Punkt 4 der 821. Sitzung des Bundesrates am 7. April 2006
Der Bundesrat möge zu dem Gesetzentwurf wie folgt Stellung nehmen:
Zu Artikel 3 (Umsatzsteuergesetz)
Der Bundesrat ist der Auffassung, dass sich durch die Erhöhung des Umsatzsteuersatzes ab 1. Januar 2007 die Wettbewerbssituation insbesondere der deutschen Tourismuswirtschaft im Verhältnis zu den europäischen Anrainerstaaten verschlechtert.
Der Bundesrat sieht strukturelle Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen für die einheimische Wirtschaft, insbesondere für die deutsche Tourismuswirtschaft, als erforderlich an.
Die Bundesregierung wird daher aufgefordert,
- 1. die europarechtlich zulässige Anwendung eines ermäßigten Umsatzsteuersatzes für das Beherbergungsgewerbe in das nationale Umsatzsteuerrecht umzusetzen und
- 2. Maßnahmen auf europäischer Ebene voranzubringen, die dem deutschen Gaststättengewerbe die Anwendung eines ermäßigten Umsatzsteuersatzes ermöglichen.
Begründung
Zu 1.
21 EU-Staaten, darunter alle deutschen EU-Anrainerstaaten (außer Dänemark), wenden auf Beherbergungsumsätze einen ermäßigten Umsatzsteuersatz an (Stand: 1. Juli 2005). So konkurrieren beispielsweise Polen mit einem ermäßigten Umsatzsteuersatz für Hoteldienstleistungen von 7 %, Tschechien mit 5 %, Frankreich mit 5,5 %, Niederlande mit 6 % sowie Österreich und Italien mit jeweils 10 % mit dem normalen Umsatzsteuersatz in Deutschland von 16 %, der ab 1. Januar 2007 sogar auf 19 % steigen soll. Dadurch verschlechtert sich die Wettbewerbssituation für das deutsche Beherbergungsgewerbe.
Die Erhöhung des Umsatzsteuersatzes auf 19 % wirkt sich negativ auf die deutsche Tourismuswirtschaft aus und steht nicht im Einklang mit dem Gliederungspunkt B. I. 1.8 des Koalitionsvertrages der Bundesregierung vom 11. November 2005. Dort heißt es: "Die mittelständisch geprägte Tourismuswirtschaft muss weiter gestärkt und international besser positioniert werden."
Deshalb ist die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Beherbergungsleistungen auch in Deutschland geboten.
Die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes in Deutschland ist EU-rechtlich nach Artikel 12 Abs. 3 Buchstabe a dritter Unterabsatz in Verbindung mit Anhang H Kategorie 11 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie 77/388/EWG für Beherbergungsleistungen zulässig und jederzeit in nationaler Regie möglich.
Zu 2.
12 EU-Staaten wenden auf Umsätze im Gaststättengewerbe (Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle) einen ermäßigten Umsatzsteuersatz an (Stand: 1. Juli 2005). So konkurrieren beispielsweise Polen mit einem ermäßigten Umsatzsteuersatz für das Gaststättengewerbe von 7 %, Niederlande mit 6 % sowie Österreich und Italien mit jeweils 10 % mit dem normalen Umsatzsteuersatz in Deutschland von 16 %, der ab 1. Januar 2007 sogar auf 19 % steigen soll. Dadurch verschlechtert sich die Wettbewerbssituation für das deutsche Gaststättengewerbe.
Die Erhöhung des Umsatzsteuersatzes auf 19 % wirkt sich negativ auf die deutsche Tourismuswirtschaft aus und steht nicht im Einklang mit dem Gliederungspunkt B. I. 1.8 des Koalitionsvertrages der Bundesregierung vom 11. November 2005. Dort heißt es: "Die mittelständisch geprägte Tourismuswirtschaft muss weiter gestärkt und international besser positioniert werden."
Deshalb ist die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für das Gaststättengewerbe in Deutschland geboten.
Der Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für das Gaststättengewerbe in Deutschland sind EU-rechtlich Grenzen gesetzt, da diese bislang nach der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie 77/388/EWG nicht zulässig ist.
In den vergangenen Monaten haben die Finanzminister der Europäischen Union mehrfach die Ausweitung des Anhangs H der o. g. Richtlinie und damit die erweiterte Anwendung unterschiedlicher Umsatzsteuersätze im Gastgewerbe diskutiert. So enthielt der Vorschlag der britischen Ratspräsidentschaft im ECOFIN-Rat vom 6. Dezember 2005 unter anderem die rechtliche Möglichkeit für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, Gastronomieumsätze dem ermäßigten Umsatzsteuersatz zu unterwerfen, der allerdings nicht die erforderliche Zustimmung aller Mitgliedstaaten fand.
Umsätze im Gaststättengewerbe fallen nicht unter die so genannten arbeitsintensiven Dienstleistungen im Sinne des Anhangs K der o. g. Richtlinie und sind insofern nicht von dem am 24. Januar 2006 im ECOFIN-Rat vereinbarten Kompromiss zum Anwendungsbereich der ermäßigten Umsatzsteuersätze betroffen.