893. Sitzung des Bundesrates am 2. März 2012
A
Der federführende Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik (AS) und der Finanzausschuss (Fz) empfehlen dem Bundesrat, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen beim Deutschen Bundestag einzubringen:
1. Zum Titel des Gesetzentwurfs
Im Titel des Gesetzentwurfs sind die Wörter "illegalen Beschäftigung" durch das Wort "Schwarzarbeit" zu ersetzen.
Folgeänderungen:
- a) Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
- aa) In Nummer 1 sind in der Angabe zu § 23d SGB IV die Wörter "illegaler Beschäftigung" durch das Wort "Schwarzarbeit" zu ersetzen.
- bb) In Nummer 3 sind in der Überschrift zu § 23d die Wörter "illegaler Beschäftigung" durch das Wort "Schwarzarbeit" zu ersetzen.
- cc) In Nummer 5 Buchstabe b § 28g Absatz 2 sind die Wörter "illegaler Beschäftigung" durch das Wort "Schwarzarbeit" zu ersetzen.
- b) Im Vorblatt Abschnitt B Absatz 4 sind nach den Wörtern "Arbeitgeber, die" die Wörter "illegale Beschäftigung" durch das Wort "Schwarzarbeit" zu ersetzen.
- c) Die Begründung ist wie folgt zu ändern:
- aa) In der allgemeinen Begründung Abschnitt "II. Ziele" Absatz 1 sind die Wörter "illegaler Beschäftigung" durch das Wort "Schwarzarbeit" und in Absatz 4 die Wörter "illegal Personen" durch das Wort "Schwarzarbeiter" zu ersetzen.
- bb) In den Einzelbegründungen zu Artikel 1 Nummer 3 Absatz 3, Nummer 4 und Nummer 5 Buchstabe b sind jeweils die Wörter "illegaler Beschäftigung" durch das Wort "Schwarzarbeit" zu ersetzen.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Derjenige, der Dienst- oder Werkleistungen erbringt oder erbringen lässt und dabei als Arbeitgeber, Unternehmer oder versicherungspflichtiger Selbstständiger seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden sozialversicherungsrechtlichen Melde-, Beitrags- oder Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt, erfüllt den Tatbestand der Schwarzarbeit im Sinne des § 1 Absatz 2 Nummer 1 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz - SchwarzArbG). Deshalb soll der im vorliegenden Gesetzentwurf für solche Pflichtverletzungen bislang verwendete Begriff "illegale Beschäftigung" zur Klarstellung durch den Begriff "Schwarzarbeit" ersetzt werden. Nur an den Stellen des Gesetzentwurfes, an denen auf Regelungen im Zusammenhang mit der unerlaubten Beschäftigung ausländischer Staatsangehöriger verwiesen wird, soll es bei dem üblicherweise hierfür verwendeten Begriff "illegale Beschäftigung" bleiben.
2. Zu Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe a - neu - Buchstabe b - neu - (§ 28a Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 Satz 1 SGB IV) Artikel 2a - neu - (§§ 7 und 13 DEÜV)
- a) Artikel 1 Nummer 4 ist wie folgt zu fassen:
'4. § 28a wird wie folgt geändert:
- a) In Absatz 4 wird Satz 1 wie folgt gefasst:
"Arbeitgeber haben den Tag des Beginns eines Beschäftigungsverhältnisses spätestens bei dessen Aufnahme an die Datenstelle der Träger der Rentenversicherung nach Satz 2 zu melden."
- b) In Absatz 7 Satz 1 sind vor den Wörtern "das Arbeitsentgelt" die Wörter "die Beschäftigung regelmäßig höchstens zwölf Stunden in der Woche ausgeübt wird und" einzufügen.'
- a) In Absatz 4 wird Satz 1 wie folgt gefasst:
- b) Nach Artikel 2 ist folgender Artikel einzufügen:
'Artikel 2a
Änderung der Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnungDie Verordnung über die Erfassung und Übermittlung von Daten für die Träger der Sozialversicherung (Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung - DEÜV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2006 (BGBl. I S. 152), die zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
- a) In § 7 werden die Wörter "in den in § 28a Abs. 4 Satz 1 bis 3 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen" gestrichen.
