Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch

A. Problem und Ziel

Nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) die im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) geregelten Leistungsausschlüsse von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern als europarechtskonform bestätigt hat*), ergingen seit dem 3. Dezember 2015 mehrere Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) zu Ansprüchen von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern auf Sicherung ihres Existenzminimums. Das BSG hat entschieden, dass Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt oder die über kein Aufenthaltsrecht verfügen, im SGB II und im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) von einem Anspruch auf Leistungen ausgeschlossen sind.

Das BSG hat jedoch auch entschieden, dass nichterwerbstätige ehemalige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die die elterliche Sorge für Schülerinnen und Schüler während deren fortdauernder Ausbildung ausüben, unabhängig von einem Freizügigkeitsrecht nicht von den Leistungsausschlüssen des SGB II erfasst sind.

Das BSG hat den Betroffenen außerdem unabhängig davon, zu welcher der im SGB II ausgeschlossenen Gruppen sie gehören, Leistungen nach dem SGB XII im Ermessenswege zugesprochen. Bei einem verfestigten Aufenthalt, den das BSG im Regelfall nach sechs Monaten annimmt, soll das Ermessen jedoch auf Null reduziert sein, so dass für die Betroffenen so gut wie immer ein Anspruch besteht.

Die Entscheidungen des BSG haben zu Mehrbelastungen bei den für die Leistungen zuständigen Kommunen geführt.

B. Lösung

Die Leistungsausschlüsse im SGB II werden ergänzt und es wird klargestellt, dass Personen ohne materielles Aufenthaltsrecht aus dem Freizügigkeitsgesetz/EU ebenso wie Personen, die sich mit einem Aufenthaltsrecht allein zur Arbeitsuche in Deutschland aufhalten, sowie Personen, die ihr Aufenthaltsrecht nur aus Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 ableiten, von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sind. Für Personen, die als Arbeitnehmer, Selbständige oder aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen, erfolgt keine Änderung, sie sind weiterhin (ergänzend) leistungsberechtigt. Im SGB XII werden die Leistungsausschlüsse denjenigen im SGB II angepasst. Daneben wird im SGB XII ein Anspruch für einen Zeitraum von einem Monat geschaffen, mit der Möglichkeit darlehensweise die Kosten für ein Rückfahrticket zu übernehmen. Außerdem wird im SGB II und im SGB XII ein Leistungsanspruch nach eingetretener Verfestigung des Aufenthaltes geschaffen, die nach fünf Jahren Aufenthalts in Deutschland angenommen wird. Diese Leistungen erfolgen dabei über die unionsrechtlichen Vorgaben hinaus.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Es ist davon auszugehen, dass die Regelung des Leistungsausschlusses im SGB XII eine Lenkungswirkung entfalten wird. Folglich werden voraussichtlich - frühestens fünf Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes - nur für eine geringe, nicht quantifizierbare Anzahl an Personen Ansprüche im SGB II entstehen, sodass nicht mit nennenswerten Mehrausgaben zu rechnen ist. Die Anzahl der Personen, die bereits mit Inkrafttreten der Regelung die Anspruchsvoraussetzungen (fünf Jahre Aufenthalt seit Meldung bei der zuständigen Meldebehörde) erfüllen, dürfte sehr gering sein, so dass hierdurch ebenfalls keine nennenswerten Mehrausgaben zu erwarten sind.

1.000 zusätzliche Leistungsberechtigte würden im SGB II zu 7,5 Millionen Euro jährlichen Mehrausgaben führen. Hiervon entfielen 3/4 auf den Bund und 1/4 auf die Kommunen.

Im Bereich des SGB XII führt das Gesetz zu Minderausgaben für Länder und Kommunen, da die Dauer des Leistungsbezugs vermindert und die Höhe der Leistungen vor der Ausreise eingeschränkt wird. Die Höhe der Minderausgaben kann nicht quantifiziert werden, da sie davon abhängt, in welchem Umfang die zuständigen Behörden von der Möglichkeit der eingeschränkten Leistungen Gebrauch machen und wie die ausländischen Personen auf die geänderte Gesetzeslage reagieren.

Bei Personen, die ihr Aufenthaltsrecht ausschließlich aus Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 ableiten, ist davon auszugehen, dass dies nur eine geringe Personenzahl betrifft, sodass aufgrund der Regelung nur mit geringen Minderausgaben zu rechnen ist. Sänke die Zahl der Leistungsberechtigten durch die Regelung im SGB II um 1.000, würde dies zu 7,5 Millionen Euro jährlichen Minderausgaben führen. Hiervon entfielen 3/4 auf den Bund und 1/4 Millionen Euro auf die Kommunen.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Änderungen führen zu keinem Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger, da keine neuen Informationspflichten eingeführt werden und keine bestehenden Informationspflichten vereinfacht oder abgeschafft werden.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Für die Wirtschaft entsteht kein Erfüllungsaufwand, da keine neuen Informationspflichten eingeführt und keine bestehenden Informationspflichten vereinfacht oder abgeschafft werden, die Unternehmen betreffen.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Der Erfüllungsaufwand der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende steigt in geringem, nicht quantifizierbarem Umfang. Durch die Datenübermittlung an die Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit kann ein nicht quantifizierbarer erhöhter Erfüllungsaufwand der Verwaltung entstehen. Der gegebenenfalls entstehende Mehrbedarf soll jeweils in den betroffenen Einzelplänen ausgeglichen werden.

