Der Bundesrat hat in seiner 892. Sitzung am 10. Februar 2012 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt den Ansatz der Kommission, durch gezielte Maßnahmen die mit der geltenden Richtlinie erreichte Harmonisierung weiter zu verbessern, indem - der persönliche Anwendungsbereich - in Übereinstimmung mit den bereits erfolgten Änderungen der Mutter-Tochter-Richtlinie - ausgeweitet wird und - geregelt wird, dass die Mitgliedstaaten die Vorteile der Richtlinie nur dann gewähren müssen, wenn die Zinsen bzw. die Lizenzgebühren tatsächlich einer Besteuerung im anderen Staat unterliegen.
- 2. Zahlreiche Staaten gewähren für Zinsen und Lizenzen gezielte Anreize ("Incentives") in Form von Sondersteuersätzen oder Steuerbefreiungen bei der Bemessungsgrundlage. Um eine missbräuchliche Verlagerung von Steuersubstrat in andere Länder zu verhindern, sollte die Anwendung der Zins-Lizenz-Richtlinie daher zusätzlich davon abhängig gemacht werden, dass es mindestens zu einer Steuerbelastung von 10 Prozent auf die tatsächlich vereinbarten Zins- und Lizenzzahlungen kommt. Eine effektive Besteuerung der Zinsen bzw. Lizenzen im Ansässigkeitsstaat des Empfängers kann wegen der vielfältigen Vergünstigungen über die Bemessungsgrundlage nicht allein mit Mindeststeuersätzen erreicht werden.
- 3. Durch die Herabsetzung der Mindestbeteiligung, die Einbeziehung mittelbarer Beteiligungen und die Aufnahme weiterer Gesellschaften wird der Anwendungsbereich der Richtlinie erweitert und damit das Potenzial für missbräuchliche Gestaltungen erhöht. Die vorgesehene Änderung bzw. Neufassung der Richtlinie sollte daher von effektiven Missbrauchsregelungen begleitet werden, die es den Mitgliedstaaten erleichtern, Unternehmen die Vorteile einer missbräuchlichen Inanspruchnahme der Richtlinie zu nehmen.
- 4. Es ist zu erwarten, dass mit der Neufassung der Richtlinie Steuermindereinnahmen für Deutschland verbunden sind. Eine abschließende Bezifferung der haushaltsmäßigen Auswirkungen ist derzeit allerdings noch nicht möglich.
- 5. Mit der Planung einer Evaluierung der Wirkung der vorgesehenen Änderungen sollte frühzeitig begonnen werden.
- 6. Die Frage, ob eine Zustimmung Deutschlands zum Richtlinienvorschlag erfolgen soll, sollte so lange offen bleiben, bis die haushaltsmäßigen Auswirkungen des Vorschlags abschließend bewertet sind.