Der Bundesrat hat in seiner 942. Sitzung am 26. Februar 2016 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
Zur Vorlage allgemein
- 1. Der Bundesrat begrüßt den Richtlinienvorschlag und das Ziel der Kommission, die Umwelt zu schützen und eine stärker kreislauforientierte Wirtschaft zu schaffen. Dazu gehört auch eine Einschränkung der Deponierung von recycelbaren Abfällen und eine weitere Einschränkung der Deponierung von biologisch abbaubaren Abfällen
- 2. Er bittet die Bundesregierung, sich bei den weiteren Beratungen auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass durch die Änderungen der Richtlinie 1999/31/EG keine zusätzliche Bürokratie für Verwaltung und Wirtschaft in Deutschland entsteht.
- 3. Der vorgelegte Richtlinienvorschlag sollte jedoch noch verbessert werden. Deshalb bittet der Bundesrat die Bundesregierung, sich bei den anstehenden Verhandlungen für folgende Änderungen einzusetzen:
Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b (Artikel 5 Absatz 3 Buchstabe f)
- 4. Der Bundesrat begrüßt die Regelung, dass die Mitgliedstaaten Maßnahmen zu ergreifen haben, damit keine getrennt gesammelten Abfälle auf der Deponie angenommen werden. Diese Abfälle sollen verwertet und nicht abgelagert werden. Um die Anwendung der Abfallhierarchie nach Artikel 4 der Abfall-Rahmenrichtlinie zu unterstützen, greift die Regelung allerdings zu kurz. Eine Steigerung der getrennten Sammlung und damit des Recyclings wird nicht erreicht. Nach der von der Kommission vorgeschlagenen Regelung bleibt die Beseitigung gemischter Abfälle, die zum Teil aus den in Rede stehenden getrennt erfassbaren und verwertbaren Fraktionen bestehen, weiterhin erlaubt. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, auf ein Verbot der Beseitigung gemischter Abfälle, die aus den getrennt erfassbaren und verwertbaren Fraktionen bestehen, hinzuwirken.
Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe c (Artikel 5 Absatz 5)
- 5. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung zu prüfen, ob die Quote von 10 Prozent für die Deponierung von Siedlungsabfällen (Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe c (Artikel 5 Absatz 5 der Richtlinie 1999/31/EG)) sachgerecht ist, und das Prüfergebnis in die weiteren Ratsverhandlungen einfließen zu lassen. Jedenfalls ist die vorgesehene Quotenregelung mit wesentlichen abfallwirtschaftlichen Gesichtspunkten (Schadstoffausschleusung, Entsorgungssicherheit bei nicht behandelbaren Abfällen, gegebenenfalls fehlende Verwertungsmöglichkeiten) in Einklang zu bringen.
Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe c (Artikel 5 Absatz 5 bis 7)
- 6. Der Bundesrat begrüßt die Absicht, die Menge der abgelagerten Siedlungsabfälle zu verringern, aus Sicht des Umweltschutzes und des Klimaschutzes. Vor dem Hintergrund, dass die Deponierichtlinie von 1999 schon ab dem Jahr 2005 eine stufenweise Reduzierung der zu deponierenden Menge biologisch abbaubarer Siedlungsabfälle fordert, erscheint die erneute Frist zur Umsetzung bis 2030 bzw. mit Fristverlängerung bis 2035 als zu wenig ambitioniert. Er bittet die Bundesregierung, auch vor dem Hintergrund, dass die Reduzierung von Deponiegas ein relevanter Beitrag zum Klimaschutz ist, auf eine kürzere Fristsetzung hinzuwirken.
Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe c (Artikel 5 Absatz 7)
- 7. Der Bundesrat vertritt die Auffassung, dass der Prüfauftrag an die Kommission hinsichtlich einer Zielsetzung zur Mengenbegrenzung "anderer Abfälle als Siedlungsabfälle auf Deponien" entfallen sollte.
