Der Bundesrat hat in seiner 879. Sitzung am 11. Februar 2011 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zu Artikel 1 (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 BFStrMG)
In Artikel 1 sind in § 1 Absatz 1 Nummer 2 nach den Wörtern "Abschnitt e von Bundesstraßen" die Wörter "von über 5 km Länge" anzufügen.
Begründung:
Im vorliegenden Gesetzentwurf sind auch Abschnitt e mit geringer Länge als mautpflichtige Strecke vorgesehen. Strecken unter 5 km Länge sind für eine Mauterhebung jedoch nicht geeignet: Diese kurzen Strecken sind bei einer Bemautung besonders anfällig für Mautausweichverkehre in das vor allem in dichter besiedelten Räumen nicht ausreichende nachgeordnete Straßennetz. Diese verursachen darüber hinaus einen unverhältnismäßigen Aufwand für die Erhebung, Abrechnung und Kontrolle der Maut. Der Verzicht auf eine Bemautung dieser kurzen Strecken würde auch die Akzeptanz vor allem beim örtlichen Gewerbe erhöhen.
So dient z.B. der Streckenabschnitt zu laufender Nummer 3 (Länge unter 500 m) zudem auch der Erschließung/Zufahrt zum Parkplatz eines großen Baumarkts und weist keinen autobahnähnlichen Charakter auf.
Außerdem hat der Streckenabschnitt zu laufender Nummer 4 (Länge unter 1 km) insbesondere nur einen durchgehenden Fahrstreifen pro Fahrtrichtung.
2. Zu Artikel 1 (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 BFStrMG)
In Artikel 1 sind in § 1 Absatz 1 Nummer 2 nach den Wörtern "Abschnitt e von Bundesstraßen," die Wörter "die nicht im innerörtlichen Bereich liegen," einzufügen.
Begründung:
Innerörtliche Bereiche von Bundesstraßen mit zwei oder mehr Fahrstreifen werden in hohem Maß für innerstädtische Transport- und Lieferverkehre genutzt. Eine Bemautung dieser Streckenabschnitte wird zu erheblichen Ausweichverkehren der regionalen und innerstädtischen Schwerverkehre auf Nebenstrecken durch Wohnviertel führen. Diese Belastung der Bevölkerung und des innerstädtischen Verkehrsflusses ist zu vermeiden. Sie steht nicht im Verhältnis zu den zu erwartenden Mauteinnahmen.
Darüber hinaus ist vorrangiges Ziel der Lkw-Maut, auch ausländische Lkw an den Kosten für Erhalt und Ausbau der Bundesfernstraßeninfrastruktur heranzuziehen. Die Bemautung innerstädtischer Lkw-Verkehre ist dafür nicht relevant und daher verzichtbar.
3. Zu Artikel 1 (§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b BFStrMG)
In Artikel 1 sind in § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b nach dem Wort "Fahrtrichtung" die Wörter "mit baulicher Richtungstrennung (getrennte Richtungsfahrbahnen) auf längerer Strecke" einzufügen.
Begründung:
Durch den Gesetzentwurf werden auch Strecken einbezogen, die infolge der örtlichen Situation eine vierstreifige Ausgestaltung erfahren haben (z.B. durch Zusatzfahrspuren an Knotenpunkten), unabhängig von der Festlegung, ob der Streckenzug insgesamt als zweibahnige, vierstreifige Strecke konzipiert ist. Einbahnige Bundesstraßen unterscheiden sich aber deutlich vom Ausbauniveau der Bundesautobahnen. Notwendig ist dementsprechend eine Begrenzung der bemauteten Strecken auf zweibahnige Streckenabschnitte mit zwei oder mehr Fahrstreifen je Fahrtrichtung in der Baulast des Bundes, die in ihrer vorhandenen oder geplanten Ausgestaltung durchgängig diesen Kriterien entsprechen. Dementsprechend sind auch insbesondere kurze Abschnitt e, die teilweise auch noch höhengleiche Kreuzungen aufweisen und nicht für eine Bemautung geeignet sind, auszuschließen. Insbesondere ist zu vermeiden, dass Strecken, die der Erschließung angrenzender Grundstücke (z.B. Speditionen) dienen, bemautet werden, da dies zu nicht vermittelbaren Wettbewerbsverzerrungen führen kann. Kurze Mautstrecken könnten zudem Mautausweichverkehre auslösen.
