Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 über Ratingagenturen KOM (2010) 289 endg.


Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss wird an den Beratungen beteiligt.


Hinweis: vgl.
Drucksache 878/08 (PDF) = AE-Nr. 080843 sowie AE-Nr. . 090056 und 090438


Europäische Kommission
Brüssel, den 2.6.2010
KOM (2010) 289 endgültig
2010/0160 (COD)

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 über Ratingagenturen (SEK(2010) 678) (SEK(2010) 679)

Begründung

1. Kontext des Vorschlags

Die Finanzkrise hat erhebliche Schwachstellen bei der Einzel- und der Systemaufsicht offengelegt. Um ein effizienteres, stärker integriertes und auf Dauer tragfähigeres europäisches Aufsichtssystem zu schaffen, hat die Europäische Kommission eine grundlegende Reformierung der Finanzaufsicht eingeleitet. Ausgangspunkt hierfür waren die Ergebnisse der Gruppe hochrangiger Experten unter dem Vorsitz des früheren Direktors des Internationalen Währungsfonds Jacques de Larosière, die von Präsident Barroso beauftragt worden war, Vorschläge für strengere europäische Aufsichtsregelungen auszuarbeiten. Die Gruppe legte am 25. Februar 2009 ihren Bericht vor und die Kommission unterstützte die Empfehlungen der Gruppe in ihrer Mitteilung für die Frühjahrstagung des Europäischen Rates vom März 20091.

Die von der Kommission vorgeschlagene Reform umfasst folgende zentrale Elemente:

Insbesondere war die De Larosière-Gruppe im Hinblick auf Ratingagenturen der Auffassung, dass es weitaus rationeller wäre, den Ausschuss der Europäischen Wertpapierregulierungsbehörden (CESR) mit der Aufgabe zu betrauen, Ratingagenturen in der EU die Zulassung zu erteilen, ihre Leistung zu überwachen und gegebenenfalls daraufhin Änderungen zu beschließen.

Die Kommission schlug daher in ihrer Mitteilung "Europäische Finanzaufsicht"3 vom 27. Mai 2009 vor, einer europäischen Aufsichtsbehörde die Befugnis zur Zulassung und Überwachung bestimmter europaweit tätiger Einrichtungen, z.B. Ratingagenturen, zu übertragen. Die Zuständigkeiten könnten Befugnisse wie das Recht auf Nachforschungen, Prüfungen vor Ort und Aufsichtsentscheidungen umfassen. Sie sollten daher in der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Ratingagenturen4 definiert werden. Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung im Juni 2009 den Vorschlag der Kommission unterstützt und betonte, dass die ESMA auch über Aufsichtsbefugnisse für Ratingagenturen verfügen sollte5.

Vor diesem Hintergrund wurde in Artikel 39 und Erwägungsgrund 51 der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Ratingagenturen festgelegt, dass die bestehende Aufsichtsstruktur nicht als langfristige Lösung für die Kontrolle von Ratingagenturen betrachtet werden sollte und die Kollegien der zuständigen Behörden, die die Zusammenarbeit in Aufsichtsfragen straffen und die Konvergenz in diesem Bereich innerhalb der Union verbessern sollen, nicht alle Vorteile einer verstärkt konsolidierten Aufsicht der Ratingindustrie ersetzen können. Das Europäische Parlament und der Rat haben die Kommission aufgefordert, spätestens am 1. Juli 2010 einen Bericht und gegebenenfalls einen Legislativvorschlag zur Behebung der Mängel zu unterbreiten, die in Bezug auf die Modalitäten der aufsichtlichen Koordination und Zusammenarbeit festgestellt wurden.

Es ist darauf hinzuweisen, dass mit diesem Vorschlag keine Änderungen der Verordnung über Ratingagenturen eingeführt werden, die im Zusammenhang mit den von den Ratingagenturen sowohl für eine Registrierung als auch später kontinuierlich zu erfüllenden inhaltlichen Voraussetzungen stehen. Auch die Voraussetzungen, unter denen von einer Ratingagentur in einem Drittland abgegebene Ratings in der Union verwendet werden dürfen (Einhaltung der

Übernahme-6 und Zertifizierungsvorschriften7 gemäß der Verordnung über Ratingagenturen), sind nicht Gegenstand der vorgeschlagenen Änderungen und gelten weiterhin wie in der geltenden Verordnung über Ratingagenturen vorgesehen.

