Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts
(Vergaberechtsmodernisierungsgesetz - VergRModG)

936. Sitzung des Bundesrates am 25. September 2015

A

Der federführende Wirtschaftsausschuss (Wi), der Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik (AIS), der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) und der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 97 Absatz 3 Satz 2 - neu - GWB)

In Artikel 1 § 97 ist dem Absatz 3 folgender Satz 2 anzufügen:

"In allen Phasen des Vergabeverfahrens ist auf eine barrierefreie Ausgestaltung zu achten."

Begründung:

Die neuen EU-Vergaberichtlinien haben unter anderem zum Ziel, dass die Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderungen in allen Phasen des Vergabeverfahrens stärker berücksichtigt wird. Im Erwägungsgrund 3 der Richtlinie 2014/24/EU wird aufgeführt, dass bei der Umsetzung der Richtlinie der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) - und damit der Barrierefreiheit (vergleiche Artikel 9 Absatz 1 UN-BRK) - Rechnung getragen werden soll. Um dies zu verdeutlichen, ist es erforderlich, den Aspekt der Barrierefreiheit bei der Regelung der Vergabegrundsätze in § 97 GWB - neben der Qualität, der Innovation sowie sozialen und umweltbezogenen Aspekten explizit zu erwähnen. Da nach der Richtlinie 2014/24/EU die Barrierefreiheit im Sinne eines "Design für alle" über die Zielgruppe der Menschen mit Behinderungen hinausgeht, ist eine neutrale Formulierung, die nicht auf die Menschen mit Behinderungen abhebt, zu bevorzugen.

2. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 97 Absatz 5 Satz 2 - neu - GWB)

In Artikel 1 Nummer 2 § 97 ist dem Absatz 5 folgender Satz 2 anzufügen:

"Die elektronische Kommunikation ist technisch so zu gestalten, dass sie grundsätzlich auch barrierefrei zugänglich und nutzbar ist."

Begründung:

Gemäß Artikel 22 Absatz 1 Unterabschnitt 1 der Richtlinie 2014/24/EU haben die Mitgliedstaaten zu gewährleisten, dass der gesamte Informationsaustausch, einschließlich der elektronischen Einreichung von Angeboten, unter Anwendung elektronischer Kommunikationsmittel erfolgt. Im Erwägungsgrund 3 der Richtlinie 2014/24/EU wird explizit aufgeführt, dass bei der Umsetzung der Richtlinie der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) Rechnung getragen werden soll, insbesondere "im Zusammenhang mit der Wahl der Kommunikationsmittel, den technischen Spezifikationen (...)". Die UN-BRK verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, Menschen mit Behinderungen einen gleichberechtigten Zugang zu allen modernen Informations- und Kommunikationstechnologien, die elektronisch bereitgestellt werden oder zur Nutzung offen stehen, zu ermöglichen sowie vorhandene Zugangshindernisse und -barrieren zu beseitigen (vergleiche Artikel 9 UN-BRK).

Dies kommt im Gesetzentwurf zu kurz, da dort in § 97 Absatz 5 Satz 1 GWB nur aufgeführt wird, dass Auftraggeber und Unternehmen für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 GWB-E erlassenen Verordnungen verwenden.

3. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 105 Absatz 3 - neu - GWB)

In Artikel 1 Nummer 2 ist dem § 105 folgender Absatz 3 anzufügen:

(3) Vereinbarungen über die Gewährung von Wegerechten hinsichtlich der Nutzung öffentlicher Liegenschaften für die Bereitstellung oder den Betrieb fester Leitungen oder Netze, über die eine Dienstleistung für die Allgemeinheit erbracht werden soll, gelten nicht als Konzession, sofern derartige Vereinbarungen weder eine Lieferverpflichtung auferlegen, noch den Erwerb von Dienstleistungen durch den öffentlichen Auftraggeber oder den Auftraggeber für sich selbst oder für Endnutzer vorsehen."

Begründung:

Gemeinden und Energieversorgungsunternehmen schließen Verträge über die Nutzung öffentlicher Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, die zu einem Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet gehören. Insofern ist die Formulierung "Konzession" dafür irreführend, da es sich nicht um einen Beschaffungs-, Konzessionierungs- oder Vergabevorgang im Sinne der Richtlinien handelt, sondern vielmehr die Gemeinden Energieversorgungsunternehmen die Nutzung von Wegerechten gestatten.

Mithin ist die klare und eindeutige Abgrenzung der Gestattung von der Konzessionierung im Sinne der Richtlinien von wesentlicher praktischer Bedeutung für die Kommunen und deren Berater. Viele Gemeinden und Städte sind verunsichert und würden sich gern auf eine deutliche Klarstellung des Gesetzgebers beziehen. Die bloße Übernahme des Gesetzestextes und der Hinweis auf die Erwägungsgründe der Richtlinie über die Vergabe von Konzessionen (Richtlinie 2014/23/EU) sind deshalb nicht ausreichend. Die Richtlinie selbst setzt zu viel dogmatisches und rechtssystematisches Wissen voraus. Deshalb ist in Anlehnung an Erwägungsgrund 16 der Konzessionsrichtlinie eine Klarstellung zwingend erforderlich.

4. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 114 Absatz 2 GWB)

Der Gesetzentwurf sieht eine Verpflichtung aller Auftraggeber im Sinne des § 99 GWB-E vor, die für die Gewinnung flächendeckender Daten zum Vergabewesen auch unterhalb der jeweils geltenden Schwellenwerte erforderlichen Daten an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zu übermitteln (§ 114 Absatz 2 Satz 3 GWB-E). Diese Verpflichtung zur Vollerhebung von Daten zur Art und zur Menge der Leistung sowie zum Wert des erfolgreichen Angebots im unterschwelligen Bereich (oberhalb einer im Verordnungswege geregelten Bagatellgrenze) geht über eine 1 : 1 Umsetzung der drei EU-Vergaberichtlinien hinaus. Hierdurch wird ein Mehraufwand bei den Ländern - insbesondere bei den Kommunen hervorgerufen - von dem die Länder nach der jetzigen rechtlichen Ausgestaltung in keiner Weise profitieren.

Die Aufbereitung der Daten gemäß § 114 Absatz 2 GWB-E soll dem Statistischen Bundesamt auf der Grundlage des § 8 Absatz 1 BStatG als Geschäftsstatistik übertragen werden. Dies hat zur Folge, dass die Statistischen Landesämter keinen Zugriff auf die vom Statistischen Bundesamt plausibilisierten Einzeldaten haben. Dies erscheint vor dem Hintergrund der oben genannten Mehraufwendungen und der Datenbedarfe auf regionaler und kommunaler Ebene, bei den Wirtschafts- und Finanzressorts sowie bei den Wirtschaftskammern und -verbänden nicht sachgerecht.

Deshalb wird die Bundesregierung gebeten zu prüfen, ob diese Statistik nach § 114 Absatz 2 GWB-E als reguläre Bundesstatistik gemäß § 5 BStatG geregelt werden kann. Auf diese Weise könnte gewährleistet werden, dass die Kernkompetenzen der Länder bei der Erhebung und Aufbereitung der Daten (Heranziehung der Berichtspflichtigen, Vollzähligkeits- und Vollständigkeitsprüfung sowie fachlichinhaltliche Plausibilisierung) und bei der Bereitstellung regionalisierter Ergebnisse für die vielfältigen Interessensgruppen auf Landes- und Regionalebene genutzt werden können. Eine dergestalt erweiterte statistische Erfassung würde auch zu einem Mehraufwand bei den Statistischen Landesämtern führen. Die Bundesregierung wird deshalb im Rahmen der Prüfung gebeten, entsprechende Kostenberechnungen erstellen zu lassen und diese für das weitere Gesetzgebungsverfahren zur Verfügung zu stellen.

Sofern eine Regelung als Statistik gemäß § 5 BStatG nicht für zielführend erachtet wird, wäre alternativ sicherzustellen, dass den Statistischen Landesämtern in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich ein umfassender Zugriff auf die vom Statistischen Bundesamt plausibilisierten Einzeldaten eingeräumt wird, damit diese fachlich und regional differenzierte Auswertungen für die oben genannten Nutzer auf der Landes- und Regionalebene erstellen können.

5. Zu Artikel 1 Nummer 2 ( § 118 Absatz 1 und 2, § 121 Absatz 2 GWB)

In Artikel 1 Nummer 2 ist in § 118 Absatz 1 und Absatz 2 sowie in § 121 Absatz 2 jeweils das Wort "Behinderung" durch das Wort "Behinderungen" zu ersetzen.

Begründung:

Die Richtlinie 2014/24/EU verwendet in Artikel 42 Absatz 1 Unterabschnitt 4 und Artikel 62 Absatz 1 den Begriff "Menschen mit Behinderungen" und nicht "Menschen mit Behinderung" ebenso wie die in Deutschland und der EU als geltendes Recht zu beachtende UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Dabei hat die Benutzung des Plurals "Behinderungen" einen materiellen Hintergrund. Gemäß Artikel 1 der UN-BRK zählen zu den Menschen mit Behinderungen Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können. Die Benutzung des Plurals "Behinderungen" verdeutlicht, dass es nicht nur eine in dem Menschen liegende Behinderung ist, sondern das Zusammenspiel mit den verschiedenen "Behinderungen", die als Barrieren in der Gesellschaft vorhanden sind, und die volle Teilhabe der Menschen am Leben verhindern.

6. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 123 Absatz 2 GWB)

In Artikel 1 Nummer 2 ist § 123 Absatz 2 wie folgt zu fassen:

(2) Einer Verurteilung oder der Festsetzung einer Geldbuße im Sinne des Absatzes 1 stehen eine Verurteilung oder die Festsetzung einer Geldbuße nach den vergleichbaren Vorschriften anderer Staaten gleich."

Begründung:

Die Richtlinie 2014/24/EU bezieht in Artikel 57 Absatz 1 explizit auch strafrechtliche Verurteilungen des Unternehmens ein.

Die Begründung des Gesetzesentwurfs (Seite 121) hält zwar zutreffend fest, dass das deutsche Strafrecht grundsätzlich keine strafrechtlichen Verurteilungen von Unternehmen kennt. Das gilt aber für viele andere Staaten - auch für zahlreiche Mitgliedstaaten - nicht.

Artikel 57 Absatz 1 der Richtlinie 2014/24/EU enthält auch keine Beschränkungen dahingehend, dass nur Verurteilungen im Mitgliedstaat zu berücksichtigen seien. In Konsequenz dessen müssen auch Verurteilungen durch andere Staaten berücksichtigt werden.

Das ist gegenwärtig hinsichtlich der Verurteilungen von Unternehmen in anderen Staaten nicht eindeutig umgesetzt. Zwar enthält § 123 Absatz 2 GWB-E die Anweisung, auch Verurteilungen nach vergleichbaren Vorschriften anderer Staaten als solche nach § 123 Absatz 1 GWB-E zu behandeln. Nach der Begründung bezieht sich das jedoch nur auf die in Nummer 1 bis 10 genannten Normen des Strafgesetzbuches, nicht aber auf § 30 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG).

