Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes über den Zugang von Polizei- und Strafverfolgungsbehörden sowie Nachrichtendiensten zum Visa-Informationssystem
(VIS-Zugangsgesetz - VISZG)

A. Problem und Ziel

B. Lösung

Die Regelungen des VIS-Zugangsbeschlusses werden für national anwendbar erklärt Zuständigkeiten werden im Gesetz klargestellt.

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

F. Bürokratiekosten

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes über den Zugang von Polizei- und Strafverfolgungsbehörden sowie Nachrichtendiensten zum Visa-Informationssystem (VIS-Zugangsgesetz - VISZG)

Bundesrepublik Deutschland Die Bundeskanzlerin Berlin, den 27. November 2008

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Müller

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen

Entwurf eines Gesetzes über den Zugang von Polizei- und Strafverfolgungsbehörden sowie Nachrichtendiensten zum Visa-Informationssystem (VIS-Zugangsgesetz - VISZG)


mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium des Innern.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 08.01.09

Entwurf eines Gesetzes über den Zugang von Polizei- und Strafverfolgungsbehörden sowie Nachrichtendiensten zum Visa-Informationssystem (VIS-Zugangsgesetz - VISZG)

Vom ...

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

§ 1 Unmittelbare Anwendbarkeit

§ 2 Zugangsberechtigte Behörden und zentrale Zugangsstellen

§ 3 Terroristische und sonstige schwerwiegende Straftaten

§ 4 Datenschutzkontrolle

§ 5 Protokollierung

§ 6 Inkrafttreten

Begründung

I. Allgemeiner Teil

A. Anlass und Zielsetzung des Entwurfs

Mit der Annahme der Verordnung (EG) Nr. 767/2008) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über das Visa-Informationssystem (VIS) und den Datenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten über Visa für einen kurzfristigen Aufenthalt (VIS-Verordnung;

ABl. EU (Nr. ) L 218 S. 60) wurde die Einrichtung des europäischen Visa-Informationssystems für den Austausch von Visa-Daten zwischen den Mitgliedstaaten beschlossen.

Der Beschluss 2008/633/JI des Rates vom 23. Juni 2008 über den Zugang der benannten Behörden der Mitgliedstaaten und von Europol zum Visa-Informationssystem (VIS) für Datenabfragen zum Zwecke der Verhütung, Aufdeckung und Ermittlung terroristischer und sonstiger schwerwiegender Straftaten (VIS-Zugangsbeschluss; ABl. EU (Nr. ) L 218 S. 129) ermöglicht den Polizei- und Strafverfolgungsbehörden sowie den Nachrichtendiensten die Abfrage des Visa-Informationssystems zum Zwecke der Verhütung, Aufdeckung und Ermittlung terroristischer und sonstiger schwerwiegender Straftaten. Der Ratsbeschluss ist gemäß Artikel 34 Abs. 2 Buchstabe c des Vertrages über die Europäische Union nicht unmittelbar wirksam, sondern erfordert eine nationale Umsetzung.

Ziel des Gesetzentwurfs ist es, die Regelungen des Beschlusses innerstaatlich anwendbar zu machen. Die Umsetzung der Regelungen durch das vorliegende Umsetzungsgesetz wird im Wesentlichen durch eine Anwendbarkeitsbestimmung für den VIS-Zugangsbeschluss erreicht da dessen Vorgaben weitgehend so detailliert sind, dass sie sich für eine Anwendung ohne weitergehende Regelung eignen. Zudem werden Zuständigkeiten klargestellt. Den sonstigen Anforderungen des VIS-Zugangsbeschlusses ist bereits durch bestehendes nationales Recht Genüge getan.

Neben der Anwendung des VIS-Zugangsbeschlusses ist die Übermittlung personenbezogener Daten zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union weiterhin auch aufgrund anderer, insbesondere der fachgesetzlichen Rechtsgrundlagen, möglich.

B. Gesetzgebungskompetenz

Die Zuständigkeit des Bundes zum Erlass dieser Vorschriften ergibt sich aus Artikel 73 Nr. 10 des Grundgesetzes (ausschließliche Gesetzgebung über die internationale Verbrechensbekämpfung).

C. Vereinbarkeit mit EU-Recht

Das Gesetz ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar.

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Keine.

