A. Problem und Ziel
Mit dem Rechtsetzungsvorhaben wird die Richtlinie 2010/32/EU des Rates vom 10. Mai 2010 zur Durchführung der von HOSPEEM und EGÖD geschlossenen Rahmenvereinbarung zur Vermeidung von Verletzungen durch scharfe/spitze Instrumente im Krankenhaus- und Gesundheitssektor (ABl. L 134 vom 1.6.2010, Seite 66, nachfolgend Nadelstich-Richtlinie) in nationales Recht umgesetzt. Gleichzeitig sollen Verwaltungsvereinfachungen für Tätigkeiten mit geringer Infektionsgefährdung eingeführt sowie die bestehenden Regelungen der Biostoffverordnung an neuere wissenschaftliche und technische Entwicklungen angepasst und Erkenntnisse aus der Anwendung der Verordnung übernommen werden.
Darüber hinaus erfolgt eine Änderung der Gefahrstoffverordnung, die hauptsächlich dazu dient, Regelungen der Unfallversicherungsträger zu bestimmten Tätigkeiten mit explosionsgefährlichen Stoffen an den Stand der Technik anzupassen und in staatliches Recht zu überführen.
B. Lösung
Neufassung der Biostoffverordnung und Änderung der Gefahrstoffverordnung im Rahmen einer Artikelverordnung.
C. Alternativen
Keine.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Dem Bund werden Kosten von circa 75.000 Euro pro Jahr entstehen durch die Einstufungen von biologischen Arbeitsstoffen in Risikogruppen. Die Pflicht hierzu ergibt sich aus den Vorgaben der Richtlinie 2000/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. September 2000 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit (ABl. L 262 vom 17.10.2000, Seite 21).
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird dieser Aufgabe in Kooperation mit dem zuständigen Unfallversicherungsträger nachkommen.
Für Länder und Kommunen hat die Neufassung der Biostoffverordnung keinen Einfluss auf die Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Durch die Verordnung wird für Bürgerinnen und Bürger kein Erfüllungsaufwand eingeführt, abgeschafft oder verändert.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Durch die Verordnung wird für die Wirtschaft der Erfüllungsaufwand in geringem Umfang verändert, wobei die Verordnung belastende und entlastende Aspekte enthält.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Für die Verwaltung des Bundes ergibt sich kein neuer Erfüllungsaufwand.
Die Verordnung wird auch bei den Ländern zu keiner relevanten Erhöhung des Erfüllungsaufwands führen. Entsprechendes gilt für die Kommunen, sofern in einzelnen Ländern die Zuständigkeit für den Vollzug der Biostoffverordnung bei den Kommunen liegt.
F. Weitere Kosten
Kosten entstehen in Form von Gebühren für das Erlaubnisverfahren. Die Höhe der Gebühren ist von den Ländern festzulegen und dürfte die eines vergleichbaren gentechnikrechtlichen Genehmigungsverfahrens nicht überschreiten.
Verordnung der Bundesregierung
Verordnung zur Neufassung der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit Biologischen Arbeitsstoffen und zur Änderung der Gefahrstoffverordnung
Bundesrepublik Deutschland
Berlin, 25. April 2013
Die Bundeskanzlerin
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Winfried Kretschmann
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich die von der Bundesregierung beschlossene Verordnung zur Neufassung der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit Biologischen Arbeitsstoffen und zur Änderung der Gefahrstoffverordnung mit Begründung und Vorblatt.
Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.
Federführend ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
- 1) Diese Verordnung dient der Umsetzung der Richtlinie 2010/32/EU des Rates vom 10. Mai 2010 zur Durchführung der von HOSPEM und EGÖD geschlossenen Rahmenvereinbarung zur Vermeidung von Verletzungen durch scharfe/spitze Instrumente im Krankenhaus- und Gesundheitssektor (ABl. L 134/66 vom 1.6.2010)
Abschnitt 1
Anwendungsbereich, Begriffsbestimmungen und Risikogruppeneinstufung
§ 1 Anwendungsbereich
- (1) Diese Verordnung gilt für Tätigkeiten mit Biologischen Arbeitsstoffen (Biostoffen). Sie regelt Maßnahmen zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten vor Gefährdungen durch diese Tätigkeiten. Sie regelt zugleich auch Maßnahmen zum Schutz anderer Personen, soweit diese aufgrund des Verwendens von Biostoffen durch Beschäftigte oder durch Unternehmer ohne Beschäftigte gefährdet werden können.
- (2) Die Verordnung gilt auch für Tätigkeiten, die dem Gentechnikrecht unterliegen, sofern dort keine gleichwertigen oder strengeren Regelungen zum Schutz der Beschäftigten bestehen.
§ 2 Begriffsbestimmungen
- (1) Biostoffe sind
- 1. Mikroorganismen, Zellkulturen und Endoparasiten einschließlich ihrer gentechnisch veränderten Formen,
- 2. mit Transmissibler Spongiformer Enzephalopathie (TSE) assoziierte Agenzien,
die den Menschen durch Infektionen, übertragbare Krankheiten, Toxinbildung, sensibilisierende oder sonstige, die Gesundheit schädigende Wirkungen, gefährden können.
- (2) Den Biostoffen gleichgestellt sind
- 1. Ektoparasiten, die beim Menschen eigenständige Erkrankungen verursachen oder sensibilisierende oder toxische Wirkungen hervorrufen können,
- 2. technisch hergestellte biologische Einheiten mit neuen Eigenschaften, die den Menschen in gleicher Weise gefährden können wie Biostoffe.
- (3) Mikroorganismen sind alle zellulären oder nichtzellulären mikroskopisch oder submikroskopisch kleinen biologischen Einheiten, die zur Vermehrung oder zur Weitergabe von genetischem Material fähig sind, insbesondere Bakterien, Viren, Protozoen und Pilze.
- (4) Zellkulturen sind invitrovermehrte Zellen, die aus vielzelligen Organismen isoliert worden sind.
- (5) Toxine im Sinne von Absatz 1 sind Stoffwechselprodukte oder Zellbestandteile von Biostoffen, die infolge von Einatmen, Verschlucken oder Aufnahme über die Haut beim Menschen toxische Wirkungen hervorrufen und dadurch akute oder chronische Gesundheitsschäden oder den Tod bewirken können.
- (6) Biostoffe der Risikogruppe 3, die mit (**) gekennzeichnet sind, sind solche Biostoffe, bei denen das Infektionsrisiko für Beschäftigte begrenzt ist, weil eine Übertragung über den Luftweg normalerweise nicht erfolgen kann. Diese Biostoffe sind im Anhang III der Richtlinie 2000/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. September 2000 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit (ABl. L 262 vom 17.10.2000, Seite 21) sowie in den Bekanntmachungen nach § 19 Absatz 4 Nummer 1 entsprechend aufgeführt.
- (7) Tätigkeiten sind
- 1. das Verwenden von Biostoffen, insbesondere das Isolieren, Erzeugen und Vermehren, das Aufschließen, das Ge- und Verbrauchen, das Be- und Verarbeiten, das Abund Umfüllen, das Mischen und Abtrennen sowie das innerbetriebliche Befördern, das Aufbewahren einschließlich des Lagerns, das Inaktivieren und das Entsorgen sowie
- 2. die berufliche Arbeit mit Menschen, Tieren, Pflanzen, Produkten, Gegenständen oder Materialien, wenn aufgrund dieser Arbeiten Biostoffe auftreten oder freigesetzt werden und Beschäftigte damit in Kontakt kommen können.
- (8) Gezielte Tätigkeiten liegen vor, wenn
- 1. die Tätigkeiten auf einen oder mehrere Biostoffe unmittelbar ausgerichtet sind,
- 2. der Biostoff oder die Biostoffe mindestens der Spezies nach bekannt sind und
- 3. die Exposition der Beschäftigten im Normalbetrieb hinreichend bekannt oder abschätzbar ist.
Nicht gezielte Tätigkeiten liegen vor, wenn mindestens eine Voraussetzung nach Satz 1 nicht vorliegt. Dies ist insbesondere bei Tätigkeiten nach Absatz 7 Nummer 2 gegeben.
- (9) Beschäftigte sind Personen, die nach § 2 Absatz 2 des Arbeitsschutzgesetzes als solche bestimmt sind. Den Beschäftigten stehen folgende Personen gleich, sofern sie Tätigkeiten mit Biostoffen durchführen:
- 1. Schülerinnen und Schüler,
- 2. Studierende,
- 3. sonstige Personen, insbesondere in wissenschaftlichen Einrichtungen und in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes Tätige,
- 4. in Heimarbeit Beschäftigte nach § 1 Absatz 1 des Heimarbeitsgesetzes.
Auf Schülerinnen und Schüler, Studierende sowie sonstige Personen nach Nummer 3 finden die Regelungen dieser Verordnung über die Beteiligung der Vertretungen keine Anwendung.
- (10)Arbeitgeber ist, wer nach § 2 Absatz 3 des Arbeitsschutzgesetzes als solcher bestimmt ist. Dem Arbeitgeber stehen gleich
- 1. der Unternehmer ohne Beschäftigte,
- 2. der Auftraggeber und der Zwischenmeister im Sinne des Heimarbeitsgesetzes.
- (11)Fachkundig im Sinne dieser Verordnung ist, wer zur Ausübung einer in dieser Verordnung bestimmten Aufgabe befähigt ist. Die Anforderungen an die Fachkunde sind abhängig von der jeweiligen Art der Aufgabe und der Höhe der Gefährdung. Die für die Fachkunde erforderlichen Kenntnisse sind durch eine geeignete Berufsausbildung und eine zeitnahe einschlägige berufliche Tätigkeit nachzuweisen. In Abhängigkeit von der Aufgabe und der Höhe der Gefährdung kann zusätzlich die Teilnahme an spezifischen Fortbildungsmaßnahmen erforderlich sein.
- (12) Stand der Technik ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere vergleichbare Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen heranzuziehen, die mit Erfolg in der Praxis erprobt worden sind.
- (13) Schutzstufen orientieren sich an der Risikogruppe des jeweiligen Biostoffs und sind ein Maßstab für die Höhe der Infektionsgefährdung einer Tätigkeit. Entsprechend den Risikogruppen nach § 3 werden vier Schutzstufen unterschieden. Die Schutzstufen umfassen die zusätzlichen Schutzmaßnahmen, die in den Anhängen II und III festgelegt oder empfohlen sind.
- (14) Einrichtungen des Gesundheitsdienstes nach dieser Verordnung sind Arbeitsstätten in denen Menschen stationär medizinisch untersucht, behandelt oder gepflegt werden oder ambulant medizinisch untersucht oder behandelt werden.
- (15) Biotechnologie im Sinne dieser Verordnung umfasst die biotechnologische Produktion sowie die biotechnologische Forschung unter gezieltem Einsatz definierter Biostoffe.
§ 3 Einstufung von Biostoffen in Risikogruppen
- (1) Biostoffe werden entsprechend dem von ihnen ausgehenden Infektionsrisiko nach dem Stand der Wissenschaft in eine der folgenden Risikogruppen eingestuft:
- 1. Risikogruppe 1: Biostoffe, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie beim Menschen eine Krankheit hervorrufen,
- 2. Risikogruppe 2: Biostoffe, die eine Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine Gefahr für Beschäftige darstellen könnten; eine Verbreitung in der Bevölkerung ist unwahrscheinlich; eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung ist normalerweise möglich,
- 3. Risikogruppe 3: Biostoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen können; die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung kann bestehen, doch ist normalerweise eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung möglich,
- 4. Risikogruppe 4: Biostoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen; die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung ist unter Umständen groß; normalerweise ist eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung nicht möglich.
- (2) Für die Einstufung der Biostoffe in die Risikogruppen 2 bis 4 gilt Anhang III der Richtlinie 2000/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. September 2000 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit (ABl. L 262 vom 17.10.2000, Seite 21). Wird dieser Anhang im Verfahren nach Artikel 19 dieser Richtlinie an den technischen Fortschritt angepasst, so kann die geänderte Fassung bereits ab ihrem Inkrafttreten angewendet werden. Sie ist nach Ablauf der festgelegten Umsetzungsfrist anzuwenden.
- (3) Ist ein Biostoff nicht nach Absatz 2 eingestuft, kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales nach Beratung durch den Ausschuss nach § 19 die Einstufung in eine Risikogruppe nach Absatz 1 vornehmen. Die Einstufungen werden im Gemeinsamen Ministerialblatt bekannt gegeben. Der Arbeitgeber hat diese Einstufungen zu beachten.
- (4) Liegt für einen Biostoff weder eine Einstufung nach Absatz 2 noch eine nach Absatz 3 vor, hat der Arbeitgeber, der eine gezielte Tätigkeit mit diesem Biostoff beabsichtigt, diesen in eine der Risikogruppen nach Absatz 1 einzustufen. Dabei hat der Arbeitgeber Folgendes zu beachten:
- 1. kommen für die Einstufung mehrere Risikogruppen in Betracht, ist der Biostoff in die höchste infrage kommende Risikogruppe einzustufen,
- 2. Viren, die bereits beim Menschen isoliert wurden, sind mindestens in die Risikogruppe 2 einzustufen, es sei denn, es ist unwahrscheinlich, dass diese Viren beim Menschen eine Krankheit verursachen,
- 3. Stämme, die abgeschwächt sind oder bekannte Virulenzgene verloren haben, können vorbehaltlich einer angemessenen Ermittlung und Bewertung in eine niedrigere Risikogruppe eingestuft werden als der Elternstamm (parentaler Stamm); ist der Elternstamm in die Risikogruppe 3 oder 4 eingestuft, kann eine Herabstufung nur auf der Grundlage einer wissenschaftlichen Bewertung erfolgen, die insbesondere der Ausschuss nach § 19 vornehmen kann.
Abschnitt 2
Gefährdungsbeurteilung, Schutzstufenzuordnung, Dokumentations- und Aufzeichnungspflichten
§ 4 Gefährdungsbeurteilung
- (1) Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes hat der Arbeitgeber die Gefährdung der Beschäftigten durch die Tätigkeiten mit Biostoffen vor Aufnahme der Tätigkeit zu beurteilen. Die Gefährdungsbeurteilung ist fachkundig durchzuführen. Verfügt der Arbeitgeber nicht selbst über die entsprechenden Kenntnisse, so hat er sich fachkundig beraten zu lassen.
- (2) Der Arbeitgeber hat die Gefährdungsbeurteilung unverzüglich zu aktualisieren, wenn
- 1. maßgebliche Veränderungen der Arbeitsbedingungen oder neue Informationen, zum Beispiel Unfallberichte oder Erkenntnisse aus arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen, dies erfordern oder
- 2. die Prüfung von Funktion und Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen ergeben hat, dass die festgelegten Schutzmaßnahmen nicht wirksam sind.
Ansonsten hat der Arbeitgeber die Gefährdungsbeurteilung mindestens jedes zweite Jahr zu überprüfen und bei Bedarf zu aktualisieren. Ergibt die Überprüfung, dass eine Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung nicht erforderlich ist, so hat der Arbeitgeber dies unter Angabe des Datums der Überprüfung in der Dokumentation nach § 7 zu vermerken.
- (3) Für die Gefährdungsbeurteilung hat der Arbeitgeber insbesondere Folgendes zu ermitteln:
- 1. Identität, Risikogruppeneinstufung und Übertragungswege der Biostoffe, deren mögliche sensibilisierende und toxische Wirkungen und Aufnahmepfade soweit diese Informationen für den Arbeitgeber zugänglich sind; dabei hat er sich auch darüber zu informieren, ob durch die Biostoffe sonstige die Gesundheit schädigende Wirkungen hervorgerufen werden können,
- 2. Art der Tätigkeit unter Berücksichtigung der Betriebsabläufe, Arbeitsverfahren und verwendeten Arbeitsmittel einschließlich der Betriebsanlagen,
- 3. Art, Dauer und Häufigkeit der Exposition der Beschäftigten, sowie diese Informationen für den Arbeitgeber zugänglich sind,
- 4. Möglichkeit des Einsatzes von Biostoffen, Arbeitsverfahren oder Arbeitsmitteln, die zu keiner oder einer geringeren Gefährdung der Beschäftigten führen würden (Substitutionsprüfung),
- 5. tätigkeitsbezogene Erkenntnisse
- a) über Belastungs- und Expositionssituationen, einschließlich psychischer Belastungen,
- b) über bekannte Erkrankungen und die zu ergreifenden Gegenmaßnahmen,
- c) aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge.
