Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 319666 - vom 12. November 2009.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 22. Oktober 2009 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass der Kommission mit der Verordnung (EG) Nr. 2424/2001 des Rates vom 6. Dezember 2001 ein Mandat für die Entwicklung der zweiten Generation des Schengener Informationssystems (SIS)1 erteilt wurde, das im März 2007 seinen Betrieb aufnehmen sollte,
B. in der Erwägung, dass das Parlament am 13. Oktober 2006 die Verordnung (EG) Nr. 1987/20062 zur Schaffung der Rechtsgrundlage für das SIS II angenommen hat,
C. in der Erwägung, dass zahlreiche Probleme und Verzögerungen letztlich dazu geführt haben, dass das neue System immer noch nicht in Betrieb gegangen ist und sogar die Durchführbarkeit des Projekts in Frage gestellt wird,
D. in der Erwägung, dass eine Reihe von Ländern, darunter Irland, das Vereinigte Königreich, Zypern, Bulgarien, Rumänien und Liechtenstein, nicht in das SIS-System einbezogen wird, bevor nicht eine Lösung gefunden ist,
E. in der Erwägung, dass der Rat "Justiz und Inneres" auf seiner Tagung am 4. und 5. Juni 2009 eine Reihe von Schlussfolgerungen über die zukünftige Entwicklung des SIS II angenommen und beschlossen hat, dass die Entwicklung des Systems auf der Grundlage des laufenden SIS-II-Projekts fortgeführt werden wird, dass jedoch das alternative Szenario SIS 1+ RE als eine Art Auffanglösung bereitgehalten wird,
F. in der Erwägung, dass zwei Funktionstests (so genannte "Meilenstein"-Tests) durchzuführen sind, der erste Ende 2009 und der zweite im Sommer 2010,
G. in der Erwägung, dass mit der Inbetriebnahme des SIS II nunmehr erst im letzten Quartal 2011 gerechnet wird,
H. in der Erwägung, dass das Parlament am 7. Juni 2007 die Verordnung (EG) Nr. 767/20083 zur Schaffung der Rechtsgrundlage für das Visa-Informationssystem (VIS) angenommen hat,
I. in der Erwägung, dass die Einrichtung des VIS, welches auf derselben technischen Plattform beruht und von demselben Auftragnehmer entwickelt wurde wie das SIS-II-System, ebenfalls eine Priorität für die Europäische Union darstellt,
J. in der Erwägung, dass sich auch das VIS verzögert, da das Datum für die Einführung, die für Ende 2009 vorgesehen war, nicht eingehalten werden wird und sich die Inbetriebnahme über September 2010 hinaus verschieben könnte, weil bei der Errichtung des zentralen VIS durch die Kommission und bei den Vorbereitungen auf nationaler Ebene in den Mitgliedstaaten Probleme aufgetreten sind,
- 1. betont, dass die Einrichtung des SIS II weiterhin eine Priorität für das Parlament ist und dass es so schnell wie möglich seinen Wirkbetrieb aufnehmen sollte, wobei verschiedene Verbesserungen und neue Funktionen, wie sie in der Rechtsgrundlage vorgesehen sind, einzuführen sind, um die Sicherheit der europäischen Bürgerinnen und Bürger zu erhöhen, wirksame Grenzkontrollen an den Außengrenzen zu gewährleisten und gleichzeitig die Vervollständigung und Kohärenz des Schengen-Besitzstands sicherzustellen;
- 2. bekundet seine tiefe Sorge über die Verzögerungen der Aufnahme des Wirkbetriebs sowohl des SIS-II-Systems als auch des VIS-Systems;
- 3. fordert, von der Kommission und vom Rat über die Ergebnisse des Funktionstests ("Meilenstein"-Test 1), der am 22. Dezember 2009 durchgeführt werden soll, sofort nach dessen Abschluss unterrichtet und unverzüglich über die künftig geplanten Schritte informiert zu werden;
- 4. fordert umfassende Transparenz der Durchführung, auch was die finanziellen Aspekte betrifft, und fordert, dass es in seiner Eigenschaft als Mitgesetzgeber darüber informiert wird, ob die so genannten "Meilenstein"-Tests 1 und 2 noch unter den derzeitigen Vertrag über die Entwicklung des SIS II fallen, oder ob sie als zusätzliche Anforderungen behandelt werden müssen, und welche zusätzlichen Kosten in diesem Fall anfallen;
- 5. verlangt, davon in Kenntnis gesetzt zu werden, ob gegen den Auftragnehmer wegen der Verzögerungen und technischen Fehler, aufgrund derer früher durchgeführte Tests misslungen sind, Geldstrafen verhängt wurden, und wenn ja, wie hoch diese Geldstrafen waren; fordert ferner, dass ihm mitgeteilt wird, welche zusätzlichen Kosten durch diese Verzögerungen und technischen Fehler entstanden sind, im Hinblick auf die Notwendigkeit neuer Tests und die Verzögerung des Zeitplans für die Einführung des SIS II;
- 6. fordert konzertierte und koordinierte Anstrengungen seitens der Kommission und der Mitgliedstaaten, damit vermieden wird, dass sich das Szenario, das sich anlässlich der Entwicklung des SIS II ergeben hat, beim VIS wiederholt;
- 7. fordert den Rat und die Kommission auf, eine begründete Erklärung darüber abzugeben, weshalb sie nach wie vor Vertrauen in den derzeitigen Auftragnehmer und in seine Fähigkeit setzen, das VIS und das SIS II ohne weitere Verzögerungen erfolgreich zum Abschluss zu bringen;
- 8. weist mit Nachdruck darauf hin, dass der Rat und die Kommission das Parlament in jede Entscheidung im Zusammenhang mit der Entwicklung des SIS II und des VIS einbeziehen müssen, insbesondere dann, wenn die Ergebnisse der Tests nicht zufriedenstellend sind und somit zu einer Überprüfung der Projekte SIS II und VIS und möglicherweise zu einer Kündigung des geltenden Vertrags mit dem für die Projekte verantwortlichen Unternehmen führen;
- 9. fordert die Kommission auf aufzuklären, ob die mögliche Kündigung des Vertrags im Falle des SIS-II-Projekts automatisch zur Anwendung der Auffang- oder Notfalllösung führt, und die möglichen Auswirkungen für das VIS-Projekt darzulegen;
- 10. weist mit Nachdruck darauf hin, dass das Parlament ständig über den Stand der Einführung des SIS II und des VIS unterrichtet werden muss;
- 11. beauftragt seinen entsprechenden Ausschuss, diese Angelegenheit sorgfältig zu verfolgen und eine Entschließung über die Weiterbehandlung für das Plenum zu erarbeiten, sobald neue Entwicklungen diese rechtfertigen, spätestens jedoch nach dem Abschluss des "Meilenstein"-Tests 1;
- 12. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission, dem Rat sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
- 1 ABl. L 328 vom 13.12.2001, S. 4.
- 2 ABl. L 381 vom 28.12.2006, S. 4.
- 3 ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 60.