Es besteht die Gefahr einer nicht begründbaren Ungleichbehandlung. Wird gegen ein in Deutschland ansässiges Unternehmen ein Bußgeld nach § 30 OWiG verhängt, gegen ein im Ausland ansässiges Unternehmen wegen eines vergleichbaren oder desselben Sachverhaltes sogar ein strafrechtliches Urteil, wäre das erste Unternehmen nach § 123 Absatz 1 GWB-E auszuschließen, das zweite nicht. Ein Sachgrund für eine derartige Ungleichbehandlung ist nicht erkennbar. Die Änderung bezieht daher ausdrücklich die Verurteilung oder die Festsetzung einer Geldbuße nach vergleichbaren Vorschriften anderer Staaten mit ein und erfasst so auch strafrechtliche Verurteilungen von Unternehmen im Ausland.

7. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 123 Absatz 3 GWB)

In Artikel 1 Nummer 2 ist § 123 Absatz 3 wie folgt zu fassen:

(3) Das Verhalten einer rechtskräftig verurteilten Person ist einem Unternehmen zuzurechnen, wenn diese Person Mitglied im Verwaltungs-, Leitungsoder Aufsichtsgremium des Unternehmens ist oder in dem Unternehmen Vertretungs-, Entscheidungs- oder Kontrollbefugnisse hat."

Begründung:

§ 123 Absatz 3 GWB-E weicht in Formulierung und Inhalt deutlich vom Text des Artikels 57 Absatz 1 Satz 2 der Richtlinie 2014/24/EU ab, den er umzusetzen beabsichtigt.

Insbesondere beschränkt er in Übernahme des Wortlauts von § 30 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) den Kreis der relevanten Personen auf solche, die bei Begehung der Tat "als für die Leitung des Unternehmens Verantwortlicher gehandelt" haben. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs (Seite 121) soll das alle Taten ohne Unternehmensbezug ausschließen.

Die Richtlinie 2014/24/EU sieht jedoch weder in Artikel 57 Absatz 1 Satz 2 noch in Erwägungsgrund 100 eine Einschränkung auf Taten durch Leitungsverantwortliche oder auf eine Begehung der Tat in Erfüllung dieser

Leitungsverantwortung vor, anders dagegen in Artikel 57 Absatz 4 lit. c.) der Richtlinie 2014/24/EU.

Die Beschränkung auf Taten mit Unternehmensbezug überzeugt auch inhaltlich nicht. Zwar handelt es sich um die Regelung zwingender Unternehmensausschlüsse, die grundrechtsrelevant sind. Der Gesetzentwurf sieht jedoch keine Generalklausel zur Prüfung der Zuverlässigkeit im Sinne von § 97 Absatz 4 GWB a.F. mehr vor, vielmehr ist die Prüfung der Zuverlässigkeit auf den abschließenden Katalog nach §§ 123, 124 GWB-E beschränkt.

Eine Eingrenzung auf vergaberechtlich relevante Tatbestände erfolgt bereits durch die Beschränkung auf die Katalogtaten in § 123 Absatz 1 GWB-E. Dort sind bereits nur Straftaten aufgeführt, denen eine Relevanz für die Erteilung öffentlicher Aufträge zugebilligt wird.

Die Beschränkung widerspricht auch dem Sinn der Richtlinie. Es soll verhindert werden, dass die öffentlichen Auftraggeber mit Unternehmern zusammenarbeiten (müssen), die bestimmten höherrangigen Interessen der Europäischen Union entgegenwirken.

Artikel 57 dient generellen Präventionszwecken (vgl. "Gesetzestreue" in § 97 Absatz 4 GWB a. F.). Eine Privilegierung "privater" Begehungen der Katalogtaten wäre daher nicht schlüssig.

Durch einen Blick auf den Katalog nach § 123 Absatz 1 GWB-E wird das deutlich: Die Beauftragung eines Unternehmens, dem Taten nach diesem Katalog zuzuschreiben sind, ist nicht opportun, auch wenn die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (§ 123 Absatz 1 Nummer 1 GWB-E) lediglich als Privatperson bestand, die Bestechung eines Amtsträgers aus Eigen- statt Unternehmensinteresse erfolgte (§ 123 Absatz 1 Nummer 8 GWBE) oder die Ausbeutung von Zwangsprostituierten (§ 123 Absatz 1 Nummer 10 GWB-E) nur im Nebenerwerb erfolgte. Dass eine Finanzierung von Terrorismus (§ 123 Absatz 1 Nummer 2 GWB-E) überhaupt je in Ausübung der beruflichen Tätigkeit erfolgt, erscheint fernliegend.

Der "Unternehmensbezug" bei der Begehung einer Straftat dürfte die praktische Durchsetzung in typischen Fallkonstellationen unmöglich machen, insbesondere im Bereich der Korruptionsdelikte (§ 123 Absatz 1 Nummer 6 GWB-E). Denn zu welchem Zweck oder für welche konkrete Gegenleistung ein unrechtmäßiger Vorteil gewährt wird, ist häufig nicht beweisbar.

Eine Ermittlung durch eine Vergabestelle in Anwendung des § 123 Absatz 3 GWB-E ist weder realistisch noch leistbar, denn diese Notwendigkeit ergibt sich immer dann, wenn schon die Strafverfolgungsbehörden von einer Zurechnung über § 30 OWiG abgesehen haben.

