Der Bundesrat hat in seiner 965. Sitzung am 2. März 2018 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die Initiative der Kommission, die Verordnung über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer (Zusammenarbeitsverordnung) zu reformieren.
- 2. Maßnahmen gegen grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrug, der zum großen Teil von kriminellen Vereinigungen begangen wird, haben für den Bundesrat höchste Priorität. Aufgrund der erheblichen Zunahme des globalen Handels und der Digitalisierung ist eine Reform der Zusammenarbeitsverordnung unumgänglich.
- 3. Der Bundesrat unterstützt die auf diesen Aspekt abzielenden Inhalte des Kommissionsvorschlags dem Grunde nach. Dies gilt insbesondere für den Zugriff auf die Daten des Fahrzeugregisters und die Ausweitung der Regelungen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, die jedoch noch näherer Präzisierungen unter Beachtung der Einhaltung des völkerrechtlichen Territorialitätsprinzips und der Autonomie der Mitgliedstaaten beim Verwaltungsvollzug bedürfen. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass zur Wahrung der Betroffenenrechte die im Besteuerungsverfahren bekannt werdenden personenbezogenen Daten sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse durch das Steuergeheimnis grenzüberschreitend wirksam zu schützen sind.
- 4. Soweit der Kommissionsvorschlag Ausführungen zum zertifizierten Steuerpflichtigen enthält, verweist der Bundesrat auf seine bereits übermittelte Stellungnahme (BR-Drucksache 661/17(B) ).
- 5. Er hält die Überlegungen zur Entwicklung europaweit wirkender Analysetools zur Steigerung der Effizienz bei der Bekämpfung grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrugs für wichtig und unterstützenswert. Sofern es hierfür zwingend einer Erweiterung der Befugnisse von Eurofisc bedarf, ist aufgrund von Artikel 24 der Verordnung (EU) Nr. 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutz-Grundverordnung - DSGVO) sicherzustellen, dass die Verstetigung von Eurofisc den Anforderungen nach Artikel 4 Nummer 7 DSGVO genügt.
- 6. Der Bundesrat sieht in Mehrwertsteuerbetrugsfällen mangels entsprechender Befugnisse keine Möglichkeit eines Datenaustauschs mit dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF). Vor dem Hintergrund des Regelungsgehalts der Verordnung steht er auch der Aufnahme eines Datenaustauschs mit Europol kritisch gegenüber.
- 7. Sofern der Kommissionsvorschlag Regelungsbefugnisse nach Artikel 58 Absatz 2 des Verordnungsvorschlags für den Ausschuss für das Prüfverfahren nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vorsieht, ist bei der Bereitstellung von Daten nach Maßgabe von Artikel 17 Absatz 3 des Kommissionsvorschlags darauf zu achten, dass das verfassungsrechtlich verbürgte Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung dem Gesetzesvorbehalt unterliegt und eine Regelung nach Artikel 58 Absatz 2 des Verordnungsvorschlags damit nicht im Einklang stehen dürfte.
- 8. Ferner sollen mit Artikel 55 Absatz 5 Satz 2 des Verordnungsvorschlags die Betroffenenrechte in Artikel 12 bis 22 der DSGVO insoweit eingeschränkt werden, wie dies zum Schutz allgemeiner öffentlicher Interessen erforderlich ist. Der Bundesrat weist darauf hin, dass diese Regelung nicht hinreichend bestimmt ist, da der Grad der Einschränkung nicht eindeutig festgelegt wird. Der Kommissionsvorschlag muss eindeutig regeln, inwiefern Betroffenenrechte (noch) bestehen oder eingeschränkt werden.
- 9. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die vorstehenden Gesichtspunkte in den anstehenden Verhandlungen auf europäischer Ebene zu berücksichtigen.
- 10. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.