- (4) Der Arbeitgeber hat auf der Grundlage der nach Absatz 3 ermittelten Informationen die Infektionsgefährdung und die Gefährdungen durch sensibilisierende oder toxische Wirkungen unabhängig voneinander zu beurteilen. Diese Einzelbeurteilungen sind zu einer Gesamtbeurteilung zusammenzuführen, auf deren Grundlage die Schutzmaßnahmen festzulegen und zu ergreifen sind. Dies gilt auch, wenn bei einer Tätigkeit mehrere Biostoffe gleichzeitig auftreten oder verwendet werden.
- (5) Sind bei Tätigkeiten mit Produkten, die Biostoffe enthalten, die erforderlichen Informationen zur Gefährdungsbeurteilung wie zum Beispiel die Risikogruppeneinstufung nicht zu ermitteln, so muss der Arbeitgeber diese beim Hersteller, Einführer oder Inverkehrbringer einholen. Satz 1 gilt nicht für Lebensmittel in Form von Fertigerzeugnissen, die für den Endverbrauch bestimmt sind.
§ 5 Tätigkeiten mit Schutzstufenzuordnung
- (1) Bei Tätigkeiten in Laboratorien, in der Versuchstierhaltung, in der Biotechnologie sowie in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes hat der Arbeitgeber ergänzend zu § 4 Absatz 3 zu ermitteln, ob gezielte oder nicht gezielte Tätigkeiten ausgeübt werden. Er hat diese Tätigkeiten hinsichtlich ihrer Infektionsgefährdung einer Schutzstufe zuzuordnen.
- (2) Die Schutzstufenzuordnung richtet sich
- 1. bei gezielten Tätigkeiten nach der Risikogruppe des ermittelten Biostoffs; werden Tätigkeiten mit mehreren Biostoffen ausgeübt, so richtet sich die Schutzstufenzuordnung nach dem Biostoff mit der höchsten Risikogruppe,
- 2. bei nicht gezielten Tätigkeiten nach der Risikogruppe des Biostoffs, der aufgrund
- a) der Wahrscheinlichkeit seines Auftretens,
- b) der Art der Tätigkeit,
- c) der Art, Dauer, Höhe und Häufigkeit der ermittelten Exposition den Grad der Infektionsgefährdung der Beschäftigten bestimmt.
§ 6 Tätigkeiten ohne Schutzstufenzuordnung
- (1) Tätigkeiten, die nicht unter § 5 Absatz 1 fallen, müssen keiner Schutzstufe zugeordnet werden. Dabei handelt es sich um Tätigkeiten im Sinne von § 2 Absatz 7 Nummer 2.
Zu diesen Tätigkeiten gehören beispielsweise Reinigungs- und Sanierungsarbeiten, Tätigkeiten in der Veterinärmedizin, der Land-, Forst-, Abwasser- und Abfallwirtschaft sowie in Biogasanlagen und Schlachtbetrieben.
- (2) Kann bei diesen Tätigkeiten eine der in § 4 Absatz 3 Nummer 1 und 3 genannten Informationen nicht ermittelt werden, weil das Spektrum der auftretenden Biostoffe Schwankungen unterliegt oder Art, Dauer, Höhe oder Häufigkeit der Exposition wechseln können, so hat der Arbeitgeber die für die Gefährdungsbeurteilung und Festlegung der Schutzmaßnahmen erforderlichen Informationen insbesondere zu ermitteln auf der Grundlage von
- 1. Bekanntmachungen nach § 19 Absatz 4,
- 2. Erfahrungen aus vergleichbaren Tätigkeiten oder
- 3. sonstigen gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen.
§ 7 Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung und Aufzeichnungspflichten
- (1) Der Arbeitgeber hat die Gefährdungsbeurteilung unabhängig von der Zahl der Beschäftigten erstmals vor Aufnahme der Tätigkeit sowie danach jede Aktualisierung gemäß Satz 2 zu dokumentieren. Die Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung umfasst insbesondere folgende Angaben:
- 1. die Art der Tätigkeit einschließlich der Expositionsbedingungen,
- 2. das Ergebnis der Substitutionsprüfung nach § 4 Absatz 3 Nummer 4,
- 3. die nach § 5 Absatz 2 festgelegten Schutzstufen,
- 4. die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen,
- 5. eine Begründung, wenn von den nach § 19 Absatz 4 Nummer 1 bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnissen abgewichen wird.
- (2) Als Bestandteil der Dokumentation hat der Arbeitgeber ein Verzeichnis der verwendeten oder auftretenden Biostoffe zu erstellen (Biostoffverzeichnis), soweit diese bekannt und für die Gefährdungsbeurteilung nach § 4 maßgeblich sind. Das Verzeichnis muss Angaben zur Einstufung der Biostoffe in eine Risikogruppe nach § 3 und zu ihren sensibilisierenden und toxischen Wirkungen beinhalten. Die Angaben müssen allen betroffenen Beschäftigten und ihren Vertretungen zugänglich sein.
- (3) Bei Tätigkeiten der Schutzstufe 3 oder 4 hat der Arbeitgeber zusätzlich ein Verzeichnis über die Beschäftigten zu führen, die diese Tätigkeiten ausüben. In dem Verzeichnis sind die Art der Tätigkeiten und die vorkommenden Biostoffe sowie aufgetretene Unfälle und Betriebsstörungen anzugeben. Es ist personenbezogen für den Zeitraum von mindestens zehn Jahren nach Beendigung der Tätigkeit aufzubewahren. Der Arbeitgeber hat
- 1. den Beschäftigten die sie betreffenden Angaben in dem Verzeichnis zugänglich zu machen; der Schutz der personenbezogenen Daten ist zu gewährleisten,
- 2. bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses dem Beschäftigten einen Auszug über die ihn betreffenden Angaben des Verzeichnisses auszuhändigen; der Nachweis über die Aushändigung ist vom Arbeitgeber wie Personalunterlagen aufzubewahren.
Das Verzeichnis über die Beschäftigten kann zusammen mit dem Biostoffverzeichnis nach Absatz 2 geführt werden.
- (4) Auf die Dokumentation der Angaben nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 und 5 sowie auf das Verzeichnis nach Absatz 2 kann verzichtet werden, wenn ausschließlich Tätigkeiten mit Biostoffen der Risikogruppe 1 ohne sensibilisierende oder toxische Wirkungen durchgeführt werden.
Abschnitt 3
Grundpflichten und Schutzmaßnahmen§ 8 Grundpflichten
- (1) Der Arbeitgeber hat die Belange des Arbeitsschutzes in Bezug auf Tätigkeiten mit Biostoffen in seine betriebliche Organisation einzubinden und hierfür die erforderlichen personellen, finanziellen und organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen. Dabei hat er die Vertretungen der Beschäftigten in geeigneter Form zu beteiligen. Insbesondere hat er sicherzustellen, dass
- 1. bei der Gestaltung der Arbeitsorganisation, des Arbeitsverfahrens und des Arbeitsplatzes sowie bei der Auswahl und Bereitstellung der Arbeitsmittel alle mit der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zusammenhängenden Faktoren, einschließlich der psychischen, ausreichend berücksichtigt werden,
- 2. die Beschäftigten oder ihre Vertretungen im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten beteiligt werden, wenn neue Arbeitsmittel eingeführt werden sollen, die Einfluss auf die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten haben.
- (2) Der Arbeitgeber hat geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um bei den Beschäftigten ein Sicherheitsbewusstsein zu schaffen und den innerbetrieblichen Arbeitsschutz bei Tätigkeiten mit Biostoffen fortzuentwickeln.
- (3) Der Arbeitgeber darf eine Tätigkeit mit Biostoffen erst aufnehmen lassen, nachdem die Gefährdungsbeurteilung nach § 4 durchgeführt und die erforderlichen Maßnahmen ergriffen wurden.
- (4) Der Arbeitgeber hat vor Aufnahme der Tätigkeit
- 1. gefährliche Biostoffe vorrangig durch solche zu ersetzen, die nicht oder weniger gefährlich sind, soweit dies nach der Art der Tätigkeit oder nach dem Stand der Technik möglich ist,
- 2. Arbeitsverfahren und Arbeitsmittel so auszuwählen oder zu gestalten, dass Biostoffe am Arbeitsplatz nicht frei werden, wenn die Gefährdung der Beschäftigten nicht durch eine Maßnahme nach Nummer 1 ausgeschlossen werden kann,
- 3. die Exposition der Beschäftigten durch geeignete bauliche, technische und organisatorische Maßnahmen auf ein Minimum zu reduzieren, wenn eine Gefährdung der Beschäftigten nicht durch eine Maßnahme nach Nummer 1 oder Nummer 2 verhindert werden kann oder die Biostoffe bestimmungsgemäß freigesetzt werden,
- 4. zusätzlich persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen, wenn die Maßnahmen nach den Nummern 1 bis 3 nicht ausreichen, um die Gefährdung auszuschließen oder ausreichend zu verringern; der Arbeitgeber hat den Einsatz belastender persönlicher Schutzausrüstung auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken und darf sie nicht als Dauermaßnahme vorsehen.
- (5) Der Arbeitgeber hat die Schutzmaßnahmen auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung nach dem Stand der Technik sowie nach gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen festzulegen und zu ergreifen. Dazu hat er die Vorschriften dieser Verordnung einschließlich der Anhänge zu beachten und die nach § 19 Absatz 4 Nummer 1 bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnisse zu berücksichtigen. Bei Einhaltung der Regeln und Erkenntnisse ist davon auszugehen, dass die gestellten Anforderungen erfüllt sind (Vermutungswirkung). Von diesen Regeln und Erkenntnissen kann abgewichen werden, wenn durch andere Maßnahmen zumindest in vergleichbarer Weise der Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten gewährleistet wird. Haben sich der Stand der Technik oder gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse fortentwickelt und erhöht sich die Arbeitssicherheit durch diese Fortentwicklung erheblich, sind die Schutzmaßnahmen innerhalb einer angemessenen Frist anzupassen.
- (6) Der Arbeitgeber hat die Funktion der technischen Schutzmaßnahmen regelmäßig und deren Wirksamkeit mindestens jedes zweite Jahr zu überprüfen. Die Ergebnisse und das Datum der Wirksamkeitsprüfung sind in der Dokumentation nach § 7 zu vermerken. Wurde für einen Arbeitsbereich, ein Arbeitsverfahren oder einen Anlagetyp in einer Bekanntmachung nach § 19 Absatz 4 ein Wert festgelegt, der die nach dem Stand der Technik erreichbare Konzentration der Biostoffe in der Luft am Arbeitsplatz beschreibt (Technischer Kontrollwert), so ist dieser Wert für die Wirksamkeitsüberprüfung der entsprechenden Schutzmaßnahmen heranzuziehen.
- (7) Der Arbeitgeber darf in Heimarbeit nur Tätigkeiten mit Biostoffen der Risikogruppe 1 ohne sensibilisierende oder toxische Wirkung ausüben lassen.
§ 9 Allgemeine Schutzmaßnahmen
- (1) Bei allen Tätigkeiten mit Biostoffen müssen mindestens die allgemeinen Hygienemaßnahmen eingehalten werden. Insbesondere hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass
- 1. Arbeitsplätze und Arbeitsmittel in einem dem Arbeitsablauf entsprechenden sauberen Zustand gehalten und regelmäßig gereinigt werden,
- 2. Fußböden und Oberflächen von Arbeitsmitteln und Arbeitsflächen leicht zu reinigen sind,
- 3. Waschgelegenheiten zur Verfügung stehen,
- 4. vom Arbeitsplatz getrennte Umkleidemöglichkeiten vorhanden sind, sofern Arbeitskleidung erforderlich ist; die Arbeitskleidung ist regelmäßig sowie bei Bedarf zu wechseln und zu reinigen.
- (2) Bei Tätigkeiten in Laboratorien, in der Versuchstierhaltung, in der Biotechnologie und in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes hat der Arbeitgeber für die Schutzstufe 1 über die Maßnahmen des Absatzes 1 hinaus spezielle Hygienemaßnahmen entsprechend den nach § 19 Absatz 4 Nummer 1 bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnissen zu berücksichtigen.
- (3) Werden nicht ausschließlich Tätigkeiten mit Biostoffen der Risikogruppe 1 ohne sensibilisierende und toxische Wirkungen ausgeübt, hat der Arbeitgeber in Abhängigkeit von der Gefährdungsbeurteilung weitergehende Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Dabei hat er insbesondere
- 1. Arbeitsverfahren und Arbeitsmittel so zu gestalten oder auszuwählen, dass die Exposition der Beschäftigten gegenüber Biostoffen und die Gefahr durch Stich- und Schnittverletzungen verhindert oder minimiert werden, soweit dies technisch möglich ist,
- 2. Tätigkeiten und Arbeitsverfahren mit Staub- oder Aerosolbildung, einschließlich Reinigungsverfahren, durch solche ohne oder mit geringerer Staub- oder Aerosolbildung zu ersetzen, soweit dies nach dem Stand der Technik möglich ist; ist dies nicht möglich, hat der Arbeitgeber geeignete Maßnahmen zur Minimierung der Exposition zu ergreifen,
- 3. die Zahl der exponierten Beschäftigten auf das für die Durchführung der Tätigkeit erforderliche Maß zu begrenzen,
- 4. die erforderlichen Maßnahmen zur Desinfektion, Inaktivierung oder Dekontamination sowie zur sachgerechten und sicheren Entsorgung von Biostoffen, kontaminierten Gegenständen, Materialien und Arbeitsmitteln zu ergreifen,
- 5. zur Verfügung gestellte persönliche Schutzausrüstung einschließlich Schutzkleidung zu reinigen, zu warten, instand zu halten und sachgerecht zu entsorgen; Beschäftigte müssen die bereitgestellte persönliche Schutzausrüstung verwenden, solange eine Gefährdung besteht,
- 6. die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass persönliche Schutzausrüstung einschließlich Schutzkleidung beim Verlassen des Arbeitsplatzes sicher abgelegt und getrennt von anderen Kleidungsstücken aufbewahrt werden kann,
- 7. sicherzustellen, dass die Beschäftigten in Arbeitsbereichen, in denen Biostoffe auftreten können, keine Nahrungs- und Genussmittel zu sich nehmen; hierzu hat der Arbeitgeber vor Aufnahme der Tätigkeiten gesonderte Bereiche einzurichten, die nicht in Schutzkleidung betreten werden dürfen.
- (4) Der Arbeitgeber hat Biostoffe sicher zu lagern, innerbetrieblich sicher zu befördern und Vorkehrungen zu treffen, um Missbrauch oder Fehlgebrauch zu verhindern. Dabei hat er sicherzustellen, dass nur Behälter verwendet werden, die
- 1. hinsichtlich ihrer Beschaffenheit geeignet sind, den Inhalt sicher zu umschließen,
- 2. so gekennzeichnet sind, dass die davon ausgehenden Gefahren in geeigneter Weise deutlich erkennbar sind,
- 3. hinsichtlich Form und Kennzeichnung so gestaltet sind, dass der Inhalt nicht mit Lebensmitteln verwechselt werden kann.
- (5) Bei der medizinischen Untersuchung, Behandlung und Pflege von Patienten außerhalb von Einrichtungen des Gesundheitsdienstes findet § 11 Absatz 2 bis 5 Anwendung. Bei diesen Tätigkeiten hat der Arbeitgeber in Arbeitsanweisungen den Umgang mit persönlicher Schutzausrüstung und Arbeitskleidung sowie die erforderlichen Maßnahmen zur Hygiene und zur Desinfektion festzulegen.