F. Weitere Kosten

Keine.

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch

Bundesrepublik Deutschland
Berlin, 13. Oktober 2016
Die Bundeskanzlerin

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Stanislaw Tillich

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch mit Begründung und Vorblatt.

Federführend ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 24.11.16

Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch

Vom ...

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch

Das Zweite Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 (BGBl. I S. 850, 2094), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl I S. 1939) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 3 Absatz 2b wird aufgehoben.

2. § 7 Absatz 1 wird wie folgt gefasst:

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

Ausgenommen sind

Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreispflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt."

3. In § 65 Absatz 1 Satz 5 wird das Wort "Kindertageseinrichtung" durch das Wort jageseinrichtung" ersetzt.

Artikel 2
Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch § 23 des Zwölften Buches

1. Absatz 3 wird wie folgt gefasst:

(3) Ausländer und ihre Familienangehörigen erhalten keine Leistungen nach Absatz 1 oder nach dem Vierten Kapitel, wenn

Satz 1 Nummer 1 und 4 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Hilfebedürftigen Ausländern, die Satz 1 unterfallen, werden bis zur Ausreise, längstens jedoch für einen Zeitraum von einem Monat, einmalig innerhalb von zwei Jahren nur eingeschränkte Hilfen gewährt, um den Zeitraum bis zur Ausreise zu überbrücken (Überbrückungsleistungen); die Zweijahresfrist beginnt mit dem Erhalt der Überbrückungsleistungen nach Satz 3. Hierüber und über die Möglichkeit der Leistungen nach Absatz 3a sind die Leistungsberechtigten zu unterrichten. Die Überbrückungsleistungen umfassen:

Soweit dies im Einzelfall besondere Umstände erfordern, werden Leistungsberechtigten nach Satz 3 zur Überwindung einer besonderen Härte andere Leistungen im Sinne von Absatz 1 gewährt; ebenso sind Leistungen über einen Zeitraum von einem Monat hinaus zu erbringen, soweit dies im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände zur Überwindung einer besonderen Härte und zur Deckung einer zeitlich befristeten Bedarfslage geboten ist. Abweichend von Satz 1 Nummer 2 und 3 erhalten Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach Absatz 1 Satz 1 und 2, wenn sie sich seit mindestens fünf Jahren ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 7 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreispflicht besteht, werden auf Zeiten des tatsächlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Ausländerrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt"

2. Nach Absatz 3 wird folgender Absatz 3a eingefügt:

(3a) Neben den Überbrückungsleistungen werden auf Antrag auch die angemessenen Kosten der Rückreise übernommen. Satz 1 gilt entsprechend, soweit die Personen allein durch die angemessenen Kosten der Rückreise die in Absatz 3 Satz 4 Nummer 1 und 2 genannten Bedarfe nicht aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter decken können. Die Leistung ist als Darlehen zu erbringen."

Artikel 3
Änderung des Gesetzes über das Ausländerzentralregister

Das Gesetz über das Ausländerzentralregister in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 1994 (BGBl. I S. 2265), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. In der Inhaltsübersicht wird nach der Angabe zu § 18e folgende Angabe eingefügt

" § 18f Datenübermittlung an die Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit" .

2. Nach § 18e wird folgender § 18f eingefügt:

" § 18f Datenübermittlung an die Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit

An die zuständige Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit werden zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach Abschnitt X des Einkommensteuergesetzes in den Fällen, in denen bei einem Unionsbürger die Feststellung des Nichtbestehens oder des Verlustes des Rechts auf Einreise und Aufenthalt nach § 2 Absatz 7, § 5 Absatz 4 oder § 6 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU gespeichert wird, die Grundpersonalien des Unionsbürgers sowie die Feststellung des Verlustes des Rechts auf Einreise und Aufenthalt übermittelt."

Artikel 4
Änderung des Aufenthaltsgesetzes

In § 87 Absatz 2 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), das zuletzt durch Artikel 8 Absatz 6 des Gesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939) geändert worden ist, wird nach Nummer 2 folgende Nummer 2a eingefügt:

"2a. der Inanspruchnahme oder Beantragung von Sozialleistungen durch einen Ausländer, für sich selbst, seine Familienangehörigen oder für sonstige Haushaltsangehörige in den Fällen des § 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 oder Satz 4 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch oder in den Fällen des § 23 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2, 3 oder 4, Satz 3, 6 oder 7 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch,".

Artikel 5
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen

Nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) die im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) geregelten Leistungsausschlüsse von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern als europarechtskonform bestätigt hat*), ergingen seit dem 3. Dezember 2015 mehrere Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) zu Ansprüchen von Unionsbürgern auf Sicherung ihres Existenzminimums. Das BSG hat entschieden, dass Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt oder die über kein Aufenthaltsrecht verfügen, im SGB II und im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) von einem Anspruch auf Leistungen ausgeschlossen sind.