2. Anhörung interessierter Kreise

Bei der Ausarbeitung der Vorschläge des Legislativpakets für eine neue europäische Finanzaufsichtsstruktur wurden zwei offene Konsultationen durchgeführt, die Aspekte im Zusammenhang mit der Verordnung über Ratingagenturen enthielten. Die erste Anhörung veranstaltete die Kommission zwischen dem 10. März und dem 10. April 2009 im Anschluss an die Berichtsvorlage der hochrangigen Expertengruppe unter dem Vorsitz von Jacques de

Larosière und ihre Mitteilung vom 4. März 2009. Die Ergebnisse dieser Konsultation flossen in die am 27. Mai 2009 veröffentlichte Mitteilung zur europäischen Finanzaufsicht ein. Eine Zusammenfassung der Beiträge ist im Internet abrufbar unter: http://ec.europa.eu/internal_market/consultations/docs/2009/fin_supervision/summary_en.pdf .

Die zweite Konsultationsrunde, bei der alle interessierten Kreise aufgerufen waren, zu den detaillierteren Reformvorschlägen der Kommission in der Mitteilung zur Europäischen Finanzaufsicht vom 27. Mai 2009 Stellung zu nehmen, fand vom 27. Mai bis 15. Juli 2009 statt. Die Reformvorschläge wurden von den Teilnehmern größtenteils befürwortet, wobei einzelne Aspekte des vorgeschlagenen ESRB und ESFS auch kommentiert wurden. Eine Zusammenfassung der Beiträge ist im Internet abrufbar unter: http://ec.europa.eu/internal_market/consultations/2009/fin_supervision_may_en.htm .

3. Folgenabschätzung

Der Kommissionsmitteilung zur Europäischen Finanzaufsicht vom Mai war eine Folgenabschätzung beigefügt, in der die grundlegenden politischen Optionen für die Einrichtung des ESFS und des ESRB analysiert wurden. Um die Auswirkungen der Vorschläge im Zusammenhang mit der neuen europäischen Finanzaufsichtsstruktur zu untersuchen die von der Kommission im September 2009 angenommen worden war, wurde eine zweite Folgenabschätzung durchgeführt. Diese enthält u. a. eine Bewertung der Einrichtung der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde und Änderungen der Strukturen zur Beaufsichtigung von Ratingagenturen. Über die für diesen Vorschlag durchgeführte angemessene Folgenabschätzung wurde ein Bericht erstellt, der unter folgender Adresse abgerufen werden kann: http://ec.europa.eu/internal_market/securities/agencies/index_en.htm .

4. Rechtliche Aspekte

4.1. Rechtsgrundlage

Der Vorschlag stützt sich auf Artikel 114 AEUV.

4.2. Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit

Die der ESMA zu übertragenden Aufgaben sind mit den als Reaktion auf die Finanzkrise erlassenen Maßnahmen und den in den Kommissionsmitteilungen vom 4. März und 27. Mai 2009 genannten Maßnahmen eng verbunden. Mit Hilfe der Maßnahmen der Union können die durch die Krise zutage gebrachten Mängel behoben und ein System geschaffen werden das dem Ziel eines stabilen und einheitlichen EU-Finanzmarkts für Finanzdienstleistungen entspricht und der ESMA die notwendigen Aufsichtsbefugnisse für die Registrierung und Beaufsichtigung von Ratingagenturen überträgt. Die traditionelle Aufgabentrennung zwischen den zuständigen Behörden der Herkunftsmitgliedstaaten und anderen zuständigen Behörden wurde angesichts des globalen Charakters von Ratings, die in der gesamten Europäischen Union verwendet werden, nicht als langfristige Lösung für die Beaufsichtigung von Ratingagenturen betrachtet. Zum Zeitpunkt der Annahme der Verordnung über Ratingagenturen galt eine verstärkt konsolidierte Aufsicht der Ratingagenturen als vorteilhafter; der bestehende Rechtsrahmen reichte damals jedoch nicht aus um eine solche Struktur einzurichten. Mit dem Vorschlag der Kommission für eine Verordnung zur Einrichtung einer Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) wird ein angemessener Rahmen geschaffen, um die ESMA mit den für ihre Aufgaben bei der Registrierung und Beaufsichtigung von Ratingagenturen notwendigen Befugnissen auszustatten.

