Bundesministerium für Gesundheit
Berlin, 20. August 2015
Parlamentarische Staatssekretärin
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Volker Bouffier
Sehr geehrter Herr Präsident,
ich komme zurück auf die vom Bundesrat beschlossene Entschließung vom 19. Dezember 2014 zur Verordnung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV), der Apothekenbetriebsordnung, der Verordnung über apothekenpflichtige und freiverkäufliche Arzneimittel und der Medizinprodukte-Abgabeverordnung (s. Bundesratsdrucksache 536/14(B) ).
Im Rahmen der o.g. Verordnung, die am 1. Januar 2015 in Kraft getreten ist, wurden auch Regelungen getroffen, die zur Steigerung der Anwendungssicherheit von Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Thalidomid - ehem. Contergan® -, Lenalidomid und Pomalidomid dienen (Verschreibung auf sog. "T-Rezepten").
Der Bundesrat hat die Bundesregierung im Rahmen der o.g. Entschließung gebeten zu prüfen, ob das Ziel der optimierten Anwendungssicherheit von Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Thalidomid, Lenalidomid und Pomalidomid nicht bereits durch die Vermeidung von Abgabefehlern bei der Belieferung von T-Rezepten erreicht werden kann, ohne den bisher erforderlichen Bürokratieaufwand zu erhöhen. Dieses Ziel könne nach Ansicht des Bundesrates dadurch erreicht werden, dass auf dem T-Rezept eine zusätzliche Rubrik zum Ankreuzen für die abgebende Apotheke eingeführt werde. Mit dem Kreuz würde die Apotheke bestätigen, dass bei der Abgabe sämtliche dafür notwendigen Voraussetzungen vorgelegen haben. Anlass für die Entschließung ist insbesondere die Regelung, wonach Durchschriften von sog. T-Rezepten von Apotheken wöchentlich an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu übermitteln sind (bisher vierteljährlich).
Präventive Maßnahmen bezüglich der sicheren und kontrollierten Abgabe von lenalidomid-, pomalidomid- und thalidomidhaltigen Arzneimitteln sind aus Sicht der Bundesregierung durch Rechtsvorschriften bereits ausreichend etabliert. Auf Grund von § 17 Abs. 5 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) ist die Apotheke bei der Einlösung eines T-Rezepts grundsätzlich verpflichtet, die Verschreibung auf erkennbare Irrtümer hin zu überprüfen. Verschreibungspflichtige Arzneimittel dürfen nur abgegeben werden, wenn das jeweilige Rezept ordnungsgemäß nach § 2 Abs. 1 AMVV ausgestellt ist. Bei T-Rezepten sind dabei noch zusätzliche Anforderungen gemäß § 3a AMVV zu beachten wie z.B. die begrenzte Gültigkeitsdauer des T-Rezepts von 6 Tagen nach dem Tag der Ausstellung.
Auf Grund der ApBetrO sind die Angaben auf T-Rezepten vor der Belieferung eines solchen Rezepts in der Apotheke vom pharmazeutischen Personal umgehend zu prüfen. Sind diese fehlerhaft oder unvollständig, liegt nach den Bestimmungen des § 3a AMVV ein nicht korrekt ausgefülltes T-Rezept vor; die Abgabe des Arzneimittels darf in diesem Fall nicht erfolgen. Das Vorliegen der Voraussetzung zur Abgabe geht also direkt aus der Verschreibung hervor. Dieses durch ein zusätzliches Ankreuzen auf dem Rezept zu bestätigen, hat aus hiesiger Sicht keinen Zusatznutzen. Die Apotheke muss bereits jetzt in jedem Fall die erforderliche Sorgfalt und Eigenkontrolle aufbringen, bevor ein Arzneimittel dem Patienten/der Patientin ausgehändigt wird.
Zudem müsste zur Umsetzung des Vorschlages von den Partnern des Bundesmantelvertrages ein geändertes Muster 16 - Formular (Arzneiverordnungsblatt) geschaffen werden, was einen bürokratischen Zusatzaufwand bedingen würde.
Die Umsetzung der vom Bundesrat vorgeschlagenen Alternative würde auch zusätzliche Unsicherheiten mit sich bringen. Würde z.B. ein solcher Vermerk auf einem Rezept fehlen, müsste das mit der Kontrolle der T-Rezepte beauftragte BfArM ermitteln, ob die Sorgfaltspflicht in der Apotheke trotzdem eingehalten wurde und das Kreuz nur vergessen wurde. Ferner ist zu beachten, dass in dem Fall, in dem ein Kreuz in der Apotheke gesetzt wurde, obwohl das T-Rezept durch die verschreibende Person erkennbar fehlerhaft ausgefüllt wurde, offen bliebe, ob die Einhaltung des Sicherheitskonzepts zur Anwendung der o.g. Arzneimittel gewahrt wurde.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die vom Bundesrat vorgeschlagene Maßnahme aus Sicht der Bundesregierung nicht dazu geeignet wäre, die nun in Kraft getretenen Regelungen zur Erhöhung der Anwendungssicherheit von auf T-Rezepten zu verschreibenden Arzneimitteln zu ersetzen; zu ersetzen wäre damit insbesondere nicht die Regelung zur wöchentlichen Übermittlung der Durchschriften von T-Rezepten an das BfArM, mit der es in die Lage versetzt wird, seinen Prüfpflichten zeitnah nachzukommen. Die Anwendungssicherheit von Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Thalidomid, Lenalidomid und Pomalidomid hat für das Bundesministerium für Gesundheit hohe Priorität.
Mit freundlichen Grüßen
Ingrid Fischbach