Das BSG hat jedoch auch entschieden, dass nichterwerbstätige ehemalige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die die elterliche Sorge für Schülerinnen und Schüler während deren fortdauernder Ausbildung ausüben, nicht von den Leistungsausschlüssen des SGB II erfasst sind.

Das BSG hat den Betroffenen außerdem unabhängig davon, zu welcher der im SGB II ausgeschlossenen Gruppen sie gehören, Leistungen nach dem SGB XII im Ermessenswege zugesprochen. Bei einem verfestigten Aufenthalt, den das BSG im Regelfall nach sechs Monaten annimmt, soll das Ermessen jedoch auf Null reduziert sein, so dass für die Betroffenen so gut wie immer ein Anspruch besteht.

Die Entscheidungen des BSG haben zu Mehrbelastungen bei den für die Leistungen zuständigen Kommunen geführt.

II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs

Die Leistungsausschlüsse im SGB II werden ergänzt und es wird klargestellt, dass Personen ohne materielles Aufenthaltsrecht aus dem Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) ebenso wie Personen, die sich mit einem Aufenthaltsrecht allein zur Arbeitsuche in Deutschland aufhalten sowie Personen, deren Aufenthaltsrecht nur aus Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 angenommen wird, von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sind. Für Personen, die als Arbeitnehmer, Selbständige oder aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen, erfolgt keine Änderung, sie sind, solange ihr Freizügigkeitsrecht sich nicht allein aus der Arbeitsuche ergibt, weiterhin (ergänzend) leistungsberechtigt. Im SGB XII werden die Leistungsausschlüsse denjenigen im SGB II angepasst. Daneben wird im SGB XII ein Anspruch für einen Zeitraum von einem Monat geschaffen sowie auf Antrag der Anspruch auf darlehensweise Übernahme der Kosten für ein Rückfahrticket. Außerdem wird im SGB II und im SGB XII ein Leistungsanspruch nach eingetretener Verfestigung des Aufenthalts geschaffen, die nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland angenommen wird. Diese neu geschaffenen Leistungstatbestände im SGB XII sind nach der Rechtsprechung des EuGH unionsrechtlich nicht geboten und werden über die europarechtlichen Vorgaben hinaus gewährt.

III. Alternativen

Keine.

IV. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Änderung des SGB II sowie des SGB XII folgt aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 7 des Grundgesetzes (GG) - öffentliche Fürsorge - in Verbindung mit Artikel 72 Absatz 2 GG. Der Bund hat die Gesetzgebungskompetenz im Bereich der Leistungen für Ausländerinnen und Ausländer, da hier die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet und die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse mit einer bundesgesetzlichen Regelung erforderlich ist (Artikel 72 Absatz 2 GG) . Nur durch die Gesetzgebung des Bundes lassen sich einheitliche Lebensverhältnisse für leistungsberechtigte Ausländerinnen und Ausländer im Bundesgebiet gewährleisten. Durch eine einheitliche Bundesgesetzgebung im Bereich der öffentlichen Fürsorge wird verhindert, dass sich innerhalb des Bundesgebiets das Sozialgefüge auseinanderentwickelt. Zugleich wirkt sie Binnenwanderungen von Ausländergruppen und damit der Verlagerung von Sozialleistungslasten entgegen.

V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen

Die Änderung ist mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen vereinbar.

VI. Gleichstellungspolitische Auswirkungen

Der Entwurf hat keine erkennbaren gleichstellungspolitischen Auswirkungen. Grundsätzlich sind Frauen und Männer von den Vorschriften des Entwurfs in gleicher Weise betroffen.

VII. Gesetzesfolgen

1. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Es ist davon auszugehen, dass die Regelung des Leistungsausschlusses im SGB XII eine Lenkungswirkung entfalten wird. Folglich werden voraussichtlich - frühestens fünf Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes - nur für eine geringe, nicht quantifizierbare Anzahl an Personen Ansprüche im SGB II entstehen, sodass nicht mit nennenswerten Mehrausgaben zu rechnen ist. Die Anzahl der Personen, die bereits mit Inkrafttreten der Regelung die Anspruchsvoraussetzungen (fünf Jahre Aufenthalt seit Meldung bei der Meldebehörde) erfüllen, dürfte sehr gering sein, so dass hierdurch ebenfalls keine nennenswerten Mehrausgaben zu erwarten sind.

1.000 zusätzliche Leistungsberechtigte würden im SGB II zu 7,5 Millionen Euro jährlichen Mehrausgaben führen. Hiervon entfielen 3/4 auf den Bund und 1/4 auf die Kommunen.

Im Bereich des SGB XII führt das Gesetz zu Minderausgaben für Länder und Kommunen, da die Dauer des Leistungsbezugs vermindert und die Höhe der Leistungen vor der Ausreise eingeschränkt wird. Die Höhe der Minderausgaben kann nicht quantifiziert werden, da sie davon abhängt, in welchem Umfang die zuständigen Behörden von der Möglichkeit der eingeschränkten Leistungen Gebrauch machen und wie die betroffen ausländischen Personen auf die geänderte Gesetzeslage reagieren.