Die Verordnung deckt jedoch nicht nur die Beaufsichtigung von Ratingagenturen ab, mit der die ESMA betraut wird, sondern auch die Überwachung der Verwendung von Ratings durch einzelne Institute, die auf nationaler Ebene beaufsichtigt werden. Für die Überwachung der Verwendung von Ratings durch diese einzelnen Institute zeichnen weiterhin die nationalen Aufsichtsbehörden verantwortlich. Da die nationalen Aufsichtsbehörden künftig spezifische Informationen über die Verwendung von Ratings sammeln können, sollten sie befugt sein, die ESMA aufzufordern, einen Widerruf der Registrierung einer Ratingagentur oder die Aussetzung der Verwendung von Ratings zu prüfen. Die zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden werden nicht befugt sein, bei einem Verstoß einer Ratingagentur gegen die Verordnung aufsichtsrechtliche Maßnahmen zu ergreifen.

Die zuständigen Behörden werden darüber hinaus verpflichtet sein, mit der ESMA zusammenzuarbeiten wenn sie dies für erforderlich hält. Die Mitgliedstaaten müssen daher die zuständigen Behörden unterhalten, die im Rahmen der Verordnung über Ratingagenturen mit den entsprechenden Aufgaben betraut werden. Die Bestimmungen gehen nicht über das zur Erreichung der Ziele notwendige Maß hinaus. Sie stehen im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzipien. Da die Ziele des Vorschlags auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden, sollten sie auf Unionsebene verwirklicht werden.

Eine Verordnung zur Änderung der geltenden Verordnung ist das geeignetste Rechtsinstrument.

4.3. Einzelerläuterung zum Vorschlag

Die Verordnung über Ratingagenturen muss überarbeitet werden, um eine zentrale Aufsicht über die in der EU tätigen Ratingagenturen einzuführen. Die ESMA soll über allgemeine Befugnisse im Zusammenhang mit der Registrierung und laufenden Beaufsichtigung registrierter Ratingagenturen sowie im Zusammenhang mit Ratings von Ratingagenturen mit Sitz in Drittländern, die in der EU gemäß Zertifizierungs- oder Übernahmevorschriften tätig sind verfügen. Daher müssen im gesamten Wortlaut Verweise auf die mit der Registrierung und Beaufsichtigung von Ratingagenturen betrauten zuständigen Behörden durch Verweise auf die ESMA ersetzt werden. Einige bestimmte Aufsichtsbefugnisse im Zusammenhang mit der Verwendung von Ratings werden jedoch weiterhin in den Aufgabenbereich der zuständigen Behörden fallen. Darüber hinaus bleibt die Kommission befugt, die Verträge rechtlich durchzusetzen, insbesondere Titel VII Kapitel 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union im Hinblick auf die gemeinsamen Wettbewerbsregeln gemäß den Bestimmungen, die zu ihrer Umsetzung angenommen wurden.

4.3.1. Änderungen zu Titel I (Gegenstand, Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen)

In Artikel 4 Absatz 1 sind alternative Investmentfonds aufgeführt, um die Verordnung dem neuen Vorschlag für eine Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds anzupassen. Alternative Investmentfonds sind hinsichtlich der Verwendung von Ratings damit so zu behandeln wie andere Kreditinstitute in der EU. Dies bedeutet, dass von alternativen Investmentfonds für regulatorische Zwecke verwendete Ratings von einer registrierten oder gemäß dieser Verordnung zertifizierten Ratingagentur vergeben worden sein müssen.

4.3.2. Änderungen zu Titel II (Abgabe von Ratings)

Um Interessenkonflikte zu vermeiden, die sich für Ratingagenturen aus dem "Modell des zahlenden Emittenten" ergeben und im Hinblick auf Ratings für strukturierte Finanzinstrumente besonders ausgeprägt sind, und um den Wettbewerb zwischen den Ratingagenturen zu verstärken, sollten Emittenten von strukturierten Finanzinstrumenten oder mit ihnen verbundene Dritte verpflichtet sein, konkurrierenden Ratingagenturen Zugang zu den Informationen zu gewähren, die sie derjenigen Ratingagentur zur Verfügung gestellt haben die mit der Abgabe von Ratings für die strukturierten Finanzinstrumente beauftragt worden ist. Sofern die konkurrierenden Ratingagenturen bestimmte organisatorische Voraussetzungen erfüllen und den Vertraulichkeitsbestimmungen nachkommen, sollte das bewertete Unternehmen oder ein mit dem Unternehmen verbundener Dritter diesen Ratingagenturen auf Antrag Zugang zu den Informationen gewähren, die es der von ihr mit der Abgabe von Ratings für strukturierte Finanzinstrumente beauftragten Ratingagentur zur Verfügung gestellt hat. Die konkurrierenden Ratingagenturen, die Zugang zu Informationen erhalten haben, dürfen diese nicht für andere Zwecke als für die Abgabe eines Ratings verwenden und sollten verpflichtet werden, eine Mindestanzahl unbeauftragter Ratings abzugeben um sicherzustellen, dass der Antrag auf Zugang zu diesen Informationen keinem anderen Zweck dient.

