910. Sitzung des Bundesrates am 7. Juni 2013
A
Der federführende Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
Zum Gesetzentwurf allgemein
- 1. Der Bundesrat begrüßt ausdrücklich, dass nun ein wissenschaftsbasiertes und transparentes Standortauswahlverfahren mit umfassender Erkundung und Untersuchung als Voraussetzung der Errichtung eines Endlagers zur sicheren Entsorgung insbesondere hochradioaktiver Abfälle im nationalen Konsens erfolgen soll, nachdem bereits ein nationaler Konsens über einen Ausstieg aus der Nutzung der Atomkernenergie erzielt worden ist. Ziel dieses Auswahlverfahrens ist es, denjenigen Standort in der Bundesrepublik Deutschland zu ermitteln, der die bestmögliche Sicherheit für einen Zeitraum von einer Million Jahren gewährleistet.
- 2. Der Bundesrat begrüßt weiterhin, dass es nach umfangreicherer Erörterung zu einer Verständigung zwischen der Bundesregierung und allen Landesregierungen am 9. April 2013 über die wesentlichen Eckpunkte eines solchen Standortauswahlverfahrens gekommen ist. Er begrüßt grundsätzlich, dass die Bundesregierung hierzu diesen Gesetzentwurf vorgelegt hat.
- 3. Der Bundesrat begrüßt, dass die Regelungen dieses Gesetzes von einer Bund-Länder-Kommission bis zum 31. Dezember 2015 evaluiert werden sollen. Der Bundesrat sieht darüber hinaus die Aufgaben dieser Bund-Länder-Kommission darin, unter Einbindung verschiedener gesellschaftlicher Gruppen sowie einer breiten Öffentlichkeitsbeteiligung einen Vorschlag für Sicherheitsanforderungen und Ausschlusskriterien für die Endlagerung von insbesondere hochradioaktivem Abfall zu erarbeiten, Grundsatzfragen zu klären und dabei auch Erfahrungen aus anderen Staaten zu berücksichtigen.
- 4. Der Bundesrat stellt fest, dass zukünftig Transporte von radioaktiven Abfällen, insbesondere solchen aus der Wiederaufbereitung, in das Transportbehälterlager Gorleben auszuschließen sind. Die noch aus dem Ausland zurückzuführenden radioaktiven Abfälle sollen in anderen sicherheitstechnisch geeigneten Zwischenlagern untergebracht werden. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, gemäß der Verständigung vom 9. April 2013 noch vor dem Gesetzesbeschluss hierzu ein tragfähiges Umsetzungskonzept vorzulegen.
- 5. Der Bundesrat betont die Wichtigkeit einer Befristung der Genehmigungen der Zwischenlagerung, insbesondere um die Akzeptanz bei der betroffenen Bevölkerung zu gewährleisten. Dies ist auch Bestandteil der Verständigung zwischen der Bundesregierung und den Landesregierungen vom 9. April 2013. Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Vorschlag zu unterbreiten, wie eine solche Befristung rechtlich verbindlich sichergestellt werden soll.
- 6. Der Bundesrat begrüßt, dass im Zusammenhang mit dem Verfahrensschritt der Erarbeitung eines Auswahlvorschlags für die untertägige Erkundung im Vorfeld der entsprechenden Entscheidung des Bundesgesetzgebers im Standortauswahlverfahren die Möglichkeit des verwaltungsrechtlichen Rechtsschutzes für betroffene Bürger und Umweltverbände ermöglicht wird.
- 7. Der Bundesrat bekräftigt, dass das Prinzip der Inlandsendlagerung der radioaktiven Abfälle beibehalten werden muss. Es darf keine Ausfuhr hoch radioaktiver Abfälle zum Zweck der Endlagerung ins Ausland erfolgen. Eine Prüfung der entsprechenden Exportregelung unter Berücksichtigung des Gedankens der weltweiten Nichtverbreitung von hochangereichertem Kernbrennstoff soll die Bundesregierung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur Umsetzung der EU-Entsorgungsrichtlinie durchführen.
- 8. Die Bundesregierung wird gebeten zu prüfen, inwieweit Konkretisierungen im Hinblick auf die im Gesetzentwurf vorgesehenen Kostentragungspflichten erfolgen müssen, sodass sichergestellt wird, dass die Abfallverursacher zur - gemäß den verfassungsrechtlichen Schranken weitest möglichen Übernahme der - Standortauswahlverfahrens- und Lagerkosten verpflichtet werden. Dies umfasst auch etwaig anfallende Offenhaltungs- und Rückbaukosten.
- 9. Der Bundesrat begrüßt, dass Teil der Verständigung zwischen Bundesregierung und den Landesregierungen ist, dass am Salzstock Gorleben eine vorzeitige Enteignung, insbesondere für die Offenhaltung, unterbleiben wird.
- 10. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung in Umsetzung der Verständigung der Bundesregierung mit den Landesregierungen, zeitnah die Öffentlichkeit zu beteiligen und alle vorgebrachten Argumente und Vorschläge sorgfältig zu prüfen.
Zu den einzelnen Vorschriften
11. Zu Artikel 1 (§ 8 Satz 2 StandAG)
In Artikel 1 sind in § 8 Satz 2 die Wörter "maßgeblichen Unterlagen" durch die Wörter "Akten und Unterlagen" zu ersetzen.
Begründung:
Die Bezeichnung "Akten und Unterlagen" ist gegenüber den "maßgeblichen Unterlagen" eindeutiger abgrenzbar.
12. Zu Artikel 1 (§ 12 Absatz 2 Satz 1 StandAG)
In Artikel 1 ist in § 12 Absatz 2 Satz 1 die Angabe "50 bis 74, 77 bis 104" durch die Angabe "50 bis 104" zu ersetzen.
Begründung:
§ 12 Absatz 2 Satz 1 StandAG-E nimmt für die Erkundung der in dem Standortauswahlverfahren festgelegten Standorte explizit auf verschiedene Regelungen des Bundesberggesetzes (BBergG) Bezug. Auf andere notwendige Regelungen wie die §§ 75 und 76 BBergG (Berechtsamsbuch, Berechtsamskarte und Einsicht) wird dagegen nicht ausdrücklich Bezug genommen. Diese können jedoch entsprechend § 12 Absatz 2 Satz 2 StandAG-E, wonach im Übrigen die Vorschriften des BBergG unberührt bleiben, zur Anwendung kommen. An dieser Stelle wird nicht ersichtlich, warum in Satz 1 einzelne Vorschriften explizit benannt werden, wenn ohnehin die Regelungen des Bundesberggesetzes unberührt bleiben.
13. Zu Artikel 2 Nummer 5 ( § 23d Satz 2 AtG)
In Artikel 2 Nummer 5 ist in § 23d Satz 2 das Wort "wurde" durch das Wort "wird" zu ersetzen.
Begründung:
Sprachliche Klarstellung des Gewollten. Die Zuständigkeitsverlagerung soll erst greifen, nachdem der Standort für ein zu bauendes Lager für hochradioaktiven Müll durch den Bundestag festgelegt worden ist.
B
- 14. Der Finanzausschuss empfiehlt dem Bundesrat, gegen den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes keine Einwendungen zu erheben.
C
Der Gesundheitsausschuss hat von einer Empfehlung an das Plenum abgesehen.