§ 10 Zusätzliche Schutzmaßnahmen und Anforderungen bei Tätigkeiten der Schutzstufen 2, 3 oder 4 in Laboratorien, in der Versuchstierhaltung sowie in der Biotechnologie
- (1) Zusätzlich zu den Schutzmaßnahmen nach § 9 hat der Arbeitgeber vor Aufnahme der Tätigkeiten der Schutzstufen 2, 3 oder 4 in Laboratorien, in der Versuchstierhaltung oder in der Biotechnologie
- 1. entsprechend der Schutzstufenzuordnung
- a) geeignete räumliche Schutzstufenbereiche festzulegen und mit der Schutzstufenbezeichnung sowie mit dem Symbol für Biogefährdung nach Anhang I zu kennzeichnen,
- b) die Schutzmaßnahmen nach Anhang II oder III zu ergreifen; die als empfohlen bezeichneten Schutzmaßnahmen sind zu ergreifen, wenn dadurch die Gefährdung der Beschäftigten verringert werden kann,
- 2. gebrauchte spitze und scharfe Arbeitsmittel entsprechend der Anforderung nach § 11 Absatz 4 sicher zu entsorgen,
- 3. den Zugang zu Biostoffen der Risikogruppen 3 oder 4 auf dazu berechtigte, fachkundige und zuverlässige Beschäftigte zu beschränken; Tätigkeiten der Schutzstufe 3 oder 4 dürfen diesen Beschäftigten nur übertragen werden, wenn sie anhand von Arbeitsanweisungen eingewiesen und geschult sind.
- 1. entsprechend der Schutzstufenzuordnung
- (2) Der Arbeitgeber hat vor Aufnahme von Tätigkeiten der Schutzstufe 3 oder 4 eine Person zu benennen, die zuverlässig ist und über eine Fachkunde verfügt, die der hohen Gefährdung entspricht. Er hat diese Person mit folgenden Aufgaben zu beauftragen:
- 1. Beratung bei
- a) der Gefährdungsbeurteilung nach § 4,
- b) sonstigen sicherheitstechnisch relevanten Fragestellungen,
- 2. Unterstützung bei der
- a) Kontrolle der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen,
- b) Durchführung der Unterweisung nach § 14 Absatz 2,
- 3. Überprüfung der Einhaltung der Schutzmaßnahmen.
Der Arbeitgeber hat die Aufgaben und die Befugnisse dieser Person schriftlich festzulegen. Sie darf wegen der Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben nicht benachteiligt werden. Ihr ist für die Durchführung der Aufgaben ausreichend Zeit zur Verfügung zu stellen. Satz 1 gilt nicht für Tätigkeiten mit Biostoffen der Risikogruppe 3, die mit (**) gekennzeichnet sind.
- 1. Beratung bei
§ 11 Zusätzliche Schutzmaßnahmen und Anforderungen bei Tätigkeiten der Schutzstufen 2, 3 oder 4 in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes
- (1) Zusätzlich zu den Schutzmaßnahmen nach § 9 hat der Arbeitgeber vor Aufnahme der Tätigkeiten der Schutzstufen 2, 3 oder 4 in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes in Abhängigkeit von der Gefährdungsbeurteilung
- 1. wirksame Desinfektions- und Inaktivierungsverfahren festzulegen,
- 2. Oberflächen, die desinfiziert werden müssen, so zu gestalten, dass sie leicht zu reinigen und beständig gegen die verwendeten Desinfektionsmittel sind; für Tätigkeiten der Schutzstufe 4 gelten zusätzlich die Anforderungen des Anhangs II an Oberflächen.
- (2) Der Arbeitgeber hat entsprechend § 9 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 spitze und scharfe medizinische Instrumente vor Aufnahme der Tätigkeit durch solche zu ersetzen, bei denen keine oder eine geringere Gefahr von Stich- und Schnittverletzungen besteht, soweit dies technisch möglich und zur Vermeidung einer Infektionsgefährdung erforderlich ist.
- (3) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass gebrauchte Kanülen nicht in die Schutzkappen zurückgesteckt werden. Werden Tätigkeiten ausgeübt, die nach dem Stand der Technik eine Mehrfachverwendung des medizinischen Instruments erforderlich machen und muss dabei die Kanüle in die Schutzkappe zurückgesteckt werden, ist dies zulässig, wenn ein Verfahren angewendet wird, das ein sicheres Zurückstecken der Kanüle in die Schutzkappe mit einer Hand erlaubt.
- (4) Spitze und scharfe medizinische Instrumente sind nach Gebrauch sicher zu entsorgen. Hierzu hat der Arbeitgeber vor Aufnahme der Tätigkeiten Abfallbehältnisse bereitzustellen, die stich- und bruchfest sind und den Abfall sicher umschließen. Er hat dafür zu sorgen, dass diese Abfallbehältnisse durch Farbe, Form und Beschriftung eindeutig als Abfallbehältnisse erkennbar sind. Satz 1 und 2 gelten auch für gebrauchte medizinische Instrumente mit Schutzeinrichtungen gegen Stich- und Schnittverletzungen.
- (5) Der Arbeitgeber hat die Beschäftigten und ihre Vertretungen über Verletzungen durch gebrauchte spitze oder scharfe medizinische Instrumente, die organisatorische oder technische Ursachen haben, zeitnah zu unterrichten. Er hat die Vorgehensweise hierfür festzulegen.
- (6) Tätigkeiten der Schutzstufe 3 oder 4 dürfen nur fachkundigen Beschäftigten übertragen werden, die anhand von Arbeitseinweisungen eingewiesen und geschult sind.
- (7) Vor Aufnahme von Tätigkeiten der Schutzstufe 4 hat der Arbeitgeber
- 1. geeignete räumliche Schutzstufenbereiche festzulegen und mit der Schutzstufenbezeichnung sowie mit dem Symbol für Biogefährdung nach Anhang I zu kennzeichnen,
- 2. die Maßnahmen der Schutzstufe 4 aus Anhang II auszuwählen und zu ergreifen, die erforderlich und geeignet sind, die Gefährdung der Beschäftigten und anderer Personen zu verringern,
- 3. eine Person im Sinne von § 10 Absatz 2 Satz 1 zu benennen und mit den Aufgaben nach § 10 Absatz 2 Satz 2 zu beauftragen.
§ 12 Arbeitsmedizinische Vorsorge
Die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge in der jeweils geltenden Fassung gilt auch für den in § 2 Absatz 9 Satz 2 genannten Personenkreis.
§ 13 Betriebsstörungen, Unfälle
- (1) Der Arbeitgeber hat vor Aufnahme einer Tätigkeit der Schutzstufen 2 bis 4 die erforderlichen Maßnahmen festzulegen, die bei Betriebsstörungen oder Unfällen notwendig sind, um die Auswirkungen auf die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten und anderer Personen zu minimieren und den normalen Betriebsablauf wiederherzustellen. In Abhängigkeit von der Art möglicher Ereignisse und verwendeter oder vorkommender Biostoffe ist insbesondere Folgendes festzulegen:
- 1. Maßnahmen zur Ersten Hilfe und weitergehende Hilfsmaßnahmen für Beschäftigte bei unfallbedingter Übertragung von Biostoffen einschließlich der Möglichkeit zur postexpositionellen Prophylaxe,
- 2. Maßnahmen, um eine Verschleppung von Biostoffen zu verhindern,
- 3. Desinfektions-, Inaktivierungs- oder Dekontaminationsmaßnahmen,
- 4. dass getestet wird, ob bei Betriebsstörungen oder Unfällen die verwendeten Biostoffe in die Arbeitsumgebung gelangt sind, soweit dies technisch möglich ist und validierte Testverfahren bestehen.
Die Festlegungen sind gemäß § 14 Absatz 1 Satz 4 Nummer 3 ein Bestandteil der Betriebsanweisung.
- (2) Der Arbeitgeber hat die Beschäftigten über die festgelegten Maßnahmen und ihre Anwendung zu informieren. Tritt eine Betriebsstörung oder ein Unfall im Sinne von Absatz 1 Satz 1 ein, so hat der Arbeitgeber unverzüglich die gemäß Absatz 1 Satz 2 festgelegten Maßnahmen zu ergreifen. Dabei dürfen im Gefahrenbereich nur die Personen verbleiben, die erforderlich sind, um die in Absatz 1 genannten Ziele zu erreichen.
- (3) Vor Aufnahme von Tätigkeiten der Schutzstufen 3 oder 4 in Laboratorien, in der Versuchstierhaltung, in der Biotechnologie sowie vor Aufnahme von Tätigkeiten der Schutzstufe 4 in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes hat der Arbeitgeber ergänzend zu den Festlegungen nach Absatz 1 einen innerbetrieblichen Plan darüber zu erstellen, wie Gefahren abzuwehren sind, die beim Versagen einer Einschließungsmaßnahme durch eine Freisetzung von Biostoffen auftreten können. Darin hat er die spezifischen Gefahren und die Namen der für die innerbetrieblichen Rettungsmaßnahmen zuständigen Personen festzulegen. Die Festlegungen sind regelmäßig zu aktualisieren. Satz 1 gilt nicht für Tätigkeiten mit Biostoffen der Risikogruppe 3, die mit (**) gekennzeichnet sind.
- (4) Bei Tätigkeiten der Schutzstufe 4 hat der Plan nach Absatz 3 Angaben über den Umfang von Sicherheitsübungen und deren regelmäßige Durchführung zu enthalten, sofern solche Sicherheitsübungen aufgrund der Gefährdungsbeurteilung erforderlich sind. Die Maßnahmen nach Absatz 3 sind mit den zuständigen Rettungs- und Sicherheitsdiensten abzustimmen. Darüber hinaus hat der Arbeitgeber Warnsysteme einzurichten und Kommunikationsmöglichkeiten zu schaffen, durch die alle betroffenen Beschäftigten unverzüglich gewarnt und der Rettungs- und Sicherheitsdienst alarmiert werden können. Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass diese Systeme funktionstüchtig sind.
- (5) Der Arbeitgeber hat vor Aufnahme der Tätigkeiten ein Verfahren für Unfallmeldungen und -untersuchungen sowie die Vorgehensweise zur Unterrichtung der Beschäftigten und ihrer Vertretungen festzulegen. Das Verfahren ist so zu gestalten, dass bei schweren Unfällen sowie bei Nadelstichverletzungen mögliche organisatorische und technische Unfallursachen erkannt werden können und individuelle Schuldzuweisungen vermieden werden.
Die Beschäftigten und ihre Vertretungen sind über Betriebsstörungen und Unfälle mit Biostoffen, die die Sicherheit oder Gesundheit der Beschäftigten gefährden können, unverzüglich zu unterrichten.
§ 14 Betriebsanweisung und Unterweisung der Beschäftigten
- (1) Der Arbeitgeber hat auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung nach § 4 vor Aufnahme der Tätigkeit eine schriftliche Betriebsanweisung arbeitsbereichs- und biostoffbezogen zu erstellen. Satz 1 gilt nicht, wenn ausschließlich Tätigkeiten mit Biostoffen der Risikogruppe 1 ohne sensibilisierende oder toxische Wirkungen ausgeübt werden. Die Betriebsanweisung ist den Beschäftigten zur Verfügung zu stellen. Sie muss in einer für die Beschäftigten verständlichen Form und Sprache verfasst sein und insbesondere folgende Informationen enthalten:
- 1. die mit den vorgesehenen Tätigkeiten verbundenen Gefahren für die Beschäftigten, insbesondere zu
- a) der Art der Tätigkeit,
- b) den am Arbeitsplatz verwendeten oder auftretenden, tätigkeitsrelevanten Biostoffen einschließlich der Risikogruppe, Übertragungswege und gesundheitlichen Wirkungen,
- 2. Informationen über Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln, die die Beschäftigten zu ihrem eigenen Schutz und zum Schutz anderer Beschäftigter am Arbeitsplatz durchzuführen oder einzuhalten haben; dazu gehören insbesondere
- a) innerbetriebliche Hygienevorgaben,
- b) Informationen über Maßnahmen, die zur Verhütung einer Exposition zu ergreifen sind, einschließlich der richtigen Verwendung scharfer oder spitzer medizinischer Instrumente,
- c) Informationen zum Tragen, Verwenden und Ablegen der persönlicher Schutzausrüstung einschließlich Schutzkleidung,
- 3. Anweisungen zum Verhalten und zu Maßnahmen bei Verletzungen, bei Unfällen und Betriebsstörungen sowie zu deren innerbetrieblicher Meldung und zur Ersten Hilfe,
- 4. Informationen zur sachgerechten Inaktivierung oder Entsorgung von Biostoffen und kontaminierten Gegenständen, Materialien oder Arbeitsmitteln.
Die Betriebsanweisung muss bei jeder maßgeblichen Veränderung der Arbeitsbedingungen aktualisiert werden.
- 1. die mit den vorgesehenen Tätigkeiten verbundenen Gefahren für die Beschäftigten, insbesondere zu
- (2) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass die Beschäftigten auf der Grundlage der jeweils aktuellen Betriebsanweisung nach Absatz 1 Satz 1 über alle auftretenden Gefährdungen und erforderlichen Schutzmaßnahmen mündlich unterwiesen werden. Die Unterweisung ist so durchzuführen, dass bei den Beschäftigten ein Sicherheitsbewusstsein geschaffen wird. Die Beschäftigten sind auch über die Voraussetzungen zu informieren, unter denen sie Anspruch auf arbeitsmedizinische Vorsorge nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge haben. Im Rahmen der Unterweisung ist auch eine allgemeine arbeitsmedizinische Beratung durchzuführen mit Hinweisen zu besonderen Gefährdungen zum Beispiel bei verminderter Immunabwehr. Soweit erforderlich ist bei der Beratung die Ärztin oder der Arzt nach § 7 Absatz 1 der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge zu beteiligen.
- (3) Die Unterweisung muss vor Aufnahme der Beschäftigung und danach mindestens jährlich arbeitsplatzbezogen durchgeführt werden sowie in einer für die Beschäftigten verständlichen Form und Sprache erfolgen. Inhalt und Zeitpunkt der Unterweisung hat der Arbeitgeber schriftlich festzuhalten und sich von den unterwiesenen Beschäftigten durch Unterschrift bestätigen zu lassen.
- (4) Für Tätigkeiten der Schutzstufen 3 und 4 sind zusätzlich zur Betriebsanweisung Arbeitsanweisungen zu erstellen, die am Arbeitsplatz vorliegen müssen. Arbeitsanweisungen sind auch erforderlich für folgende Tätigkeiten mit erhöhter Infektionsgefährdung:
- 1. Instandhaltungs-, Reinigungs-, Änderungs- oder Abbrucharbeiten in oder an kontaminierten Arbeitsmitteln,
- 2. Tätigkeiten, bei denen erfahrungsgemäß eine erhöhte Unfallgefahr besteht,
- 3. Tätigkeiten, bei denen bei einem Unfall mit schweren Infektionen zu rechnen ist; dies kann bei der Entnahme von Proben menschlichen oder tierischen Ursprungs der Fall sein.
Abschnitt 4
Erlaubnis- und Anzeigepflichten
§ 15 Erlaubnispflicht
- (1) Der Arbeitgeber bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde bevor Tätigkeiten der Schutzstufen 3 oder 4 in Laboratorien, in der Versuchstierhaltung oder in der Biotechnologie erstmals aufgenommen werden. Die Erlaubnis umfasst die baulichen, technischen und organisatorischen Voraussetzungen nach dieser Verordnung zum Schutz der Beschäftigten und anderer Personen vor den Gefährdungen durch diese Tätigkeiten. Satz 1 gilt auch für Einrichtungen des Gesundheitsdienstes, die für Tätigkeiten der Schutzstufe 4 vorgesehen sind. Tätigkeiten mit Biostoffen der Risikogruppe 3, die mit (**) gekennzeichnet sind, bedürfen keiner Erlaubnis.
- (2) Schließt eine andere behördliche Entscheidung, insbesondere eine öffentlichrechtliche Genehmigung oder Erlaubnis, die Erlaubnis nach Absatz 1 ein, so wird die Anforderung nach Absatz 1 durch Übersendung einer Kopie dieser behördlichen Entscheidung an die zuständige Behörde erfüllt. Bei Bedarf kann die zuständige Behörde weitere Unterlagen anfordern.