Im Gegensatz zu den anderen in der Verordnung über Ratingagenturen enthaltenen Anforderungen, die sich an Ratingagenturen und deren Mitarbeiter richten, werden mit dieser Bestimmung Offenlegungspflichten für Emittenten von strukturierten Finanzinstrumenten festgelegt. Jede registrierte Ratingagentur wird die Möglichkeit haben, auf die Informationen zuzugreifen die für die Abgabe unbeauftragter Ratings für strukturierte Finanzinstrumente notwendig sind. Dies wird zu mehr Wettbewerb in der Ratingbranche führen und die Anzahl der Ratings pro Instrument erhöhen, so dass die Nutzer von Ratings auf mehr als ein Rating für ein und dasselbe Instrument zurückgreifen können.

Die Kommission stellt fest, dass in den USA ein ähnliches System eingeführt worden ist (SEC Rule 17g-5 vom 4. Dezember 2009, tritt im Juni 2010 in Kraft). Angesichts der globalen Rolle und Tätigkeiten von Ratingagenturen muss sichergestellt werden, dass für international tätige Ratingagenturen ähnliche Vorschriften gelten, um gleiche Bedingungen und einen ausreichenden Wettbewerb zwischen den Ratingagenturen zu schaffen. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass diese neuen Bestimmungen Interessenkonflikte mindern werden, die sich aus dem Modell des zahlenden Emittenten ergeben. Angesichts dieses Hintergrunds, der potenziellen Vorteile und der Tatsache, dass die neuen Bestimmungen bewährte Praktiken auf internationaler Ebene zu sein scheinen, werden sie voraussichtlich keine wesentlichen finanziellen Auswirkungen haben. Um die Voraussetzungen zu spezifizieren, die eine Ratingagentur erfüllen muss, um Zugang zu einer entsprechenden Website zu erhalten, z.B. ihre Fähigkeit, für eine vertrauliche Behandlung der Daten zu sorgen, sind Durchführungsbestimmungen erforderlich.

4.3.3. Änderungen zu Titel III (Beaufsichtigung der Ratingtätigkeit)
4.3.3.1. Änderungen zu Titel III Kapitel I (Registrierungsverfahren)

Infolge der Einführung einer neuen zentralen Aufsichtsbehörde für die Beaufsichtigung von Ratingagenturen sind bestehende Bestimmungen, gemäß denen eine Art Kollegium für die Zusammenarbeit in Aufsichtsfragen vorgesehen ist und die endgültigen Entscheidungen von einer zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaats getroffen werden, zu streichen. Es ist davon auszugehen, dass im derzeitigen EU-Rechtsrahmen eine wirksame und effiziente Aufsicht von Unternehmen, die oft in mehreren Mitgliedstaaten tätig sind und weit reichende grenzübergreifende Wirkung haben, besser durch eine Übertragung von Aufsichtskompetenzen an die ESMA gewährleistet werden kann. Vor dem Hintergrund der vorgeschlagenen zentralen Aufsicht auf EU-Ebene sind die Aufsichtskollegien, die die Zusammenarbeit in Aufsichtsfragen straffen und die Konvergenz in diesem Bereich verbessern sollten, daher nicht mehr erforderlich. Die Einrichtung der ESMA wird das Registrierungsverfahren verbessern, straffen und vereinfachen (da überflüssige Schritte des Konsultationsverfahrens zwischen den Behörden im Kollegium und dem CESR abgeschafft werden). Die für die verschiedenen Phasen des Registrierungsverfahrens vorgesehenen Fristen können daher verkürzt werden.

