternehmensverbänden die Mehrwertsteuer-Einziehung verbessert, Betrug im elektronischen Geschäftsverkehr bekämpft und gleiche Wettbewerbsbedingungen für ordnungsgemäß ihren Pflichten nachkommende Unternehmen hergestellt werden können. Das Ergebnis dieser Konsultation liefert die Faktengrundlage für eine Kommissionsinitiative im Jahr 2018.

2.1.2. Vorschlag zur Mehrwertsteuer bei elektronischen Veröffentlichungen

Die Kommission hat außerdem ihre Zusage eingelöst, den Mitgliedstaaten zu ermöglichen, dieselben Mehrwertsteuersätze auf elektronische Veröffentlichungen wie E-Books und Online-Zeitungen anzuwenden wie auf die entsprechenden Printveröffentlichungen. Dafür werden Vorschriften aufgehoben, die Online-Veröffentlichungen von den Steuervergünstigungen für herkömmliche Druckerzeugnisse ausschließen. Dieser Vorschlag stellt einen Fortschritt auf dem Weg zur Technologieneutralität und zur Beseitigung steuerlicher Hindernisse für die Entwicklung des Marktes für elektronische Veröffentlichungen dar. Er wird derzeit im Rat erörtert.

2.2 Gezielte Betrugsbekämpfungsmaßnahmen
2.2.1. Verbesserung des Steuereinzugs und der Zusammenarbeit der Behörde

Die Kommission hat die Entwicklung der Transaction Network Analysis für den Austausch und die gemeinsame Verarbeitung bestimmter Mehrwertsteuerdaten durch Experten des Eurofisc-Netzes10 für Risikoanalyse angestoßen. Dank dieses neuen Instruments werden Steuerbehörden betrügerische Netze einfacher, schneller und sicherer stoppen.

Im Bereich des Strafrechts wurde im Juli dieses Jahres die Richtlinie über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug11 angenommen, die Mindestvorschriften für die Definition von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtete Straftaten sowie Sanktionen und Verjährungsfristen festlegt. Die Richtlinie definiert die sachliche Zuständigkeit der künftigen Europäischen Staatsanwaltschaft (EPPO)12. Die EPPO wird insbesondere für die strafrechtliche Ermittlung und Verfolgung von Fällen von Mehrwertsteuerbetrug zuständig sein, die mit dem Hoheitsgebiet von zwei oder mehr Mitgliedstaaten verbunden sind und bei denen sich der Gesamtschaden auf mindestens 10 000 000 EUR beläuft.

Auf internationaler Ebene hat die Kommission ein Abkommen zwischen der EU und Norwegen über die Verwaltungszusammenarbeit, die Betrugsbekämpfung und die Beitreibung von Forderungen im Mehrwertsteuerbereich verhandelt. Es tritt in Kraft, wenn der Rat die Beschlüsse zu dessen Unterzeichnung und Abschluss angenommen hat. Zudem wurde eine Verwaltungsvereinbarung zur Zusammenarbeit zwischen den Kommissionsdienststellen und der Innereuropäischen Organisation der Steuerverwaltungen (IOTA) geschlossen, die den Austausch bewährter Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten und den IOTA-Mitgliedern betrifft.

Schließlich haben mehrere Mitgliedstaaten Unterstützung zur Stärkung der Kapazitäten ihrer Steuerverwaltungen beantragt. Unterstützungsmaßnahmen im Zuge des Programms zur Unterstützung von Strukturreformen werden eng mit dem FISCALIS-Programm koordiniert.13

2.2.2. Befristete Ausnahme

Am 21. Dezember 2016 hat die Kommission ihre Zusage eingelöst und einen Vorschlag für eine Richtlinie des Rates14 im Hinblick auf die befristete generelle Umkehrung der Steuerschuldnerschaft bei Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen über einem Schwellenwert von 10 000 EUR pro Rechnung vorgelegt. In einem solchen System wird die Mehrwertsteuer entlang der gesamten Wirtschaftskette (zwischen Unternehmen) "ausgesetzt" und nur beim Endverbraucher erhoben. Diese Maßnahme soll es den besonders von Betrug betroffenen Mitgliedstaaten ermöglichen, den Karussellbetrug15 zu bekämpfen, und gleichzeitig eine umfassende, EU-weite Lösung bieten. Die diesbezüglichen Verhandlungen im Rat dauern noch an.