- (3) Die Erlaubnis nach Absatz 1 ist schriftlich zu beantragen. Dem Antrag sind folgende Unterlagen beizufügen:
- 1. Name und Anschrift des Arbeitgebers,
- 2. Name und Befähigung der nach § 10 Absatz 2 oder § 11 Absatz 7 Nummer 3 benannten Person,
- 3. Name des Erlaubnisinhabers nach § 44 des Infektionsschutzgesetzes,
- 4. Lageplan, Grundriss und Bezeichnung der Räumlichkeiten einschließlich Flucht- und Rettungswege,
- 5. Beschreibung der vorgesehenen Tätigkeiten,
- 6. Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung unter Angabe
- a) der eingesetzten oder vorkommenden Biostoffe und der Schutzstufe der Tätigkeit,
- b) der baulichen, technischen, organisatorischen und persönlichen Schutzmaßnahmen einschließlich der Angaben zur geplanten Wartung und Instandhaltung der baulichen und technischen Maßnahmen,
- 7. Plan nach § 13 Absatz 3,
- 8. Informationen über die Abfall- und Abwasserentsorgung.
Bei Bedarf kann die zuständige Behörde weitere Unterlagen anfordern.
- (4) Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn die Anforderungen dieser Verordnung erfüllt werden, die erforderlich sind, um den Schutz der Beschäftigten und anderer Personen vor den Gefährdungen durch Biostoffe sicherzustellen.
§ 16 Anzeigepflicht
- (1) Der Arbeitgeber hat der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen:
- 1. die erstmalige Aufnahme
- a) einer gezielten Tätigkeit mit Biostoffen der Risikogruppe 2 in Laboratorien, in der Versuchstierhaltung und in der Biotechnologie,
- b) einer Tätigkeit mit Biostoffen der Risikogruppe 3, soweit die Tätigkeiten keiner Erlaubnispflicht nach § 15 unterliegen,
- 2. die Aufnahme jeder Tätigkeit mit weiteren Biostoffen der Risikogruppe 3 oder 4,
- 3. jede Änderung der erlaubten oder angezeigten Tätigkeiten, wenn diese für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bedeutsam sind, zum Beispiel Tätigkeiten, die darauf abzielen, die Virulenz des Biostoffs zu erhöhen,
- 4. die Aufnahme eines infizierten Patienten in eine Patientenstation der Schutzstufe 4,
- 5. das Einstellen einer nach § 15 erlaubnispflichtigen Tätigkeit.
- 1. die erstmalige Aufnahme
- (2) Die Anzeige hat folgende Angaben zu umfassen:
- 1. Name und Anschrift des Arbeitgebers,
- 2. Beschreibung der vorgesehenen Tätigkeiten,
- 3. das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung nach § 4,
- 4. die Art des Biostoffes,
- 5. die vorgesehenen Maßnahmen zum Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten.
- (3) Die Anzeige nach Absatz 1 Nummer 1 bis 3 oder Nummer 5 hat spätestens 30 Tage vor Aufnahme oder Einstellung der Tätigkeiten, die Anzeige nach Absatz 1 Nummer 4 unverzüglich zu erfolgen.
- (4) Die Anzeigepflicht kann auch dadurch erfüllt werden, dass der zuständigen Behörde innerhalb der in Absatz 3 bestimmten Frist die Kopie einer Anzeige, Genehmigung oder Erlaubnis nach einer anderen Rechtsvorschrift übermittelt wird, wenn diese gleichwertige Angaben beinhaltet.
Abschnitt 5
Vollzugsregelungen und Ausschuss für Biologische
Arbeitsstoffe
§ 17 Unterrichtung der Behörde
- (1) Der Arbeitgeber hat die zuständige Behörde unverzüglich zu unterrichten über
- 1. jeden Unfall und jede Betriebsstörung bei Tätigkeiten mit Biostoffen der Risikogruppe 3 oder 4, die zu einer Gesundheitsgefahr der Beschäftigten führen können,
- 2. Krankheits- und Todesfälle Beschäftigter, die auf Tätigkeiten mit Biostoffen zurückzuführen sind, unter genauer Angabe der Tätigkeit.
- (2) Unbeschadet des § 22 des Arbeitsschutzgesetzes hat der Arbeitgeber der zuständigen Behörde auf ihr Verlangen Folgendes zu übermitteln:
- 1. die Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung,
- 2. das Verzeichnis nach § 7 Absatz 3 Satz 1 sowie den Nachweis nach § 7 Absatz 3 Satz 4 Nummer 2,
- 3. die Tätigkeiten, bei denen Beschäftigte tatsächlich oder möglicherweise gegenüber Biostoffen exponiert worden sind, und die Anzahl dieser Beschäftigten,
- 4. die ergriffenen Schutz- und Vorsorgemaßnahmen einschließlich der Betriebs- und Arbeitsanweisungen,
- 5. die nach § 13 Absatz 1 und 2 festgelegten oder ergriffenen Maßnahmen und den nach § 13 Absatz 3 erstellten Plan.
§ 18 Behördliche Ausnahmen
Die zuständige Behörde kann auf schriftlichen oder elektronischen Antrag des Arbeitgebers Ausnahmen von den Vorschriften der §§ 9, 10, 11 und 13 einschließlich der Anhänge II und III erteilen, wenn die Durchführung der Vorschrift im Einzelfall zu einer unverhältnismäßigen Härte führen würde und die beantragte Abweichung mit dem Schutz der betroffenen Beschäftigten vereinbar ist.
§ 19 Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe
- (1) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) gebildet, in dem fachlich geeignete Personen vonseiten der Arbeitgeber, der Gewerkschaften, der Länderbehörden, der gesetzlichen Unfallversicherung und weitere fachlich geeignete Personen, insbesondere der Wissenschaft, vertreten sein sollen. Die Gesamtzahl der Mitglieder soll 16 Personen nicht überschreiten. Für jedes Mitglied ist ein stellvertretendes Mitglied zu benennen. Die Mitgliedschaft im Ausschuss ist ehrenamtlich.
- (2) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales beruft die Mitglieder des Ausschusses und die stellvertretenden Mitglieder. Der Ausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung und wählt die Vorsitzende oder den Vorsitzenden aus seiner Mitte. Die Geschäftsordnung und die Wahl des oder der Vorsitzenden bedürfen der Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.
- (3) Zu den Aufgaben des Ausschusses gehört es,
- 1. den Stand der Wissenschaft, Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte Erkenntnisse für Tätigkeiten mit Biostoffen zu ermitteln und entsprechende Empfehlungen auszusprechen einschließlich solcher Beiträge, die in öffentlich nutzbaren Informationssystemen über Biostoffe genutzt werden können,
- 2. zu ermitteln, wie die in dieser Verordnung gestellten Anforderungen erfüllt werden können und dazu die dem jeweiligen Stand von Technik und Medizin entsprechenden Regeln und Erkenntnisse zu erarbeiten,
- 3. wissenschaftliche Bewertungen von Biostoffen vorzunehmen und deren Einstufung in Risikogruppen vorzuschlagen,
- 4. das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in Fragen der biologischen Sicherheit zu beraten.
Das Arbeitsprogramm des Ausschusses wird mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales abgestimmt. Der Ausschuss arbeitet eng mit den anderen Ausschüssen beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales zusammen.
- (4) Nach Prüfung kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales
- 1. die vom Ausschuss ermittelten Regeln und Erkenntnisse nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 sowie die Einstufungen nach § 3 Absatz 3 im Gemeinsamen Ministerialblatt bekannt geben,
- 2. die Empfehlungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 sowie die Beratungsergebnisse nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 4 in geeigneter Weise veröffentlichen.
- (5) Die Bundesministerien sowie die zuständigen obersten Landesbehörden können zu den Sitzungen des Ausschusses Vertreter entsenden. Diesen ist auf Verlangen in der Sitzung das Wort zu erteilen.
- (6) Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin führt die Geschäfte des Ausschusses.
Abschnitt 6
Ordnungswidrigkeiten, Straftaten und Übergangsvorschriften
§ 20 Ordnungswidrigkeiten
- (1) Ordnungswidrig im Sinne des § 25 Absatz 1 Nummer 1 des Arbeitsschutzgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
- 1. entgegen § 4 Absatz 1 Satz 1 die Gefährdung der Beschäftigten nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig beurteilt,
- 2. entgegen § 4 Absatz 2 Satz 1 eine Gefährdungsbeurteilung nicht oder nicht rechtzeitig aktualisiert,
- 3. entgegen § 4 Absatz 2 Satz 2 eine Gefährdungsbeurteilung nicht oder nicht rechtzeitig überprüft,
- 4. entgegen § 7 Absatz 1 Satz 1 eine Gefährdungsbeurteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig dokumentiert,
- 5. entgegen § 7 Absatz 3 Satz 1 ein dort genanntes Verzeichnis nicht, nicht richtig oder nicht vollständig führt,
- 6. entgegen § 7 Absatz 3 Satz 3 ein dort genanntes Verzeichnis nicht oder nicht mindestens zehn Jahre aufbewahrt,
- 7. entgegen § 8 Absatz 4 Nummer 4 erster Halbsatz persönliche Schutzausrüstung nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellt,
- 8. entgegen § 9 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 nicht dafür sorgt, dass eine Waschgelegenheit zur Verfügung steht,
- 9. entgegen § 9 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 erster Halbsatz nicht dafür sorgt, dass eine Umkleidemöglichkeit vorhanden ist,
- 10. entgegen § 9 Absatz 3 Satz 2 Nummer 5 erster Halbsatz zur Verfügung gestellte persönliche Schutzausrüstung nicht instand hält,
- 11. entgegen § 9 Absatz 3 Satz 2 Nummer 7 zweiter Halbsatz dort genannte Bereiche nicht oder nicht rechtzeitig einrichtet,
- 12. entgegen § 9 Absatz 4 Satz 2 nicht sicherstellt, dass nur dort genannte Behälter verwendet werden,
- 13. entgegen § 10 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder § 11 Absatz 7 Nummer 1 einen Schutzstufenbereich nicht oder nicht rechtzeitig festlegt oder nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig kennzeichnet,
- 14. entgegen § 10 Absatz 2 Satz 1 oder § 11 Absatz 7 Nummer 3 eine Person nicht oder nicht rechtzeitig benennt,
- 15. entgegen § 11 Absatz 1 Nummer 1 ein dort genanntes Verfahren nicht oder nicht rechtzeitig festlegt,
- 16. entgegen § 11 Absatz 2 ein dort genanntes Instrument nicht oder nicht rechtzeitig ersetzt,
- 17. entgegen § 11 Absatz 3 Satz 1 nicht sicherstellt, dass eine gebrauchte Kanüle nicht in die Schutzkappe zurückgesteckt wird,
- 18. entgegen § 11 Absatz 4 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 4, ein dort genanntes Instrument nicht oder nicht rechtzeitig entsorgt,
- 19. entgegen § 13 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1, 2 oder 3 eine dort genannte Maßnahme nicht oder nicht rechtzeitig festlegt,
- 20. entgegen § 13 Absatz 3 Satz 1 einen innerbetrieblichen Plan nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstellt,
- 21. entgegen § 13 Absatz 5 Satz 1 ein Verfahren für Unfallmeldungen und - untersuchungen nicht oder nicht rechtzeitig festlegt,
- 22. entgegen § 14 Absatz 1 Satz 1 eine schriftliche Betriebsanweisung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstellt,
- 23. entgegen § 14 Absatz 2 Satz 1 nicht sicherstellt, dass ein Beschäftigter unterwiesen wird,
- 24. ohne Erlaubnis nach § 15 Absatz 1 Satz 1 eine dort genannte Tätigkeit aufnimmt,
- 25. entgegen § 16 Absatz 1 eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet oder
- 26. entgegen § 17 Absatz 1 die zuständige Behörde nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig unterrichtet.
- (2) Ordnungswidrig im Sinne des § 32 Absatz 1 Nummer 1 des Heimarbeitsgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 8 Absatz 7 eine dort genannte Tätigkeit ausüben lässt.
§ 21 Straftaten
- (1) Wer durch eine in § 20 Absatz 1 bezeichnete vorsätzliche Handlung Leben oder Gesundheit eines Beschäftigten gefährdet, ist nach § 26 Nummer 2 des Arbeitsschutzgesetzes strafbar.
- (2) Wer durch eine in § 20 Absatz 2 bezeichnete vorsätzliche Handlung in Heimarbeit Beschäftigte in ihrer Arbeitskraft oder Gesundheit gefährdet, ist nach § 32 Absatz 3 oder Absatz 4 des Heimarbeitsgesetzes strafbar.
§ 22 Übergangsvorschrift
Bei Tätigkeiten, die vor Inkrafttreten dieser Verordnung aufgenommen worden sind,
- 1. ist entsprechend § 10 Absatz 2 oder § 11 Absatz 7 Nummer 3 eine fachkundige Person bis zum 30. Juni 2014 zu benennen,
- 2. besteht keine Erlaubnispflicht gemäß § 15 Absatz 1, sofern diese Tätigkeiten der zuständigen Behörde angezeigt wurden.
Anhang I
Symbol für Biogefährdung
Anhang II
Zusätzliche Schutzmaßnahmen, insbesondere Containmentanforderungen, bei Tätigkeiten in Laboratorien und vergleichbaren Einrichtungen sowie in der Versuchstierhaltung
A Schutzmaßnahmen | B Schutzstufen | ||
2 | 3 | 4 | |
1. Der Schutzstufenbereich ist von anderen Schutzstufen- oder Arbeitsbereichen in demselben Gebäude abzugrenzen. | empfohlen | verbindlich | verbindlich |
2. Der Schutzstufenbereich muss als Zugang eine Schleuse mit gegeneinander verrie gelbaren Türen haben. | nein | verbindlich, wenn die Übertragung über die Luft erfolgen kann | verbindlich |
3. Der Zugang zum Schutzstufenbereich ist auf benannte Beschäftigte zu beschrän ken. | verbindlich bei geliste ten humanpathoge nen Biostoffen*) mit Zugangskontrolle | verbindlich mit Zu gangskontrolle | verbindlich mit Zugangskontrolle |
4. Im Schutzstufenbereich muss ein ständi ger Unterdruck aufrecht erhalten werden. | nein | verbindlich alarm überwacht, wenn die Übertragung über die Luft erfolgen kann | verbindlich alarmüberwacht |
5. Zu- und Abluft müssen durch Hochleistungsschwebstoff-Filter oder eine ver gleichbare Vorrichtung geführt werden. | nein | verbindlich für Abluft, wenn die Übertragung über die Luft erfolgen kann | verbindlich für Zu- und Abluft |
6. Der Schutzstufenbereich muss zum Zweck der Begasung abdichtbar sein. | nein | verbindlich, wenn die Übertragung über die Luft erfolgen kann | verbindlich |
7. Eine mikrobiologische Sicherheitswerk bank oder eine technische Einrichtung mit gleichwertigem Schutzniveau muss ver wendet werden. | verbindlich für Tätig keiten mit Aerosolbildung | verbindlich | verbindlich |
8. Jeder Schutzstufenbereich muss über eine eigene Ausrüstung verfügen. | empfohlen | verbindlich | verbindlich |
9. Jeder Schutzstufenbereich muss über einen Autoklaven oder eine gleichwertige Sterilisationseinheit verfügen. | empfohlen | verbindlich, wenn die Übertragung über die Luft erfolgen kann | verbindlich |
10. Kontaminierte Prozessabluft darf nicht in den Arbeitsbereich abgegeben werden. | verbindlich | verbindlich | verbindlich |
11. Wirksame Desinfektions- und Inaktivie rungsverfahren sind festzulegen. | verbindlich | verbindlich | verbindlich |
12. Die jeweils genannten Flächen müssen wasserundurchlässig und leicht zu reini gen sein. | Werkbänke | Werkbänke und Fuß böden | Werkbänke, Wände, Fußböden und Decken |
13.Oberflächen müssen beständig gegen die verwendeten Chemikalien und Desinfektionsmittel sein. | verbindlich | verbindlich | verbindlich |
14. Dekontaminations- und Wascheinrichtun gen für die Beschäftigten müssen vorhanden sein. | verbindlich | verbindlich | verbindlich |
15. Beschäftigte müssen vor dem Verlassen des Schutzstufenbereiches duschen. | nein | empfohlen | verbindlich |
16. Kontaminierte feste und flüssige Abfälle sind vor der endgültigen Entsorgung mit tels erprobter physikalischer oder chemi scher Verfahren zu inaktivieren. | verbindlich wenn keine sachgerechte Auf tragsentsorgung erfolgt | verbindlich wenn die Übertragung über die Luft erfolgen kann; ansonsten verbindlich wenn keine sachgerechte Auftragsentsorgung erfolgt | verbindlich |
17.Abwässer sind mittels erprobter physikali scher oder chemischer Verfahren vor der endgültigen Entsorgung zu inaktivieren. | nein für Abwässer aus Waschbecken und Duschen | empfohlen für Abwäs ser aus Waschbecken und Duschen | verbindlich |
18. Ein Sichtfenster oder eine vergleichbare Vorrichtung zur Einsicht in den Arbeitsbereich ist vorzusehen. | verbindlich | verbindlich | verbindlich |
19. Bei Alleinarbeit ist eine Notrufmöglichkeit vorzusehen. | empfohlen | verbindlich | verbindlich |
20. Fenster dürfen nicht zu öffnen sein. | nein; Fenster müssen während der Tätigkeit geschlossen sein | verbindlich | verbindlich |
21. Für sicherheitsrelevante Einrichtungen ist eine Notstromversorgung vorzusehen. | empfohlen | verbindlich | verbindlich |
22. Biostoffe sind unter Verschluss aufzube wahren. | verbindlich bei geliste ten humanpathoge nen Biostoffen*) | verbindlich bei geliste ten humanpathogenen Biostoffen*) | verbindlich |
23. Eine wirksame Kontrolle von Vektoren (zum Beispiel von Nagetieren und Insekten) ist durchzuführen. | empfohlen | verbindlich | verbindlich |
24.Sichere Entsorgung von infizierten Tier körpern, zum Beispiel durch thermische Inaktivierung, Verbrennungsanlagen für Tierkörper oder andere geeignete Einrichtungen zur Sterilisation/Inaktivierung. | verbindlich | verbindlich | verbindlich vor Ort |
Anmerkung: Gemäß § 10 Absatz 1 sind die als empfohlen bezeichneten Schutzmaßnahmen dann zu ergreifen, wenn dadurch die Gefährdung der Beschäftigten verringert werden kann.