2. Vollzugsaufwand

Durch den Aufbau der nationalen Schnittstelle für Datenabfragen aus dem VIS beim Bundesverwaltungsamt sowie die Einrichtung zentraler Zugangsstellen, über die der Zugang der zugangsberechtigten benannten Behörden erfolgt, sowie deren Nutzung entsteht finanzieller Mehraufwand beim Bund und bei den Ländern.

a) Finanzieller Aufwand

Beim Bundesverwaltungsamt sind für den Aufbau der nationalen Schnittstelle für den VIS-Zugangsbeschluss für das Jahr 2009 Entwicklungs- und Realisierungskosten in Höhe von insgesamt 1 110 000 Euro prognostiziert. Hiervon entfallen 710 000 Euro auf die einmalige Beschaffung von Hard- und Softwarekomponenten. 400 000 Euro sind für die Softwareentwicklung vorgesehen. Im Folgejahr sind hierfür 150 000 Euro, 2011 und 2012 jeweils 50 000 Euro kalkuliert. Für den laufenden Betrieb wird zwischen 2009 und 2012 jährlich jeweils mit Leitungs- und Wartungskosten in Höhe von 94 000 Euro gerechnet.

Der Finanzbedarf für 2009 wird vom Bundesverwaltungsamt im Rahmen der Haushaltsdurchführung erwirtschaftet.

Die Höhe der Kosten, die für die informationstechnische Einrichtung des Zugangs und den Betrieb zentraler Zugangsstellen bei Bund und Ländern entstehen, ist noch nicht endgültig abschätzbar. Technisch müssen alle zugangsberechtigten Behörden und zentralen Zugangsstellen an das Bundesverwaltungsamt angeschlossen werden. Im Wesentlichen kann dafür auf bereits bestehende IT-Infrastruktur zurückgegriffen werden.

Das für den Zugang erforderliche PKI-Zertifikat (public key infrastucture) des Bundesverwaltungsamt verursacht Kosten in Höhe von 60 Euro pro Jahr und Behörde. In der Regel sind die anfallenden Kosten damit so gering, dass ihre Realisierung aus den bestehenden Haushaltsplänen möglich ist.

Für die Mehrzahl der Länder wird die Anbindung an das Bundesverwaltungsamt durch die Länderzweckgemeinschaft "INPOL-Land" (IPCC - INPOL-Land Polas Competence Center) realisiert. Der anfallende Entwicklungsaufwand wird auf ca. 90 000 Euro geschätzt.

Diese Kosten können aus dem bestehenden Kooperationsbudget getragen werden.

Die Einrichtung zentraler Zugangsstellen führt ebenfalls zu finanziellen Mehrbelastungen, die regelmäßig aus den bestehenden Haushaltsplänen gedeckt werden können.

Sofern sich beim Bundesverwaltungsamt oder anderen Bundesbehörden ab 2010 zusätzlicher Finanzbedarf ergibt, wird dieser bei den betroffenen Einzelplänen aus den zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln gedeckt.

b) Personeller Aufwand

Die durch den VIS-Zugangsbeschluss eröffneten zusätzlichen Recherchemöglichkeiten für zugangsberechtigte Behörden werden bei diesen einen erhöhten Arbeitsanfall verursachen.

Es wird jedoch davon ausgegangen, dass sich die Anfragen in einer Größenordnung bewegen die zu keinem erheblichen Mehraufwand bei den betroffenen Fachbereichen führt und sich mit dem vorhandenen Personal bearbeiten lässt.

Die rund um die Uhr erforderliche Besetzung der zentralen Zugangsstellen könnte einen erhöhten Personalbedarf verursachen. Die konkrete Höhe des zusätzlichen Personalbedarfs ist allerdings noch nicht abschätzbar; belastbare Aussagen über Anzahl und Frequenz der VIS-Abfragen können noch nicht getroffen werden.

E. Sonstige Kosten

Durch dieses Gesetz entstehen keine Kosten für die Wirtschaft. Dieses Gesetz wird keine Auswirkungen auf die Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, und die Kosten für soziale Sicherungssysteme haben.

F. Gleichstellungspolitische Gesetzesfolgenabschätzung

Die gleichstellungspolitischen Auswirkungen wurden gemäß § 2 des Bundesgleichstellungsgesetzes (BGleiG) und § 2 GGO anhand der Arbeitshilfe "Gender Mainstreaming bei der Vorbereitung von Rechtsvorschriften" der Interministeriellen Arbeitsgruppe Gender Mainstreaming geprüft. Das Gesetz hat gleichstellungspolitisch weder positive noch negative Auswirkungen. Die Regelungen sind entsprechend § 1 Abs. 2 Satz 1 BGleiG geschlechtergerecht formuliert.