4.3.3.2. Änderungen zu Titel III Kapitel II (Beaufsichtigung durch die ESMA)

Um die praktische Anwendung der Verordnung zu vereinfachen, sollte die ESMA befugt sein, für folgende Bereiche Entwürfe technischer Standards zu erarbeiten, die von der Kommission gebilligt werden müssen:

Um zu gewährleisten, dass die ESMA über ausreichende Aufsichts- und Durchsetzungskapazitäten verfügt, ist sie befugt, von Ratingagenturen und anderen Personen, die mit Ratingtätigkeiten im Zusammenhang stehen, alle erforderlichen Informationen anzufordern. Sie kann künftig bei möglichen Verstößen gegen die Verordnung Nachforschungen anstellen und in entsprechenden Fällen von ihren Aufsichtsbefugnissen Gebrauch machen, z.B. indem sie Aufzeichnungen und weitere relevante Unterlagen untersucht und Kopien/Auszüge dieser Unterlagen anfertigt, mündliche Erklärungen fordert, Anhörungen betreffender Personen durchführt und Aufzeichnungen von Telefongesprächen und Datenübermittlungen anfordert. Die ESMA muss in der Lage sein, Prüfungen vor Ort durchzuführen. Die Verteidigungsrechte der betreffenden Personen während des Verfahrens sind in vollem Umfang zu wahren. Insbesondere muss die ESMA den betroffenen Personen ermöglichen sich zu den von der ESMA untersuchten Angelegenheiten zu äußern.

4.3.3.3. Änderungen zu Titel III Kapitel III (Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden)

Die zuständigen Behörden behalten ihre Befugnisse im Bereich der Überwachung der Nutzung von Ratings durch beaufsichtigte Unternehmen (z.B. Kreditinstitute oder Versicherungsunternehmen), die die Ratings für regulatorische Zwecke verwenden. Die zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten sind am besten geeignet, zu prüfen, wie die beaufsichtigten Unternehmen in ihrem Tagesgeschäft Ratings verwenden, und bei Bedarf entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.

Die nationalen Aufsichtsbehörden müssen außerdem zu den Aufsichtstätigkeiten der ESMA beitragen indem sie den Austausch von Informationen sowie die Zusammenarbeit gewährleisten die für die Ausübung der Aufsichts- und Durchsetzungsbefugnisse durch die ESMA erforderlich sein könnten. Sie können die ESMA künftig auffordern, zu prüfen, ob die Voraussetzungen für einen Widerruf der Registrierung einer Ratingagentur oder für eine Aussetzung der Verwendung von Ratings einer Ratingagentur erfüllt sind, die ihrer Auffassung nach an einem schwerwiegenden und anhaltenden Verstoß gegen die Verordnung über Ratingagenturen beteiligt ist.

Bei Bedarf und gegebenenfalls aus Gründen der Effizienz muss die ESMA im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit die auf nationaler Ebene zuständige Aufsichtsbehörde um Unterstützung ersuchen können. Die zuständigen Behörden sollten die ESMA bei der Durchführung von Nachforschungen und Prüfungen vor Ort unterstützen.

Die ESMA darf außerdem den zuständigen nationalen Behörden bestimmte Überwachungsaufgaben übertragen, z.B. wenn an einem räumlich weit entfernten Standort einer Ratingagentur Aufsichtsmaßnahmen durchgeführt werden müssen oder Wissen und Erfahrung hinsichtlich der örtlichen Gegebenheiten erforderlich sind, z.B. Kenntnisse der Landessprache. Um zu vermeiden, dass der ESMA und den beaufsichtigten Unternehmen unverhältnismäßig hohe Kosten entstehen, sollten Aufgaben delegiert werden. Zu den Aufgaben, die möglicherweise delegiert werden können, zählen die Durchführung spezifischer Nachforschungen und Prüfungen vor Ort sowie die Bewertung des Antrags auf Registrierung, aber auch Aufgaben der alltäglichen Aufsicht. Die Delegierung von Aufgaben hat keine Auswirkungen auf die Zuständigkeit der ESMA, die der Behörde, an die sie eine Aufgabe delegiert hat, Anweisungen erteilen darf. Die ESMA sollte in Leitlinien spezifizieren in welchen Bereichen sie von der Möglichkeit Gebrauch machen wird, Aufgaben zu delegieren, einschließlich der hierbei anzuwendenden Verfahren und des finanziellen Ausgleichs, der der zuständigen Behörde für die Ausführung der Aufgaben gewährt wird.