Bei Personen, die ihr Aufenthaltsrecht ausschließlich aus Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 ableiten, ist davon auszugehen, dass dies nur eine geringe Personenzahl betrifft, sodass aufgrund der Regelung nur mit geringen Minderausgaben zu rechnen ist. Sänke die Zahl der Leistungsberechtigten durch die Regelung im SGB II um 1.000, würde dies zu 7,5 Millionen Euro jährlichen Minderausgaben führen. Hiervon entfielen 3/4 auf den Bund und 1/4 auf die Kommunen.

2. Erfüllungsaufwand

a. Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Änderungen führen zu keinem Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger, da keine neuen Informationspflichten eingeführt werden und keine bestehenden Informationspflichten vereinfacht oder abgeschafft werden.

b. Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Für die Wirtschaft entsteht kein Erfüllungsaufwand, da keine neuen Informationspflichten eingeführt und keine bestehenden Informationspflichten vereinfacht oder abgeschafft werden, die Unternehmen betreffen.

c. Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Der Erfüllungsaufwand der Träger der Grundsicher für Arbeitsuchende steigt in geringem, nicht quantifizierbarem Umfang.

3. Weitere Kosten

Keine.

4. Weitere Gesetzesfolgen

Auswirkungen auf die demographische Entwicklung ergeben sich aus den im Entwurf vorgesehenen Änderungen nicht.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1

Zu Nummer 1 (§ 3)

Berichtigung eines redaktionellen Versehens.

Zu Nummer 2 (§ 7 SGB II)

Im SGB II wird daran festgehalten, dass Unionsbürger mit einem Freizügigkeitsrecht aus der Freizügigkeitsrichtlinie insbesondere als Erwerbstätige Leistungen nach dem SGB II erhalten. Daneben bleibt der grundsätzliche Leistungsausschluss für Unionsbürger, die allein ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche haben, bestehen (vergleiche § 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe b) - neu -) Zusätzlich werden die Leistungsausschlüsse - entsprechend der bisherigen Auslegung des Gesetzes - ergänzt und damit klargestellt, dass nicht erwerbstätige Personen ohne materielles Freizügigkeits- oder Aufenthaltsrecht "erst recht" von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sind (vergleiche § 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe a) - neu -). Ausgeschlossen sind weiterhin Personen, deren Aufenthaltsrecht sich unmittelbar oder abgeleitet von ihren Kindern nur aus dem Recht zum allgemeinen Schul- oder Ausbildungsbesuch aus Artikel 10 der Verordnung (EU) Nummer 492/2011 ergibt (vergleiche § 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe c) - neu -). Der Leistungsausschluss gilt damit sowohl für erwerbsfähige Schülerinnen und Schüler selbst als auch für ihre Eltern, die ihr Aufenthaltsrecht nur von ihren Kindern ableiten, und für die übrigen zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Familienangehörigen. Die Regelung ist im Einklang mit der europäischen Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EG, wonach nicht erwerbstätige Unionsbürger unter bestimmten Voraussetzungen von Leistungen ausgeschlossen werden dürfen. Diese Regelungen der Freizügigkeitsrichtlinie liefen ins Leere, wenn sie für Personen, die nicht mehr erwerbstätig sind und nicht mehr von der Nachwirkungsfiktion des § 2 Absatz 3 FreizügG/EU erfasst werden, nicht mehr gelten, wenn und solange diese schulpflichtige Kinder haben. Der Leistungsausschluss umfasst daher nur einen kleinen Personenkreis, da Voraussetzung des Aufenthaltsrechts aus Artikel 10 VO (EU) Nr. 492/2011 eine vorangegangene Erwerbstätigkeit eines Elternteils ist, die gegebenenfalls zu einem Nachwirken des Arbeitnehmerstatus führt. Personen, die schon auf Grund von aktueller oder nachwirkender Erwerbstätigkeit freizügigkeitsberechtigt sind, bleiben jedoch anspruchsberechtigt. Die Leistungsausschlüsse führen wie bislang nicht dazu, dass ein Anspruch auf Wohngeld, das als Zuschuss zur Miete bzw. Belastung für Haushalte mit geringen Einkommen konzipiert ist, entsteht.