G. Bürokratiekosten

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden weder für die Wirtschaft noch für die Bürger und Bürgerinnen Informationspflichten neu eingeführt, geändert oder aufgehoben; es ist keine bürokratische Nettobe- oder entlastung zu erwarten. Für die Verwaltung werden durch § 2 Abs. 3 VIS-Zugangsgesetz, § 5 VIS-Zugangsgesetz sowie durch § 1 VIS-Zugangsgesetz in Verbindung mit Artikel 17 Abs. 5 VIS-Zugangsbeschluss Informationspflichten geschaffen. Dabei handelt es sich um Pflichten zur Aufstellung und Übermittlung von Listen der mit dem Zugang zum VIS betrauten Behörden und Organisationseinheiten, um die Protokollierung von Daten sowie um die Übermittlung statistischer Daten.

H. Befristung

Eine Befristung des Gesetzes ist nicht möglich, da der zugrunde liegende VIS-Zugangsbeschluss selbst unbefristet ist.

I. Evaluation

Eine Überprüfung der beabsichtigten Wirkungen des Gesetzes ist entbehrlich, da eine Gesamtbewertung der Anwendung des VIS-Zugangsbeschlusses nach Artikel 17 Abs. 4 VIS-Zugangsbeschluss regelmäßig durch die Europäische Kommission erstellt wird.

Diese schließt eine Messung der Ergebnisse an den Zielen, eine Überprüfung der grundlegenden Prinzipien des Beschlusses und eine Bewertung seiner Anwendung ein.

II. Besonderer Teil

Zu § 1

§ 1 bestimmt, dass der VIS-Zugangsbeschluss anwendbar ist. Die Vorgaben des VIS-Zugangsbeschlusses sind - abgesehen von Zuständigkeitsfragen - im Wesentlichen so präzise gefasst, dass sie dem Bestimmtheitsgebot genügen. Dies gilt zunächst hinsichtlich der Zugangsvoraussetzungen des Artikel 5 Abs. 1 VIS-Zugangsbeschluss. Artikel 5 Abs. 1 VIS-Zugangsbeschluss knüpft den Zugang zum VIS an bestimmte, in der Vorschrift näher bezeichnete "Bedingungen". Liegen diese vor, darf eine zugangsberechtigte Behörde die Abfrage "im Rahmen ihrer Befugnisse durchführen". Die in Artikel 5 Abs. 1 VIS-Zugangsbeschluss genannten Bedingungen müssen im konkreten Fall deshalb zusätzlich zur Befugnisnorm für die Datenerhebung durch die zugangsberechtigte Behörde erfüllt sein. Die "berechtigten Gründe" für die Relevanz der Abfrage (Artikel 5 Abs. 1 Buchstabe c VIS-Zugangsbeschluss) müssen auf tatsächlichen Anhaltspunkten beruhen, die erwarten lassen, dass das Ergebnis der Abfrage von VIS-Daten zur Bekämpfung der genannten Straftaten erheblich beitragen wird. Ob ein solcher erheblicher Beitrag prognostiziert werden kann, hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab. Er ist etwa umso eher anzunehmen, je präziser eine Abfrage im VIS vorgenommen werden kann und kann dann fraglich sein, wenn die Abfrage im VIS nur nach einzelnen vergleichsweise unscharfen Datenkategorien erfolgen kann. Eine Abfrage allein anhand solcher Daten, die eine absehbar sehr hohe Anzahl von Datenrückläufen erwarten lassen (Staatsangehörigkeit, Zweck der Reise, Wohnort) oder eine zuverlässige Identifizierung nur schwer ermöglichen (Einladerdaten), wird häufig nicht in Betracht kommen.

Liegen die Zugangsvoraussetzungen vor, kann die Abfrage anhand des konkreten Sachverhalts mittels einer oder mehrerer der in Artikel 5 Absatz 2 aufgeführten Datenkategorien und unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgebots erfolgen.