- b) In § 13 werden nach den Wörtern "und die §§ 6" die Wörter "und 8" gestrichen.'
Folgeänderungen:
- a) Das Vorblatt ist wie folgt zu ändern:
- aa) In Abschnitt B ist Absatz 3 wie folgt zu fassen:
"Zur Flankierung und besseren Umsetzung dieser Regelungen sowie zur leichteren Aufdeckung von Schwarzarbeit wird mit Ausnahme von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen, die im vereinfachten Verfahren zu melden sind (Haushaltsscheck), eine generelle Sofortmeldepflicht eingeführt. Darüber hinaus wird durch Änderungen im Nachweisgesetz sichergestellt, dass die Beschäftigten durch den Arbeitgeber auch tatsächlich über ihre Rechte informiert werden."
- bb) Abschnitt F ist wie folgt zu fassen:
"Für die Arbeitgeber sowie für die Datenstelle der Rentenversicherung entstehen durch die Ausdehnung der Sofortmeldepflicht zusätzliche Aufwendungen. Vor dem Hintergrund, dass durch Schwarzarbeit die Gesamtheit der Arbeitgeber mit höheren Beiträgen zur Sozialversicherung belastet wird und die Regelung dem Schutz der redlichen Arbeitgeber vor unlauteren Konkurrenten dient, die sich durch Schwarzarbeit Wettbewerbsvorteile verschaffen, ist dieser zusätzliche Aufwand jedoch gerechtfertigt."
- aa) In Abschnitt B ist Absatz 3 wie folgt zu fassen:
- b) Die Begründung ist wie folgt zu ändern:
- aa) In der allgemeinen Begründung Abschnitt "II. Ziele" Satz 1 sind die Wörter "Neuregulierung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse soll" durch die Wörter "Neuregelungen sollen" und die Wörter "illegaler Beschäftigung" durch die Wörter "der Schwarzarbeit" zu ersetzen.
- bb) Abschnitt "B. Besonderer Teil" ist wie folgt zu ändern:
- aaa) Die Einzelbegründung zu Artikel 1 Nummer 4 ist wie folgt zu fassen:
"Zu Nummer 4 (§ 28a)
Zu Buchstabe a
Durch die Gesetzesänderung sollen die Aufdeckung von Schwarzarbeit erleichtert und die Prüfungsvorgänge für die Behörden der Zollverwaltung, soweit diese Aufgaben nach § 2 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz - SchwarzArbG) durchführen, erheblich vereinfacht werden.
Gegenwärtig haben Arbeitgeber lediglich für Beschäftigte, die in bestimmten, als besonders "schwarzarbeitsgeneigt" geltenden Branchen (z.B. Baugewerbe, Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe, Personenbeförderungsgewerbe und Gebäudereinigungsgewerbe) eingesetzt werden sollen, den Beginn des Beschäftigungsverhältnisses spätestens bei dessen Aufnahme an die Datenstelle der Träger der Rentenversicherung zu melden.
Aufgrund der elektronischen Übermittlung der Daten kann eine Meldung auch noch kurzfristig vor Aufnahme der Tätigkeit, also am Tag der Arbeitsaufnahme, erfolgen. Da Privathaushalte die sozialversicherungsrechtliche Anmeldung der bei ihnen Beschäftigten überwiegend auf dem Postweg vornehmen und Prüfungen der Zollbehörden dort wegen des verfassungsmäßig garantierten Grundrechts der Unverletzlichkeit der Wohnung ohnehin nur in seltenen Einzelfällen stattfinden, bleiben geringfügige Beschäftigungsverhältnisse, die gemäß § 28a Absatz 7 SGB IV im vereinfachten Verfahren zu melden sind (Haushaltsscheck), von der Sofortmeldepflicht weiterhin ausgenommen.
Die nach der jetzigen Rechtslage nur in bestimmten Branchen geltende Sofortmeldepflicht greift vor allem deshalb zu kurz, weil Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung mittlerweile in nahezu allen Wirtschaftsbereichen festgestellt werden. Eine branchenspezifische Lösung hat zudem den Nachteil, dass sie regelmäßig überprüft und ggf. an sich verändernde Schwerpunktbereiche angepasst werden muss. Zudem dürfte eine für alle Arbeitgeber geltende Sofortmeldepflicht auch unter Gleichbehandlungsaspekten eher geeignet sein, einer Stigmatisierung und mithin auch Benachteiligung bestimmter Branchen in Zukunft entgegenzuwirken.
