Punkt 11 der 875. Sitzung des Bundesrates am 15. Oktober 2010
Der Bundesrat möge beschließen:
Zur Honorarangleichung in der vertragsärztlichen Versorgung
Das mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz beschlossene neue Vergütungssystem, das am 1. Januar 2009 in Kraft getreten ist, sollte das vertragsärztliche Vergütungssystem vereinfachen und die Transparenz deutlich erhöhen. Die Vertragsärzte sollten Kalkulationssicherheit erhalten, da sie im Voraus wissen sollten, wie hoch die Vergütung der erbrachten Leistungen ist.
Dieses Ziel ist in der Realität jedoch nicht erreicht worden. Aufgrund zahlreicher Korrekturen und andauernder Änderungen des Vergütungssystems durch den (Erweiterten) Bewertungsausschuss ist für den einzelnen Vertragsarzt Transparenz nur noch für höchstens ein Quartal vorhanden. Darüber hinaus gestaltet sich die Honorarentwicklung in den einzelnen KV-Bezirken sehr unterschiedlich, ohne dass bisher Gründe oder Ursachen für diese Unterschiede eruiert und benannt worden sind.
Der Gesetzentwurf des GKV-Finanzierungsgesetzes sieht nun eine Honorarangleichung in der vertragsärztlichen Versorgung vor, die mangels rechtlicher Bestimmtheit der Anpassungstatbestände erheblichen rechtlichen Bedenken begegnet.
Vor eventuellen Regelungen, die wie § 87 Absatz 9 SGB V und § 87d Absatz 2 SGB V auf eine Honorarangleichung in den KV-Bezirken zielen, muss daher zwingend eine umfassende Darstellung der Honorarentwicklung in den einzelnen KV-Bezirken und eine Analyse der unterschiedlichen Honorarentwicklungen von 2005 bis 2009 erfolgen. Auf dieser Basis kann der Bund anschließend in Abstimmung mit den Ländern Kriterien für eine asymmetrische Honorarverteilung bzw. bundesweite Konvergenz der Vergütungen definieren, die eine sachliche Rechtfertigung einer ungleichen Honorarverteilung gewährleisten.
Sollte die Analyse einen Angleichungsbedarf aufdecken, da beispielsweise Verwerfungen in der Honorarverteilung nicht auf ein Verhalten der betroffenen Kassenärztlichen Vereinigung(en) zurückgehen, das diese zu verantworten hat bzw. haben, ist anschließend die Pflicht des Bewertungsausschusses gesetzlich zu verankern, anhand der vom Bundesgesetzgeber in Abstimmung mit den Ländern festgelegten Kriterien die notwendigen Konzepte und Verfahren für eine bundesweite Honorarangleichung zu entwickeln.
Nach alldem fordert der Bundesrat die Bundesregierung daher auf, innerhalb von drei Monaten nach dem Kabinettbeschluss vom 22. September 2010 über den Gesetzentwurf des GKV-Finanzierungsgesetzes die Honorarentwicklung in den einzelnen KV-Bezirken von 2005 bis 2009 inklusive einer Ursachenanalyse für die unterschiedlichen Honorarentwicklungen darzustellen und den Ländern zur Kenntnis zu geben. Die Bundesregierung übermittelt den Ländern für den Fall eines nachgewiesenen Angleichungsbedarfs gleichzeitig einen Vorschlag zur Abstimmung, der Kriterien für eine bundesweite Honorarangleichung beinhaltet, die sachlich gerechtfertigt und transparent für alle Beteiligten sind.
Als Übergangsregelung für 2011 wird eine Erhöhung der morbiditätsorientierten Gesamtvergütung um insgesamt maximal 850 Millionen Euro vorgesehen, die anhand der Versichertenzahlen auf die Kassenärztlichen Vereinigungen verteilt werden. Dies gewährleistet den zeitlichen Spielraum, um für das Jahr 2012 auf der Basis der oben dargestellten Ursachenanalyse sowie der von Bund und Ländern gemeinsam entwickelten Kriterien ein Konzept für eine schrittweise Konvergenz der Vergütungen zu erarbeiten sowie die gesetzliche Grundlage für eine Honorarangleichung zu schaffen, sofern sich ein Anpassungsbedarf ergibt.