Hinreichend bestimmt geregelt ist in Artikel 4 VIS-Zugangsbeschluss zudem das zweistufige Zugangsverfahren über zentrale Zugangsstellen, die das Vorliegen der Zugangsvoraussetzungen von Artikel 5 VIS-Zugangsbeschluss prüfen; diese Prüfung soll gewährleisten dass die Abfrage des VIS nicht routinemäßig erfolgt. Das in Artikel 4 Abs. 2 VIS-Zugangsbeschluss vorgesehene Verfahren ermöglicht im dringenden Ausnahmefall die Datenabfrage ohne vorherige Prüfung der Zugangsvoraussetzungen, wenn die unverzügliche Bearbeitung geboten ist und die Rückmeldung anderenfalls nicht rechtzeitig erfolgen könnte. Die Erforderlichkeit und Anwendung dieses Verfahrens wird gemäß Artikel 17 Absatz 3 Satz 2 VIS-Zugangsbeschluss alle zwei Jahre evaluiert.

Ausreichend präzise ist zudem die Regelung der Zusammenarbeit mit Mitgliedstaaten ohne Zugang zum VIS: Artikel 6 VIS-Zugangsbeschluss gibt vor, dass Zugangsvoraussetzungen und Zugangsverfahren des VIS-Zugangsbeschlusses auch Anwendung finden, wenn zugangsberechtigte Behörden dieser Mitgliedstaaten VIS-Daten über deutsche zugangsberechtigte Behörden abfragen oder von diesen selbst zu ihren Visa-Daten abgefragt werden.

Dem Bestimmtheitsgebot genügen auch die Vorgaben zum Schutz personenbezogener Daten in Artikel 8 VIS-Zugangsbeschluss. Von besonderer Relevanz ist insofern das Gebot der Zweckbindung der aus dem VIS erlangten personenbezogenen Daten für die Verhütung, Aufdeckung, Ermittlung und Verfolgung terroristischer und anderer schwerwiegender Straftaten, das auch für die Nutzung der Daten gilt. Die Gewährleistung dieser Zweckbindung obliegt den zugangsberechtigten Behörden; hierfür bieten beispielsweise die Kennzeichnung der Daten hinsichtlich ihrer Herkunft oder ihre Verknüpfung mit Zweckbindungshinweisen sinnvolle Möglichkeiten. Artikel 8 Abs. 3 VIS-Zugangsbeschluss ist eine einschränkende gesetzliche Verwendungsregelung im Sinne des § 477 Abs. 2 Satz 1 StPO. Für die Übermittlung von aus dem VIS erlangten Daten an Drittländer oder internationale Organisationen bestimmt Artikel 8 Abs. 4 VIS-Zugangsbeschluss die materiellen Voraussetzungen; das Verfahren richtet sich nach den für die jeweilige zugangsberechtigte Behörde geltenden Vorgaben (insbesondere § 3 BKAG bzw. § 19 Abs. 3 BVerfSchG i.V.m. § 13 KR). Bei der Protokollierung der Übermittlung ist durch geeignete Verfahren sicherzustellen, dass die Aufzeichnungen den zuständigen Datenschutzbehörden auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden können, beispielsweise dadurch, dass diese Protokolle gesondert geführt werden.

Durch § 1 wird auch die Haftungsbestimmung des Artikel 10 VIS-Zugangsbeschluss für anwendbar erklärt. Artikel 10 Abs. 1 und Abs. 2 VIS-Zugangsbeschluss bilden eigenständige Haftungsgrundlagen, die den Haftungsbestimmungen des Artikel 33 VIS-Verordnung und des Artikel 17 der Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 des Rates vom 11. Dezember 2000 über die Einrichtung von "Eurodac" für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens (ABl. Nr. L 316 S. 1) gleichen. Wie sich aus Artikel 10 Abs. 1 Satz 2 VIS-Zugangsbeschluss ergibt, wird danach das Verschulden bei Vorliegen der Voraussetzungen des Artikel 10 Abs. 1 Satz 1 VIS-Zugangsbeschluss vermutet.

Die Sanktionspflicht nach Artikel 12 VIS-Zugangsbeschluss für die rechtswidrige Nutzung von VIS-Daten wird durch §§ 7, 8, 43, 44, BDSG beziehungsweise die entsprechenden Regelungen in den Datenschutzgesetzen der Länder erfüllt.

