A. Zielsetzung
- Die Verwaltungsreform in den Bundesländern, insbesondere die Straffung der Behördenorganisation soll erleichtert werden.
B. Lösung
- Änderung entgegenstehender bundesrechtlicher Regelungen
C. Alternativen
Keine
D. Kosten für öffentliche Haushalte
- Keine
E. Sonstige Kosten
- 1. Kosten für die Wirtschaft:
keine
- 2. Kosten für soziale Sicherungssysteme:
keine
Gesetzesantrag des Landes Hessen
Entwurf eines ... Gesetzes zur Erleichterung der Verwaltungsreform in den Ländern (... Zuständigkeitslockerungsgesetz)
Der Hessische Ministerpräsident Wiesbaden, den 26. Mai 2004
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dieter Althaus
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Hessische Landesregierung hat beschlossen, dem Bundesrat den anliegenden
- Entwurf eines ... Gesetzes zur Erleichterung der Verwaltungsreform in den Ländern (... Zuständigkeitslockerungsgesetz)
mit dem Antrag zuzuleiten, seine Einbringung beim Deutschen Bundestag gemäß Art. 76 Abs. 1 des Grundgesetzes zu beschließen.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates den Ausschüssen zur Beratung zuzuleiten.
Mit freundlichen Grüßen
Roland Koch
Anlage
Entwurf eines ... Gesetzes zur Erleichterung der Verwaltungsreform in den Ländern (... Zuständigkeitslockerungsgesetz)
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1 Änderung des Verwaltungskostengesetzes
Das Verwaltungskostengesetz vom 23. Juni 1970 (BGBl. I S. 821), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2911), wird wie folgt geändert:
- 1. § 1 wird wie folgt geändert:
- a) In Absatz 1, 1. Halbsatz, werden die Ordnungszahl "1." und die Nr. 2 gestrichen.
- b) In Absatz 2 Satz 1, 2. Halbsatz, werden die Ordnungszahl "1." und Nr. 2 gestrichen und das Komma am Ende der bisherigen Nr. 1 durch einen Punkt ersetzt.
- 2. § 3 wird wie folgt geändert:
- a) Der bisherige Wortlaut wird Absatz 1.
- b) Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 2 angefügt:
(2) In einem Abstand von höchstens zwei Jahren ist zu prüfen, ob die Gebührensätze zu ändern sind, weil sie nicht mehr den Grundsätzen des Absatzes 1 entsprechen."
Artikel 2 Änderung des Abfallverbringungsgesetzes
In § 13 Abs. 1 Satz 3 des Abfallverbringungsgesetzes vom 30. September 1994 (BGBl. I S. 2771), das zuletzt durch Artikel 42 der Verordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2304) geändert worden ist, werden die Worte "zuständigen obersten Behörden" durch die Worte "für die Abfallwirtschaft zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde" ersetzt.
Artikel 3 Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen
Dem § 128 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1998 (BGBl. I S. 2546), das zuletzt durch Artikel 98 der Verordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2304) geändert worden ist, wird folgender Absatz 5 angefügt:
- (5) Soweit für den Vollzug dieses Teiles des Gesetzes die Länder zuständig sind, können diese die Erhebung der Kosten durch Landesrecht regeln. Sie können dabei von den Vorschriften der Absätze 2 und 3, Satz 3 abweichen."
Artikel 4 Änderung des Flurbereinigungsgesetzes
§ 2 des Flurbereinigungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 546), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3987) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
- 1. Absatz 2 erhält folgende Fassung:
"Die Flurbereinigung ist von den Ländern durchzuführen. Sie regeln die Zuständigkeiten. Dabei können sie von den in diesem Gesetz festgelegten Zuständigkeiten abweichen."
- 2. Die Absätze 3 und 4 werden aufgehoben.
Artikel 5 Aufhebung des Gesetzes über die Errichtung der Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung
Das Gesetz über die Errichtung der Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 833-2 veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 25 des Gesetzes vom 3. Mai 2000 (BGBl. I S. 632), wird aufgehoben.