Die Einschränkung fällt im Übrigen nach dem Wortlaut der Norm noch stärker aus, als nach der Gesetzesbegründung gewollt. Denn er schließt nicht nur, wie die Begründung (Seite 121) offenbar annimmt, rein private Taten aus, sondern auch Taten, die für andere Unternehmen begangen wurden. Der Wortlaut "des Unternehmens" wird so verstanden werden müssen, dass die Tat für jenes konkrete Unternehmen begangen wurde, welches nun als Bieter auftritt. Die Neugründung des Unternehmens oder das Auftreten einer Konzerngesellschaft würden die vergaberechtliche Zurechenbarkeit daher unterbrechen.

Der Formulierungsvorschlag ist eng an den Wortlaut von Artikel 57 Absatz 1 Satz 2 der Richtlinie 2014/24/EU angelehnt. Dies vermeidet die Gefahr von Abweichungen des nationalen Rechts vom umzusetzenden EU-Recht.

Das Wort "darin" wurde in Übereinstimmung mit der in der Begründung des Regierungsentwurfs (Seite 127) erläuterten Lesart mit der Formulierung "in dem Unternehmen" klargestellt.

8. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 123 Absatz 4a - neu -, 5 Satz 2, § 124 Absatz 1 Nummer 1 GWB)

Artikel 1 Nummer 2 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Nur wenn der nachweisliche Verstoß gegen umweltrechtliche Verpflichtungen zwingend zum Ausschluss führt, kann die Einhaltung des Umweltrechts wirksam eingefordert werden. Um dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen, muss es sich um einen Verstoß im Rahmen der Ausführung eines Auftrags handeln, der mit dem im Vergabeverfahren gegenständlichen Auftrag vergleichbar ist.

Diese Regelung setzt Artikel 57 Absatz 4 Buchstabe a der Richtlinie 2014/24/EU um. Nach Artikel 18 Absatz 2 dieser Richtlinie, auf den diese Regelung verweist, treffen die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen, um dafür zu sorgen, dass die Wirtschaftsteilnehmer bei der Ausführung öffentlicher Aufträge die geltenden umweltrechtlichen Verpflichtungen einhalten. Siehe auch die Erwägungsgründe 37 und 40, wonach die Einhaltung der geltenden Anforderungen des Umweltrechts zu gewährleisten ist.

9. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 127 Absatz 1 Satz 4 GWB)

In Artikel 1 Nummer 2 ist in § 127 Absatz 1 Satz 4 das Wort "können" durch das Wort "sollen" zu ersetzen.

Begründung:

Durch Artikel 67 Absatz 2 Unterabsatz 3 der Richtlinie 2014/24/EU und Artikel 82 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2014/25/EU ist es den Mitgliedstaaten freigestellt vorzusehen, dass die öffentlichen Auftraggeber nicht den Preis oder die Kosten allein als einziges Zuschlagskriterium verwenden dürfen. In der bisherigen Fassung sieht § 127 Absatz 1 Satz 4 GWB-E nur fakultativ die Wahl von anderen Zuschlagskriterien neben dem Preis oder den Kosten vor.

Um die Anwendung und Berücksichtigung qualitativer, umweltbezogener und sozialer Aspekte im Vergabeverfahren zu stärken, ist ein Regel-AusnahmeVerhältnis geeigneter als eine rein fakultative Berücksichtigung.

Die öffentliche Hand als Auftraggeber muss ihrer besonderen Vorbildfunktion stärker gerecht werden, deshalb müssen neben den Kostenüberlegungen auch soziale, umweltbezogene und qualitative Kriterien stärker in die Bewertung einfließen.

10. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 127 Absatz 1 Satz 4, 5 - neu - GWB)

In Artikel 1 Nummer 2 ist § 127 Absatz 1 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Öffentliche Auftraggeber haben Vorbildfunktion und müssen sich deshalb in der Regel im Rahmen des wirtschaftlich Vertretbaren auch bei der Vergabe von Aufträgen umweltfreundlich verhalten. Deshalb ist unter den am Markt befindlichen und für den vorgesehenen Verwendungszweck geeigneten Erzeugnissen oder Dienstleistungen das Angebot zu bevorzugen, das bei der Herstellung, im Gebrauch oder bei der Entsorgung die geringsten Umweltbelastungen hervorruft.

11. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 127 Absatz 1 Satz 5 - neu - GWB)*

In Artikel 1 Nummer 2 § 127 ist dem Absatz 1 folgender Satz anzufügen:

"Bei der qualitativen Bewertung des Angebots sind die Belange der Barrierefreiheit in der Regel mit einzubeziehen."

Begründung:

Im Erwägungsgrund 3 der Richtlinie 2014/24/EU wird explizit aufgeführt, dass bei der Umsetzung der Richtlinie der UN-Behindertenrechtskonvention Rechnung getragen werden soll, insbesondere im Zusammenhang mit - unter anderen - den "Zuschlagskriterien".

Dies kommt im Gesetzentwurf zu kurz, da dort in § 127 Absatz 1 Satz 4 GWB nur aufgegriffen wird, dass neben dem Preis oder den Kosten auch qualitative sowie soziale Aspekte berücksichtigt werden. Im Richtlinientext finden sich hingegen in Artikel 67 Absatz 2 Buchstabe a unter der Aufzählung der möglichen Kriterien auch die "Zugänglichkeit" und das "Design für Alle" mithin das Kriterium der Barrierefreiheit. Soweit der Zuschlag somit nicht ausschließlich nach Preis und Kosten eines Angebots (vergleiche hierzu Erwägungsgrund 90 der Richtlinie 2014/24/EU) erteilt wird, ist der Gesetzentwurf daher um die Verpflichtung zu ergänzen, zu Gunsten der Menschen mit Behinderungen die Belange der Barrierefreiheit bei der Festlegung der Zuschlagskriterien mit einzubeziehen. Auf diese Weise wird bundesgesetzlich sichergestellt, dass auch im Zuschlagsverfahren den Anforderungen an die Barrierefreiheit (vergleiche Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a in Verbindung mit Artikel 9 Absatz 1 UN-BRK) genüge getan wird.

12. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 128 Absatz 2 Satz 3, Absatz 3 - neu - GWB)

In Artikel 1 Nummer 2 ist § 128 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Öffentliche Auftraggeber haben Vorbildfunktion und sollen sich deshalb im Rahmen des Möglichen und im Rahmen des wirtschaftlich Vertretbaren auch bei der Vergabe von Aufträgen umweltfreundlich verhalten.

13. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 129 GWB)

In Artikel 1 Nummer 2 ist § 129 wie folgt zu fassen:

" § 129 Zwingend zu berücksichtigende Eignungs-, Zuschlagskriterien und Ausführungsbedingungen

Eignungs- und Zuschlagskriterien sowie Ausführungsbedingungen, die der öffentliche Auftraggeber dem beauftragten Unternehmen verbindlich vorzugegeben hat, dürfen nur aufgrund eines Bundes- oder Landesgesetzes festgelegt werden."

Begründung:

Der Regelungsgehalt des bisherigen § 97 Absatz 4 Satz 3 GWB soll der Gesetzesbegründung zufolge mit § 129 GWB-E "aufgegriffen und präzisiert" werden.

Von den Möglichkeiten des § 97 Absatz 4 Satz 3 GWB haben verschiedene Länder in ihren Vergabegesetzen mit unterschiedlichem Verpflichtungsgrad Gebrauch gemacht (zum Beispiel Thüringer Vergabegesetz, Bremisches Tariftreue- und Vergabegesetz, Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz, Tariftreue- und Vergabegesetz Nordrhein-Westfalen), das heißt es wurden landesgesetzliche Ausführungsbedingungen bestimmt, die der öffentliche Auftraggeber dem beauftragten Unternehmen zum Teil verbindlich vorzugeben hat, zum Teil aber auch nur vorgeben kann oder soll.

Darüber hinaus wurden landesgesetzliche Regelungen zu Eignungs- und Zuschlagskriterien sowie Ausführungsbedingungen bestimmt. Demgegenüber eröffnet § 129 GWB-E in der derzeitigen Formulierung nur die - eingeschränkte - Möglichkeit, (landes-)gesetzlich Auftragsbedingungen festzulegen, die der öffentliche Auftraggeber dem beauftragten Unternehmen verbindlich vorzugeben hat. Damit soll die Regelungskompetenz der Länder im Vergleich zu den bisherigen Regelungen erhalten bleiben. Durch die Ergänzung wird sichergestellt, dass der Gestaltungsspielraum für den Landesgesetzgeber in seinem bisherigen Umfang auch weiterhin eröffnet bleibt und gleichzeitig klargestellt, dass landesrechtliche Vorgaben nur durch Gesetz möglich sind.

14. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 129 GWB)

In Artikel 1 Nummer 2 ist § 129 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Vor dem Hintergrund der Artikel 67 und 68 in Verbindung mit dem Erwägungsgründen 91, 92 und 95 der Richtlinie 2014/24/EU ist es sachgerecht, den Ländern durch einen Ländergesetzesvorbehalt die Möglichkeit einzuräumen, dass die Länder - wie auf Grundlage der bisherigen Rechtslage (§ 97 Absatz 4 GWB) in einigen Ländern geschehen - Zuschlagskriterien und nicht nur Ausführungsbedingungen verbindlich vorgeben können.

15. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 129 GWB) - Hilfsempfehlung zu Ziffer 13

Der Bundesrat bittet unter Hinweis auf die Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG, den Gesetzesvorbehalt in § 129 GWB-E um Zuschlagskriterien zu ergänzen, so dass es den Landesgesetzgebern möglich ist, nicht nur Ausführungsbedingungen, sondern auch Zuschlagskriterien festzulegen.

Begründung:

Vor dem Hintergrund des Artikel 18 Absatz 2 in Verbindung mit dem Erwägungsgrund 3 der Richtlinie 2014/24/EU ist es sachgerecht, den Ländern durch einen Ländergesetzesvorbehalt die Möglichkeit einzuräumen, die Einhaltung der Rechte von Menschen mit Behinderungen als Zuschlagskriterium und nicht nur als Ausführungsbedingung vorzugeben. Dies würde vermutlich die Akzeptanz dieser Vorgaben auf Seiten der Auftragnehmer erhöhen, da ein Nichterfüllen eines einzelnen Zuschlagskriteriums nicht zwingend zu einer Nichtberücksichtigung des Angebots bei der Zuschlagsentscheidung führt.

16. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 131 Absatz 3 GWB)

In Artikel 1 Nummer 2 ist in § 131 Absatz 3 das Wort "können" durch das Wort "müssen" zu ersetzen.

Begründung:

Rechtsgrundlage für die Anordnung eines Beschäftigtenübergangs bei einem Betreiberwechsel ist Artikel 4 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007. Die beabsichtigte Ergänzung des GWB um eine gesonderte Regelung zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen über Personenverkehrsleistungen im Eisenbahnverkehr wird grundsätzlich begrüßt. Diese Ergänzung entspricht auch den Entwicklungen auf der europäischen Ebene. So wurde am 26. Februar 2014 in der Ersten Lesung zum 4. Eisenbahnpaket im Europäischen Parlament fraktionsübergreifend beschlossen, dass die Sozialstandards der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 künftig verpflichtend sein sollen. Die Ausgestaltung soll den Mitgliedstaaten überlassen bleiben.