Abweichend hiervon kommen für die von den Leistungsausschüssen nach § 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2(neu) erfassten Personen und ihre Familienangehörigen nun erstmals unter bestimmten Voraussetzungen auch Leistungen nach dem SGB II in Betracht (vergleiche § 7 Absatz 1 Satz 4 und 5 - neu -). Dies ist allerdings erst nach fünf Jahren der Fall, erst ab diesem Zeitpunkt ist von einer Verfestigung des Aufenthaltes auszugehen. Die Verfestigung tritt nicht ein oder entfällt, wenn Unionsbürgerinnen und Unionsbürger nach § 7 Absatz 1 Satz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU zur Ausreise verpflichtet sind, weil die Ausländerbehörde den Verlust des Freizügigkeitsrechts nach § 2 Absatz 7, § 5 Absatz 4 oder § 6 Absatz 1 FreizügG/EU festgestellt hat. Bis zum Ablauf von fünf Jahren oder - wenn der Verlust des Freizügigkeitsrechts festgestellt wurde - auch nach Ablauf von fünf Jahren, sind auch die in § 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 genannten erwerbsfähigen Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen dem Leistungssystem des SGB XII zugewiesen, in dem ihnen aber nur ein Anspruch auf eine zeitlich beschränkte Überbrückungsleistung zusteht. Diese zielt in erster Linie darauf ab, den Lebensunterhalt bis zur Ausreise zu sichern und gegebenenfalls auf Antrag die Ausreise - durch die darlehensweise Gewährung der Reisekosten - zu ermöglichen. Den betroffenen Personen ist die Rückreise in das jeweilige Heimatland gefahrlos möglich und zumutbar. Die Leistungsausschlüsse erfassen auch Drittstaatsangehörige.

Die Neuregelung berücksichtigt, dass die Situation von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern, einerseits sowie Asylbewerberinnen und Asylbewerbern andererseits nicht vergleichbar ist. Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern stehen andere Möglichkeiten der Selbsthilfe offen, als dies für Asylbewerberinnen und Asylbewerber der Fall ist. Während Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oftmals nicht ohne möglicherweise drohende Gefahren (etwa durch Verfolgung) in ihr Heimatland zurückkehren können, ist dies Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern gefahrlos möglich und zumutbar. Die betroffenen Personen können in ihren Heimatstaaten ohne Gefahr für Leib und Leben wohnen und existenzsichernde Unterstützungsleistungen erlangen, da in der EU soziale Mindeststandards bestehen, auf die sich die Mitgliedstaaten geeinigt haben. Nach Artikel 13 der Europäischen Sozialcharta vom 18. Oktober 1961 haben sich die Vertragsparteien verpflichtet, sicherzustellen, dass jedem, der nicht über ausreichende Mittel verfügt und sich diese auch nicht selbst oder von anderen verschaffen kann, ausreichende Unterstützung im Heimatland gewährt wird. Daneben besteht ein uneingeschränkter Zugang zum Arbeitsmarkt.

Ist allerdings abzusehen, dass ausländische erwerbsfähige Personen ohne materielles Freizügigkeits- oder Aufenthaltsrecht dauerhaft oder jedenfalls für einen längeren Zeitraum in Deutschland verbleiben werden und damit eine Verfestigung des Aufenthaltes eintritt, soll für sie - sofern sie erwerbsfähig sind - nach fünf Jahren das Leistungsrecht des SGB II und damit auch der Grundsatz des Förderns und Forderns uneingeschränkt gelten. Dann stehen ihnen und ihren Familienmitgliedern bei Hilfebedürftigkeit Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu. Dazu gehören im SGB II nicht nur die "passiven" Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, sondern auch aktivierende Maßnahmen einschließlich der Sanktionsregelungen. Von einem längeren verfestigten Aufenthalt in Deutschland ist nach Ablauf eines gewöhnlichen Aufenthalts von mindestens fünf Jahren ab Meldung bei der Meldebehörde auszugehen (vergleiche § 7 Absatz 1 Satz 4 und 5 - neu -); durch die verpflichtende Meldung bei der Meldebehörde dokumentieren die Betroffenen ihre Verbindung zu Deutschland, die Voraussetzung für eine Aufenthaltsverfestigung ist. Diese Frist ist angelehnt an den Erwerb eines Daueraufenthaltsrechts, setzt jedoch im Gegensatz zu diesem keine materielle Freizügigkeitsberechtigung voraus. Sollte die Ausländerbehörde allerdings feststellen, dass ein Freizügigkeitsrecht nach § 2 Absatz 1 FreizügG/EU nicht (mehr) besteht, ist der Aufenthalt nicht mehr verfestigt. Die Personen sind nach § 7 Absatz 1 Satz 1 FreizügG/EU zur Ausreise verpflichtet.

Unwesentliche Unterbrechungen des Aufenthalts in Deutschland - zum Beispiel ein kurzer Heimatbesuch - sind dagegen unschädlich. Bei wesentlichen Unterbrechungen beginnt die 5-Jahres-Frist neu zu laufen. Bei Personen, die zum Zeitpunkt ihrer Ausreise nach § 7 Absatz 1 Satz 1 FreizügG/EU ausreisepflichtig waren, führt jede Wiedereinreise zu einem Neubeginn der 5-Jahresfrist, unabhängig von der Dauer der Unterbrechung.

Ein solcher tatsächlich verfestigter Aufenthalt hat keine Auswirkung auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts; insbesondere folgt daraus kein materielles Freizügigkeits- oder Aufenthaltsrecht im Sinne des Europa- oder Ausländerrechts.