4.3.4. Änderungen zu Titel IV (Sanktionen, Ausschussverfahren, Berichterstattung und Übergangs- und Schlussbestimmungen)
4.3.4.1. Änderungen zu Titel IV Kapitel I (Sanktionen, Geldbußen, Zwangsgelder, Ausschussverfahren, übertragene Befugnisse und Berichterstattung)

Um die ESMA in ihrer Eigenschaft als Aufsichtsbehörde zu stärken, ist sie befugt, der Kommission die Verhängung von Zwangsgeldern vorzuschlagen. Eine solche

Zwangsmaßnahme stellt auf Folgendes ab:

Für den Fall, dass gegen bestimmte Vorschriften, die in Anhang III der Verordnung über Ratingagenturen aufgeführt sind, vorsätzlich oder fahrlässig verstoßen wurde, darf die ESMA außerdem Vorschläge für die von der Kommission zu verhängenden Geldbußen erarbeiten.

Detaillierte Kriterien für die Festlegung der Höhe einer Geldbuße sowie der Verfahrensaspekte für Geldbußen werden in einem gesonderten Rechtsakt festgelegt.

Darüber hinaus wird die ESMA befugt sein, bei einem Verstoß einer Ratingagentur gegen die Verordnung Aufsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Diese Maßnahmen umfassen ein befristetes Verbot, Ratings abzugeben, und die Aussetzung der Verwendung der betreffenden Ratings, bis der Verstoß abgestellt worden ist. Wenn sämtliche sonstigen Maßnahmen wirkungslos geblieben sind, kann die ESMA die Registrierung einer Ratingagentur widerrufen.

Die ESMA ist außerdem befugt, Ratingagenturen aufzufordern, einen Verstoß abzustellen und dies öffentlich bekannt zu geben. Diese Maßnahmen werden in Fällen angewandt, in denen es in Anbetracht des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nicht gerechtfertigt ist, eine Sanktion oder strengere Aufsichtsmaßnahmen zu verhängen. Sanktionen, Zwangsgelder und


Aufsichtsmaßnahmen sind sich ergänzende Elemente des Rahmens für die rechtliche Durchsetzung.
Die Ausschussverfahren wurden entsprechend dem Vertrag von Lissabon angepasst.

4.3.4.2. Änderungen zu Titel IV Kapitel II (Übergangs- und Schlussbestimmungen)

Sobald die ESMA eingerichtet worden ist und ihre Tätigkeit aufnehmen kann, werden die zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten ihre Kompetenzen und Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Überwachung und den Durchsetzungstätigkeiten im Bereich Ratingagenturen abgeben, die ihnen mit der Verordnung über Ratingagenturen übertragen worden sind.

Auch für die Übermittlung von Unterlagen und Arbeitsdokumenten der zuständigen nationalen Behörden an die ESMA sind klare Regeln festzulegen.

5. Auswirkungen auf den Haushalt

Ein Überblick über die Auswirkungen der Vorschläge zur Einrichtung der ESMA auf den Haushalt war Gegenstand der im September 2009 vorgelegten Folgenabschätzung und der den Vorschlägen beigefügten Finanzbögen (siehe Finanzbogen zu Rechtsakten, der dem Vorschlag zur Einrichtung einer Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde beigefügt ist). Die spezifischen Auswirkungen auf die ESMA im Zusammenhang mit der direkten Beaufsichtigung und Überwachung von Ratingagenturen sind in den Finanzbögen zu Rechtsakten aufgeführt, die diesem Vorschlag beigefügt sind. Die Finanzbögen sind zusammen zu behandeln. In dem diesen Vorschlag begleitenden Finanzbogen werden auch die spezifischen Auswirkungen auf den Haushalt für die Kommission bewertet.

Der Vorschlag hat keine Auswirkungen auf den Unionshaushalt.

Vorschlag für eine Verordnung (EU) Nr. .../... des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 über Ratingagenturen (Text von Bedeutung für den EWR)

Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114, auf Vorschlag der Europäischen Kommission8, nach Zuleitung des Entwurfs des Rechtsakts an die nationalen Parlamente, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses9, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren10, in Erwägung nachstehender Gründe:

Haben folgende Verordnung Erlassen:

Artikel 1
Änderungen der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009

Die Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Inkrafttreten


Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
Im Namen des Rates
Der Präsident

Anhang I

Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 wird wie folgt geändert:

Anhang II

Die Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 wird durch folgenden Anhang III ergänzt:

"Anhang III
Sanktionen Verstöße

I. Verstöße im Zusammenhang mit Interessenkonflikten, organisatorischen oder operationellen Anforderungen

II. Verstöße im Zusammenhang mit Aufsichtstätigkeiten

III. Verstöße im Zusammenhang mit Vorschriften zur Offenlegung

Finanzbogen zu Rechtsakten

Der Finanzbogen befindet sich im PDF-Dokument.