- *) Im Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 428/2009 des Rates vom 5. Mai 2009 über eine Gemeinschaftsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr, der Verbringung, der Vermittlung und der Durchfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck (ABl. L 134 vom 29.5.2009, S. 1) unter 1C351 gelistete humanpathogene Erreger sowie unter 1C353 aufgeführte genetisch modifizierte Organismen.
Anhang III
Zusätzliche Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten in der Biotechnologie
Es gelten die Anforderungen nach Anhang II. Für Tätigkeiten mit Biostoffen in bioverfahrenstechnischen Apparaturen zum Beispiel Bioreaktoren, Separatoren gilt darüber hinaus:
A Schutzmaßnahmen | B Schutzstufen | ||
2 | 3 | 4 | |
1. Die Apparatur muss den Prozess phy sisch von der Umwelt trennen. | verbindlich | verbindlich | verbindlich |
2. Die Apparatur oder eine vergleichbare Anlage muss innerhalb eines entsprechenden Schutzstufenbereichs liegen. | verbindlich | verbindlich | verbindlich |
3. Die Prozessabluft der Apparatur muss so behandelt werden, dass ein Freisetzen von Biostoffen | minimiert wird. | verhindert wird. | zuverlässig verhindert wird. |
4. Das Öffnen der Apparatur zum Beispiel zur Probenahme, zum Hinzufügen von Substanzen oder zur Übertragung von Biostoffen muss so durchgeführt werden, dass ein Freisetzen von Biostoffen | minimiert wird. | verhindert wird. | zuverlässig verhindert wird. |
5. Kulturflüssigkeiten dürfen zur Weiterverarbeitung nur aus der Apparatur entnommen werden, wenn die Entnahme in einem geschlossenen System erfolgt oder die Biostoffe durch wirksame physikalische oder chemische Verfahren inaktiviert worden sind. | empfohlen | verbindlich | verbindlich |
6. Dichtungen an der Apparatur müssen so beschaffen sein, dass ein unbeabsichtig tes Freisetzen von Biostoffen | minimiert wird. | verhindert wird. | zuverlässig verhindert wird. |
7. Der gesamte Inhalt der Apparatur muss aufgefangen werden können. | verbindlich | verbindlich | verbindlich |
Anmerkung: Gemäß § 10 Absatz 1 sind die als empfohlen bezeichneten Schutzmaßnahmen dann zu ergreifen, wenn dadurch die Gefährdung der Beschäftigten verringert werden kann.
Artikel 2
Änderung der Gefahrstoffverordnung
Die Gefahrstoffverordnung vom 26. November 2010 (BGBl. I S. 1643, 1644), die durch Artikel 2 des Gesetzes vom 28. Juli 2011 (BGBl. I S. 1622) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:
- a) Die Angabe zu § 12 wird wie folgt gefasst:
" § 12 (weggefallen)".
- b) Nach der Angabe zu § 24 wird folgende Angabe eingefügt:
" § 25 Sprengstoffgesetz - Tätigkeiten mit Explosivstoffen und pyrotechnischen Gegenständen".
- c) Nach der Angabe zu Anhang II wird folgende Angabe eingefügt:
"Anhang III (zu § 11 Absatz 4)
Spezielle Anforderungen an Tätigkeiten mit Explosivstoffen und pyrotechnischen Gegenständen sowie mit organischen Peroxiden
Nummer 1 Übergreifende Regelungen
Nummer 2 Tätigkeiten mit Explosivstoffen und pyrotechnischen Gegenständen
Nummer 3 Tätigkeiten mit organischen Peroxiden".
2. § 1 wird wie folgt geändert:
- a) Dem Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:
"Bei Tätigkeiten mit Explosivstoffen, pyrotechnischen Gegenständen und organischen Peroxiden dient die Verordnung auch dem Schutz von Sachgütern."
- b) Absatz 3 Satz 2 wird wie folgt gefasst:
"Sie gelten auch, wenn die Sicherheit und Gesundheit anderer Personen aufgrund von Tätigkeiten im Sinne von § 2 Absatz 4 gefährdet sein können, die durch Beschäftigte oder Unternehmer ohne Beschäftigte ausgeübt werden."
3. § 2 wird wie folgt geändert:
- a) Nach Absatz 4 werden folgende Absätze 5 bis 7 eingefügt:
- (5) Explosivstoffe im Sinne des § 11 Absatz 4 und des Anhangs III sind die in § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Sprengstoffgesetzes genannten Stoffe und Gegenstände sowie die Stoffe und Gegenstände, die diesen nach § 1 Absatz 2 des Sprengstoffgesetzes gleichgestellt sind.
- (6) Pyrotechnische Gegenstände im Sinne des § 11 Absatz 4 und des Anhangs III sind die in § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Sprengstoffgesetzes genannten Gegenstände sowie pyrotechnische Munition im Sinne des Waffengesetzes.
- (7) Organische Peroxide im Sinne des § 11 Absatz 4 und des Anhangs III sind Stoffe, die sich vom Wasserstoffperoxid dadurch ableiten, dass ein oder beide Wasserstoffatome durch organische Gruppen ersetzt sind sowie Zubereitungen, die diese Stoffe enthalten."
- b) Die bisherigen Absätze 5 bis 11 werden die Absätze 8 bis 14.
- c) Der bisherige Absatz 12 wird Absatz 15 und es wird folgender Satz angefügt:
"Bei Tätigkeiten mit Explosivstoffen und pyrotechnischen Gegenständen ist fachkundig nur, wer darüber hinaus auch über die Fachkunde nach § 9 Absatz 1 oder Absatz 2 des Sprengstoffgesetzes verfügt."
- d) Der bisherige Absatz 13 wird Absatz 16.
4. In § 4 Absatz 3 wird das Wort "beachten" durch das Wort "berücksichtigen" ersetzt.
5. § 6 Absatz 8 Satz 1 Nummer 4 wird wie folgt gefasst:
"4. die durchzuführenden Schutzmaßnahmen einschließlich derer,
- a) die wegen der Überschreitung eines Arbeitsplatzgrenzwerts zusätzlich ergriffen wurden sowie der geplanten Schutzmaßen, die zukünftig ergriffen werden sollen, um den Arbeitsplatzgrenzwert einzuhalten oder
- b) die unter Berücksichtigung eines Beurteilungsmaßstabs für krebserzeugende Gefahrstoffe, der nach § 20 Absatz 4 bekannt gegeben worden ist, zusätzlich getroffen worden sind oder zukünftig getroffen werden sollen (Maßnahmenplan)."
6. In § 7 Absatz 2 Satz 2 und in Absatz 11 Satzteil vor Nummer 1 wird jeweils das Wort "beachten" durch das Wort "berücksichtigen" ersetzt.
7. Dem § 10 Absatz 1 Satz 1 werden folgende Sätze vorangestellt:
"Bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen der Kategorie 1 oder 2, für die kein Arbeitsplatzgrenzwert nach § 20 Absatz 4 bekannt gegeben worden ist, hat der Arbeitgeber ein geeignetes, risikobezogenes Maßnahmenkonzept anzuwenden, um das Minimierungsgebot nach § 7 Absatz 4 umzusetzen. Hierbei sind die nach § 20 Absatz 4 bekannt gegebenen Regeln, Erkenntnisse und Beurteilungsmaßstäbe zu berücksichtigen."
8. Dem § 11 wird folgender Absatz 4 angefügt:
(4) Bei Tätigkeiten mit Explosivstoffen, pyrotechnischen Gegenständen oder organischen Peroxiden hat der Arbeitgeber über die Bestimmungen der Absätze 1 und 2 sowie des Anhangs I Nummer 1 hinaus insbesondere Maßnahmen zu treffen, die die
- 1. Gefahr eines unbeabsichtigten Auslösens dieser explosionsgefährlichen Stoffe minimiert und
- 2. Auswirkungen von Bränden und Explosionen beschränken.
Dabei hat der Arbeitgeber Anhang III zu beachten."
9. § 12 wird aufgehoben
10. Dem § 14 wird folgender Absatz 4 angefügt:
(4) Der Arbeitgeber kann mit Einwilligung der betroffenen Beschäftigten oder ihrer Vertretungen die Aufbewahrungs- sowie die Aushändigungspflicht nach Absatz 3 Nummer 4 auf den zuständigen gesetzlichen Unfallversicherungsträger übertragen. Dafür übergibt der Arbeitgeber dem Unfallversicherungsträger die erforderlichen Unterlagen in einer für die elektronische Datenverarbeitung geeigneten Form. Der Unfallversicherungsträger händigt dem betroffenen Beschäftigten auf Anforderung einen Auszug des Verzeichnisses mit den ihn betreffenden Angaben aus."
11. In § 19 Absatz 1 Satz 1 werden nach dem Wort "schriftlichen" die Wörter "oder elektronischen" eingefügt.
12. § 20 wird wie folgt geändert:
- a) Absatz 3 wird wie folgt geändert:
- aa) Satz 1 wird wie folgt geändert:
- aaa) Die Nummern 1 und 2 werden wie folgt gefasst:
- "1. den Stand der Wissenschaft, Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte Erkenntnisse für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen einschließlich deren Einstufung und Kennzeichnung zu ermitteln und entsprechende Empfehlungen auszusprechen,
- 2. zu ermitteln, wie die in dieser Verordnung gestellten Anforderungen erfüllt werden können und dazu die dem jeweiligen Stand von Technik und Medizin entsprechenden Regeln und Erkenntnisse zu erarbeiten; werden dabei Belange des Sprengstoffrechts berührt, beteiligt der Ausschuss den Sachverständigenausschuss für explosionsgefährliche Stoffe nach § 6 Absatz 2 des Sprengstoffgesetzes geändert worden ist,"
- bbb) In Nummer 3 werden nach dem Wort "Gefahrstoffen" die Wörter "und zur Chemikaliensicherheit" eingefügt.
- ccc) In Nummer 4 Buchstabe a werden nach dem Wort "Grenzwerte" die Wörter "und Beurteilungsmaßstäbe" eingefügt.
- aaa) Die Nummern 1 und 2 werden wie folgt gefasst:
- bb) Folgender Satz wird angefügt:
"Der Ausschuss arbeitet eng mit den anderen Ausschüssen beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales zusammen."
- aa) Satz 1 wird wie folgt geändert:
- b) Absatz 4 wird wie folgt gefasst:
(4) Nach Prüfung kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales
- 1. die vom Ausschuss für Gefahrstoffe ermittelten Regeln und Erkenntnisse nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 sowie die Arbeitsplatzgrenzwerte und Beurteilungsmaßstäbe nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 4 im Gemeinsamen Ministerialblatt bekannt geben und
- 2. die Empfehlungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 sowie die Beratungsergebnisse nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 in geeigneter Weise veröffentlichen."
13. In § 22 Absatz 1 werden nach Nummer 19 die folgenden Nummern 19a bis 19c eingefügt:
"19a. entgegen § 11 Absatz 4 Satz 2 in Verbindung mit Anhang III Nummer 3.3 Absatz 1 Satz 1 eine Tätigkeit mit einem organischen Peroxid ausüben lässt,
19b. entgegen § 11 Absatz 4 Satz 2 in Verbindung mit Anhang III Nummer 3.6 Satz 2 Buchstabe a nicht sicherstellt, dass ein dort genanntes Gebäude oder ein dort genannter Raum in Sicherheitsbauweise errichtet wird,
19c. entgegen § 11 Absatz 4 Satz 2 in Verbindung mit Anhang III Nummer 3.7 einen dort genannten Bereich nicht oder nicht rechtzeitig festlegt,".
14. § 24 wird wie folgt geändert:
- a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:
- aa) Der Nummer 1 wird folgende Nummer 1 vorangestellt:
"1. entgegen § 16 Absatz 2 in Verbindung mit Anhang II Nummer 6 Absatz 1 einen dort aufgeführten Stoff verwendet,".
- bb) Die bisherigen Nummern 1 und 2 werden die Nummern 2 und 3.
- aa) Der Nummer 1 wird folgende Nummer 1 vorangestellt:
- b) Absatz 2 wird wie folgt geändert:
- aa) In Nummer 10 wird das Komma am Ende der Vorschrift durch das Wort "oder" ersetzt.
- bb) In Nummer 11 wird das Wort "oder" am Ende der Vorschrift durch einen Punkt ersetzt.
- cc) Nummer 12 wird aufgehoben.
15. Folgender § 25 wird angefügt:
" § 25 Sprengstoffgesetz - Tätigkeiten mit Explosivstoffen und pyrotechnischen Gegenständen
Ordnungswidrig im Sinne des § 41 Absatz 1 Satz 1 Nummer 16 des Sprengstoffgesetzes handelt wer vorsätzlich oder fahrlässig
- 1. entgegen § 11 Absatz 4 Satz 2 in Verbindung mit Anhang III Nummer 2.5.2 Absatz 1 Satz 3 einen dort genannten Schutz- und Sicherheitsabstand nicht einhält,
- 2. entgegen § 11 Absatz 4 Satz 2 in Verbindung mit Anhang III Nummer 2.5.3 Absatz 1 Satz 1 eine dort genannte Tätigkeit ausüben lässt,
- 3. entgegen § 11 Absatz 4 Satz 2 in Verbindung mit Anhang III Nummer 2.6.1 Buchstabe c Abfälle nicht richtig aufbewahrt,
- 4. entgegen § 11 Absatz 4 Satz 2 in Verbindung mit Anhang III Nummer 2.6.3 Absatz 1 Satz 1 einen Explosivstoff oder einen pyrotechnischen Gegenstand nicht oder nicht rechtzeitig entfernt oder
- 5. entgegen § 11 Absatz 4 Satz 2 in Verbindung mit Anhang III Nummer 2.6.3 Absatz 1 Satz 3 sich von der Anwendung der Schutzmaßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig überzeugt."