Ausländische Personen, die sich nach § 7 Absatz 1 Satz 4 - neu - auf die Rückausnahme vom Leistungsausschluss nach § 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 berufen und einen mindestens fünfjährigen Aufenthalt in Deutschland behaupten, haben hierfür im Zweifelsfall Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers geeignete Nachweise zu erbringen (vergleiche § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch). Wenn Ausländerinnen und Ausländer Leistungen auf Grund von § 7 Absatz 1 Satz 4 - neu beantragen, informiert der zuständige Leistungsträger gemäß § 87 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2a des Aufenthaltsgesetzes (AufenthaltsG) die Ausländerbehörde, soweit dies für die Feststellung nach § 2 Absatz 7, § 5 Absatz 4 und § 6 Absatz 1 FreizügG/EU erheblich sein kann. Die Ausländerbehörde informiert den Leistungsträger, wenn der Verlust des Freizügigkeitsrechts festgestellt wurde.

Der Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II besteht unabhängig von einem etwaigen Vorbezug von Leistungen nach dem SGB XII.

Insgesamt ergibt sich somit - wenn die jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind - eine Leistungsberechtigung nach dem SGB II für folgende hilfebedürftige, erwerbsfähige Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen:

EU-Ausländern gleichgestellt sind Staatsangehörige aus den EWR-Staaten (Island, Liechtenstein und Norwegen), auf die das Freizügigkeitsgesetz/EU unmittelbar anwendbar ist, sowie Schweizer Staatsangehörige.

Zu Nummer 3

Redaktionelle Änderung der Begrifflichkeit und Anpassung an § 28 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 6.

Zu Artikel 2

Zu Nummer 1

Die Leistungsausschlüsse in § 23 Absatz 3 werden an die Leistungsausschlüsse in § 7 Absatz 1 Satz 2 SGB II angepasst, dies bedeutet neben sprachlichen Klarstellungen auch, dass ein Leistungsausschluss für die ersten drei Monate des Aufenthaltes aufgenommen wird. Dies ist notwendig, da nach Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie 2004/38 und § 2 Absatz 3 FreizügG/EU für Unionsbürgerinnen und Unionsbürger ein voraussetzungsloses Freizügigkeitsrecht für drei Monate besteht. Diese Personengruppe ist nach § 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 SGB II vom Leistungsbezug im SGB II ausgenommen. Da das BSG jedoch die in § 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2 SGB II ausgenommenen Ausländer dem SGB XII zugeordnet hat, musste § 23 Absatz 3 SGB XII um eine § 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 SGB II entsprechende Regelung ergänzt werden. Zusätzlich wird, wie im SGB II, klargestellt, dass Personen ohne materielles Freizügigkeitsrecht oder Aufenthaltsrecht ebenso wie Personen, die sich mit einem Aufenthaltsrecht allein zur Arbeitsuche oder nach Artikel 10 der Verordnung (EU) Nummer 492/2011 in Deutschland aufhalten, von den Leistungen nach dem SGB XII ausgeschlossen sind. Die Leistungsausschlüsse haben wie bislang nicht zur Folge, dass ein Anspruch auf Wohngeld, das als Zuschuss zur Miete bzw. Belastung für Haushalte mit geringen Einkommen konzipiert ist, entsteht.

Durch die neue Formulierung in § 23 Absatz 3 Satz 1 wird außerdem klargestellt, dass den ausgeschlossenen Personen weder ein Anspruch auf Leistungen nach § 23 Absatz 1 zusteht, noch dass ihnen Leistungen im Ermessenswege gewährt werden.

Daneben wird in § 23 Absatz 3 SGB XII ein Anspruch auf Überbrückungsleistungen für alle von Leistungen ausgeschlossenen ausländischen Personen eingeführt, soweit sie hilfebedürftig sind (vergleiche § 2 SGB XII). Orientiert an § 1a Absatz 2 des AsylbLG erhalten ausländische Personen innerhalb von zwei Jahren einmalig bis zur Ausreise, längstens jedoch für einen Monat Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Körper- und Gesundheitspflege sowie die angemessenen Aufwendungen für eine Unterkunft. Danach erhalten sie keine Leistungen mehr. Auch bei einer Wiedereinreise sind, um Fehlanreize zu vermeiden, innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren keine Leistungen zu gewähren. So wird sichergestellt, dass nicht durch eine kurze Ausreise und dann Wiedereinreise die Wertung des Gesetzes umgangen wird. Eine zu lange Frist hätte hingegen zur Folge, dass gegebenenfalls geänderter Lebensumstände nicht berücksichtigt werden könnten.

Ausländische Personen erhalten einmalig für einen Zeitraum bis zur Ausreise längstens jedoch für einen Monat Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Körper- und Gesundheitspflege sowie die angemessenen Aufwendungen für eine Unterkunft. Durch den festen Maximalzeitraum wird den ausführenden Kommunen Verwaltungsaufwand durch die Neuregelung erspart. Im Zeitraum von einem Monat ist es in jedem Fall möglich, innerhalb der EU eine angemessene Rückreisemöglichkeit zu finden (zum Beispiel mit dem Bus). Daneben wird sichergestellt, dass den Hilfebedürftigen die Leistungen nicht mehrmals gezahlt werden. Um sicherzustellen, dass Überbrückungsleistungen im Zeitraum von zwei Jahren nur einmal gezahlt werden, sieht § 118 SGB XII die Möglichkeit eines Datenaustauschs und -abgleichs vor.

