Gesetzesantrag des Freistaates Bayern
Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes - Menschenhandel - (... StrÄndG)

A. Problem

B. Lösung

C. Alternativen

D. Kosten der öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

Gesetzesantrag des Freistaates Bayern
Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes - Menschenhandel - (... StrÄndG)

Der Bayerische Ministerpräsident München, den 24. Februar 2005


An den

Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Präsident!

Gemäß dem Beschluss der Bayerischen Staatsregierung übermittle ich den in der Anlage mit Vorblatt und Begründung beigefügten

mit dem Antrag, dass der Bundesrat diesen gemäß Art. 76 Abs. 1 GG im Bundestag einbringen möge. Ich bitte, den Gesetzentwurf unter Wahrung der Rechte aus § 23 Abs. 3 in Verbindung mit § 15 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates gemäß § 36 Abs. 2 GOBR auf die Tagesordnung der 809. Sitzung am 18. März 2005 zu setzen und anschließend den Ausschüssen zur weiteren Beratung zuzuweisen.


Mit freundlichen Grüßen

Edmund Stoiber

Anlage

Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes - Menschenhandel -
(... StrÄndG)

Inhaltsübersicht
Artikel 1 Änderung des Strafgesetzbuches
Artikel 2 Änderung der Strafprozeßordnung
Artikel 3 Änderung des Artikel 10-Gesetzes
Artikel 4 In-Kraft-Treten

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Strafgesetzbuches

Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

" § 233c
Strafmilderung und Absehen von Strafe

Das Gericht kann in den Fällen der §§ 232 bis 233a die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von Strafe nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter

Artikel 2
Änderung der Strafprozeßordnung

Die Strafprozeßordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

Artikel 3
Änderung des Artikel 10-Gesetzes

In § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b des Artikel 10-Gesetzes vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1254, 2298), zuletzt geändert durch ..., wird die Angabe "232 Abs. 3, 4 oder Abs. 5 zweiter Halbsatz" durch die Angabe "232 Abs. 3 bis 5, Abs. 6 zweiter Halbsatz" ersetzt.

Artikel 4
In-Kraft-Treten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeines

I. Materiellstrafrechtliche und strafprozessuale Maßnahmen

Die Menschenhandelsdelikte wurden mit dem Strafrechtsänderungsgesetz vom ... (BGBl I S. ...) einsetzen nach Verkündung im BGBl.novelliert. Bedauerlicherweise hat der Gesetzgeber das straf- und strafverfahrensrechtliche Instrumentarium zur Bekämpfung dieser besonders widerwärtigen Kriminalitätsform in einer Reihe von zentralen Punkten unverändert gelassen. Vor allem bleibt es auch nach neuem Recht dabei, dass die sexuelle Ausbeutung von Menschenhandelsopfern namentlich durch so genannte "Freier" von Zwangsprostituierten in der Regel nicht geahndet werden kann. Weiterhin verfügen die Strafverfolgungsbehörden über keine effektiven Ermittlungsansätze und -methoden, um in die typischerweise konspirativ arbeitenden Menschenhändlerringe einzudringen. Denn die Überwachung der Telekommunikation ist nur bei den Verbrechenstatbeständen nach § 232 Abs. 3 bis 5, auch in Verbindung mit § 233 Abs. 3 StGB, zulässig (§ 100a Satz 1 Nr. 2 StPO). Ein gravierendes Defizit besteht ferner insoweit, als die Tatbestände der Ausbeutung von Prostituierten (§ 180a StGB) sowie der dirigistischen Zuhälterei (§ 181a Abs. 2 StGB) seit den im Prostitutionsgesetz getroffenen Maßnahmen kaum je mehr nachgewiesen werden können, weshalb von der Zuhälter- und Bordellszene zu einem wesentlichen Teil der Druck der Strafverfolgung genommen worden ist. Schließlich erscheint nicht hinnehmbar, dass das Gesetz demjenigen Verbrecher, der Kinder in die Prostitution bringt, keine höhere Strafe androht als etwa dem hartnäckigen Steuerhinterzieher (vgl. § 370a AO).

Der Entwurf trägt dem Anliegen einer effektiven Bekämpfung des Menschenhandels durch folgende Maßnahmen Rechnung:

II. Gesetzgebungskompetenz

Bei den vorgeschlagenen Regelungen handelt es sich um auf Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 GG gestützte Änderungen von Bundesgesetzen, nämlich des Strafgesetzbuches und der Strafprozeßordnung. Die Wahrung der Rechtseinheit gebietet eine bundeseinheitliche Regelung.