16. Anhang I Nummer 2.4.2 wird wie folgt geändert:
- a) Dem Absatz 3 werden die folgenden Sätze angefügt:
"Sachkundenachweise gelten für den Zeitraum von sechs Jahren, wenn sie nach dem 30. Juni 2010 erworben wurden. Wird während der Geltungsdauer des Sachkundenachweises ein behördlich anerkannter Fortbildungslehrgang besucht, verlängert sich die Geltungsdauer um sechs Jahre, gerechnet ab dem Datum des Nachweises über den Abschluss des Fortbildungslehrganges. Auf Sachkundenachweise, die vor dem 1. Juli 2010 erworben wurden, finden Satz 4 erster Halbsatz und Satz 5 ab dem 1. Juli 2016 Anwendung."
- b) In Absatz 4 Satz 2 werden nach dem Wort "schriftlichen" die Wörter "oder elektronischen" eingefügt.
17. Anhang II Nummer 6 wird wie folgt geändert:
- a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:
- aa) Der Wortlaut wird Satz 1 und im Satzteil vor Nummer 1 wird das Wort "Gefahrstoffe" ersetzt durch die Wörter "besonders gefährlichen krebserzeugenden Stoffe".
- bb) Folgender Satz wird angefügt:
"Die Herstellungs- und Verwendungsbeschränkung nach Satz 1 gilt auch für o-Toluidin.".
- b) In Absatz 2 werden nach dem Wort "Verwendungsbeschränkung" die Wörter "nach Absatz 1" eingefügt.
18. Folgender Anhang III wird angefügt:
"Anhang III (zu § 11 Absatz 4)
Spezielle Anforderungen an Tätigkeiten mit Explosivstoffen und pyrotechnischen Gegenständen sowie mit organischen Peroxiden
Inhaltsübersicht
Nummer 1 Übergreifende Regelungen
Nummer 2 Tätigkeiten mit Explosivstoffen und pyrotechnischen Gegenständen
Nummer 3 Tätigkeiten mit organischen Peroxiden
Nummer 1 - Übergreifende Regelungen
1.1 Anwendungsbereich
Der Anhang III legt nur Anforderungen fest zum Schutz von Beschäftigten, Personen nach § 1 Absatz 3 Satz 2 (andere Personen) und Sachgütern vor
- a) Brand- und Explosionsgefährdungen sowie
- b) den Auswirkungen von Bränden oder Explosionen.
Gesundheitsschädigende Wirkungen, die bei Tätigkeiten mit Explosivstoffen und pyrotechnischen Gegenständen oder organischen Peroxiden auftreten können, werden von Anhang III nicht erfasst.
1.2 Begriffsbestimmungen
Folgende Begriffsbestimmungen gelten für Anhang III:
- a) Gefahrgruppe ist eine Einteilung von aa) Organischen Peroxiden in Abhängigkeit von ihrem Abbrandverhalten im verpackten Zustand,
- bb) Explosivstoffen und pyrotechnischen Gegenständen in Abhängigkeit von der Wirkung, die erzielt würde, wenn es durch die tätigkeitsspezifischen Beanspruchungen zu einer Auslösung käme,
- b) Gefährliche Objekte sind Betriebsgebäude, Räume oder Plätze, in oder auf denen Explosivstoffe oder pyrotechnische Gegenstände vorhanden sind oder in oder auf denen Tätigkeiten mit organischen Peroxiden durchgeführt werden,
- c) Schutzabstände sind die zwischen gefährlichen Objekten und der Nachbarschaft, insbesondere Wohnbereichen und Verkehrswegen, einzuhaltenden Abstände,
- d) Sicherheitsabstände sind die innerhalb eines Betriebsgeländes einzuhaltenden Abstände,
- e) Verkehrswege sind Straßen, Schienen- und Schifffahrtswege, die uneingeschränkt dem öffentlichen Verkehr zugänglich sind, ausgenommen solche mit geringer Verkehrsdichte,
- f) Wohnbereich ist ein Bereich, in dem sich bewohnte Gebäude befinden und der nicht mit dem Betrieb in Zusammenhang steht; zu den bewohnten Gebäuden zählen auch Gebäude und Anlagen mit Räumen, die nicht nur zum vorübergehenden Aufenthalt von Personen bestimmt und geeignet sind.
Nummer 2 - Bestimmte Tätigkeiten mit Explosivstoffen und pyrotechnischen Gegenständen
2.1 Anwendungsbereich
(1) Nummer 2 gilt für
- a) die Herstellung, Be- und Verarbeitung, Wiedergewinnung und Vernichtung,
- b) den innerbetrieblichen Transport,
- c) das Bereitstellen, Untersuchen und Erproben sowie das Zerlegen und Delaborieren, soweit dies im Zusammenhang mit Tätigkeiten nach Ziffer 1 steht, von Explosivstoffen und pyrotechnischen Gegenständen.
(2) Nummer 2 gilt nicht für
- a) den bestimmungsgemäßen Gebrauch von Explosivstoffen und pyrotechnischen Gegenständen,
- b) das Herstellen von Nitrozellulose mit einem Massengehalt von weniger als 12,6 Prozent Stickstoff,
- c) das Aufbewahren, soweit dieses in der Zweiten Verordnung zum Sprengstoffgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. September 2002 (BGBl. I S. 3543), die zuletzt durch Artikel 2 der Verordnung vom 26. November 2010 (BGBl. I S. 1643) geändert worden ist, geregelt ist.
2.2 Begriffsbestimmungen
Folgende Begriffsbestimmungen gelten für Nummer 2:
- a) Ausbrennplatz ist ein Platz im Freien, der dazu bestimmt ist, anhaftende Explosivstoffe durch Abbrennen oder Verbrennen zu vernichten,
- b) Akzeptoren sind Objekte, die durch die Wirkungen von Bränden und Explosionen eines Donators gefährdet sind; Donatoren können zugleich Akzeptoren sein,
- c) Bestimmungsgemäßer Gebrauch entspricht dem Verwenden im Sinne des Sprengstoffgesetzes und der darauf erlassen Rechtsvorschriften,
- d) Brandplatz ist ein Platz im Freien, der zur Vernichtung von Explosivstoffen und pyrotechnischen Gegenständen durch Abbrennen oder Verbrennen bestimmt ist,
- e) Donatoren sind gefährliche Objekte, durch die im Falle eines Brandes oder einer Explosion eine Gefährdung von Beschäftigten, anderen Personen oder von Sachgütern hervorgerufen wird,
- f) Fachkompetenz im Sinne der Nummer 2 sind weiterreichende Kenntnisse über Explosivstoffe und pyrotechnische Gegenstände, die über die Fachkunde nach § 9 Absatz 1 oder 2 des Sprengstoffgesetzes hinausgehen und die für die Erfüllung spezifischer Aufgaben erforderlich ist,
- g) Laboratorien sind Räume, in denen Tätigkeiten mit Explosivstoffen oder pyrotechnischen Gegenständen ausschließlich zu Forschungs-, Entwicklungsoder Analysezwecken durchgeführt werden,
- h) Nettoexplosivstoffmasse ist die Masse der Explosivstoffe, einschließlich der Phlegmatisierungsmittel, ohne deren Umhüllung und Verpackung.
- i) Schutzräume sind Räume, die dem Aufenthalt und dem Schutz von Beschäftigten während gefährlicher Arbeitsvorgänge dienen und die sich in oder in der Nähe gefährlicher Objekte befinden,
- j) Sprengplatz ist ein Platz im Freien, der zum Vernichten durch Sprengen bestimmt und hergerichtet ist,
- k) Sprengstücke sind Teile von Gegenständen nach § 2 Absatz 5, die im Falle einer Explosion vom Explosionsausgangspunkt weggeschleudert werden,
- l) Tätigkeiten unter Sicherheit sind Tätigkeiten, bei denen auf Grund einer hohen Gefährdung von Beschäftigten durch Brand- oder Explosionswirkungen besondere Schutzmaßnahmen zu ergreifen sind,
- m) Vernichtung umfasst die Vorgänge, durch die Explosivstoffe oder pyrotechnische Gegenstände irreversibel unwirksam gemacht werden, ohne dass diese bestimmungsgemäß gebraucht werden.
2.3 Gefährdungsbeurteilung
- (1) Ergänzend zu den Anforderungen nach § 6 Absatz 1 dieser Verordnung hat der Arbeitgeber Informationen zu beschaffen
- a) zur Bauausführung und zur Lage von Betriebsgebäuden, Räumen oder Plätzen, einschließlich deren Abstände zueinander und zur Wohnbebauung sowie zu Verkehrswegen,
- b) zur Art der Betriebsanlagen und -einrichtungen sowie zu Arbeitsmitteln,
- aa) die verfahrensbedingt mit Explosivstoffen oder pyrotechnischen Gegenständen in Berührung kommen sollen oder bb) bei denen anzunehmen ist, dass sie mit Staub, Dampf, Kondensat, Sublimat oder anderen Zustandsformen von Explosivstoffen in Berührung kommen,
- c) über sicherheitstechnische Kenndaten von Explosivstoffen und pyrotechnischen Gegenständen,
- d) zur maximalen Nettoexplosivstoffmasse, die in gefährlichen Objekten vorhanden sein darf,
- e) darüber, ob Tätigkeiten unter Sicherheit ausgeübt werden müssen und ob dabei Schutzräume einzurichten sind.
- (2) Auf der Grundlage der vorliegenden Informationen hat der Arbeitgeber nach § 6 die Gefährdung zu beurteilen und die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Dabei hat er unter Berücksichtigung der nach § 20 Absatz 4 bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnisse zusätzlich
- a) Explosivstoffe und pyrotechnische Gegenstände in Abhängigkeit von der jeweiligen Tätigkeit vor deren Aufnahme einer Gefahrgruppe nach Nummer 2.4 Absatz 1 zuzuordnen,
- b) die gefährlichen Objekte entsprechend der Kriterien nach Nummer 2.4 Absatz 2 in Bereiche einzuteilen sowie
- c) Akzeptoren und Donatoren in Abhängigkeit von der Art der Nutzung und der Bauausführung den Kategorien A1 bis A11 bzw. D1 bis D5 zuzuordnen; dies hat gemäß den Tabellen 1 bis 4 der Anlage 2 zum Anhang der Zweiten Verordnung zum Sprengstoffgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. September 2002 (BGBl. I S. 3543), die zuletzt durch Artikel 2 der Verordnung vom 26. November 2010 (BGBl. I S. 1643) geändert worden ist, zu erfolgen.
- (3) In die Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung gemäß § 6 Absatz 8 sind die Ermittlungsergebnisse nach Absatz 1 sowie die Zuordnungen und Einteilungen nach Absatz 2 aufzunehmen.
2.4 Gefahrgruppenzuordnung und Bereichseinteilung
- (1) Der Arbeitgeber hat die Gefahrgruppenzuordnung nach Nummer 2.3 Absatz 2 Satz 2 Buchstabe a nach folgenden Kriterien vorzunehmen:
- a) Gefahrgruppe 1.1: Explosivstoffe oder pyrotechnischen Gegenstände dieser Gruppe können in der Masse explodieren; die Umgebung ist durch Druckwirkung (Stoßwellen), durch Flammen und durch Spreng- oder Wurfstücke gefährdet; bei starkmanteligen Gegenständen ist eine zusätzliche Gefährdung durch Sprengstücke vorhanden,
- b) Untergruppen der Gefahrgruppe 1.1 für pyrotechnische Sätze aa) Gefahrgruppe 1.1-1: Sätze dieser Gruppe explodieren ohne Verdämmung schon in geringer Masse; die Sätze sind mechanisch oder thermisch extrem empfindlich,
- bb) Gefahrgruppe 1.1-2: Sätze dieser Gruppe explodieren bei Verdämmung, einschließlich Eigenverdämmung, schon in geringer Masse; ihre Abbrandgeschwindigkeit ist stark masseabhängig; diese Sätze sind mechanisch oder thermisch sehr empfindlich,
- cc) Gefahrgruppe 1.1-3: Sätze dieser Gruppe explodieren bei Verdämmung; ihre Abbrandgeschwindigkeit ist masseabhängig; die Sätze sind mechanisch oder thermisch empfindlich,
- c) Gefahrgruppe 1.2: Explosivstoffe oder pyrotechnische Gegenstände dieser Gruppe explodieren nicht in der Masse; Gegenstände explodieren bei einem Brand zunächst einzeln; im Verlauf des Brandes nimmt die Zahl der gleichzeitig explodierenden Gegenstände zu; die Druckwirkung (Stoßwellen) der Explosionen ist auf die unmittelbare Umgebung beschränkt; an Bauwerken der Umgebung entstehen keine oder nur geringe Schäden; die weitere Umgebung ist durch Sprengstücke und durch Flugfeuer gefährdet; fortgeschleuderte Gegenstände können beim Aufschlag explodieren und so Brände oder Explosionen übertragen; bei starkmanteligen Gegenständen ist eine zusätzliche Gefährdung durch Sprengstücke vorhanden,
- d) Gefahrgruppe 1.3: Explosivstoffe oder pyrotechnische Gegenstände dieser Gruppe explodieren nicht in der Masse; sie brennen sehr heftig und unter starker Wärmeentwicklung ab; der Brand breitet sich rasch aus; die Umgebung ist hauptsächlich durch Flammen, Wärmestrahlung und Flugfeuer gefährdet; Gegenstände können vereinzelt explodieren, einzelne brennende Packstücke und Gegenstände können fortgeschleudert werden; die Gefährdung der Umgebung durch Sprengstücke ist gering; die Bauten in der Umgebung sind in der Regel durch Druckwirkung (Stoßwellen) nicht gefährdet,
- e) Gefahrgruppe 1.4: Explosivstoffe oder pyrotechnische Gegenstände dieser Gruppe stellen keine bedeutsame Gefahr dar; sie brennen ab, einzelne Gegenstände können auch explodieren; die Auswirkungen sind weitgehend auf das Packstück oder den Arbeitsplatz beschränkt; es entstehen keine Sprengstücke gefährlicher Größe und Flugweite; ein Brand ruft keine Explosion des gesamten Inhaltes einer Packung oder der Explosivstoffe oder pyrotechnischen Gegenstände am Arbeitsplatz hervor.
- (2) Der Arbeitgeber hat die Bereichseinteilung nach Nummer 2.3 Absatz 2 Satz 2 Buchstabe b nach folgenden Kriterien vorzunehmen:
- a) E-1: Bereiche, in denen Explosivstoffe oder pyrotechnische Gegenstände verfahrensbedingt mit Einrichtungen, Anlagen und Arbeitsmitteln in Berührung kommen oder als Staub, Dampf, Kondensat, Sublimat oder in anderen Zustandsformen in beachtenswertem Umfang auftreten können,
- b) E-2: Bereiche, in denen Explosivstoffe oder pyrotechnische Gegenstände konstruktions- oder verfahrensbedingt mit Einrichtungen, Anlagen und Arbeitsmitteln nicht in Berührung kommen, jedoch als Staub, Dampf, Kondensat, Sublimat oder in anderen Zustandsformen gelegentlich auftreten können,
- c) E-3: Bereiche, in denen Explosivstoffe oder pyrotechnische Gegenstände konstruktions- oder verfahrensbedingt mit Einrichtungen, Anlagen und Arbeitsmitteln nicht in Berührung kommen und als Staub, Dampf, Kondensat, Sublimat oder in anderen Zustandsformen weder konstruktions- noch verfahrensbedingt auftreten können, zum Beispiel Versandverpackungen und andere geschlossene Verpackungen.
- (3) Bestehen hinsichtlich der Zuordnung zu einer Gefahrgruppe Zweifel, hat der Arbeitgeber sich fachkompetent beraten zu lassen. Dies kann insbesondere durch die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung erfolgen. Soweit es sich um Explosivstoffe oder pyrotechnische Gegenstände handelt, die ausschließlich für eine militärische Verwendung bestimmt sind, kann die Beratung auch durch die zuständige Stelle der Bundeswehr erfolgen.