3. Umsetzung der künftigen Vorschläge

3.1 Auf dem Weg zu einem robusten, einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraum

3.1.1. Umsetzung der ersten Stufe des endgültigen Mehrwertsteuersystem

Wie bereits im Mehrwertsteuer-Aktionsplan angekündigt, schlägt die Kommission vor, die geltende Übergangsregelung zur Besteuerung des Handelsverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten durch endgültige Regelungen zu ersetzen. Gemäß den Forderungen des Europäischen Parlaments16 und des Rates17 wird dieses endgültige Mehrwertsteuersystem auf dem Grundsatz der Besteuerung im Bestimmungsmitgliedstaat18 beruhen.

Damit der Übergang für die Steuerverwaltungen und die Unternehmen möglichst reibungslos erfolgt, wird die Umstellung in zwei Schritten stattfinden.19

In einem ersten legislativen Schritt würde die Mehrwertsteuerbehandlung der B2B-Lieferung von Gegenständen innerhalb der Union geregelt. Die Umsetzung dieses ersten Schritts würde in zwei Teilschritten (siehe weiter unten, Abschnitte 3.1.1.1 und 3.1.1.2) erfolgen, d.h. durch eine Reihe von Vorschlägen, die die Kommission noch in diesem Jahr annehmen wird (Teilschritt 1) bzw. die im nächsten Jahr folgen werden (Teilschritt 2).

In einem zweiten legislativen Schritt würde die Mehrwertsteuerbehandlung auf alle grenzüberschreitenden Lieferungen und somit auch auf Dienstleistungen ausgeweitet. Die Umsetzung dieses zweiten Gesetzgebungsschritts würde die Kommission nach angemessenem Monitoring der Umsetzung des ersten Schritts vorschlagen, dessen Funktionieren die Kommission fünf Jahre nach Inkrafttreten überprüfen würde. Das endgültige System würde anschließend vollständig umgesetzt werden.

Nach angemessener Konsultation aller Interessenträger und einer ausführlichen Analyse der verschiedenen Optionen zur Umsetzung des Bestimmungslandprinzips hat die Kommission Steuervorschriften gewählt, denen zufolge bei der grenzüberschreitenden Lieferung von Gegenständen innerhalb der Union der Lieferer dem Erwerber die Mehrwertsteuer zu dem Satz des Mitgliedstaates in Rechnung stellt, in dem die Gegenstände ankommen. Die Mehrwertsteuer würde bei einer einzigen Anlaufstelle ("Onestopshop") in dem Mitgliedstaat angemeldet und abgeführt, in dem der Lieferer ansässig ist. Im ersten Schritt der Umstellung auf das endgültige Mehrwertsteuersystem würden jedoch abweichend von diesem allgemeinen Grundsatz20 Erwerber, die von ihren Steuerbehörden als ihrer Pflicht nachkommende Unternehmen zertifiziert wurden (diese Möglichkeit wird auch KMU offenstehen), weiter mehrwertsteuerpflichtig für die in anderen Mitgliedstaaten erworbenen Gegenstände bleiben, wie es bereits derzeit der Fall ist21.

Außerdem wurde in den Schlussfolgerungen des Rates22 und bei Beratungen mit den Mitgliedstaaten und anderen Interessenträgern über den Mehrwertsteuer-Aktionsplan deutlich, dass es kurzfristig einiger Verbesserungen am derzeitigen Mehrwertsteuersystem bedarf ("Provisorien"). Diese vier "Provisorien" werden in diesem Jahr gleichzeitig mit den rechtlichen Grundlagen des endgültigen Mehrwertsteuersystems vorgeschlagen (siehe unten Teilschritt 1). Ein Vorschlag im Jahr 2018 (Teilschritt 2) wird ausführliche technische Bestimmungen für die tatsächliche Umsetzung der ersten Phase des endgültigen Mehrwertsteuersystems umfassen.