Die Verpflichtung, VIS-Daten in nationalen Dateien nur zu speichern, wenn und solange es im Einzelfall erforderlich ist (Artikel 13 Abs. 1 VIS-Zugangsbeschluss), entspricht der Vorgabe des § 20 Abs. 2 Nr. 2 BDSG beziehungsweise den entsprechenden Regelungen in den Datenschutzgesetzen der Länder sowie den bereichsspezifischen Regelungen der Fachgesetze. Soweit in diesen Gesetzen kürzere Löschungsfristen festgelegt sind gelten diese.

Hinreichend bestimmt ist zudem das Recht auf Auskunft, Korrektur und Löschung nach Artikel 14 VIS-Zugangsbeschluss, das sich nach den nationalen Vorschriften richtet, denen die jeweilige zugangsberechtigte Behörde unterliegt. Zu beachten ist dabei allerdings, dass bei einer Auskunftserteilung, Berichtigung oder Löschung von Daten der Mitgliedstaat, der die Daten in das VIS eingegeben hat, zu beteiligen ist.

Zu § 2

Absatz 1 stellt klar, dass der Zugang zum VIS für alle Polizeibehörden, Staatsanwaltschaften und Nachrichtendienste des Bundes und der Länder, die mit der Verhütung,

Aufdeckung und Ermittlung von terroristischen Straftaten oder sonstigen schwerwiegenden Straftaten beauftragt sind, möglich ist.

Absatz 2 bildet die in Artikel 3 Abs. 3 VIS-Zugangsbeschluss eröffnete Möglichkeit ab, mehrere zentrale Zugangsstellen zu benennen. In ihm findet insbesondere die föderale Struktur der Bundesrepublik Deutschland Berücksichtigung. Zentrale Zugangsstellen können in Widerspiegelung dieser Struktur im Bund und in den Ländern eingerichtet werden. Zudem können zentrale Zugangsstellen für Polizeibehörden, Strafverfolgungsbehörden und Nachrichtendienste gesondert benannt werden. Darüber hinaus findet die Möglichkeit der Benennung mehrerer zentraler Zugangsstellen allerdings ihre Grenze:

Die beabsichtigte Zentralität der Zugangsstellen ist zu wahren; zentrale Zugangsstellen können nicht in beliebiger Anzahl eingerichtet werden. Von der Übertragung der Funktion der zentralen Zugangsstelle auf mehrere Polizeibehörden eines Landes beispielsweise ist daher abzusehen. Die Möglichkeit, die Funktion der zentralen Zugangsstelle bundesweit für alle zugangsberechtigten Behörden nur einer oder wenigen Behörden zu übertragen bleibt davon unberührt. Die Verantwortung im Außenverhältnis für die Einhaltung der Zugangsvoraussetzungen und des Zugangsverfahrens liegt im Rahmen ihrer Prüffunktion bei den zentralen Zugangsstellen. Zur Verarbeitung personenbezogener Daten sind die zentralen Zugangsstellen nur insoweit ermächtigt, als dies für die ihnen obliegende Antragsprüfung und Datenabfrage im vorgesehenen Verfahren erforderlich ist oder der in Artikel 16 VIS-Zugangsbeschluss vorgeschriebenen Speicherung von Protokolldaten dient. Eine darüber hinausgehende Verwendung der Daten, z.B. eine Speicherung in Vorgangsnachweisen oder Tagebüchern, ist unzulässig.

Absatz 3 bestimmt das Bundesministerium des Innern als die Behörde, die die Erklärung zu den zugangsberechtigten benannten Behörden der Bundesrepublik Deutschland und die Erklärung zu den zentralen Zugangsstellen an die Kommission und das Generalsekretariat des Rates übermittelt. Diese Erklärungen können jederzeit geändert oder durch andere Erklärungen ersetzt werden, wenn neue Behörden als zugangsberechtigt benannt werden, bereits benannte Behörden die Zugangsberechtigung abgeben oder eine zentrale Zugangsstelle verlagert wird. Zu diesem Zweck sind entsprechende Veränderungen dem Bundesministerium des Innern mitzuteilen. Die Erklärungen werden von der Kommission im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Zu § 3

§ 3 bestimmt abschließend die Straftaten, bei denen grundsätzlich eine Datenabfrage in der VIS-Datenbank zulässig ist. Die Vorschrift präzisiert Artikel 2 Abs. 1 Buchstabe c und d des VIS-Zugangsbeschlusses.