Artikel 6 Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch
Das Achte Buch Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe - Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Juni 1990 (BGBl. I S. 1163), in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3546), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022), wird wie folgt geändert:
- 1. Dem § 69 Abs. 3 wird folgender Satz angefügt: "Landesrecht kann die Zuständigkeiten abweichend regeln."
- 2. Dem § 85 Abs. 2 wird folgender Satz angefügt: "Durch Landesrecht können die Aufgaben nach Nr. 6 und Nr. 9 auf die örtlichen Träger der Jugendhilfe übertragen werden, nach Nr. 6 nur, sofern diese nicht selbst Träger der Einrichtung sind."
Artikel 7 Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
Begründung
Mit bisher 2 Zuständigkeitslockerungsgesetzen (vom 10. März 1975 und 3. Mai 2000) sind bereits eine Vielzahl bundesrechtlicher Zuständigkeitsregelungen in der Weise gelockert worden, dass die Landesregierungen abweichende Zuständigkeiten bestimmen können. Gleichwohl gibt es immer noch bundesrechtliche Regelungen, in denen die Zuständigkeiten von Landesbehörden festgelegt sind. Dies widerspricht dem Föderalismusgedanken (Artikel 83 ff GG) und behindert die Verwaltungsreform in den Bundesländern. Auch die allgemeine Finanzsituation der öffentlichen Hände zwingt zunehmend zu einschneidenden strukturellen Veränderungen in der Verwaltungsorganisation. Organisatorische Vorgaben des Bundes, die dieser Entwicklung entgegenstehen, müssen daher schnellstmöglichst beseitigt werden.
Zu Artikel 1:
Zu 1.
Nach § 1 Absatz 1 und 2 gilt das Verwaltungskostengesetz (des Bundes) in bestimmten Fällen nicht nur für die Kosten öffentlichrechtlicher Verwaltungstätigkeit der Behörden des Bundes, sondern auch für Behörden der Länder (und der Kommunen), soweit diese Bundesrecht ausführen. Die genannten Vorschriften, die u.a. auf den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Fachgesetzes, auf die Frage der Ausführung des Bundesgesetzes als eigene oder als Auftragsangelegenheit sowie auf die ausdrückliche Anordnung der Geltung des Verwaltungskostengesetzes mit Zustimmung des Bundesrats abstellen, sind für den Anwender wie für den Kostenschuldner nur schwer verständlich. Dennoch sind die Amtswalter der Landes- und Kommunalbehörden verpflichtet festzustellen, ob sie das Verwaltungskostengesetz des Bundes oder das des Landes anwenden müssen. Zudem müssen sie die Unterschiede in den jeweiligen Kostengesetzen berücksichtigen.
Diese praktischen Schwierigkeiten können dadurch gelöst werden, dass festgelegt wird, dass das Verwaltungskostengesetz (des Bundes) grundsätzlich nur von Bundesbehörden angewendet werden muss. Die Länder könnten dann (z. T. nach Anpassung der Fachgesetze des Bundes) auch im Falle der Ausführung von Bundesrecht allein auf das Verwaltungskostenrecht ihres jeweiligen Landes zurückgreifen. Damit wäre ein deutlicher Schritt zur Verwaltungsvereinfachung und zur Beschleunigung der Verwaltungsverfahren gegeben; zudem würde der Einsatz der EDV erheblich erleichtert, weil nicht zwei alternative Rechtsvorschriften berücksichtigt werden müssten.
Bereits am 25.02.1994 hatte der Bundesrat im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur Änderung des Verwaltungskostengesetzes und anderer Rechtsvorschriften (BR-Dr. 025/94 ) die Bundesregierung um Prüfung gebeten, "ob § 1 des Verwaltungskostengesetzes dahingehend geändert werden kann, dass das Verwaltungskostengesetz nicht für die Verwaltungstätigkeit der Länder und der Kommunen anzuwenden ist." Bislang wurde dieses Petitum gesetzgeberisch noch nicht umgesetzt. Ein schutzwürdiges Interesse des Bundes an der Beibehaltung der bisherigen komplizierten Regelung ist nicht erkennbar, zumal die Gebühreneinnahmen in die Kassen der Länder bzw. der Kommunen fließen.