3.1.1.1. Erster Teilschritt: Paket für das endgültige Mehrwertsteuersystem (Oktober 2017)

Das Paket für das endgültige Mehrwertsteuersystem von Oktober 2017 umfasst die drei folgenden Rechtsakte:

A] ein Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der Mehrwertsteuerrichtlinie Dieser Vorschlag beinhaltet Folgendes:

B] Ein Vorschlag zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011, um das vierte "Provisorium" umzusetzen

Mit diesem Vorschlag wird das vierte vom Rat geforderte "Provisorium" umgesetzt: die Harmonisierung und Vereinfachung der Vorschriften betreffend den Nachweis der innergemeinschaftlichen Beförderung von Gegenständen zum Zwecke der Mehrwertsteuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung von Gegenständen. Diese Vereinfachung würde nur bei der Beteiligung von zertifizierten Steuerpflichtigen zur Verfügung stehen.

C] Ein Vorschlag zur Änderung der Verordnung über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer

Dieser Vorschlag ist notwendig, um den Status des zertifizierten Steuerpflichtigen in das MIAS28 einzubinden. Er bildet die Rechtsgrundlage für ein effizientes IT-Tool, mit dem Mitgliedstaaten und Wirtschaftsbeteiligte auf elektronischem Wege unmittelbar prüfen können, ob ein Wirtschaftsbeteiligter diesen Status genießt.

3.1.1.2. Zweiter Teilschritt: Ausführliche technische Bestimmungen für die Umsetzung des endgültigen Mehrwertsteuersystems (2018)

Die oben genannten rechtlichen Grundlagen des endgültigen Mehrwertsteuersystems würden als grundsätzliche Zustimmung der Mitgliedstaaten betrachtet, die derzeit geltende Mehrwertsteuer-Übergangsregelung durch ein endgültiges Mehrwertsteuersystem zu ersetzen, das auf dem Grundsatz der Besteuerung im Bestimmungsland beruht. Die Kommission wird 2018 einen Vorschlag für eine Richtlinie und dazugehörige Durchführungsvorschriften mit ausführlichen technischen Bestimmungen vorlegen, die für die Umsetzung des endgültigen Mehrwertsteuersystems benötigt werden.

Dieser Vorschlag soll die spezifischen Bestimmungen zur Umsetzung der rechtlichen Grundlagen enthalten. Außerdem werden Durchführungsmaßnahmen vorgeschlagen, die die Voraussetzung für die IT-Entwicklungen bilden, welche für die Inbetriebnahme des neuen Systems bis 2022 notwendig sein werden.

3.1.2. Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs heute: Bessere Verwaltungszusammenarbeit bringt raschere Ergebnisse

Mehrere jüngere Presseberichte aus ganz Europa und Untersuchungen durch die nationalen Behörden haben die Verbindung hergestellt zwischen groß angelegtem Mehrwertsteuerbetrug und organisiertem Verbrechen. Es zeigt sich, dass die Erträge aus dem Betrug in Geldwäschemechanismen fließen und anschließend für andere kriminelle Aktivitäten und möglicherweise zur Terrorismusfinanzierung genutzt werden. In diesem Zusammenhang haben das Europäische Parlament29, die Mitgliedstaaten30 und der Europäische Rechnungshof31 festgestellt, dass die Instrumente der Verwaltungszusammenarbeit im Mehrwertsteuerbereich gestärkt werden müssen.

Bis November 2017 wird die Kommission einen Legislativvorschlag zur Stärkung der vorhandenen Instrumente der Verwaltungszusammenarbeit vorlegen. Eines der Ziele wird sein, die Kapazität der Mitgliedstaaten zu stärken, innerhalb von Eurofisc schneller gemeinsame Risikoanalysen vorhandener Informationen durchzuführen, Follow-up-Maßnahmen zu ergreifen und EU-Strafverfolgungsbehörden wie Europol, OLAF und EPPO mehrwertsteuerliche Erkenntnisse mitzuteilen. Der Vorschlag soll außerdem Maßnahmen zur Beseitigung von Schlupflöchern im Einfuhrsystem im Rahmen des sogenannten "Zollverfahrens 42"32 enthalten, indem Steuer- und Zollbehörden systematisch Zugang zu den einschlägigen Informationen gewährt wird.

All diese Maßnahmen würden dazu beitragen, das gegenseitige Vertrauen zwischen den Steuerbehörden zu stärken, das für die umfassende Umsetzung des endgültigen Mehrwertsteuersystems notwendig ist.

