951. Sitzung des Bundesrates am 25. November 2016
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Der federführende Verkehrsausschuss (Vk) und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zu Artikel 1 Nummer 12 (§§ 8 und 8a BinSchAufgG)
In Artikel 1 ist Nummer 12 wie folgt zu fassen:
'12. Nach § 8 wird folgender § 8a eingefügt:
" § 8a Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Daten im Binnenschiffsverkehr... < weiter wie Vorlage (Artikel 1 Nummer 12 (§ 8 des Gesetzentwurfs)) >..." '
Begründung:
§ 8 BinSchAufgG beinhaltet verbindlich die Verpflichtung des Bundes gemäß Artikel 89 Absatz 3 GG, sich mit den Ländern - nicht nur zu verkehrspolitischen Maßnahmen - im Einvernehmen auszutauschen. Dies ist unter anderem gerade für die Wasserschutzpolizeien der Länder von besonderer Bedeutung, da diese gemäß der jeweiligen Bund-Länder-Vereinbarungen für den schifffahrtspolizeilichen Vollzug auf den Bundeswasserstraßen zuständig sind. Die Begründung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVi), dass seit 1996 keine gemeinsame Sitzung mehr stattgefunden hat, darf nicht zur Streichung des § 8 BinSchAufgG führen. Sehr wohl wurde der Bedarf für weitere Sitzungen gesehen, allerdings hat es seitens des BMVi keine Einladungen mehr gegeben. Ebenso wird die seitens des BMVi angeführte Begründung, es fände auch ohne diese gesetzliche Verpflichtung eine ausreichende verkehrspolitische Verständigung zwischen dem Bund und den Ländern statt, nicht geteilt. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Bestrebungen des Bundes, einzelne Bundeswasserstraßen an die Länder abzugeben bzw. diese verkehrsrechtlich zu "entwidmen", wird eine gesetzliche Grundlage zur Abstimmung zwischen Bund und Ländern als zwingend erforderlich angesehen. Diese Notwendigkeit ergibt sich auch vor dem Hintergrund des aktuellen Gerichtsurteils des Oberverwaltungsgerichtes Berlin-Brandenburg vom 17. Dezember 2015 (OVG 1(B) 48.14 - vorhergehend: VG Potsdam: 10 K 587/03 (PDF) ) zur Änderung des Bundeswasserstraßengesetzes aus dem Jahre 1998 zur Umwandlung von Bundeswasserstraßen in "sonstige Binnenwasserstraßen des Bundes" (...bei der Verwaltung, dem Ausbau und dem Neubau von Wasserstraßen sind die Bedürfnisse der Landeskultur und der Wasserwirtschaft im Einvernehmen mit den Ländern zu wahren. - § 8 BinSchAufgG i.V.m. Artikel 89 Absatz 3 GG) .
Durch die Beibehaltung des § 8 BinSchAufgG sollte § 8 BinSchAufgG-E in § 8a BinSchAufgG-E umbenannt werden.
2. Zu Artikel 1 Nummer 12 (§ 8 Absatz 12 Satz 4 und 5 BinSchAufgG)*
In Artikel 1 Nummer 12 sind in § 8 Absatz 12 die Sätze 4 und 5 wie folgt zu fassen:
"Im Falle einer nachweislich zweckwidrigen Nutzung übermittelter Daten durch eine nichtöffentliche Stelle ist diese von der weiteren Datenübermittlung auszuschließen. Die
Dienststellen der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes haben die Transportbeteiligten auf ihre Pflichten sowie auf die Folge von Verstößen nach den Sätzen 2 bis 4 hinzuweisen."
Bei Annahme von Ziffern 1 und 2 sind diese redaktionell zusammenzuführen.
Begründung:
Die Weitergabe der bei der Verwaltung vorhandenen, transportrelevanten Daten an private Transportbeteiligte ist Voraussetzung für einen erfolgreichen Digitalisierungsprozess in der Binnenschifffahrt.
Der vorgesehene Ausschluss der Transportbeteiligten von der weiteren Datenübermittlung bereits bei unterbliebener Datenlöschung nach Abschluss des Warentransportes entspricht nicht dem Verhältnismäßigkeitsprinzip.
Aus den EU-Vorgaben der RIS-Richtlinie 2005/44/EG und der Verordnung 414/2007/EG ergibt sich, dass die Förderung des Datenaustausches zwischen allen Transportbeteiligten staatliche Aufgabe ist. Hieraus folgt, dass ein Ausschluss vom Datenaustausch nur bei erheblichen Verstößen eines Transportbeteiligten in Betracht kommt. Eine gegebenenfalls nur versehentlich unterbliebene bzw. nicht "unmittelbar nach Abschluss des Warentransportes" durchgeführte Datenlöschung gehört im Gegensatz zu einer zweckwidrigen Nutzung der Daten nicht zu solchen erheblichen Verstößen und rechtfertigt keinen Ausschluss vom Datenaustausch. In der Gesetzesbegründung wird darauf verwiesen, dass die Sanktionsregel in Anlehnung an § 2 Absatz 5 See-Datenübermittlung-Durchführungsverordnung geschaffen wurde. Allerdings ist dort die Sanktion ausschließlich auf Fälle zweckwidriger Nutzung beschränkt und erfasst keine Fälle unterbliebener Löschung.
Darüber hinaus soll die Hinweispflicht der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung klarer gefasst werden.
3. Zu Artikel 1 Nummer 15 (§ 13 Absatz 7 BinSchAufgG)
Die Einrichtung einer zentralen Datei über Befähigungszeugnisse und sonstige Befähigungsnachweise wird ausdrücklich begrüßt. Aus den Erfahrungen im Vollzug ist aber auf ein praktisches Problem aufmerksam zu machen.
Nach der Regelung des § 13 Absatz 7 BinSchAufgG-E sind die personenbezogenen Daten spätestens zu löschen, wenn die zugrunde liegende Fahrerlaubnis nicht mehr besteht. Es werden aber in der Kontrollpraxis Fälle festgestellt, wonach im Anschluss an eine nicht mehr bestehende inländische Fahrerlaubnis ein Schiffsführer sich eine ausländische Fahrerlaubnis besorgt bzw. bereits im Besitz einer ausländischen Fahrerlaubnis war, aber die deutschen Behörden davon keine Kenntnis hatten, um damit weiterhin einer Tätigkeit als Schiffsführer nachzugehen, obwohl eine Eignung nachweisbar nicht mehr gegeben war.
Der Wegfall der inländischen Fahrerlaubnis ist für die kontrollierenden Beamten nicht mehr nachvollziehbar. Um eine derartige Praxis zu vermeiden, bittet der Bundesrat im weiteren Gesetzgebungsverfahren dafür zu sorgen, dass die Datensätze über die endgültige Entziehung einer deutschen Fahrerlaubnis auch über den Zeitpunkt des Wegfalls dieser Fahrerlaubnis hinaus für einen begrenzten Zeitraum gespeichert werden können.
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4. Der Rechtsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, gegen den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes keine Einwendungen zu erheben.
* Regelungsinhalt auch bei Annahme von Ziffer 1 möglich.