850. Sitzung des Bundesrates am 7. November 2008
A.
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik (AS) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat stellt fest, dass sich das Modell Europäischer Betriebsräte als Vertretung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in länderübergreifend tätigen Unternehmen angesichts der inzwischen ca. 820 Europäischen Betriebsräte, die 14,5 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vertreten, weitgehend bewährt hat und einen nicht unerheblichen Beitrag dazu leistet, die wirtschaftlichen und sozialen Ziele im Binnenmarkt so gut wie möglich miteinander in Einklang zu bringen.
- 2. Der Bundesrat hält das Bestreben der Kommission, die bei der praktischen Anwendung der geltenden Richtlinie auftretenden Probleme durch Anpassung von Vorschriften beheben zu wollen, für sinnvoll. Auch die Überarbeitungsvorschläge, die auf eine bessere Abgrenzung der Zuständigkeiten und eine verbesserte Abstimmung zwischen den verschiedenen - nationalen und transnationalen - Ebenen der Arbeitnehmervertretungen zielen, sind der Schaffung von Rechtssicherheit zuträglich.
- 3. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission von einer grundlegenden Novelle der Richtlinie zu den Europäischen Betriebsräten Abstand genommen und insbesondere auf die Absenkung der geltenden Schwellenwerte für den Anwendungsbereich der Richtlinie verzichtet hat.
- 4. Nach Auffassung des Bundesrates sollte die Einrichtung von Europäischen Betriebsräten weiterhin wie bisher vorgenommen werden.
- 5. Eine Richtlinie sollte nach wie vor nur einen allgemeinen Ordnungsrahmen festlegen, nicht aber kostenträchtige und bürokratische Detailregelungen treffen.
- 6. Der Bundesrat begrüßt, dass sich die Sozialpartner in einem gemeinsamen Brief an die Kommission, den Rat und das Europäische Parlament dafür ausgesprochen haben, den Vorschlag der Kommission grundsätzlich als gemeinsame Basis für die Reform der Richtlinie zu betrachten.
- 7. Der Bundesrat begrüßt, dass die Berücksichtigung der in dem gemeinsamen Brief der Sozialpartner aufgeworfenen Punkte für mehr Rechtsklarheit sorgen soll und an den existierenden praktischen Anwendungsproblemen in der betrieblichen Wirklichkeit ansetzt. Dies gilt insbesondere für die genauere Definition der "Information" und der "Konsultation", auf die die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Anspruch haben, und für die Einhaltung einer ausreichenden Zeitspanne.
- 8. Der Bundesrat teilt die Einschätzung der Europäischen Sozialpartner, wonach die Einführung eines zweijährigen Zeitfensters, in dem die Bestimmungen der alten und revidierten EBR-Richtlinie nur eingeschränkt angewendet werden müssen, die Gründung weiterer Europäischer Betriebsräte innerhalb kurzer Zeit anregen kann. Das gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass der Vorschlag der Kommission auch in seiner durch die Sozialpartner angeregten Fassung einige Maßnahmen beinhaltet, die den Gestaltungsspielraum der Verhandlungspartner einengen. Da der Bundesrat gerade der Existenz eines weiten Gestaltungsspielraums der Verhandlungspartner große Bedeutung für die Akzeptanz und Effizienz von Vereinbarungen über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrates zumisst, hält er es für dringend notwendig, für den erforderlichen Gestaltungsspielraum zu sorgen. Nur so ist es letztlich möglich, dass für die unterschiedlichen Ausgangssituationen in den europäischen Unternehmen jeweils maßgeschneiderte Lösungen gefunden werden können. Die Einführung eines Zeitfensters erscheint hierfür ein probates Mittel zu sein.
- 9. Der Bundesrat weist darauf hin, dass der soziale Dialog das geeignete Mittel darstellt, um einen tragfähigen Konsens über die erforderlichen Änderungen der Richtlinie über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrates, die über reine redaktionelle Änderungen hinausgehen, zu erzielen.
B.
- 10. Der Rechtsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.