4. Zu Artikel 1 (§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe c BFStrMG)
In Artikel 1 ist § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe c wie folgt zu fassen:
"c) die durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt werden,"
Begründung:
Eine Einschätzung, welche Strecken im Einzelnen von den entsprechenden Festlegungen des Gesetzentwurfs betroffen sind, lässt sich mit der pauschalen Benennung nicht eindeutig finden. Auch eine Abschätzung des Streckenanteils in den einzelnen Ländern ist nicht wirklich möglich. So sind beispielsweise die in der Anlage 1 des Gesetzentwurfs unter den Nummern 16, 18, 22, 23, 24, 28, 67 und 68 für Bayern genannten Strecken für eine Bemautung nicht geeignet. Zweckmäßigerweise erfolgt die Festlegung der zu bemautenden Bundesstraßen durch eine Rechtsverordnung. Ansonsten wäre bei einer Änderung des mautpflichtigen Netzes jeweils eine Gesetzesänderung erforderlich. Im Übrigen wird das Gesetzgebungsverfahren dadurch nicht verzögert.
5. Zu Artikel 1 (§ 1 Absatz 3 Nummer 4 und 5 - neu - BFStrMG)
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
- a) In § 1 Absatz 3 Nummer 4 ist der Punkt am Satzende durch ein Komma zu ersetzen.
- b) Dem § 1 Absatz 3 ist folgende Nummer 5 anzufügen:
"5. der B 103 zwischen Warnemünde und der A 20 AS Rostock West der B 96 zwischen Stralsund und der A 20 AS Stralsund.".
Folgeänderung:
In Anlage 1 (zu § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe c, Doppelbuchstabe bb) sind die laufenden Nummern 54 und 55 zu streichen.
Begründung:
Die Mauterhebung auf diesen Abschnitt en ist abzulehnen.
Sie würde auf der B 103 zwischen Warnemünde und der A 20 AS Rostock West neben der bereits bemauteten A 19 Richtung Überseehafen zu erheblichen Ausweichverkehren mit der Folge führen, dass ein Großteil des Schwerlastverkehrs von und nach Skandinavien über die hierfür nicht geeignete Ausfahrt Rostock-Südstadt der A 20 das Stadtzentrum von Rostock durchqueren würde.
Auch eine Mauterhebung auf der B 96 zwischen Stralsund und der A 20 AS Stralsund würde zu erheblichen Ausweichverkehren führen, weil erst mit der Fertigstellung der geplanten B 96 n auf Rügen die Trasse ihre volle Verkehrswirksamkeit entfalten wird. Bis dahin sind die Vorteile der Nutzung der B 96 beschränkt, ihre Bemautung würde ein Ausweichen über die B 105 oder die B 194 fördern.
Die negativen Folgen des zu erwartenden Ausweichverkehrs innerhalb der beiden Städte würden für die Verkehrssituation in Rostock und Stralsund sowie für Anwohner und Umwelt fatal sein.
Zum Gesetzentwurf allgemein
- 6. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die Auswirkungen der Ausweitung der Lkw-Maut auf vier- und mehrstreifige Bundesstraßen auf Ballungsräume, Wohngebiete und grenznahe Gebiete und den Umfang möglicher Verkehrsverlagerungen mit Hilfe der Fortentwicklung der Modellberechnungen des Bundes zur Einführung der Lkw-Maut auf Autobahnen aus dem Jahr 2005 zu ermitteln, die jeweiligen Berechnungsergebnisse den Ländern zur Verfügung zu stellen und die tatsächlichen Verkehrsverlagerungen zu beobachten.
- 7. Darüber hinaus bittet der Bundesrat die Bundesregierung zu prüfen, ob und inwieweit eine Einbeziehung von Bundesstraßen in Ortsdurchfahrten in kommunaler Baulast sinnvoll und erforderlich ist.