III. Auswirkungen

Durch die Einführung neuer Straftatbestände und die Erweiterung der Überwachung der Telekommunikation kann mehr Aufwand bei den Strafverfolgungsbehörden entstehen, dessen Umfang im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht hinreichend genau abschätzbar ist. Abgesehen davon wird das Vorhaben Bund, Länder und Gemeinden voraussichtlich nicht mit nennenswerten Mehrkosten belasten. Da sich der Entwurf auf Änderungen und Ergänzungen von Strafvorschriften und des Strafprozessrechts beschränkt, welche die Wirtschaft nicht mit zusätzlichen Kosten belasten, sind Auswirkungen auf Einzelpreise, das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, oder die Umwelt nicht zu erwarten.

B. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Artikel 1
(Änderung des Strafgesetzbuches)

Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht)

Redaktionelle Folgeänderung im Hinblick auf die Änderung des § 180a und die Einfügung der §§ 232a und 233c (Nr. 5, 8, 11).

Zu Nummer 2
(§ 5 Nr. 8b)

§ 5 Nr. 8b erstreckt die deutsche Strafgewalt auf Straftaten Deutscher im Zuge des "Sextourismus" nach § 232a - neu - . Andernfalls könnten Täter, die sich an der sexuellen Ausbeutung von Menschenhandelsopfern etwa in den Staaten des ehemaligen Ostblocks oder auch der Dritten Welt beteiligen (s. Nr. 8), in der Regel nicht durch die deutsche Strafjustiz belangt werden.

Zu Nummer 3, 4
(§§ 126, 138)

Es handelt sich um Folgeänderungen wegen der Einfügung des § 232 Abs. 5 (Nummer 7).

Zu Nummer 5
(§ 180a)

Die mit dem Prostitutionsgesetz aus dem Jahre 2001 vorgenommene Aufhebung des § 180a Abs. 1 Nr. 2 StGB a.F. sowie die Einschränkung des § 181a Abs. 2 StGB (vgl. zu Nummer 6) wirken sich gerade mit Blick auf die Bekämpfung des Menschenhandels kontraproduktiv aus. Durch diese Maßnahmen wurde von der Bordell- und Zuhälterszene in weitem Umfang der Druck der Strafverfolgung genommen. Die Strafverfolgungsbehörden haben oftmals keine zureichenden Ermittlungsansätze mehr, um in das Rotlichtmilieu einzudringen und die Opfer des Menschenhandels effektiv vor Ausbeutung zu schützen.

Die Praxis weist nachdrücklich darauf hin, dass die durch das Prostitutionsgesetz vorgenommenen Maßnahmen realitätsfremd seien. Die tatsächlichen Gepflogenheiten und Abhängigkeiten im Prostitutionsmilieu seien verkannt worden. Demgegenüber seien die vom Gesetzgeber erhofften Vorteile für die Prostituierten bislang durchwegs ausgeblieben.

Zu § 180a Abs. 1 StGB ist anzumerken: Mit dem Tatbestand der Förderung der Prostitution (§ 180a Abs. 1 Nr. 2 StGB a. F.) hat das Prostitutionsgesetz das Kernstück der Strafvorschrift beseitigt. Schon der historische Gesetzgeber hatte diesem Tatbestand die zentrale Rolle bei der Bekämpfung der Ausbeutung von Prostituierten zuerkannt, wohingegen § 180 Abs. 1 Nr. 1 StGB a.F. (= § 180a Abs. 1 StGB des geltenden Rechts) mangels reeller Nachweismöglichkeiten in erster Linie programmatische Bedeutung beigemessen worden war (s. etwa

Protokoll über die 5. Sitzung des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform 7. Wahlperiode, S. 59; BT-Drs. 7/514, S. 9). Diese Einschätzung hat sich nach In-Kraft-Treten des Prostitutionsgesetzes bewahrheitet. § 180a StGB ist seither praktisch bedeutungslos geworden. Es existieren Großstadtstaatsanwaltschaften, bei denen kein einziges Verfahren anhängig ist, dessen Gegenstand diese Strafvorschrift ist. Die hierdurch geschaffenen Freiräume werden nach den Erfahrungen der Praxis durch die Bordell- und Zuhälterszene auch weidlich genutzt, freilich zur eigenen Gewinnmaximierung und nicht zum Vorteil der Prostituierten.

