COM (2018) 110 final; Ratsdok. 6987/18
969. Sitzung des Bundesrates am 6. Juli 2018
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Finanzausschuss (Fz) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission den grenzüberschreitenden Vertrieb von Investmentfonds erleichtern und die Vertriebsbestimmungen der Mitgliedstaaten transparent machen möchte.
- 2. Der Bundesrat begrüßt ferner den Verordnungsvorschlag der Kommission, der hohe Standards des Anlegerschutzes in der gesamten EU gewährleisten soll.
- 3. Es ist jedoch wichtig, dass die Vorgaben des Artikels 2 des Verordnungsvorschlags im Einklang mit vergleichbaren finanzrechtlichen Vorgaben stehen, um damit eine Harmonisierung der Anforderungen herzustellen. Hinsichtlich vergleichbarer finanzrechtlicher Vorgaben ist beispielsweise an die Vorgaben der MiFID-II-Richtlinie zu denken.
- 4. Aus Sicht des Bundesrates ist Artikel 5 des Verordnungsvorschlags kritisch zu sehen. Denn er erlaubt Behörden eine systematische Anzeige der Marketing-Anzeigen zu verlangen, die OGAW oder AIFM-Verwaltungsgesellschaften im Rahmen ihrer Kontakte zu den (Klein)Anlegern direkt oder indirekt einzusetzen beabsichtigen. Der mögliche Aufwand für Verwaltungsgesellschaften in Gegenüberstellung zum konkreten Nutzen erscheint sehr hoch. Zudem sollten hier nicht höhere Anforderungen als in vergleichbaren finanzrechtlichen Vorgaben gestellt werden.
- 5. Der Bundesrat stellt fest, dass die bestehenden Vorgaben an Marketing-Anzeigen im Verordnungsentwurf aufgenommen und verschärft wurden. Künftig sollen die Marketing-Anzeigen als solche erkennbar sein und den Verbraucherinnen und Verbrauchern eine faire und eindeutige Produktinformation liefern, die sowohl Chancen als auch Risiken darstellt. Es gilt zu vermeiden, dass Kleinanleger durch Investitionen in riskante Vermögensanlagen aufgrund fehlerhafter Annahmen erhebliche Vermögensverluste erleiden. Es ist insbesondere für Kleinanleger wichtig, dass Klarheit darüber besteht, dass hohe Renditechancen auch immer mit hohen Risiken verbunden sind. Sie sollten mit ihren Kenntnissen und Erfahrungen das Risiko des empfohlenen Finanzinstruments verstehen können. Es gilt sicherzustellen, dass Kleinanleger ihr Vermögen nur in für sie geeignete und ausgewählte Finanzprodukte investieren können. Professionelle Anleger hingegen können mit ihren Ressourcen die Seriosität und Erfolgsaussichten von Vermögensanlagen besser einschätzen und risikobewusste Entscheidungen treffen. Daher ist es wichtig, weiterhin konsequent zwischen Kleinanlegern und professionellen Anlegern zu unterscheiden.
- 6. Weiter ist unklar, welche Konsequenzen der Verordnungsvorschlag für den deutschen "semiprofessionellen Anleger" hat. Hierbei handelt es sich um eine deutsche Besonderheit: Der "semiprofessionelle Anleger" wird im deutschen Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) dem professionellen Anleger gleichgestellt, im europäischen Recht fällt er jedoch unter den Begriff des "Kleinanlegers" (vergleiche beispielsweise Artikel 5 Absatz 3 des Verordnungsvorschlags). Hier wäre eine Klarstellung wünschenswert, dass der deutsche "semiprofessionelle Anleger" im Rahmen der Artikel 1 bis 11 dieses Verordnungsvorschlags nicht unter den Begriff des "Kleinanlegers" fällt.
- 7. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass die neuen Vorgaben zum grenzüberschreitenden Vertrieb in einem für die Unternehmen vertretbaren Rahmen bleiben und dass der deutsche "semiprofessionelle Anleger" im Rahmen der Artikel 1 bis 11 dieses Verordnungsvorschlags nicht unter den Begriff des "Kleinanlegers" fällt.
B
- 8. Der Rechtsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.