Die Leistungshöhe wird entsprechend des § 1a Absatz 2 AsylbLG festgelegt. Dabei wird zugrunde gelegt, dass der Bedarf der Leistungsberechtigten in dieser Phase über die genannten Leistungen nicht hinausgeht. Eine Akut- und Schmerzversorgung sowie Hilfen bei Schwangerschaft und Geburt wird ebenfalls entsprechend dem AsylbLG gewährleistet.

Ist allerdings abzusehen, dass ausländische Personen ohne materielles Freizügigkeits- oder Aufenthaltsrecht dauerhaft oder jedenfalls für einen längeren Zeitraum in Deutschland verbleiben werden und damit eine Verfestigung des Aufenthaltes eintritt, so erhalten sie und ihre Familienangehörigen nach fünf Jahren Zugang zu Leistungen der Sozialhilfe nach § 23 Absatz 1 SGB XII. Dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach § 23 Absatz 3 Satz 7 SGB XII beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreispflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Dabei bleiben Unterbrechungen wegen kurzfristiger Auslandsaufenthalte, wie z.B. Klassenfahrten, Besuche von Angehörigen oder die Teilnahme an Beerdigungen von Angehörigen, leistungsrechtlich außer Betracht. Bei der Prüfung, ob ein Aufenthalt im Ausland zu einer "wesentlichen" Unterbrechung führt, ist neben der Dauer des Aufenthalts auch zu berücksichtigen, wodurch dieser veranlasst ist (zum Beispiel familiäre, schulische Gründe) und welches Gewicht diese Gründe für den Betroffenen haben. Bei nicht nur unwesentlichen Unterbrechungen beginnt die Frist mit der Wiedereinreise erneut zu laufen. Dies schließt Leistungen für den Lebensunterhalt ein, sofern die betroffenen Ausländer nicht aufgrund der Neuregelung in Artikel 1 dieses Gesetzes als Erwerbsfähige oder deren Familienangehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II sind (vergleiche § 7 Absatz 1 Satz 4 und 5 SGB II - neu - in Verbindung mit § 21 SGB XII). Im Hinblick auf die Dauer der Frist und das Nachweiserfordernis sowie die Rückausnahme für Personen, bei denen der Verlust des Freizügigkeitsrechts festgestellt wurde, wird ergänzend auf die Begründung zu Artikel 1 Bezug genommen. Ein solcher tatsächlich verfestigter Aufenthalt hat keine Auswirkung auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes; insbesondere folgt daraus kein materielles Freizügigkeits- oder Aufenthaltsrecht im Sinne des Europa- oder Ausländerrechts.

Durch eine Härtefallregelung wird sichergestellt, dass innerhalb der Leistungsfrist von einem Monat auch über das gewährte Niveau der vorgesehenen Überbrückungsleistungen hinausgehende Bedarfe wie zum Beispiel für Kleidung gedeckt werden können, soweit dies im Einzelfall zur Überwindung einer besonderen Härte erforderlich ist. Ebenso können bei Vorliegen besonderer Umstände Bedarfe, die entstehen, soweit im Einzelfall eine Ausreise binnen eines Monats nicht möglich oder zumutbar ist, gedeckt werden. Hierbei handelt es sich um eine Regelung, die lediglich bei Vorliegen besonderer Umstände eingreift, um im Einzelfall für einen begrenzten Zeitraum unzumutbare Härten zu vermeiden, nicht um eine Regelung, mit der ein dauerhafter Leistungsbezug ermöglicht wird. Von einer Unmöglichkeit der Ausreise ist insbesondere auszugehen, wenn eine amtsärztlich festgestellte Reiseunfähigkeit vorliegt.

Zu Nummer 2

Daneben wird den Leistungsberechtigten ein Anspruch auf ein Darlehen für die angemessenen Aufwendungen einer Rückfahrt eingeräumt, da die Betroffenen neben den Leistungen für Ernährung, Obdach und Körperpflege keine weiteren Leistungen erhalten und womöglich die Rückfahrt nicht selbst finanzieren können. Ein solcher Anspruch ist notwendig, da die jederzeitige Möglichkeit der Rückreise den wesentlichen Unterschied zu Asylsuchenden darstellt. In Satz 2 wird klargestellt, dass ein Darlehen auch zu gewähren ist, wenn allein durch die Kosten der Rückreise Hilfebedürftigkeit herbeigeführt würde.