Entgegen verschiedentlich erhobenen Behauptungen stand § 180a Abs. 1 Nr. 2 StGB a.F. der Schaffung günstiger "Arbeitsbedingungen", also hygienischer und menschenwürdiger Verhältnisse nicht entgegen. Die Praxis der Strafverfolgung hat die Vorschrift in der Vergangenheit sachgerecht interpretiert.

Der Entwurf sieht vor, das alte, bewährte Recht wiederherzustellen.

Zu Nummer 6
(§ 181a Abs. 2)

Vgl. zunächst die Begründung zu Nr. 5. Die Rechtsprechung legt den Tatbestand der dirigistischen Zuhälterei ( § 181a Abs. 2 StGB) unter Bezugnahme auf Buchstaben und Geist des Prostitutionsgesetzes so restriktiv aus (BGH NStZ-RR 2003, 361; NJW 2004, 81; BayObLG StV 2004, 210), dass eine Verurteilung kaum mehr erwirkt werden kann. Für den Tatnachweis reicht es danach nicht mehr aus, wenn der Zuhälter Arbeitszeiten, Einsatzorte und Preise festsetzt. Dies gilt selbst dann, wenn gegen sonstige Rechtsvorschriften namentlich steuer- und sozialversicherungsrechtlicher Art verstoßen wird sowie wenn die Prostituierte sich illegal in Deutschland aufhält und sich im Hinblick darauf in einer sehr ungesicherten Position befindet. Dies führt faktisch zu einem Schutz der Zuhälter und im Ergebnis zu einer verstärkten Abhängigkeit der Prostituierten.

Dies erscheint nicht länger hinnehmbar. Auch insoweit soll daher der vormalige Rechtszustand wieder hergestellt werden.

Zu Nummer 7
(§ 232 Abs. 5 - neu - )

Der für das Verbringen von Kindern in die Prostitution vorgesehene Strafrahmen von lediglich einem Jahr bis zu 10 Jahren wird dem Unrechts- und Schuldgehalt des unter Strafe gestellten Verhaltens in keiner Weise gerecht. Er steht darüber hinaus in eklatantem Widerspruch zur Wertung des § 176a Abs. 2 und 3 StGB, wo beispielsweise der im Rahmen einer echten Liebesbeziehung vollzogene Beischlaf eines 18jährigen mit einer 13jährigen mit einer Freiheitsstrafe von nicht unter zwei Jahren bedroht ist. Für die Fälle des bisherigen § 232 Abs. 3 Nr. 1 StGB muss zumindest derselbe Strafrahmen vorgesehen werden wie für den schweren Kindesmissbrauch nach § 176a Abs. 2 und 3 StGB. Der Entwurf schlägt dies vor.

Zu Nummer 8
(§ 232a - neu - )

Die Vorschrift richtet sich gegen die sexuelle Ausbeutung von Menschenhandelsopfern. Tag für Tag macht sich eine Vielzahl von "Freiern" die Notlage namentlich von Zwangsprostituierten im Grenzgebiet zu den ehemaligen Ostblockstaaten zunutze. Betroffen sind jedoch auch Frauen und Mädchen, die unter Vorspiegelung falscher Tatsachen aus den ehemaligen Ostblockstaaten oder der Dritten Welt nach Deutschland gelockt und dort in die Prostitution verbracht worden sind. Selbst dann, wenn den "Freiern" bewusst ist oder sie angesichts der Umstände damit rechnen, dass es sich bei den Prostituierten um Opfer skrupelloser Frauen - und Mädchenhändler handelt, machen sie sich nach geltendem Strafrecht in der Regel nicht strafbar. Denn die Straftaten des Menschenhandels sind zu diesem Zeitpunkt fast ausnahmslos bereits endgültig beendet, weswegen eine strafbare Teilnahme, etwa in Form der Beihilfe, nicht mehr möglich ist.

Dies ist unerträglich. Die Täter beuten die typischerweise gegebene Schwächesituation der Menschenhandelsopfer aus. Derartige Schwächesituationen werden auch sonst vom Sexualstrafrecht geschützt (z.B. §§ 174 bis 174c, 182 StGB). Es erscheint geboten, auch in diesem Bereich strafrechtlichen Schutz zu gewähren.

