930. Sitzung des Bundesrates am 6. Februar 2015
Der federführende Finanzausschuss, der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und der Verkehrsausschuss empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Gesetzentwurf sieht neben Folgeänderungen durch die veränderten Verwaltungszuständigkeiten im Bereich der Kraftfahrzeugsteuer auch Steuererleichterungen für Fahrzeughalter vor, die im Gegenzug zur Einführung der Infrastrukturabgabe (siehe Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen - BR-Drucksache 648/14 (PDF) ) inländische Fahrzeughalter entlasten sollen.
- 2. Der Bundesrat hat grundsätzliche Bedenken, ob die gleichzeitige Einführung einer Infrastrukturabgabe in Deutschland (BR-Drucksache 648/14 (PDF) ) und eines Freibetrags bei der Kfz-Steuer in gleicher Höhe (BR-Drucksache 639/14 (PDF) ) mit dem europäischen Recht vereinbar ist. Es besteht die Gefahr, dass in einem EUVertragsverletzungsverfahren oder in einem Gerichtsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof die Kompensation für die deutschen Kfz-Halterinnen und -Halter für rechtswidrig erklärt und die Infrastrukturabgabe für Inländer in der Folge zu einer Mehrbelastung führen wird.
- 3. Darüber hinaus stellt der Bundesrat fest, dass die Verkehrsinfrastruktur aller Verkehrs- und Baulastträger (Bund, Länder, Kommunen) in Deutschland seit Jahren erheblich unterfinanziert ist. Der von der Kommission "Zukunft der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung" errechnete Fehlbetrag beläuft sich dabei auf 7,2 Mrd. Euro jährlich. Die bislang bereitgestellten Finanzmittel einschließlich der vom Bund vorgesehenen Ausweitung der Nutzerfinanzierung werden bei weitem nicht ausreichen, um das Problem der gravierenden Unterfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur nachhaltig zu lösen.
Die Kommission empfiehlt, für die auskömmliche Finanzierung aus den verschiedenen Steuereinnahmen des Verkehrsbereichs (unter anderem Kfz-Steuer, Mineralölsteuer) zukünftig deutlich mehr Mittel zur Verfügung zu stellen.
- 4. Der Bundesrat gibt zu bedenken, dass das Saldo der mit dem Gesetzentwurf für die Einführung einer Infrastrukturabgabe erwarteten Einnahmen und der mit dem Zweiten Verkehrsteueränderungsgesetz zu erwartenden Einnahmeausfälle keine nennenswerten Einnahmezuwächse für die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur erkennen lässt.
- 5. Der Bundesrat stellt fest, dass mit der geplanten Änderung bei der Erhebung der Kraftfahrzeugsteuer die bisherige ökologische Lenkungswirkung empfindlich abgeschwächt wird. Dies lehnt der Bundesrat ab. Er bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren dafür Sorge zu tragen, dass die ökologische Lenkungswirkung mindestens vollumfänglich erhalten bleibt.
Begründung (zu Ziffer 5):
Bei der Festlegung der Höhe der Infrastrukturabgabe und entsprechend bei der Entlastung bei der Kfz-Steuer (vgl. § 9 des Gesetzentwurfes) wird die seit der Reform des Verkehrsteuergesetzes von 2009 eigentlich obligatorische Differenzierung auch nach CO₂-Emissionen nicht vorgenommen. Stattdessen wird nur auf Hubraum und EURO-Schadstoffklasse Bezug genommen. Damit kommt es zu Verzerrungen, die der eigentlich gewollten ökologischen Lenkungswirkung entgegenstehen und die sich zudem durch eine mögliche weitere Entkoppelung von Abgabe und Entlastungswirkung noch verstärken können.