Artikel 2 Abs. 1 Buchstabe c des VIS-Zugangsbeschlusses verweist für den Begriff "terroristische Straftaten" auf Artikel 1 bis 4 des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung und die insoweit geltenden Straftaten nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht. In Umsetzung dieses Rahmenbeschlusses legen die Nummern 1 bis 4 fest, was im vorliegenden Zusammenhang unter "terroristische Straftaten" zu verstehen ist. Unter Nummer 4 fallen namentlich folgende Straftaten, die in der Absicht begangen werden, eine der in Nummer 2 bezeichneten Straftaten zu begehen: schwerer Diebstahl, insbesondere der in § 243 StGB bezeichneten Art, §§ 253, 271 StGB.

Artikel 2 Abs. 1 Buchstabe d des VIS-Zugangsbeschlusses verweist für den Begriff "schwerwiegende Straftaten" auf Artikel 2 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten. Nummer 5 setzt diese Vorgabe um.

Soweit in Artikel 2 Abs. 1 Buchstabe c und d des VIS-Zugangsbeschlusses auch auf Straftaten Bezug genommen wird, die den in den beiden Rahmenbeschlüssen aufgeführten Straftaten gleichwertig sind, besteht kein Umsetzungsbedarf. Das deutsche Recht sieht solche gleichwertigen Straftaten nicht vor.

Zu § 4

§ 4 stellt klar, dass die für die Überwachung der Rechtmäßigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten nach Artikel 8 Abs. 5 VIS-Zugangsbeschluss zuständige Stelle für Bundesbehörden nach § 24 BDSG der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit ist, für Landesbehörden die in den jeweiligen Datenschutzgesetzen der Länder genannten Stellen. Nach Artikel 8 Abs. 6 VIS-Zugangsbeschluss obliegt es ihnen, mindestens alle vier Jahre eine Überprüfung der Verarbeitung personenbezogener Daten nach dem VIS-Zugangsbeschluss durchzuführen. Nach Art. 8 Abs. 3 VIS-Zugangsbeschluss dürfen die nach dem VIS-Zugangsbeschluss erlangten personenbezogenen Daten nur für die Zwecke der Verhütung, Aufdeckung, Ermittlung und Verfolgung terroristischer oder anderer schwerwiegender Straftaten verarbeitet werden. Im Übrigen gelten für ihre Erhebung, Verarbeitung und Nutzung das Bundesdatenschutzgesetz beziehungsweise die jeweiligen Landesdatenschutzgesetze sowie die bereichsspezifischen Datenschutzregelungen der Fachgesetze, die die Tätigkeit der zugangsberechtigten benannten Behörden regeln.

Zu § 5

§ 5 bestimmt, dass die in Artikel 16 VIS-Zugangsbeschluss vorgeschriebene Protokollierung zentral durch das Bundesverwaltungsamt, die nationale Kopfstelle für das Visa-Informationssystem, erfolgt und bestimmt die Protokollierung der Kennung der in der zugangsberechtigten Behörde sowie der zentralen Zugangsstelle den Antrag bearbeitenden Personen (Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe g).

Zu § 6

§ 6 trägt dem Erfordernis des Artikels 82 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz Rechnung. Für die Geltung des Beschlusses 2008/633/JI des Rates vom 23. Juni 2008 über den Zugang der benannten Behörden der Mitgliedstaaten und von Europol zum Visa-Informationssystem für Datenabfragen zum Zwecke der Verhütung, Aufdeckung und Ermittlung terroristischer und sonstiger schwerwiegender Straftaten (ABl. EU (Nr. ) L 218 S. 129) bedarf es einer gesonderten Festlegung des Rates. Sie wird vorgenommen, sobald die Kommission dem Rat mitgeteilt hat, dass die Verordnung (EG) Nr. 767/2008 (VIS-Verordnung) in Kraft getreten und voll anwendbar ist. Deshalb wird der Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes von dieser Ratsfestlegung abhängig gemacht.

->

Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
NKR-Nr. 633:
Gesetz über den Zugang der Sicherheitsbehörden zum Visa-Informationssystem (VIS-Zugangsgesetz)

Der Nationale Normenkontrollrat hat den o.g. Gesetzentwurf auf Bürokratiekosten, die durch Informationspflichten begründet werden, geprüft.

Mit dem Gesetz werden keine Informationspflichten für die Wirtschaft und Bürgerinnen und Bürger eingeführt, geändert oder aufgehoben. Für die Verwaltung werden drei Informationspflichten begründet.

Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrages daher keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig Bachmaier
Vorsitzender Berichterstatter