Die Strafvorschrift zielt ferner wesentlich darauf ab, den Menschenhändlern die Basis für ihre Machenschaften zu entziehen. Gäbe es nicht die "Freier", die die Situation gehandelter Frauen und Mädchen missbrauchen, so könnten die Verbrecherringe nicht ihre immensen Gewinne erzielen. Mit einer Verringerung der Nachfrage geht demnach auch eine Verringerung dieser Gewinne einher.

Der Entwurf verkennt nicht, dass der Kampf gegen den Menschenhandel nicht allein mit strafrechtlichen Mitteln geführt werden kann. Notwendig ist neben einer Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse in den Heimatstaaten der Opfer auch eine Bewusstseinsänderung. Zu dieser Bewusstseinsänderung will der Entwurf beitragen, indem er ein Zeichen setzt. Er bringt klar zum Ausdruck, dass die Rechtsordnung bislang vielfach bedenkenlos begangene Taten der sexuellen Ausbeutung von Menschenhandelsopfern nicht länger hinzunehmen bereit ist und zu deren Eindämmung mit dem Strafrecht zu seiner schärfsten Waffe greift.

Zu Absatz 1

Kern des Straftatbestandes nach Absatz 1 ist der Missbrauch der durch eine Straftat des Menschenhandels geschaffenen Lage der Menschenhandelsopfer zu sexuellen Handlungen. Typischerweise wird es um Prostitution gehen. Im Hinblick darauf, dass bereits die Ausbeutung der Schwächesituation als solche strafwürdig und strafbedürftig ist, wird jedoch eine Entgeltlichkeit vom Tatbestand nicht verlangt. Denn es sind Konstellationen denkbar, in denen das Opfer ausgebeutet wird, ohne dass Geld fließt. Die Norm bildet insoweit auch einen Auffangtatbestand zur Vergewaltigung in Form der Nötigung zu sexuellen Handlungen unter Ausnutzung einer hilflosen Lage (§ 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB). Anders als dort ist insbesondere nötigendes Verhalten nicht erforderlich.

Zur Kennzeichnung des verpönten Unrechts wird statt des gleichfalls in Betracht kommenden, aber etwas weniger aussagekräftigen Terminus der "Ausnutzung" der Begriff des "Missbrauchs" verwendet. Darunter ist die bewusste Ausnutzung gerade des Schwächezustandes zu verstehen (Lackner/Kühl, StGB, § 174, Rdn. 9). Der Begriff des Missbrauchs wird in Tatbeständen herangezogen, bei denen an die Möglichkeit gedacht werden muss, dass sich das Verhalten des Täters aus besonderen Gründen als nicht verwerflich darstellt (Begründung des E 1962, S. 360 f vor § 204). Im hier vorliegenden Zusammenhang dient er namentlich der Ausgrenzung echter Liebesbeziehungen.

Das Spektrum der relevanten sexuellen Handlungen ist bewusst weit umschrieben. Umfasst sind neben der Prostitution auch sexuelle Handlungen im Rahmen der Pornografie, von Peepshows oder des so genannten Heiratshandels.

Absatz 1 normiert ein Vorsatzdelikt. Bedingter Vorsatz genügt. Der Täter muss zumindest damit gerechnet und billigend in Kauf genommen haben, dass er sich die durch eine Straftat des Menschenhandels geschaffene Lage des Opfer zunutze macht. Damit sind naturgemäß Nachweisprobleme aufgeworfen. Diese wohnen jedoch auch den sonstigen Tatbeständen des Menschenhandels inne und sprechen nicht entscheidend gegen die Pönalisierung. Zunächst ist auf die Signalwirkung des Tatbestands hinzuweisen (vgl. oben). Ferner wird es Konstellationen geben, in denen die äußeren Umstände so sehr auf einen vollführten Menschenhandel hinweisen, dass der Einwand des Täters, er habe nichts geahnt, als bloße Schutzbehauptung gelten kann (z.B. schlechter körperlicher Zustand, Merkmale von Gewaltanwendungen). Für verbleibende Fälle steht der Leichtfertigkeitstatbestand des Absatzes 2 zur Verfügung.

