Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Nachhaftung für Rückbau- und Entsorgungskosten im Kernenergiebereich
(Rückbau- und Entsorgungskostennachhaftungsgesetz - Rückbau- und EntsorgungskostennachhaftungsG)

938. Sitzung des Bundesrates am 6. November 2015

A

Der federführende Wirtschaftsausschuss (Wi) und der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zum Gesetzentwurf insgesamt

Im gesamten Gesetzentwurf ist das Wort "Rückbau" durch das Wort "Abbau" zu ersetzen.

Begründung:

Die atomrechtlichen Vorschriften sprechen in den einschlägigen Regelungen, insbesondere § 7 Absatz 3 AtG (ebenso in § 9a Absatz 1 Satz 1 AtG, § 19b Absatz 1 und Absatz 3 AtVfV, Anlage 1 Nummer 11.1 UVPG) nicht von "Rückbau" (ein Terminus, der in der Fachwelt durchaus geläufig ist), sondern von "Abbau". Da das "Gesetz zur Nachhaftung für Rückbau- und Entsorgungskosten im Kernenergiebereich" an diese Handlung anknüpft und kein neuer Regelungsbereich geschaffen werden soll, sollte aus Gründen der Klarheit und Bestimmtheit sowie dem der Einheit der Rechtsordnung der bisher vom Gesetzgeber verwendete Terminus verwendet werden.

2. Zu § 1 Absatz 1 Satz 1 Rückbau- und EntsorgungskostennachhaftungsG

In § 1 Absatz 1 Satz 1 sind nach dem Wort "Elektrizität" die Wörter "oder zur Erzeugung von Kernbrennstoffen" einzufügen.

Begründung:

Die Anwendung des Grundsatzes der Verursacherhaftung erfordert im Bereich von Rückbau und Entsorgung gewerblicher kerntechnischer Anlagen, die langfristige Betreiberhaftung als Kehrseite der Privatnützigkeit unabhängig von der Unternehmensstruktur und deren möglichen Veränderungen sicherzustellen. Dies bedingt eine Ausdehnung auf die Urananreicherungsanlage in Gronau. Die Anlage wird auf gewerblicher Grundlage betrieben und hat in der Vergangenheit hohe Gewinne an ihre Betreiber geliefert. Demgegenüber ist das zukünftige Schicksal der dort angefallenen abgereicherten Uranverbindungen unklar. Das Nationale Entsorgungsprogramm rechnet mit einer möglichen zu entsorgenden Menge von 100 000 m3. Andererseits gibt es deutliche Veräußerungsbestrebungen aller vier Anteilseigner. Gerade vor dem Hintergrund dieser in absehbarer Zeit möglichen Änderung der Eigentümerstruktur ist die Einbeziehung der Anlage in den Anwendungsbereich des Gesetzes erforderlich.

3. Zu § 1 Absatz 1 Satz 1, 2 Satz 2 Rückbau- und EntsorgungskostennachhaftungsG

§ 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

§ 1 Absatz 1 Satz 1 nennt als Bezugspunkte der öffentlichrechtlichen Zahlungsverpflichtungen "die Stilllegung und den Rückbau dieser Anlagen nach § 7 Absatz 3 des Atomgesetzes". Das Gesetz knüpft dabei an die Tatbestände des § 7 Absatz 3 AtG an. Die tatsächlichen Handlungen ("Stilllegung" und "Rückbau" - bzw. "Abbau" i.S.d. Änderung unter Nummer 1) sind eindeutig bezeichnet und finden sich in den Sachregelungen des Atomgesetzes in § 7 Absatz 3 AtG. Die Erwähnung dieser Vorschrift im Nachhaftungsgesetz kann entfallen; ihr kommt kein eigenständiger Sinn zu. Allenfalls sollte im Rahmen der gesetzlichen Begründung niedergelegt werden, dass der Gesetzgeber des Nachhaftungsgesetzes an die Genehmigungstatbestände des § 7 Absatz 3 AtG anknüpft und die dort beschriebenen tatsächlichen Vorgänge meint.

Die Streichung der Wörter " § 7 Absatz 3 AtG" ist aber sinnvoll, weil die Formulierung ("die Stilllegung und den Rückbau dieser Anlagen nach § 7 Absatz 3 des Atomgesetzes") dahingehend missverstanden werden könnte, dass nur die Zahlungsverpflichtungen gemeint sind, die entstehen, wenn nach § 7 Absatz 3 AtG genehmigte Handlungen vorgenommen werden. Nach der Gesetzeskonzeption wäre dies verkürzt. Dieselben Handlungen, die vom Nachhaftungsgesetz gemeint sind, können auch auf anderen rechtlichen Grundlagen beruhen, nämlich auf § 7 Absatz 1 AtG oder einer Anordnung nach § 19 Absatz 3 AtG. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus § 7 Absatz 3 Satz 3 AtG.

Die Streichung der Wörter "aus § 7 Absatz 3 des Atomgesetzes" im Absatz 2 Satz 2 ist zusätzlich zum oben Gesagten deshalb erforderlich, weil dort von "Pflichten der Betreiber" aus § 7 Absatz 3 AtG die Rede ist. Tatsächlich stellt diese Vorschrift aber ein Genehmigungserfordernis für bestimmte Handlungen auf ("bedürfen der Genehmigung"). Pflichten werden dort nicht begründet.

4. Zum Gesetzentwurf allgemein

5.

6. Zum Gesetzentwurf allgemein*

Begründung:

Mit dem von der Bundesregierung vorgelegten - Gesetz zur Nachhaftung für Rückbau- und Entsorgungskosten im Kernenergiebereich - wird zwar die Nachhaftung der Unternehmen, die die Betreibergesellschaften der Kernkraftwerke in Deutschland beherrschen, geregelt, nicht jedoch die Sicherheit der Finanzierung sämtlicher Kosten für Stilllegung und Abbau der Kernkraftwerke wie auch die Entsorgung radioaktiver Abfälle. Insbesondere muss sichergestellt sein, dass die Mittel zur Verfügung stehen, wenn sie gebraucht werden. In dem für das BMWi erstellten Gutachten zur Bewertung der Rückstellungen im Kernenergiebereich vom 9. Oktober 2015 wird deutlich dargelegt, dass die ermittelten Ergebnisse eine große Fehlerbandbreite aufweisen. Die Analyseergebnisse beruhen auf aktuell geschätzten Werten. Die geschätzten Nettoeinkommen der EVU insgesamt oder das Vermögen der EVU reichen aus derzeitiger Sicht der Gutachter zwar aus, um die zu erwartenden Entsorgungskosten abzudecken, jedoch kann entsprechend den Ausführungen der Gutachter aus den getroffenen Feststellungen nicht abgeleitet werden, dass die Finanzierung der künftigen Entsorgungskosten sicher ist. So kann der Gesetzentwurf nicht verhindern, dass die Energiekonzerne selbst vermögenslos werden, z.B. durch Abspaltung werthaltiger Vermögensbestandteile oder Aktiensplitting. Der Bundesrat erwartet daher, dass diese Lücken zeitnah geschlossen werden.

7. Zum Gesetzentwurf allgemein

8.

B

* Bei Annahme von Ziffern 4 und 6 ist Buchstabe a redaktionell anzupassen.