2.5 Festlegung der Schutzmaßnahmen
Der Arbeitgeber hat auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung die technischen, baulichen und organisatorischen Schutzmaßnahmen so festzulegen, dass Brand- und Explosionsgefährdungen und die Auswirkungen von Bränden und Explosionen minimiert werden.
2.5.1 Betriebliche Organisation
- (1) Der Arbeitgeber hat den Betrieb so zu gestalten, dass die gefährlichen Objekte einen oder mehrere zusammenhängende Betriebsteile (gefährliche Betriebsteile) bilden. Betriebsgebäude oder Plätze, die keine gefährlichen Objekte sind, sind im gefährlichen Betriebsteil nur zulässig, soweit dies für den Betriebsablauf unbedingt erforderlich ist. Die gefährlichen Betriebsteile sind von den anderen Betriebsteilen abzugrenzen. Bei der Abgrenzung sind die erforderlichen Sicherheitsabstände zu beachten.
- (2) Der Arbeitgeber hat entsprechend dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung die innerbetrieblichen Verkehrswege sicher zu gestalten und um gefährliche Objekte Brandschutzbereiche einzurichten.
2.5.2 Schutz- und Sicherheitsabstände
- (1) Der Arbeitgeber hat spätestens bis zum 31.12.2014 Schutz- und Sicherheitsabstände festzulegen. Bei der Festlegung der Abstände finden die entsprechenden Vorschriften für die einzelnen Lagergruppen nach den Anlagen 1 und 2 zum Anhang der Zweiten Verordnung zum Sprengstoffgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. September 2002 (BGBl. I S. 3543), die zuletzt durch Artikel 2 der Verordnung vom 26. November 2010 (BGBl. I S. 1643) geändert worden ist, auch Anwendung auf die jeweilige Gefahrgruppe nach diesem Anhang. Die Schutz- und Sicherheitsabstände sind einzuhalten.
- (2) Bei der Festlegung von Schutz- und Sicherheitsabständen zu Spreng-, Ausbrenn- und Brandplätzen hat der Arbeitgeber abweichend von Absatz 1 folgende Tabelle zugrunde zu legen:
Akzeptor
k-Faktoren und MindestabständeDonator Schutzabstände Sicherheitsabstände Wohngebäude Verkehrswege Betriebsgebäude Spreng- und Ausbrennplatz für alle Gefahrgruppen 250
(1000m)170 (1000m) 90
(1000 m*)Sprengplatz mit wirksamem Sprengstückfang für alle Gefahrgruppen 100 (300 m) 67
(200 m)35 (100m) Sprengbunker mit wirksamem Stoßwellen-, Sprengstück- und Flammenschutz für alle Gefahrgruppen entfällt
(100m)entfällt
(50 m)entfällt
(10m)Brandplatz für die Gefahr gruppen 1.1 und 1.2 (ohne Gefahr der Bildung von Sprengstücken) 22 (140 m) 15 (100m) 8 (50 m) Brandplatz für die Gefahr gruppen 1.3 und 1.4 6,4 (60 m) 4,3 (40 m) 3,2 (40 m)
Die in Klammern aufgeführten Meterangaben legen den jeweiligen Mindestabstand fest.
Der mit *) gekennzeichnete Mindestabstand kann bis auf 300 m reduziert werden, wenn die Betriebsgebäude einen ausreichenden Schutz der Beschäftigten gegen eine Gefährdung durch Sprengstücke gewährleisten.
- (3) Die Berechnung der Schutz- und Sicherheitsabstände erfolgt nach der Formel**)
E = Schutz-/Sicherheitsabstand in Metern
k = Konstante aus Tabelle zu entnehmen ( ) - (4) Die nach den Absätzen 1 bis 3 festzulegenden Schutz- und Sicherheitsabstände sind in Abhängigkeit von der Gefährdung zu vergrößern, wenn eine gerichtete Brand- oder Explosionswirkung zu erwarten oder ein Akzeptor besonders schützenswert ist, zum Beispiel Krankenhäuser oder Schulen.
- (5) Die zuständige Behörde kann eine Verringerung der Schutz- und Sicherheitsabstände nach Absatz 1 Satz 2 oder nach Absatz 2 oder 3 zulassen, wenn der Arbeitgeber durch ein fachkompetentes Gutachten nachweist, dass
- a) eine Brand- oder Explosionswirkung in bestimmter Richtung nicht oder nur in verminderter Stärke auftreten kann und
- b) die Verringerung der Abstände mit dem Schutz der Beschäftigten und anderer Personen sowie den Belangen der öffentlichen Sicherheit vereinbar ist.
Der Nachweis nach Satz 1 kann insbesondere durch ein Gutachten der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung erfolgen.
- (6) Ein Sicherheitsabstand zu nicht gefährlichen Betriebsgebäuden oder Plätzen ist nicht erforderlich, wenn sich dort keine Arbeitsplätze im Sinne der Arbeitsstättenverordnung befinden. Abweichend von Satz 1 ist ein Sicherheitsabstand erforderlich, wenn dort
- a) Einrichtungen vorhanden sind, die für den sicheren Betrieb wesentlich sind,
- b) gefährliche Sekundärwirkungen auf andere schutzwürdige Gebäude oder Plätze entstehen können oder
- c) Behälter aufgestellt sind mit aa) explosionsfähigen Stoffen und Zubereitungen, die nicht dem Sprengstoffgesetz unterliegen oder bb) Stoffen oder Materialien, die zu einer Erhöhung der Gefährdung beitragen.
2.5.3 Bauliche Schutzmaßnahmen
- (1) Der Arbeitgeber darf in gefährlichen Objekten Tätigkeiten mit Explosivstoffen und pyrotechnischen Gegenständen nur ausüben lassen, wenn diese baulich dafür geeignet sind. Insbesondere müssen
- a) die Bauteile in den Betriebsgebäuden die erforderliche Widerstandsfähigkeit gegenüber den in der Gefährdungsbeurteilung ermittelten möglichen Brand- und Explosionswirkungen aufweisen,
- b) die Betriebsgebäude eingeschossig erbaut und gegen die Gefahren durch Blitzschlag geschützt sein,
- c) Betriebsgebäude oder Räume über ausreichend bemessene Druckentlastungsflächen in Wänden oder Decken verfügen, die im Explosionsfall einen schnellen Druckabbau ermöglichen; diese müssen aus leichten Baustoffen bestehen und ihre Widerstandsfähigkeit muss deutlich niedriger sein als die anderer Bauteile.
M = Nettoexplosivstoffmasse in Kilogramm
(2) Nach § 19 Absatz 1 kann die zuständige Behörde eine mehrgeschossige Bauweise zulassen, wenn dies verfahrenstechnisch erforderlich und mit dem Schutz der Beschäftigten vereinbar ist. Dies ist vom Arbeitgeber darzulegen.
2.5.4 Organisatorische Maßnahmen
- (1) Explosivstoffe oder pyrotechnischen Gegenstände dürfen
- a) an Arbeitsplätzen nur in der für den Fortgang der Tätigkeiten notwendigen Nettoexplosivstoffmasse vorhanden sein; dabei darf die im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung für das gefährliche Objekt ermittelte maximale Nettoexplosivstoffmasse nicht überschritten werden,
- b) vor Türen, auf Vorplätzen, auf innerbetrieblichen Verkehrswegen und in Schutzräumen sowie im Gefahrenbereich von Druckentlastungsflächen nicht vorhanden sein.
- (2) In gefährlichen Objekten dürfen sich nur hierzu befugte Beschäftigte aufhalten. Die Zahl dieser Beschäftigten ist auf das für die Ausübung der Tätigkeiten erforderliche Maß zu beschränken.
- (3) Brandfördernde oder brennbare Materialien dürfen in gefährlichen Objekten oder deren unmittelbarer Nähe nicht aufbewahrt werden. Dies gilt nicht, wenn diese für den Fortgang der Arbeit erforderlich sind.
- (4) In Abhängigkeit von der Gefährdungsbeurteilung hat der Arbeitgeber sicherzustellen, dass keine Explosivstoffe verschleppt werden. Dazu hat er insbesondere den Beschäftigten geeignete Arbeitskleidung zur Verfügung zu stellen und diese fachgerecht reinigen zu lassen. Die Beschäftigten müssen diese Kleidung tragen.
2.5.5 Maßnahmen gegen unbeabsichtigtes Auslösen
Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass Explosivstoffe und pyrotechnische Gegenstände nicht unbeabsichtigt ausgelöst werden, zum Beispiel durch thermische, mechanische, elektrische Einwirkungen, einschließlich elektrostatischer Entladungen, Stoßwellen oder chemische Reaktionen. Dazu hat er insbesondere dafür zu sorgen, dass
- a) unter Berücksichtigung der Bereichseinteilung der gefährlichen Objekte nach Nummer 2.3 Absatz 2 Satz 2 Buchstabe b aa) Bauteile, Einrichtungen und Arbeitsmittel, einschließlich elektrischer Anlagen, so beschaffen sind und so betrieben werden, dass die Explosivstoffe oder pyrotechnischen Gegenstände nicht unbeabsichtigt ausgelöst werden können; ist dies verfahrensbedingt nicht möglich, sind die Tätigkeiten entsprechend Nummer 2.5.6 unter Sicherheit durchzuführen,
- bb) nur Fahrzeuge eingesetzt werden, die mit Schutzeinrichtungen gegen Wechselwirkungen zwischen versandmäßig verpacktem Explosivstoff und dem Fahrzeug versehen sind (geschützte Fahrzeuge) oder solche Fahrzeuge die zusätzlich auch über Schutzeinrichtungen gegen gefährliche Wechselwirkungen zwischen unverpackten Explosivstoffen und Fahrzeug verfügen (explosivstoffgeschützte Fahrzeuge),
- b) Räume, Einrichtungen und Arbeitsmittel so beschaffen sind und so betrieben werden, dass Ablagerungen von Explosivstoffen leicht erkennbar und entfernbar sind und sich keine Ablagerungen in gefährlicher Menge bilden,
- c) die Oberflächentemperatur von Heizkörpern und -leitungen in gefährlichen Objekten so geregelt wird, dass die Explosivstoffe oder pyrotechnischen Gegenstände keine Temperaturen annehmen, die zu einer gefährlichen Reaktion führen können,
- d) die Einhaltung stoff- oder verfahrensspezifischer Grenzwerte durch geeignete Regel- oder Steuereinrichtungen redundant sichergestellt ist, wenn es durch Unter- oder Überschreiten dieser Grenzwerte zu gefährlichen Betriebszuständen kommen kann; ist der Eintritt gefährlicher Betriebszustände temperaturabhängig, müssen die Temperaturverläufe an geschützter Stelle registriert werden.
2.5.6 Tätigkeiten unter Sicherheit
- (1) Tätigkeiten, bei denen nach der Gefährdungsbeurteilung eine besonders hohe Brand- oder Explosionsgefährdung besteht, sind in einzeln stehenden einräumigen Betriebsgebäuden und so durchzuführen, dass die Beschäftigten durch geeignete Schutzeinrichtungen von der Gefahrenquelle räumlich abgeschirmt sind oder der Arbeitsgang fernbedient erfolgt (Tätigkeiten unter Sicherheit).
- (2) Der Arbeitgeber hat in Abhängigkeit von der Gefährdungsbeurteilung Schutzräume einzurichten.
- (3) Abweichend von Absatz 1 können die Tätigkeiten auch in einzeln stehenden mehrräumigen Betriebsgebäuden durchgeführt werden, wenn dies mit dem Schutz der Beschäftigten vereinbar ist. Der Arbeitgeber hat dies der Behörde auf Verlangen darzulegen.
2.6 Zusätzliche Anforderungen an bestimmte Tätigkeiten und Einrichtungen
2.6.1 Sammlung, Vernichtung und Entsorgung explosivstoffhaltiger Abfälle
Der Arbeitgeber hat Abfälle, die Explosivstoffe oder pyrotechnische Gegenstände sind oder Explosivstoffe enthalten,
- a) in dafür geeigneten, besonders gekennzeichneten Behältnissen zu sammeln; sind die Abfälle selbstentzündlich oder können sie miteinander in gefährlicher Weise reagieren, sind hierfür getrennte Behältnisse zu verwenden,
- b) regelmäßig vom Arbeitsplatz so zu entfernen, dass sich dort keine Ansammlungen explosivstoffhaltiger Abfälle in gefährlicher Menge bilden können,
- c) separat aufzubewahren, sodass keine Brand- oder Explosionsübertragungen auf Explosivstoffe oder pyrotechnische Gegenstände erfolgen können,
- d) innerbetrieblich in geeigneten Anlagen zu vernichten, wenn sie nicht zur Vernichtung außerhalb des Betriebes befördert werden dürfen; dies gilt auch für Gegenstände, die mit solchen Explosivstoffen behaftet sind,
- e) aus Abwässern abzuscheiden und sachgerecht zu entsorgen. 2.6.2 Be- und Verarbeitung von Roh- und Hilfsstoffen
Die für die Herstellung von Explosivstoffen verwendeten Roh- und Hilfsstoffe sowie explosionsgefährliche Zwischenprodukte müssen
- a) die erforderliche Reinheit besitzen und sind hierauf vor der Verarbeitung zu untersuchen; insbesondere dürfen sie keine Verunreinigungen enthalten, die die Empfindlichkeit der Explosivstoffe erhöhen oder deren Zersetzung bewirken können,
- b) vor Arbeitsvorgängen mit besonderer mechanischer Beanspruchung auf Fremdkörper kontrolliert werden; Fremdkörper sind zu entfernen,
- c) getrennt voneinander aufbewahrt werden, wenn sie miteinander reagieren können und ein unbeabsichtigtes Vermischen nicht ausgeschlossen ist; es ist sicherzustellen, dass bei der Aufbewahrung keine Veränderungen stattfinden können, die zu einer Gefährdung führen können.
2.6.3 Instandsetzungsarbeiten
- (1) Vor Instandsetzungs- oder Änderungsarbeiten sowie Bau- oder Abbrucharbeiten an Einrichtungen, Anlagen oder Arbeitsmitteln in gefährlichen Räumen, bei denen infolge äußerer Beanspruchung der Explosivstoffe oder pyrotechnischen Gegenstände eine erhöhte Gefahr auftreten kann, hat der Arbeitgeber die Explosivstoffe oder pyrotechnischen Gegenstände aus dem Arbeitsbereich zu entfernen. Können die Explosivstoffe oder pyrotechnischen Gegenstände nicht entfernt werden, sind besondere Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Der Arbeitgeber hat sich vor Beginn der Tätigkeiten von der Anwendung der Schutzmaßnahmen zu überzeugen. Die Arbeiten dürfen erst begonnen werden, wenn eine schriftliche Freigabe durch den Arbeitgeber vorliegt. Die schriftliche Freigabe des Arbeitgebers muss enthalten:
- a) Ort und Zeitpunkt der Arbeiten,
- b) Art und Ausführung der Arbeiten,
- c) Name des Aufsichtführenden,
- d) durchzuführende Schutzmaßnahmen,
- e) Unterschrift des Arbeitgebers.
- (2) Nach Beendigung der Tätigkeiten nach Absatz 1 dürfen Explosivstoffe und pyrotechnische Gegenstände erst wieder in den Arbeitsbereich gebracht werden und die Tätigkeiten mit Explosivstoffen oder pyrotechnischen Gegenständen erst wieder aufgenommen werden, wenn festgestellt wurde, dass keine Zündquellen vorhanden sind und eine schriftliche Freigabe des Arbeitgebers mit Bestätigung der Sicherheitsprüfung vor Inbetriebnahme vorliegt.
2.6.4 Laboratorien
- (1) Laboratorien dürfen nicht innerhalb von Gebäuden eingerichtet oder betrieben werden, die bereits gefährliche Objekte sind.
- (2) Explosivstoffe oder pyrotechnische Gegenstände dürfen in Laboratorien nur in den Massen gehandhabt, bereitgehalten oder abgestellt werden, die für den jeweiligen Versuchszweck erforderlich sind. Dabei darf die Nettoexplosivstoffmasse je Laborraum höchstens 3 Kilogramm betragen.