Die Regelung soll jedoch - dem Vorbild in anderen EU-Mitgliedstaaten wie Dänemark, Niederlande, Großbritannien, Frankreich und Italien folgend verpflichtend sein. Es besteht daher die Notwendigkeit einer bundesweit einheitlichen und verbindlichen Regelung zum Beschäftigtenübergang für den Eisenbahnverkehr in Deutschland.

Die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 ermöglicht bereits heute die verbindliche Vorgabe der bisherigen Lohn- und Sozialstandards und eines Personaltransfers im Falle eines Betreiberwechsels durch die öffentlichen Auftraggeber. Dennoch machen öffentliche Auftraggeber (Aufgabenträger) überwiegend von der Ermächtigung keinen Gebrauch. Ohne verbindliche Vorgabe steht daher zu befürchten, dass öffentliche Auftraggeber (Aufgabenträger) ihre bisherige Praxis nicht ändern.

Bei der Verwendung von öffentlichen Mitteln muss aber der Gefahr von Lohn- und Sozialdumping entgegen gewirkt werden. Ein Betreiberwechsel kann für die Beschäftigten des Altbetreibers die Wirkung einer Massenentlassung mit sich bringen. Nur die Beschäftigten im DB-Konzern sind teilweise über den Demografietarifvertrag vor betriebsbedingten Kündigungen, nicht aber vor Versetzungen, geschützt.

Schließlich würden auch Mitnahmeeffekte durch Bieter ausgeschlossen. Sollte das vorhandene Personal des Altbetreibers nicht übernommen werden, könnten nämlich in der Zeit zwischen Zuschlagserteilung und Betriebsaufnahme für das dann neu auszubildende Personal Arbeitsmarktförderleistungen nach §§ 81 und 88 SGB III gegebenenfalls in Verbindung mit § 16 SGB II durch den gewinnenden Bieter in Anspruch genommen werden.

Darüber hinaus können Schwierigkeiten bei der Betriebsaufnahme durch einen neuen Bieter vermieden werden, weil er auf das betroffene und erfahrene Personal zurückgreifen könnte.

Im Rahmen einer EU-Studie zu sozialen Aspekten und dem Schutz der Beschäftigten bei wettbewerblichen Ausschreibungen bei öffentlichen Schienenverkehrsdiensten und im Falle eines Betreiberwechsels als Folge haben die europäischen Sozialpartner im Sektor Eisenbahn (Europäische Transportarbeiter Föderation (ETF) und Gemeinschaft der europäischen Bahnen und Infrastrukturgesellschaften (CER)) im Jahr 2013 festgestellt, dass die nationale Eisenbahnpolitik bei einer Liberalisierung und einem grundsätzlich zu begrüßenden Wettbewerb nicht ohne ausreichende Berücksichtigung der Belange der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Bereich funktioniert. In der "Joint Opinion" haben sich die Sozialpartner dafür ausgesprochen, dass es in diesem Bereich verpflichtend sein müsse, Sozialstandards auf nationaler oder regionaler Ebene festzulegen. Ein obligatorischer Personaltransfer im Falle eines Betreiberwechsels werde die Kontinuität der Dienstleistung für die Fahrgäste und Verkehrsbehörden sicherstellen. Damit sollen die Beschäftigten zum Zeitpunkt des Betreiberwechsels geschützt werden. Nur so könne man nach Auffassung der Branche dem Fachkräfte- und Nachwuchsmangel in der Branche entgegenwirken.

17. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 131 Absatz 3 GWB)

In Artikel 1 Nummer 2 sind in § 131 Absatz 3 die Wörter "gemäß § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuchs" durch die Wörter "im Sinne der Richtlinie 2001/23/EG" zu ersetzen.

Begründung:

Durch den in Artikel 4 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 enthaltenen Verweis auf die Richtlinie 2001/23/EG ist - anders als nach § 613a BGB - keine zeitliche Einschränkung für die Fortgeltung der bisherigen Beschäftigungsbedingungen mit einem Betreiberwechsel verbunden. Die Richtlinie 2001/23/EG sieht nämlich selbst keine zeitliche Einschränkung für die Fortgeltung der bisherigen Beschäftigungsbedingungen vor, sondern ermöglicht es dem nationalen Gesetzgeber lediglich, die Fortgeltung zeitlich einzuschränken.

Da Verkehrsverträge regelmäßig zwischen fünf und fünfzehn Jahre befristet sind, bietet insofern ein Verweis auf § 613a BGB allein noch keinen ausreichenden Schutz gegen eine Absenkung der bisherigen Lohn- und Gehaltsbestandteile. Spätestens nach Ablauf eines Jahres wären Änderungen der Arbeits- und Entlohnungsbedingungen möglich, die die Beschäftigten schlechter stellen können.

Der Verweis auf § 613a BGB entspricht zudem nicht der derzeitigen Verwaltungspraxis. Zur Gewährleistung der bisherigen Sozialstandards im Sinne des Artikel 4 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 fordert die zuständige Vergabestelle in den Vergabeunterlagen von den Bietern eine Erklärung, mit der sie sich zur Übernahme der jeweils betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Falle einer Zuschlagerteilung bereit erklären. Die Erklärung legt nach Sinn und Zweck der Sicherung der bisherigen Arbeitsbedingungen nach Artikel 4 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 die sozialen Mindeststandards für die Gesamtdauer der Vergabe (Laufzeit des Verkehrsvertrags) fest. Der neue Betreiber muss den Beschäftigten des bisherigen Betreibers ein entsprechendes Vertragsangebot unterbreiten. Im Übrigen sind diese Anforderungen Bestandteil des zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und dem erfolgreichen Bieter vereinbarten Dienstleistungsauftrags.

