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Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union, der Ausschuss für Innere Angelegenheiten und der Verkehrsausschuss empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. In den kommenden Jahren ist mit einem erheblichen Wachstum der Nachfrage nach Verkehrsdienstleistungen zu rechnen. Diese Steigerung, die u. a. auf dem allgemeinen Wirtschaftswachstum, der Erweiterung der EU und der Intensivierung der Handelsbeziehungen beruht, wird in erheblichem Maße den Güterverkehr betreffen. Angesichts bereits vorhandener und voraussichtlich weiter zunehmender Belastung der Straßeninfrastruktur kommt dem umweltfreundlichen Seetransport eine besondere Bedeutung zu. Die in diesem Bereich noch vorhandenen Potenziale können zu einer nachhaltigen Verkehrsentwicklung innerhalb der EU maßgeblich beitragen. Diesem Gedanken trägt auch die Kommission mit ihrem Konzept "From Road to Sea" Rechnung. Die Häfen, als Schnittstelle zwischen See- und Landtransport, haben dabei eine entscheidende Funktion. Gleiche und faire Wettbewerbsbedingungen zwischen den Häfen spielen dabei eine zentrale Rolle.
Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich Liberalisierungsmaßnahmen im Bereich des Transportsektors als eine der zentralen Zielsetzungen der EU, der aber eine Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen vorangehen muss.
- 2. Dem Ziel der Liberalisierung soll auch der Richtlinienvorschlag über den Marktzugang für Hafendienste dienen. Die Kommission lässt dabei aber zwei wesentliche Gesichtspunkte außer Acht. Zum einen besteht bereits ein intensiver Wettbewerb in den relevanten Märkten zwischen den europäischen Häfen.
Dies zeigt sich z.B. in den im Vergleich zu Asien und Nordamerika deutlich niedrigeren Hafenumschlagkosten in Europa, die nur bei effizienten und kostengünstigen Strukturen und gleichzeitigem hohen Wettbewerb möglich sind. Zum anderen sind die von der Kommission in der beabsichtigten Richtlinie vorgeschlagenen Maßnahmen nicht geeignet, eine weitere Liberalisierung herbeizuführen.
- 3. Hafendienste, die zurzeit ohne Genehmigung erbracht werden können, bedürfen in Zukunft einer Genehmigung. Diese von der Kommission vorgesehene obligatorische Genehmigungspflicht für alle Hafendiensteanbieter wird bei den zuständigen Hafenleitungsorganen zu einem noch nicht abschätzbaren erhöhten bürokratischen Aufwand führen, der mit dem Ziel der Liberalisierungsrichtlinie nicht vereinbar ist.
- 4. Der Bundesrat befürchtet bei In-Kraft-Treten der vorgeschlagenen Richtlinie eine verringerte Investitionsbereitschaft der Hafendiensteanbieter wegen der Unsicherheiten in Bezug auf die Bestandsgarantie vorhandener Verträge sowie wegen kürzerer Geltungsdauer künftiger Vertragslaufzeiten und unklarer Entschädigungsregelungen.
Der Richtlinienvorschlag enthält keine Übergangsvorschriften für bereits tätige Hafendiensteanbieter. Dies ist weder mit den im deutschen Recht verankerten Prinzipien von Bestands- und Vertrauensschutz vereinbar noch stärkt es die Investitionsbereitschaft bei den Unternehmen. Eine Zurückhaltung bei den Investitionen wäre für die deutschen Häfen kontraproduktiv, da diese in den vergangenen Jahren hohe Wachstumsraten zu verzeichnen hatten. Alle derzeitigen Prognosen gehen von einer Fortsetzung dieses Trends aus. Um den steigenden Anforderungen gerade im Containerumschlag sowie im Fähr- und RoRo-Verkehr gerecht zu werden, sind sowohl neue als auch laufende Investitionen in bereits vorhandene Hafenanlagen erforderlich.
- 5. Der Bundesrat sieht die große Gefahr, dass der Richtlinienvorschlag entgegen der ausdrücklichen Intention der Kommission zu einer Verringerung des Wettbewerbs in den Häfen führen wird. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass über die in dem Vorschlag vorgesehenen Auswahlverfahren Dienstleister aus außereuropäischen Märkten, die auf Grund der monopolistischen Strukturen in ihren Heimatmärkten hohe Renditen erwirtschaften, verstärkt in die Schlüsselhäfen der EU drängen und sich mit hohen finanziellen Angeboten durchsetzen.
Die in der EU derzeit vorhandenen Strukturen mit einer Vielzahl von öffentlichen und privaten Anbietern würden dadurch signifikant gefährdet. Mittelfristig könnten dann auch in der EU monopolistische Strukturen entstehen, wenn wenige Anbieter auf diese Weise einen erheblichen Marktanteil auf sich konzentrieren können.
- 6. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass der Richtlinienvorschlag die tatsächlichen Gegebenheiten, die im Bereich des Güterverkehrs herrschen, nicht ausreichend berücksichtigt. Die Kommission verkennt, dass nicht nur einzelne Hafendiensteanbieter, sondern logistische Transportketten miteinander im Wettbewerb stehen. Ein Eingriff in einen Teilbereich hätte erkennbar negative Auswirkungen auf die gesamte Logistikkette, da Hafenunternehmen zunehmend vertikale Kooperationen im Hinterlandverkehr eingehen müssen. Einem Logistikunternehmen, dem durch die Auswahl eines anderen Anbieters zum Beispiel der Containerumschlag entzogen würde, drohte die Verdrängung aus der gesamten Kette. Die daraus resultierenden Folgen, auch für sonstige innerhalb der Transportkette bestehende Verpflichtungen und Verträge, würden sehr weit reichend sein. Die beabsichtigte Richtlinie hätte damit indirekt nachhaltige Auswirkungen auf andere, gar nicht vom Regelungsbereich erfasste Bereiche.
Gleichzeitig würden bestehende und derzeit gut funktionierende Netzwerke zerstört.
- 7. Der Bundesrat lehnt die Einführung der Selbstabfertigung im Sinne dieser Richtlinie für alle Hafenbenutzer als zu weit gehend ab. Die Selbstabfertigung würde dem verfolgten Ziel der Verstetigung von Arbeitsverhältnissen für Hafenarbeiter entgegenstehen. Neben diesem sozioökonomischen Ansatz wird die Selbstabfertigung wegen möglicher negativer Einflüsse auf die Sicherheit im Umschlag Beschäftigter, die Ladung und den sicheren Schiffsbetrieb abgelehnt.
- 8. Nachdem zu dem ersten Vorschlag der Kommission für eine Marktzugangsrichtlinie aus dem Jahr 2001 nach langen, schwierigen Verhandlungen im Vermittlungsverfahren mit Zustimmung der Kommission ein weit gehend akzeptierter Kompromiss erzielt worden war, der allerdings im Europäischen Parlament keine Mehrheit gefunden hat, ist es dem Bundesrat unverständlich, dass die Kommission ohne erkennbare Notwendigkeit und ohne Begründung einen neuen Vorschlag vorlegt, der weit hinter dem Ergebnis des ersten Verfahrens zurückbleibt und die dabei gemachten Erfahrungen außer Acht lässt.
- 9. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf, den Richtlinienvorschlag im Beratungsverfahren auf europäischer Ebene abzulehnen.
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- 10. Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfiehlt dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.