876. Sitzung des Bundesrates am 5. November 2010
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In), der Ausschuss für Kulturfragen (K) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
Zur Vorlage allgemein
- 1. Der Bundesrat teilt die Einschätzung der Kommission, dass eine effiziente Frequenznutzung unverzichtbar für die [moderne] und {digitale} Gesellschaft, {schnelle drahtlose Dienste, wirtschaftliches Wachstum und die langfristige} Wettbewerbsfähigkeit der EU ist.
- 2. Der Bundesrat ist sich allerdings bewusst, dass das gesetzte Ziel der Digitalen Agenda für Europa ambitioniert ist und nur realisiert werden kann, wenn die vorgeschlagenen Maßnahmen von allen Beteiligten zielorientiert umgesetzt werden. Der Bundesrat spricht sich daher dafür aus, dass sich die Beteiligten auf ihre jeweiligen Kernkompetenzen konzentrieren.
- 3. Er bedauert, dass das in der Frequenzpolitik notwendige Gleichgewicht zwischen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Aspekten - für das sich Rat und Europäisches Parlament im Rahmen der Novellierung der TK-Richtlinien stark gemacht haben - von der Kommission in dem Programm für die Funkfrequenzpolitik weitgehend aufgegeben worden ist, und fordert eine entsprechende Ergänzung des Programms.
- 4. Der Bundesrat gibt zu bedenken, dass sich das Programm für die Funkfrequenzpolitik vollständig im Rahmen der erst im Jahr 2009 umfassend novellierten europäischen Telekommunikationsrichtlinien bewegen muss. Er befürwortet daher eine entsprechende klarstellende Bezugnahme auf diese Richtlinien nicht nur in den Erwägungsgründen, sondern auch im legislativen Teil des Beschlusstextes.
Zu Artikel 6
- 5. Der Bundesrat erinnert an die Festlegung, dass die aus der Digitalisierung des terrestrischen Fernsehens resultierende Digitale Dividende in Deutschland ausschließlich den Frequenzbereich 790 MHz bis 862 MHz umfasst. Ein Verzicht auf weitere Rundfunkfrequenzen (sogenannte Digitale Dividende 2) kommt daher in Deutschland nicht in Betracht, weil es gilt, die Entwicklungs- und Wettbewerbsfähigkeit des erfolgreichen terrestrischen Fernsehens zu sichern. Der Bundesrat fordert daher eine Streichung des Satzes 3 in Erwägungsgrund 13 sowie von Artikel 6 Absatz 3 Satz 3.
- 6. Der Bundesrat gibt zu bedenken, dass die Frequenzbereiche der Digitalen Dividende (790 MHz bis 862 MHz) und des Fernsehens nahezu unmittelbar aneinander angrenzen, woraus ein besonders hohes Störpotential zu Lasten des terrestrischen und des Kabelfernsehens resultiert. Er hält es daher für zwingend erforderlich, Artikel 6 Absatz 4 dahingehend zu ergänzen, dass der Schutz bestehender und zukünftiger Rundfunkversorgungen vor Störungen durch Breitbanddienste im 800-MHz-Band sicherzustellen ist und dass im Fall dennoch auftretender Störungen geeignete Maßnahmen zur Störungsbeseitigung zu ergreifen sind.
- 7. Der Bundesrat hat Zweifel, dass terrestrische Drahtlosdienste und vor allem Satellitenlösungen aufgrund technischer Restriktionen derzeit substantielle Beiträge zur Erreichung des Breitbandziels von 30 Mbit/s leisten können. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der gebotenen Technologieneutralität hält der Bundesrat die in Artikel 6 Absatz 6 normierte Ermächtigung der Kommission zur Sicherstellung der Bereitstellung harmonisierter Satellitendienste für den Breitbandzugang zu Preisen, die denen terrestrischer Dienste vergleichbar sind, für ungeeignet.
Zu Artikel 7
- 8. Der Bundesrat weist darauf hin, dass der Frequenzbedarf eines Funkdienstes mit dessen Digitalisierung nicht anwächst, sondern abnimmt. So hat der Rundfunkdienst in Deutschland infolge der Digital-Umstellung des terrestrischen Fernsehens einerseits auf einen umfangreichen Frequenzteilbereich verzichtet und andererseits die Zahl der verbreiteten Fernsehprogramme deutlich erhöht. Der Bundesrat bezweifelt daher, dass es im Zuge der Digitalisierung des Funkverkehrs der Sicherheitsdienste zu einem zusätzlichen Frequenzbedarf dieser Dienste kommen könnte. Der Bundesrat befürwortet daher einen Verzicht auf Artikel 7 Absatz 3.
Zu Artikel 8
- 9. Der Bundesrat lehnt die vorgesehene Ermächtigung der Kommission ab, die Frequenznutzung anstelle der Mitgliedstaaten fortlaufend zu überprüfen und zu beurteilen, ob zusätzliche Frequenzen freigegeben und für neue Anwendungen verfügbar gemacht werden können. Die nationale Hoheit der Funkfrequenzverwaltung hat sich bisher als geeignetes und effizientes Mittel erwiesen, um die in Artikel 1 und 3 genannten Ziele zu erreichen. Ein Mehrwert ist bei einer zentralen Koordinierung durch die Kommission nicht zu erwarten. Der Bundesrat befürwortet daher einen Verzicht auf Artikel 8.
- 10. Ebenfalls kritisch beurteilt der Bundesrat die vorgesehene Ermächtigung der EU, die Frequenznutzung anstelle der Mitgliedstaaten fortlaufend zu überprüfen und zu beurteilen, ob zusätzliche Frequenzen freigegeben und für neue Anwendungen verfügbar gemacht werden können. Die nationale Hoheit der Funkfrequenzverwaltung hat sich bisher als geeignetes und effizientes Mittel erwiesen, um die in Artikel 1 und 3 genannten Ziele zu erreichen. Die in Artikel 8 normierte Regelung ist daher nicht erforderlich und kann zu einer Verunsicherung im Markt, insbesondere bei bisherigen Nutzern der Frequenzbänder, führen, sofern negative Folgen aus dieser Bestandsaufnahme resultieren.
Zu Artikel 9
- 11. Der Bundesrat lehnt unter Hinweis auf die im Rahmen der Novellierung der europäischen Telekommunikationsrichtlinien im Jahr 2009 nochmals bekräftigte Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Frequenzpolitik eine Teilnahme der EU an internationalen Verhandlungen über Frequenzangelegenheiten ab. Er befürwortet daher eine Streichung von Artikel 9 Absatz 1.
B
- 12. Der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz empfiehlt dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß § § 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.