Zu 2.
Die Praxis hat gezeigt, dass die Verordnungsgeber des Bundes die in verschiedenen Gebührenordnungen normierten Gebührensätze für Tätigkeiten, die die Länder aufgrund von Bundesrecht ausführen, trotz wiederholter und intensiver Bitten der Länder häufig nicht rechtzeitig, nicht in dem von den Ländern für erforderlich gehaltenen Umfang, erst mit erheblicher Verzögerung oder gar nicht an die veränderte Kostensituation anpassen. So bleibt vielfach der wirtschaftliche Wert bei der Gebührenkalkulation ( § 3 VwKostG) unberücksichtigt; oftmals wird nicht einmal Kostendeckung erreicht.
Bislang können die Länder die Beachtung der für den Verordnungsgeber des Bundes verbindlichen Vorschriften nicht durchsetzen. Deshalb soll der Verordnungsgeber gesetzlich verpflichtet werden, die Gebührensätze alle zwei Jahre zu überprüfen und ggf. anzupassen. Natürlich haben die Länder unmittelbar nur ein Interesse an der Anpassung solcher Gebühren, die ihnen - und nicht dem Bund - zufließen. Doch wäre eine Einschränkung in § 3 Absatz 2 des Entwurfs auf diese Fälle sicher wenig sinnvoll.
Das Interesse der Länder an der vorgeschlagenen Regelung im VwKostG besteht, so lange und soweit die Gebührennormierungskompetenz nicht auf die Länder übertragen wird.
Zu Artikel 2:
Nach § 13 Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes über die Überwachung und Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung von Abfällen (AbfVerbrG) ist das Umweltbundesamt zuständige Behörde für die Entscheidung über die notifizierungsbedürftige Verbringung von Abfällen durch den Geltungsbereich dieses Gesetzes. Es hat die zuständigen obersten Behörden der Länder, durch deren Gebiet Abfälle notifizierungsbedürftig verbracht werden, von der Entscheidung zu unterrichten (§ 13 Absatz 1 Satz 3 1. Halbsatz AbfVerbrG).
Für die Unterrichtung gerade der zuständigen obersten Landesbehörden besteht keine Notwendigkeit; vielmehr sollten die Länder ermächtigt werden, selbst eine empfangsberechtigte Stelle zu bestimmen. Dieses Ziel könnte dadurch erreicht werden, dass in § 13 Absatz 1 Satz 3 AbfVerbrG der Verweis auf die zuständigen obersten Behörden der Länder durch einen Verweis auf eine von den Ländern bestimmte Behörde ersetzt wird.
Zu Artikel 3:
Den Ländern obliegt nach § 106 Abs. 2 GWB die Einrichtung, Organisation und Besetzung der Nachprüfungsbehörden für die Vergabe öffentlicher Aufträge in eigener Zuständigkeit. Nach Artikel 104a Absatz 1 GG tragen die Länder die Kosten der ihnen zugewiesenen Aufgaben. Die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit gebietet im gesamtstaatlichen Interesse keine bundesgesetzliche Regelung nach Artikel 72 Absatz 2 GG. Die Länder müssen daher ermächtigt sein, die Kosten (Gebühren und Auslagen) für die Durchführung der Nachprüfungsverfahren der im Vierten Teil des GWB geregelten Vergaben öffentlicher Aufträge selbst zu bestimmen. Die Ermächtigung umfasst das Recht, sowohl vom allgemeinen Gebührenrahmen des Abs. 2 als auch im Falle der Erledigung der Hauptsache vom Aufteilungsschlüssel nach Abs. 3 Satz 3 abzuweichen, und insoweit u.a. der landeseigenen Kostensystematik zu folgen.
Zu Artikel 4:
Das Flurbereinigungsgesetz enthält eine Vielzahl detaillierter Zuständigkeitsregelungen für die Durchführung durch die Länder. Außerdem werden die Dreistufigkeit der Verwaltung und der Charakter als "Fachbehörde" verbindlich festgeschrieben. Auch für diese bundesrechtlichen Eingriffe in die Organisationshoheit der Länder gibt es keine Rechtfertigung mehr. Er ist zu beseitigen. Die Länder müssen die Möglichkeit haben, die Zuständigkeiten abweichend zu regeln.