Im Übrigen sollen mit der Einführung einer generellen, branchenunabhängigen Sofortmeldepflicht nicht zuletzt auch die Voraussetzungen für den Arbeitgeberregress im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 110 Absatz 1a SGB VII) vereinfacht werden. Die Regelung soll die Unfallversicherungsträger in die Lage versetzen, Regressansprüche gegenüber den Arbeitgebern, die Schwarzarbeiter beschäftigen, vermehrt durchzusetzen. Es ist daher zu erwarten, dass damit auch die Aufwendungen der Unfallversicherung gesenkt werden können. Zudem steigt das Beitragsaufkommen in den Sozialversicherungssystemen, wenn mehr Arbeitgeber - auch aufgrund der Risiken eines Regresses - ihre Arbeitnehmer ordnungsgemäß anmelden, so dass auch auf diesem Wege Entlastungen zu erwarten sind. Die für die Arbeitgeber sowie für die Datenstelle der Rentenversicherung entstehenden Mehraufwendungen sollten insbesondere dadurch kompensiert werden können.
Die bisher von den Behörden der Zollverwaltung und den Trägern der Rentenversicherung in der Praxis vorgenommene Verknüpfung der Anwendungsbereiche der Sofortmeldepflicht nach § 28a Absatz 4 SGB IV und der Ausweismitführungspflicht nach § 2a SchwarzArbG ist nicht zwingend geboten. Der Erweiterung der Sofortmeldepflicht auf alle Branchen (mit Ausnahme von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen, die nach § 28a Absatz 7 SGB IV im vereinfachten Haushaltsscheckverfahren zu melden sind) steht jedenfalls nicht entgegen, dass die Ausweismitführungspflicht nach § 2a SchwarzArbG nur für bestimmte Branchen Anwendung findet.
Zu Buchstabe b
Es handelt sich um eine Folgeänderung zur Änderung des § 8 Absatz 1 SGB IV."
- bbb) Nach der Einzelbegründung zu Artikel 2 ist folgende Begründung einzufügen:
"Zu Artikel 2a (Änderung der Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung)
Zu Buchstabe a (§ 7)
Bei der Änderung des § 7 DEÜV handelt es sich um eine Folgeänderung aufgrund der Neufassung des § 28a Absatz 4 SGB IV.
Zu Buchstabe b (§ 13)
Die Änderung des § 13 DEÜV dient der Harmonisierung der Regelungen nach § 28a Absatz 4, Absatz 9 SGB IV und § 7 DEÜV."
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Der Bundesrat hatte die Bundesregierung bereits 2008 im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz - UVMG) aufgefordert, eine Sofortmeldepflicht für alle Branchen und Beschäftigungsformen (ausgenommen geringfügig Beschäftigte in Privathaushalten) einzuführen (vgl. hierzu BR-Drs. 113/08(B) , Ziffer 4). Stand die Bundesregierung diesem Vorschlag des Bundesrates zunächst noch aufgeschlossen gegenüber (vgl. hierzu BT-Drs. 016/9154, Anlage 5), hat sie denselben mit dem am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Zweiten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze aus Sicht des Bundesrates jedoch nur unzureichend umgesetzt. Da der Bundesrat nach wie vor davon überzeugt ist, dass eine nur für bestimmte Branchen geltende Sofortmeldepflicht nicht ausreicht, um den Problemen bei der Aufdeckung von Schwarzarbeit wirksam begegnen zu können, greift er seinen Vorschlag aus dem Jahr 2008 im Rahmen des vorliegenden Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der geringfügigen Beschäftigung und zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung erneut auf.
Mit der Änderung des § 28a Absatz 7 Satz 1 SGB IV soll ein Gleichklang zu § 8 Absatz 1 SGB IV-E hergestellt werden.