Es sollte daher ein Verweis auf die Richtlinie 2001/23/EG erfolgen.

18. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 131 Absatz 3 Satz 2 - neu - GWB)

In Artikel 1 Nummer 2 ist dem § 131 Absatz 3 folgender Satz anzufügen:

"Der bisherige Betreiber ist nach Aufforderung durch den öffentlichen Auftraggeber verpflichtet, alle hierzu erforderlichen Angaben zu machen."

Begründung:

Für den Beschäftigungsübergang sind in den Vergabeunterlagen die betreffenden Beschäftigten aufzuführen und transparente Angaben zu ihren bestehenden Rechten und Pflichten zu machen, um eine Übernahme der Beschäftigten zu den bisherigen Arbeitsbedingungen durch den ausgewählten Betreiber zu ermöglichen (vgl. Artikel 4 Absatz 5 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007). Als Folgeregelung soll ein Auskunftsanspruch des öffentlichen Auftraggebers gegenüber dem bisherigen Betreiber in das Gesetz aufgenommen werden. Durch die Ausführungsgesetze der Länder können weitere Regelungen getroffen werden.

19. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 131 Absatz 4 - neu - GWB)

In Artikel 1 Nummer 2 ist dem § 131 folgender Absatz 4 anzufügen:

(4) Zwingende Ausführungsbestimmungen zu Artikel 4 Absatz 5 und 6 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 durch Bundes- oder Landesgesetz bleiben unberührt."

Begründung:

§ 131 Absatz 3 GWB wiederholt die in Artikel 4 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 enthaltene Ermächtigung in Bezug auf den Beschäftigtenübergang. Nach der Begründung zu dieser Regelung im Gesetzentwurf soll diese deutlich machen, dass es kein entgegenstehendes nationales Recht gibt.

Es soll ergänzend klargestellt werden, dass es sich bei der Wiederholung der europarechtlichen Vorschrift im GWB um keine Regelung im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes handelt.

Daher soll eine Klarstellung aufgenommen werden, dass die über den Regelungsgehalt des § 131 Absatz 3 GWB hinaus gehenden Regelungen in den Landesvergabe- und -tariftreuegesetzen zu Artikel 4 Absatz 5 und 6 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 unberührt bleiben.

20. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 131a - neu - GWB)

In Artikel 1 Nummer 2 ist nach § 131 folgender § 131a einzufügen:

" § 131a Vergabe von öffentlichen Aufträgen über Personenverkehrsleistungen auf der Straße

§ 131 Absatz 2 bis 4 gilt* für öffentliche Aufträge über Personenverkehrsleistungen auf der Straße nach § 8a und § 8b Personenbeförderungsgesetz entsprechend."

Folgeänderung:

In Artikel 1 Nummer 1 ist in der Inhaltsübersicht nach der Angabe zu § 131 die Angabe " § 131a Vergabe von öffentlichen Aufträgen über Personenverkehrsleistungen auf der Straße" einzufügen.

Begründung:

Artikel 4 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 stellt die Rechtsgrundlage für die Anordnung eines Beschäftigtenübergangs für den öffentlichen Personenverkehr auf der Straße und Schiene bei einem Betreiberwechsel dar. Neben der Regelung des § 131 GWB-E, der nur Personenverkehrsleistungen im Eisenbahnverkehr betrifft, sollen auch die Personenverkehrsleistungen auf der Straße erfasst werden.

Verkehrsverträge nach einem wettbewerblichen Vergabeverfahren im ÖPNV sind in der Regel auf acht Jahre befristet. Auch dort sollen Beschäftigte dringend davor geschützt werden, nach dieser Zeit dem Verlust des Arbeitsplatzes oder der Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen ausgesetzt zu sein. Ansonsten können Unternehmen mit guten Arbeits- und Entlohnungsbedingungen vom Markt verdrängt werden.

Eine Sicherung der bisherigen Arbeitsbedingungen dient der Fachkräftesicherung für den öffentlichen Personenverkehr auf der Straße.

21. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 152 Absatz 3 Satz 3)

In Artikel 1 Nummer 2 ist § 152 Absatz 3 Satz 3 wie folgt zu fassen:

"Sie sollen umweltbezogene Belange berücksichtigen und können darüber hinaus auch qualitative oder soziale Belange umfassen."

Begründung:

Auch Konzessionsgeber haben eine Vorbildfunktion. Die Berücksichtigung umweltbezogener Belange muss daher auch in diesen Fällen die Regel sein.

22. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 157 Absatz 4 Satz 3 - neu - GWB)

In Artikel 1 Nummer 2 ist dem § 157 Absatz 4 folgender Satz anzufügen:

" § 839 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches gilt für die Tätigkeit der Mitglieder der Vergabekammer entsprechend."

Begründung:

Es ist angezeigt, die Regelungen zum Nachprüfungsverfahren um ein Haftungsprivileg für die Mitglieder der Vergabekammer zu erweitern. Die Gründe für das so genannte Spruchrichterprivileg in § 839 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sind auf die Mitglieder der Vergabekammer direkt zu übertragen.

Zweck des § 839 Absatz 2 BGB ist der Schutz der Rechtskraft von Urteilen und bestimmter anderer gerichtlicher Entscheidungen (siehe Papier in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2013, § 839, Rdnr. 322 f.). Es soll verhindert werden, dass das rechtskräftige Urteil dadurch in Frage gestellt wird, dass der Richter bzw. sein Dienstherr für eine angebliche Unrichtigkeit des Urteils in Anspruch genommen wird, was den Weg zu einer Neubeurteilung des Ausgangssachverhalts eröffnen würde (siehe Papier a. a. O.). Außerdem würde eine Haftung für Urteile dazu führen, dass nicht eine der Parteien die Streitsumme zu tragen hat, sondern der Träger des Gerichtes, mithin der öffentliche Haushalt.