Zu Artikel 3

Die Datenübermittlung nach dem neu eingefügten § 18f AZR-Gesetz dient dazu, die nach dem Verlust der Freizügigkeitsberechtigung entstehende Pflicht der Familienkasse zur Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen beim Kindergeld nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes zu erfüllen. Mit der Regelung wird sichergestellt, dass die Information über den Freizügigkeitsverlust eines Unionsbürgers die zuständige Familienkasse erreicht. Die Familienkassen sind Bundesfinanzbehörden. Die Freizügigkeitsberechtigung ist eine der Anspruchsvoraussetzungen für das Kindergeld nach § 62 Einkommensteuergesetz. Bereits jetzt schon soll in Zweifelsfällen bezüglich des Freizügigkeitsrechts ein Informationsaustausch zwischen Familienkasse und Ausländerbehörde stattfinden (BT-Drs. 18/2470). Dies gilt erst recht, wenn die Freizügigkeitsberechtigung nicht mehr besteht. Für die Fälle eines Freizügigkeitsverlustes wird durch die Neuregelung ein Informationsweg vom Ausländerzentralregister zur Familienkasse eingerichtet. Diese kann dann prüfen, ob der Unionsbürger Kindergeld beantragt hat und ob in diesen Fällen ein Kindergeldanspruch noch besteht. Durch den Freizügigkeitsverlust wird eine erneute Überprüfung des Falles zwingend erforderlich. Es kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass die Information über den Freizügigkeitsverlust der Familienkasse regelmäßig von dem jeweiligen Kindergeldempfänger im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten mitgeteilt wird. Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass die Familienkasse von dem Kindergeldempfänger regelmäßig über die Aufgabe ihres inländischen Wohnsitzes (aufgrund des Freizügigkeitsverlustes) unterrichtet wird. Ohne die Neuregelung stünde deshalb zu befürchten, dass das Kindergeld weitergezahlt wird, weil die Familienkasse keine Kenntnis davon erhalten hat, dass die Anspruchsvoraussetzungen nicht mehr vorliegen.

Zu Artikel 4

§ 87 Absatz 2 Nummer 2a AufenthG - neu - begründet eine ausdrückliche Pflicht der Leistungsbehörden zur Unterrichtung der Ausländerbehörden, wenn ein Ausländer für sich selbst, seine Familienangehörigen oder für sonstige Haushaltsangehörige Sozialleistungen in den Fällen des § 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 oder Satz 4 SGB II oder § 23 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2, 3 oder 4, Satz 3, 6 oder 7 SGB XII in Anspruch nimmt oder beantragt. Daten sind insofern insbesondere in den Fällen zu übermitteln, in denen ein Ausländer Leistungen beantragt, der kein Aufenthaltsrecht hat oder dessen Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt (§ 7 Absatz 1 Satz 2 SGB II - neu - oder § 23 Absatz 3 Satz 1 SGB XII - neu), oder in den Fällen, in denen ein Ausländer nach fünfjährigem Aufenthalt auf der Grundlage von § 7 Absatz 1 Satz 4 SGB II - neu - oder § 23 Absatz 3 Satz 7 SGB XII - neu - Leistungen in Anspruch nimmt.

Die Unterrichtungspflicht gilt in diesen Fällen auch bei Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen, soweit die Informationen (vergleiche § 11 Absatz 1 Satz 1 und 9 FreizügG/EU) für eine Feststellung des Verlusts oder des Nichtbestehens des Freizügigkeitsrechts entscheidungserheblich sein können: Die Verfügung über ausreichende eigene Existenzmittel ist zum Beispiel Voraussetzung für das Bestehen des Freizügigkeitsrechts nichterwerbstätiger EU-Bürger und ihrer Familienangehörigen (vergleiche § 2 Absatz 2 Nummer 5 in Verbindung mit § 4 FreizügG/EU). Liegt diese Voraussetzung nicht vor, kann die Ausländerbehörde unter Umständen den Verlust des Freizügigkeitsrechts nach § 5 Absatz 4 FreizügG/EU feststellen. Haben Unionsbürgerinnen oder Unionsbürger falsche Angaben über ein Arbeitsverhältnis gemacht und stattdessen in erheblichem Umfang Sozialleistungen in Anspruch genommen, ist ferner die Feststellung des Nichtbestehens des Freizügigkeitsrechts nach § 2 Absatz 7 FreizügG/EU möglich (Vortäuschung einer Voraussetzung des Freizügigkeitsrechts durch Vorspiegelung falscher Tatsachen). Ferner kann die Ausländerbehörde den Verlust des Freizügigkeitsrechts nach § 6 Absatz 1 FreizügG/EU aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit feststellen, wenn die Inanspruchnahme der Sozialleistung zum Beispiel eine Straftat wie Sozialleistungsbetrug begründet. Stellt die Ausländerbehörde den Verlust bzw. das Nichtbestehen des Freizügigkeitsrechts fest, ist dies insbesondere in den Fällen der § 7 Absatz 1 Satz 4 SGB II oder § 23 Absatz 3 Satz 7 SGB XII relevant (kein Leistungsanspruch nach fünfjährigem Aufenthalt bei Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts).

Ferner ist im Fall von Drittstaatsangehörigen die Sicherung des Lebensunterhalts in der Regel Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels (vergleiche § 5 Absatz 1 Nummer 1 AufenthG). Die fehlende Lebensunterhaltssicherung kann bei der Abwägung zwischen Ausweisungsinteresse und Bleibeinteresse (vergleiche § 53 Absatz 2 AufenthG) zum Tragen kommen. Auch kann eine unberechtigte oder unzulässige Leistungsbeanspruchung einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften darstellen und somit auch ein sogenanntes schweres Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 2 Nummer 9 AufenthG begründen.