Der Strafrahmen von fünf Jahren entspricht dem vergleichbarer Straftatbestände des Sexualstrafrechts (§ 174 Abs. 1, §§ 174b, 174c StGB).

Zu Absatz 2

Weiteres Kernstück der neuen Strafvorschrift ist der Tatbestand gegen leichtfertiges Verhalten. Er trägt dem Umstand Rechnung, dass sich interessierte Personen oftmals bedenkenlos über vorhandene Warnzeichen hinwegsetzen, also die (vergleichsweise "preisgünstigen") "Dienste" der Opfer gewissenlos in Anspruch nehmen, obwohl mit Händen zu greifen ist, dass die Frauen nicht im echten Sinn freiwillig handeln. Es erscheint gerechtfertigt, derart grobe Acht- und Rücksichtslosigkeit mit dem Verdikt der Strafbarkeit zu versehen. Absatz 2 bildet in gewissem Umfang einen Auffangtatbestand für Konstellationen, in denen der (zumindest bedingte) Vorsatz des Täters nicht nachgewiesen werden kann.

Zur Einzelausgestaltung ist Folgendes zu bemerken:

Anders als im Rahmen des Absatzes 1 kann nicht auf die Ausnutzung der Schwächesituation abgestellt werden. Denn das Merkmal des "Missbrauchs" ist final geprägt. Es kann nur vorsätzlich erfüllt werden. Demgemäß ist eine Kombination mit einem Leichtfertigkeitserfordernis nicht möglich.

Der Entwurf pönalisiert deshalb die Vornahme sexueller Handlungen unter leichtfertiger Verkennung der Schwächesituation. Bei diesem Ansatz muss der

Tatbestand allerdings eingeschränkt werden, um vor allem echte Liebesbeziehungen aus der Strafbarkeit herauszunehmen (dazu schon oben). Der Entwurf begrenzt den Anwendungsbereich deshalb auf entgeltliche sexuelle Handlungen, also im Wesentlichen auf die Prostitution. Der Bereich strafwürdiger Fälle wird hierdurch erfasst.

Zu Nummer 9
(§ 233 Abs. 3)

Folgeänderung wegen § 232 Abs. 5 - neu - (Nummer 7).

Zu Nummer 10
(§ 233b)

Folgeänderung wegen § 232a - neu - (Nummer 8).

Zu Nummer 11
(§ 233c)

Straftaten des Menschenhandels sind den so genannten Kontrolldelikten zuzurechnen. Dies bedeutet, dass aufgrund der spezifischen Situation mit Strafanzeigen nicht zu rechnen ist. Es erscheint deshalb dringend erforderlich, Kronzeugenregelungen zu schaffen. Sie bieten auch die Grundlage, Kooperationsbemühungen von "Freiern" in besonderer Weise bei der Strafzumessung zu honorieren. Die Förderung der Kooperationsbereitschaft solcher Personen erscheint erforderlich, um an die Hintermänner heranzukommen.

Zu Artikel 2
(Änderung der StPO) Zu Nummer 1 (§ 68b)

Es erscheint sachgerecht, auch den Tatbestand des sexuellen Missbrauch von Menschenhandelsopfern (Art. 1 Nr. 8, § 232a - neu - ) in § 68b StPO einzubeziehen.

Zu Nummer 2
(§ 100a)

Es entspricht den Erfahrungen der Praxis und den Ergebnissen der Sachverständigenhörung im Rechtsausschuss des Bundestages vom 30. Juni 2004, dass der Menschenhandel typischerweise konspirativ verübt wird, weswegen der Ermittlungsmaßnahme der Überwachung der Telekommunikation höchster Stellenwert zukommt. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht vertretbar, die Maßnahme auf schwerste Fälle des Menschenhandels mit Verbrechenscharakter zu beschränken. Dies gilt zumal deswegen, weil die Dimensionen der Straftat in einem frühen Stadium der Ermittlungen oftmals noch gar nicht abzusehen sind.

Zu Nummer 3
(§ 100c)

Folgeänderung wegen § 232 Abs. 5 - neu - (Art. 1 Nr. 7). Zu Artikel 3 (Änderung des Artikel 10-Gesetzes) Folgeänderung wegen § 232 Abs. 5 - neu - (Art. 1 Nr. 7). Zu Artikel 4 (In-Kraft-Treten)

Die Vorschrift regelt das In-Kraft-Treten.