Zu Artikel 5:
Das Gesetz regelt bundesrechtlich die Errichtung der Verwaltungsbehörden und der sonstigen Stellen der Kriegsopferversorgung der Länder. Durch das Zweite Zuständigkeitslockerungsgesetz vom 3. Mai 2000 hat es entgegen der eigentlichen Intention des Gesetzes eine Fassung erhalten, die die Dreistufigkeit der Versorgungsverwaltung weiterhin verbindlich vorgibt. Von der Rechtsprechung wird diese Regelung so ausgelegt, dass die Versorgungsverwaltung als Sonderverwaltung fortbestehen muss und eine echte Eingliederung in die allgemeine Verwaltung nicht möglich ist. Auch eine Kommunalisierung erscheint danach ausgeschlossen. Die Länder müssen aber die Möglichkeit haben, die bisherigen überholten Strukturen zu verändern und die Verwaltung aus Kostengründen zu straffen. Durch die allgemeine Finanzsituation hat sich diese Situation seit dem Jahre 2000 erheblich verschärft. Auch angesichts der weiterhin rückläufigen Fallzahlen in der Kriegsopferversorgung ist das Festhalten an den überholten bundesrechtlichen Vorgaben nicht mehr zu rechtfertigen.
Zu Artikel 6:
Nach § 69 Absatz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) vom 26. Juni 1990 (BGBl. I S. 1163), neugefasst durch Bekanntmachung vom 8.12.1998 (BGBl. I S. 3546), sind Träger der öffentlichen Jugendhilfe die örtlichen und die überörtlichen Träger. Örtliche Träger sind die Kreise und die kreisfreien Städte. Landesrecht regelt, wer überörtlicher Träger ist. Darüber hinaus bestimmt § 69 Absatz 3 SGB VIII, dass für die Wahrnehmung der Aufgaben nach diesem Buch jeder örtliche Träger ein Jugendamt und jeder überörtliche Träger ein Landesjugendamt errichtet. In Hessen ist durch das Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (AG-KJHG) in der Fassung vom 22.01.2001 (GVBl. I S. 106) geregelt, dass überörtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe das Land Hessen ist (§ 7 Abs. 1 AGKJHG) und das für Kinder- und Jugendhilfe zuständige Ministerium die Aufgaben wahrnimmt, die dem Landesjugendamt nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch sowie nach diesem Gesetz zugewiesen sind (§ 7 Absatz 2 AG-KJHG). Für welche Aufgaben das Land Hessen als überörtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe sachlich zuständig ist, ergibt sich im Wesentlichen aus § 85 Absatz 2 SGB VIII.
Die Vorgabe in § 69 Absatz 3 SGB VIII, dass jeder überörtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe ein Landesjugendamt errichtet, ist verzichtbar; zumindest sollte die Errichtung eines Landesjugendamtes in das Ermessen der Länder gestellt werden. Durch die Regelung der sachlichen Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe in § 85 Absatz 2 SGB VIII wird zudem die beabsichtigte Kommunalisierung staatlicher Aufgaben erschwert. Beide Vorschriften widersprechen daher dem Föderalismusgedanken des Grundgesetzes und behindern die Verwaltungsreform in den Ländern.
Vor dem Hintergrund der Änderung des Hessischen Gesetzes zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes wäre insbesondere für den Bereich der Heimaufsicht unter dem Aspekt ortsnaher und effizienter Aufgabenwahrnehmung eine Lockerung der bundesrechtlichen Zuständigkeitsvorgaben zu befürworten. Dieses Ziel könnte zunächst mit der Aufnahme einer Öffnungsklausel in § 85 Absatz 2 SGB VIII verfolgt werden, durch die es den Ländern ermöglicht wird, die Zuständigkeit für die Wahrnehmung der Aufgaben zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen (§ 85 Absatz 2 Nr. 6 SGB VIII) von dem überörtlichen auf den örtlichen Träger der Jugendhilfe zu übertragen, sofern dieser nicht selbst zugleich Träger der Einrichtung ist.