Das Spruchrichterprivileg unterstützt und schützt die Unabhängigkeit der Richterinnen und Richter. Die gleiche Problematik besteht bei Beschlüssen im Nachprüfungsverfahren für die Mitglieder der Vergabekammern. Deren Unabhängigkeit wäre durch eine mögliche Überprüfung der Entscheidung der Vergabekammern in einem zivilgerichtlichen Verfahren zur Erlangung von Schadensersatz in erheblichem Maß beeinträchtigt. Der durch die europäischen Vorgaben intendierte Weg einer Entscheidung im Nachprüfungsverfahren mit anschließender sofortiger Beschwerde beim Oberlandesgericht (vgl. §§ 171 ff. GWB-E) wird dadurch während und nach dem Abschluss des Verfahrens vor der Vergabekammer gefährdet. Dies kann insbesondere in die von der Richtlinie 2007/66/EG ("Rechtsmittelrichtlinie") vorgegebene und im GWB verankerte Unabhängigkeit der Vergabekammern als Nachprüfungsstelle unangemessen eingreifen.

Durch den Vorrang des Primärrechtsschutzes in § 839 Absatz 3 BGB wird diese Gefahr nicht ausreichend abgewendet. Voraussetzung dafür wäre, dass die Einlegung eines Rechtsmittels - hier der sofortigen Beschwerde - den Eintritt eines etwaigen Schadens mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hätte entfallen lassen und dass diesbezüglich mindestens Fahrlässigkeit gegeben ist. Das aber ist später schwerlich zu beweisen, da die Erhebung einer sofortigen Beschwerde nach § 173 Absatz 1 GWB-E nur zu einem vorübergehenden Zuschlagsverbot führt. Es ist dem Kläger daher jedenfalls nicht in jedem Fall mit Erfolg entgegenzuhalten, dass ein Haftungsausschluss nach § 839 Absatz 3 BGB gegeben sei, wenn er statt einer sofortigen Beschwerde den Haftungsprozess gewählt habe.

Es ist sogar denkbar, die Vergabekammer bzw. deren Träger zu verklagen, wenn deren Beschluss im Rahmen der sofortigen Beschwerde durch ein Oberlandesgericht bestätigt wurde. Die Erfolgsaussichten wären wahrscheinlich in vielen Konstellationen beschränkt, doch sollte bereits abstrakt ausgeschlossen werden, dass darüber überhaupt ein Verfahren geführt wird. Ebenso ist eine Inanspruchnahme denkbar dafür, vor Erlass eines Beschlusses keinen oder keinen ausreichend deutlichen Hinweisbeschluss erlassen zu haben, der die Rücknahme eines Antrages und die Reduzierung von Gebühren veranlasst hätte.

Eine Anwendung des Spruchrichterprivilegs auf Mitglieder der Vergabekammer entspräche auch der Bewertung der Vergabekammern durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH).

Mit Urteil vom 18.9.2014 hat der EuGH erstmals ausdrücklich entschieden, dass die Vergabekammern Gerichte im Sinne des Artikels 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sind. Eine Übertragung der für Gerichte geschaffenen Regelungen wäre daher konsequent. Dazu bedarf es jedoch einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung (vgl. Reider in: Münchener Kommentar Europäisches und Deutsches Wettbewerbsrecht, 2. Auflage 2016, § 105 GWB, Rdnr. 7; Stumpf/Götz, Vergabekammern im Recht der Amtshaftung, DVBl. 2015, 154, 156).

Neben den o.g. rechtspolitischen Gründen verbessert die Regelung zudem die Durchführung des Nachprüfungsverfahrens.

Die Mitglieder der Vergabekammern setzen sich bzw. ihren Dienstherrn bei jeder Entscheidung einem erheblichen Haftungsrisiko aus, insbesondere bei der Gewährung von Akteneinsicht. Je nach Auftragsgegenstand können die Vergabeakten derart aussagekräftig sein (Kalkulationsdaten, Zuliefererpreise, technische Wissensvorsprünge etc.), dass bei der Gewährung von Akteneinsicht unerkannt kritische Informationen weitergegeben werden, die bestehende legitime Wettbewerbsvorteile aufheben. Die Vergabekammer steht so bei der Entscheidung über die Akteneinsicht in einem Konflikt zwischen der Wahrung des Rechts der Parteien auf Akteneinsicht und dem Schutz des Trägers der Vergabekammer vor Haftungsforderungen. Ein Haftungsprivileg würde diesen Konflikt auflösen.

Eine Haftung der Träger der Vergabekammern für die "Richtigkeit" der rechtlichen Beurteilung ist vor diesem Hintergrund kaum vertretbar.

Gesetzessystematisch ist die Regelung zur entsprechenden Anwendung am zweckmäßigsten in § 157 Absatz 4 GWB-E aufzunehmen, da dort ausdrücklich geregelt wird, dass die Mitglieder der Kammer unabhängig entscheiden und nur dem Gesetz unterworfen sind.

B

23. Der Finanzausschuss, der Rechtsausschuss, der Verkehrsausschuss und der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung empfehlen dem Bundesrat, gegen den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes keine Einwendungen zu erheben.

* wird gegebenenfalls mit Ziffer 10 redaktionell zusammengeführt

* bei Nichtannahme der Ziffer 19 " § 131 Absatz 2 und 3 gelten"