3.1.3. Auf dem Weg zu effizienteren Steuerverwaltungen

Bis Ende 2017 wird die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat ein gesondertes Paket von zwei Berichten vorlegen:

Diese Berichte werden die Herausforderungen beleuchten, mit denen die Steuerbehörden bei der Einziehung von Steuern in einem sich wandelnden sozialen, wirtschaftlichen und finanziellen Umfeld konfrontiert sind. Digitalisierung, Globalisierung, neue Geschäftsmodelle, Steuerbetrug und Steuerumgehung sowie knappe Haushaltsmittel zwingen die Steuerbehörden, ihre Verfahren zu überarbeiten und moderne oder alternative Möglichkeiten zur Einziehung von Steuern im Binnenmarkt zu finden. Dies ist überdies die Gelegenheit für die Kommission, auf hoher Ebene einen strategischen Dialog mit den nationalen Behörden anzustrengen, um EU-weit einheitliche Lösungen zu finden, die mit dem Unionsrecht in Einklang stehen.

3.2 Auf dem Weg zu einem moderneren Ansatz für die Festsetzung der Mehrwertsteuersätze

Wie bereits im Mehrwertsteuer-Aktionsplan angekündigt, plant die Kommission außerdem eine Modernisierung der derzeit geltenden Vorschriften über die Freiheiten der Mitgliedstaaten bei der Festsetzung der Mehrwertsteuersätze.

Zusätzlich zu dem unter Punkt 2.1.2 erwähnten Vorschlag für elektronische Veröffentlichungen wird die Kommission bis November 2017 eine Reform der Mehrwertsteuersätze vorschlagen. Dies steht im Einklang mit der endgültigen Regelung auf der Grundlage des Bestimmungslandprinzips, die die derzeit geltende Übergangsregelung für die Besteuerung des Handelsverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten nach und nach ersetzen soll.

Wenn Gegenstände und Dienstleistungen nunmehr im Bestimmungsmitgliedstaat besteuert werden, so hat es für die Lieferer keinen signifikanten Vorteil, sich in einem Mitgliedstaat mit niedrigeren Steuersätzen niederzulassen. Unterschiede bei den Mehrwertsteuersätzen würden daher die Funktionsweise des Binnenmarktes nicht länger beeinträchtigen, sofern sie mit Sicherheitsmaßnahmen zur Vermeidung von potenziellen Risiken wie Einnahmeverlusten, Wettbewerbsverzerrung, Komplexität und mangelnder Rechtssicherheit einhergehen.

3.3 Auf dem Weg zu einem Mehrwertsteuerpaket für KMU

Für KMU fallen aufgrund der Komplexität und Fragmentierung des Mehrwertsteuersystems in der EU proportional höhere Befolgungskosten an als für größere Unternehmen. Um diese Kosten zu senken, wird die Kommission bis November 2017 ein umfassendes Vereinfachungspaket für KMU vorlegen, das ein wachstumsfreundliches und für den grenzüberschreitenden Handel förderliches Umfeld schaffen soll.

Die derzeit für kleine Unternehmen geltende Regelung soll die Befolgungskosten für KMU senken, ist aber nicht für ein auf dem Bestimmungsland beruhendes System geeignet. Es sollte angepasst werden, um die Gleichbehandlung der KMU unabhängig vom Ort ihrer Niederlassung in der EU zu gewährleisten und um sie zu grenzüberschreitenden Aktivitäten und zur Nutzung der Möglichkeiten des Binnenmarktes zu ermutigen.

4. Schlussfolgerung

Die Modernisierung des Mehrwertsteuersystems und seine Anpassung an die Herausforderungen der Betrugsbekämpfung sind entscheidend für die Zukunft unseres Binnenmarkts. Die Reform des derzeitigen Mehrwertsteuersystems dürfte zur Entwicklung des digitalen Binnenmarkts beitragen und die von der Kommission aufgestellte Agenda für eine gerechtere und effizientere Unternehmensbesteuerung in der EU ergänzen.

In diesem Zusammenhang ist es dringend notwendig, die Einführung eines EU-weiten Mehrwertsteuersystems voranzutreiben, das Beschäftigung, Wachstum, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit fördert und einer zunehmend digitalisierten Welt gewachsen ist. Die Kommission ist nach wie vor entschlossen, dieses Versprechen einzulösen.