Generell muss angezweifelt werden, ob eine Förderung der Kreislaufwirtschaft durch die Beschränkung bestimmter Beseitigungswege erreicht werden kann. Dies könnte vielmehr dazu führen, dass der betroffene Abfall anderweitig entsorgt würde (zum Beispiel im günstigsten Fall durch Verbrennung). Der Bundesrat hat sich deshalb in seiner Befassung mit dem ersten "Kreislaufwirtschaftspaket" der Kommission im Jahr 2014 bereits am 10. Oktober 2014 kritisch zu pauschalen Deponierungsbeschränkungen geäußert (BR-Drucksache 308/14(B) ), insbesondere Ziffer 33 und - genereller - Ziffer 29.
Darüber hinaus muss die Beurteilung von Siedlungsabfall und industriellen, gegebenenfalls auch hausmüllähnlichen Abfällen auf jeden Fall getrennt erfolgen. Herkunft, Beschaffenheit und Eigenschaften sind derart unterschiedlich, dass eine gemeinsame generelle Beschränkung nicht möglich ist.
Grundsätzlich ist auch davon auszugehen, dass in industriellen Prozessen immer Abfallfraktionen anfallen, die zwar schon eine Vorbehandlung durchlaufen haben, für die es aber dennoch keinen Markt gibt und die deshalb entsorgt werden müssen. Dies gilt umso mehr, wenn ihre Verwendung durch andere Rechtsregelungen - gegebenenfalls auch nur national - eingeschränkt wird (vergleiche geplante Ersatzbaustoffverordnung).
Nach den nationalen Erfahrungen mit Beschränkungen ist auch der Zusammenhang mit begrenzten Deponiekapazitäten zu berücksichtigen. So zeigt die Bedarfsanalyse eines im Auftrag des Umweltministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen erstellten Gutachtens, dass neue Deponievolumina bereits kurzbis mittelfristig notwendig werden.
Um diesem Sachverhalt Rechnung zu tragen, ist eine ganzheitliche Betrachtung notwendig, die sämtliche Auswirkungen betrachtet. Ein einfacher Prüfauftrag für andere als Siedlungsabfälle ist daher ungeeignet.
Zu Artikel 1 Nummer 6 (Artikel 15)
- 8. Der Bundesrat lehnt eine jährliche Berichtspflicht über die Durchführung der Deponierichtlinie (Artikel 5 Absatz 2 und 5) mit Qualitätskontrollbericht ab. Bislang werden die Berichte alle drei Jahre übermittelt. Eine jährliche Berichterstattung erhöht nicht den Erkenntnisgewinn und erzeugt einen zu hohen bürokratischen Aufwand. Es sollte deshalb bei der bisherigen Berichterstattung bleiben. Auch die Inhalte des Qualitätskontrollberichts sind nicht klar.
Zu Artikel 1 Nummer 7 (Artikel 16), Nummer 9 (Artikel 17a)
- 9. Er lehnt außerdem die Befugnisübertragung in Artikel 16 in Verbindung mit Artikel 17a (Befugnisübertragung, delegierte Rechtsakte) auf die Kommission, um zur Anpassung der Anhänge der Deponierichtlinie an den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt delegierte Rechtsakte zu erlassen, ab. Das Vorgehen über delegierte Rechtsakte kann nicht befürwortet werden. Nach Artikel 290 Absatz 1 AEUV kommt eine Delegation nur in Frage bei der "Ergänzung oder Änderung bestimmter nicht wesentlicher Vorschriften des betreffenden Gesetzgebungsaktes". Damit sind lediglich Konkretisierungen und technische Aspekte des jeweiligen Gesetzgebungsaktes gemeint. Insoweit sind Delegationen nur in einem engen Rahmen möglich. Die Anhänge der Deponierichtlinie enthalten die wesentlichen inhaltlichen Bestimmungen der Richtlinie. Bei den hiervon betroffenen Anforderungen an Deponiestandorte, technische Abdichtungsmaßnahmen, die Abfallannahmekriterien und -verfahren sowie Mess- und Überwachungsverfahren sollten die Kenntnisse aus den Mitgliedstaaten bezüglich naturräumlicher Voraussetzungen (Standortkriterien, Verfügbarkeit natürlicher Baustoffe wie Ton) sowie die Vollzugserfahrungen fortgesetzt einfließen. Eine Änderung der Anhänge sollte nicht ohne Stellungnahmen der Mitgliedstaaten erfolgen. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass es beim jetzigen Regelungsverfahren bleibt.