- aaa) Die Einzelbegründung zu Artikel 1 Nummer 4 ist wie folgt zu fassen:
3. Zu Artikel 1a - neu - (§ 40a Absatz 2 Satz 2 - neu - EStG)
Nach Artikel 1 ist folgender Artikel 1a einzufügen:
'Artikel 1a
Änderung des Einkommensteuergesetzes
Dem § 40a Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Oktober 2009 (BGBl. I S. 3366, 3682), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird folgender Satz angefügt:
"Satz 1 bleibt unberührt, wenn die geringfügige Beschäftigung nachträglich nach § 8 Absatz 1a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch ausgeschlossen wird." '
Folgeänderungen:
- a) Zur Eingangsformel
Die Eingangsformel ist wie folgt zu fassen:
"Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen."
- b) Zu Abschnitt B. Besonderer Teil der Begründung
Im Abschnitt "B. Besonderer Teil" der Begründung ist nach der Einzelbegründung zu Artikel 1 folgende Einzelbegründung zu Artikel 1a einzufügen:
"Zu Artikel 1a (Änderung des Einkommensteuergesetzes)
Durch die Änderung des Einkommensteuergesetzes wird geregelt, dass es nicht zu einem rückwirkenden Ausschluss der einheitlichen Pauschsteuer bei Verstößen gegen zwingendes Arbeitsrecht (§ 8 Absatz 1a SGB IV) kommt. Bei einem rückwirkenden Ausschluss der Behandlung als Minijob müsste grundsätzlich an Stelle der von der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See/Verwaltungsstelle Cottbus verwalteten einheitlichen Pauschsteuer die Lohnsteuer durch das Finanzamt erhoben werden. Der damit verbundene Zuständigkeitswechsel würde zu einer nicht vertretbaren Verwaltungserschwernis führen."
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Der rückwirkende Ausschluss der einheitlichen Pauschsteuer bei Verstößen gegen zwingendes Arbeitsrecht (§ 8 Absatz 1a SGB IV) führt zu einer nicht vertretbaren Verwaltungserschwernis. Gerade bei Arbeitgebern mit wenigen Beschäftigten wird den Beteiligten gar nicht bewusst sein, dass sie die Bedingungen für die günstige Behandlung als Minijob und die daran gekoppelte einheitliche Pauschsteuer nach § 40a Absatz 2 EStG von 2 Prozent nicht erfüllen.
Kommt es infolge der Betriebsprüfung der Deutschen Rentenversicherung zu einem rückwirkenden Ausschluss der Behandlung als Minijob, müsste an Stelle der von der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-BahnSee/Verwaltungsstelle Cottbus verwalteten einheitlichen Pauschsteuer die Lohnsteuer durch das Finanzamt erhoben werden. Sinnvoll wäre es - ebenso wie es der Gesetzentwurf bezüglich der Krankenversicherungspflicht vorsieht - von einer nachträglichen Änderung der einheitlichen Pauschsteuer und dem damit verbundenen Zuständigkeitswechsel abzusehen.
Der mit der zusätzlichen Befassung der Finanzverwaltung verbundene nicht unerhebliche Mehraufwand ist vermeidbar. Die Zielsetzung des Gesetzentwurfs wird hierdurch nicht beeinträchtigt, weil die sonst nachzuerhebende Lohnsteuer regelmäßig zu Lasten des Arbeitnehmers ginge.
Nach Artikel 105 Absatz 3 des Grundgesetzes bedürfen Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, der Zustimmung des Bundesrates. Durch die vorgesehene Änderung des Einkommensteuergesetzes wird die Zustimmung des Bundesrates zu dem Gesetz erforderlich.
B
- 4. Der Ausschuss für Frauen und Jugend empfiehlt dem Bundesrat, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.
C
- 5. Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, den Gesetzentwurf beim Deutschen Bundestag nicht einzubringen.
D
- 6. Der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik schlägt dem Bundesrat vor, Herrn Minister Guntram Schneider (Nordrhein-Westfalen) gemäß § 33 der Geschäftsordnung des Bundesrates zum Beauftragten des Bundesrates für die Beratungen des Gesetzentwurfs im Deutschen Bundestag und seinen Ausschüssen zu bestellen.