2.6.5 Prüfstände
Der Arbeitgeber hat Prüfstände so zu gestalten, auszurüsten oder anzuordnen und zu betreiben, dass die Beschäftigten durch Brand oder Explosion nicht gefährdet werden. Die Prüfstände sind insbesondere gegen unbeabsichtigtes Betreten zu sichern.
2.6.6 Schießstände
Schießstände sind so zu gestalten und zu betreiben, dass sie leicht von Pulverresten gereinigt werden können. Die Schießstände sind mit wirksamen Einrichtungen zum Auffangen von Geschossen auszurüsten. Der Arbeitgeber muss einen geeigneten Aufsichtführenden benennen.
Nummer 3 - Organische Peroxide
3.1 Anwendungsbereich
(1) Nummer 3 gilt für Tätigkeiten mit organischen Peroxiden.
(2) Nummer 3 gilt nicht für
- a) Tätigkeiten mit organischen Peroxiden in Form von Zubereitungen, wenn aa) die Zubereitung nicht mehr als 1,0 Prozent Aktivsauerstoff aus den organischen Peroxiden bei höchstens 1,0 Prozent Wasserstoffperoxid enthält oder bb) die Zubereitung nicht mehr als 0,5 Prozent Aktivsauerstoff aus den organischen Peroxiden bei mehr als 1,0 Prozent, jedoch höchstens 7,0 Prozent Wasserstoffperoxid enthält,
- b) für Tätigkeiten mit organischen Peroxiden in Kleinpackungen mit einem Inhalt von bis zu 100 Gramm festem oder bis zu 25 Milliliter flüssigem organischen Peroxid, sofern
- aa) die organischen Peroxide nicht dem Sprengstoffgesetz unterfallen,
- bb) die Kleinpackungen handelsfertig in Verkehr gebracht worden sind und die im Betrieb vorhandene Gesamtmasse der organischen Peroxide in den Kleinpackungen einen Inhalt von insgesamt 100 Kilogramm nicht übersteigt,
- c) das Aufbewahren explosionsgefährlicher organischer Peroxide, sofern diese den Bestimmungen der Zweiten Verordnung zum Sprengstoffgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. September 2002 (BGBl. I S. 3543), die zuletzt durch Artikel 2 der Verordnung vom 26. November 2010 (BGBl. I S. 1643) geändert worden ist, unterliegen.
3.2 Begriffsbestimmungen
Folgende Begriffsbestimmungen gelten für Nummer 3:
- a) Aktivsauerstoff ist der für Oxidationsreaktionen verfügbare abspaltbare Sauerstoff der Peroxidgruppe (pro Peroxogruppe jeweils ein Sauerstoffatom),
- b) der korrigierte Stoffdurchsatz Ak (angegeben in Kilogramm/Minute) charakterisiert das Abbrandverhalten eines organischen Peroxids in seiner Verpackung bezogen auf eine Menge von 10.000 Kilogramm. Darin sind das Maß der Vollständigkeit und Gleichmäßigkeit des Abbrandes sowie das Wärmestrahlungsvermögen der Flammen berücksichtigt.
3.3 Zuordnung organischer Peroxide zu Gefahrgruppen
- (1) Der Arbeitgeber darf eine Tätigkeit mit einem organischen Peroxid nur ausüben lassen, wenn die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung für dieses organische Peroxid eine Gefahrgruppe nach Absatz 2 bekannt gegeben hat. Hat die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung für explosionsgefährliche organische Peroxide die Lagergruppenzuordnung I, II oder III nach der Zweiten Verordnung zum Sprengstoffgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. September 2002 (BGBl. I S. 3543), die zuletzt durch Artikel 2 der Verordnung vom 26. November 2010 (BGBl. I S. 1643) geändert worden ist, bekannt gegeben, gilt für diese organischen Peroxide entsprechend die Gefahrgruppe OP I, OP II oder OP III als bekannt gegeben. Satz 1 findet keine Anwendung auf organische Peroxide in Form von Zubereitungen, die organische Peroxide mit einem Massengehalt unter 10 Prozent und Wasserstoffperoxid mit einem Massengehalt unter 5 Prozent enthalten.
- (2) Für die Einteilung in Gefahrgruppen gelten folgende Kriterien:
- a) Gefahrgruppe OP I: organische Peroxide dieser Gruppe brennen sehr heftig unter starker Wärmeentwicklung ab; der Brand breitet sich rasch aus; Packungen organischer Peroxide können auch vereinzelt mit geringer Druckwirkung explodieren; dabei kann sich der gesamte Inhalt einer Packung umsetzen; einzelne brennende Packungen können fortgeschleudert werden; die Gefährdung der Umgebung durch Wurfstücke ist gering; Gebäude in der Umgebung sind im Allgemeinen durch Druckwirkung nicht gefährdet; diese Gefahrgruppe wird in die Untergruppen Ia und Ib unterteilt; die Gefahrgruppe OP Ia umfasst die organischen Peroxide mit einem korrigierten Stoffdurchsatz Ak größer oder gleich 300 Kilogramm/Minute; die Gefahrgruppe OP Ib umfasst die organischen Peroxide mit einem korrigierten Stoffdurchsatz Ak größer oder gleich 140 Kilogramm/Minute, jedoch kleiner 300 Kilogramm/Minute,
- b) Gefahrgruppe OP II: organische Peroxide dieser Gruppe brennen heftig unter starker Wärmeentwicklung ab; der Brand breitet sich rasch aus; die Packungen organischer Peroxide können auch vereinzelt mit geringer Druckwirkung explodieren; dabei setzt sich jedoch nicht der gesamte Inhalt einer Packung um; die Umgebung ist hauptsächlich durch Flammen und Wärmestrahlung gefährdet; Bauten in der Umgebung sind durch Druckwirkung nicht gefährdet; die Gefahrgruppe OP II umfasst die organischen Peroxide mit einem korrigierten Stoffdurchsatz Ak größer oder gleich 60 Kilogramm/Minute, jedoch kleiner 140 Kilogramm/Minute,
- c) Gefahrgruppe OP III: organische Peroxide dieser Gruppe brennen ab, wobei die Auswirkungen des Brandes denen brennbarer Stoffe vergleichbar sind; die Gefahrgruppe OP III umfasst die organischen Peroxide mit einem korrigierten Stoffdurchsatz Ak kleiner 60 Kilogramm/Minute,
- d) Gefahrgruppe OP IV: organische Peroxide dieser Gruppe sind schwer entzündbar und brennen so langsam ab, dass die Umgebung durch Flammen und Wärmestrahlung praktisch nicht gefährdet ist; die Angabe eines korrigierten Stoffdurchsatzes Ak ist für diese Gefahrgruppe nicht möglich.
- (3) Liegt für ein organisches Peroxid keine Gefahrgruppenzuordnung vor, hat der Arbeitgeber eine solche bei der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung schriftlich oder elektronisch zu beantragen. Dem Antrag sind die erforderlichen Unterlagen beizufügen. Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung gibt die Gefahrgruppenzuordnung bekannt.
- (4) Abweichend von Absatz 3 kann der Arbeitgeber auch von einer anderen geeigneten Stelle prüfen lassen, welche Gefahrgruppenzuordnung vorzunehmen ist. In diesem Fall hat der Arbeitgeber das Prüfergebnis mit den erforderlichen Unterlagen der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung vorzulegen. Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung gibt die Gefahrgruppenzuordnung bekannt, wenn diese als zutreffend bewertet worden ist.
- (5) Bis zur Bekanntgabe der Gefahrgruppenzuordnung durch die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung müssen organische Peroxide mit einer Peroxidkonzentration
- a) größer oder gleich 57 Prozent wie organische Peroxide der Gefahrgruppe OP Ib,
- b) größer oder gleich 32 Prozent, aber kleiner 57 Prozent wie organische Peroxide der Gefahrgruppe OP II,
- c) größer oder gleich 10 Prozent, aber kleiner 32 Prozent wie organische Peroxide der Gefahrgruppe OP III behandelt werden.
- (6) Nicht brennbare organische Peroxide mit einer Peroxidkonzentration größer oder gleich 10 Prozent können wie organische Peroxide der Gefahrgruppe OP IV behandelt werden, wenn hierzu die Zustimmung der zuständigen Behörde vorliegt. Die vorläufige Gefahrgruppenzuordnung darf nicht länger als zwei Jahre genutzt werden.
3.4 Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung
- (1) Bei Tätigkeiten mit einem organischen Peroxid hat der Arbeitgeber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach § 6 fachkundig zu ermitteln, ob die von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung bekannt gegebene Gefahrgruppenzuordnung des organischen Peroxids für die Tätigkeiten anwendbar ist. Stimmen die Kriterien der Zuordnung mit den Bedingungen der Tätigkeiten überein, hat er die aus der Gefahrgruppenzuordnung resultierenden Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Stellt der Arbeitgeber fest, dass die bekannt gegebene Gefahrgruppenzuordnung für einzelne Tätigkeiten nicht übernommen werden kann, legt er fachkundig für die betreffenden Tätigkeiten eine abweichende Gefahrgruppe fest. Ist der Arbeitgeber selbst nicht fachkundig, hat er sich fachkundig beraten zu lassen.
- (2) Stellt der Arbeitgeber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach § 6 fest, dass bei der Herstellung, Be- oder Verarbeitung organischer Peroxide Gemische auftreten können, die detonationsfähig sind oder zur schnellen Deflagration oder heftigen Wärmeexplosion neigen, hat der Arbeitgeber ein Gutachten der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung einzuholen, das insbesondere auf die zu treffenden Schutzmaßnahmen eingeht. Dies gilt auch, wenn Tätigkeiten mit organischen Peroxiden in ortsfesten Freianlagen, einschließlich der Lagerung in Tanks oder Silos, ausgeübt werden sollen.
3.5 Schutz- und Sicherheitsabstände
- (1) Der Arbeitgeber hat für Gebäude und Freianlagen, in oder auf denen Tätigkeiten mit organischen Peroxiden durchgeführt werden, ausreichende Schutzabstände zu Wohngebäuden und öffentlichen Verkehrswegen sowie Sicherheitsabstände zu innerbetrieblichen Gebäuden oder Anlagen festzulegen.
Zu Gebäuden, in denen nur Tätigkeiten mit organischen Peroxiden der Gefahrgruppe OP IV durchgeführt werden, sind keine Schutz- und Sicherheitsabstände einzuhalten.
- (2) Die Schutz- und Sicherheitsabstände sind in Abhängigkeit von der Gefahrgruppe und der Menge der vorhandenen organischen Peroxide sowie der Lage, Anordnung und Bauart der Gebäude und Anlagen festzulegen.
- (3) Beim Aufbewahren von organischen Peroxiden der Gefahrgruppe OP Ia bis zu einer Nettomasse von 100 Kilogramm und der Gefahrgruppen OP Ib, OP II und OP III bis zu einer Nettomasse von 200 Kilogramm sind keine Schutz- und Sicherheitsabstände einzuhalten. Es muss jedoch sichergestellt sein, dass eine nicht bestimmungsgemäße Umsetzung organischer Peroxide nicht nach außen oder nur in ungefährliche Richtung wirken kann.
3.6 Bauliche Anforderungen
Der Arbeitgeber hat Gebäude, in denen Tätigkeiten mit organischen Peroxiden durchgeführt werden, so zu errichten, dass eine Gefährdung der Beschäftigten und anderer Personen bei Betriebsstörungen oder Unfällen auf ein Minimum reduziert wird. Kann durch eine eintretende Zersetzung eine Gefährdung auftreten, hat er sicherzustellen, dass insbesondere Gebäude und Räume zum Herstellen, Bearbeiten, Verarbeiten, Abfüllen oder Vernichten organischer Peroxide
- a) in Sicherheitsbauweise errichtet werden,
- b) über ausreichend widerstandsfähige Decken und Wände verfügen und
- c) über ausreichend bemessene Druckentlastungsflächen in Wänden oder Decken verfügen, die im Explosionsfall einen schnellen Druckabbau ermöglichen; diese müssen aus leichten Baustoffen bestehen und ihre Widerstandsfähigkeit muss deutlich niedriger sein als die anderer Bauteile.
3.7 Zündquellen
Der Arbeitgeber hat die Bereiche, in denen Zündquellen vermieden werden müssen, im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festzulegen und hierfür die erforderlichen Schutzmaßnahmen, einschließlich der Kennzeichnung dieser Bereiche, zu ergreifen.
3.8 Innerbetrieblicher Transport
Zum innerbetrieblichen Transport eines organischen Peroxids dürfen nur Kraftfahrzeuge oder Flurförderzeuge eingesetzt werden, die keine Zündquelle für das organische Peroxid darstellen.
3.9 Anforderungen an das Aufbewahren organischer Peroxide
- (1) Organische Peroxide, die dem Sprengstoffgesetz unterfallen, sind aufzubewahren nach Maßgabe der Vorschriften der Zweiten Verordnung zum Sprengstoffgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. September 2002 (BGBl. I S. 3543), die zuletzt durch Artikel 2 der Verordnung vom 26. November 2010 (BGBl. I S. 1643) geändert worden ist. Für das Aufbewahren organischer Peroxide, die nicht dem Sprengstoffgesetz unterfallen, gelten die Absätze 2 bis 5.
- (2) Lagergebäude für organische Peroxide der Gefahrgruppe OP I bis OP III müssen in eingeschossiger Bauweise errichtet sein. Abweichend von Satz 1 darf ein Lagergebäude auch mehrgeschossig sein, wenn die Gefährdungsbeurteilung ergibt, dass die Gefährdung der Beschäftigten und anderer Personen durch die mehrgeschossige Bauweise nicht erhöht wird.
- (3) Lagerräume für organische Peroxide der Gefahrgruppen OP I bis OP III müssen mit Druckentlastungsflächen versehen sein.
- (4) Lagerräume müssen so errichtet und ausgerüstet sein, dass die höchstzulässige Aufbewahrungstemperatur für organische Peroxide nicht überschritten wird.
- (5) Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass organische Peroxide mit anderen Stoffen, Zubereitungen oder Erzeugnissen nur zusammengelagert oder gemeinsam abgestellt werden, wenn hierdurch keine wesentliche Erhöhung der Gefährdung eintreten kann.
3.10 Anforderungen an Betriebsanlagen und -einrichtungen
- (1) Betriebsanlagen und -einrichtungen müssen so beschaffen und ausgerüstet sein, dass auch bei Betriebsstörungen oder Unfällen die Sicherheit aufrechterhalten und ein unkontrollierter Austritt von organischen Peroxiden vermieden wird. Sie müssen vollständig und gefahrlos entleert werden können.
- (2) Betriebsanlagen müssen so errichtet sein, dass durch sie keine gefährlichen Reaktionen der organischen Peroxide ausgelöst werden. Sie sind mit Kontroll- und Regeleinrichtungen für den sicheren Betrieb auszurüsten.
- (3) Gefährliche Einschlüsse organischer Peroxide müssen vermieden werden.
- (4) Art und Anzahl der Feuerlöscheinrichtungen müssen für die besonderen Eigenschaften der organischen Peroxide ausgelegt sein.".
Artikel 3
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt die Biostoffverordnung vom 27. Januar 1999 (BGBl. I S. 50), die zuletzt durch Artikel 3 der Verordnung vom 18. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2768) geändert worden ist, außer Kraft.
Der Bundesrat hat zugestimmt.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung und wesentliche Inhalt des Entwurfs
Bis Mai 2013 ist die Richtlinie 2010/32/EU des Rates vom 10. Mai 2010 zur Durchführung der von HOSPEEM und EGÖD geschlossenen Rahmenvereinbarung zur Vermeidung von Verletzungen durch scharfe/spitze Instrumente im Krankenhaus- und Gesundheitssektor (ABl. L 134/66 vom 1.6.2010, nachfolgend Nadelstich-Richtlinie) in nationales Recht umzusetzen. Ziel der Richtlinie ist die Schaffung einer sicheren Arbeitsumgebung um alle im Gesundheitswesen tätigen Personen vor Verletzungen durch spitze oder scharfe medizinische Arbeitsgeräte zu schützen. Bei solchen Verletzungen besteht die Gefahr von Infektionen durch Krankheitserreger, die durch Blut oder andere Körperflüssigkeiten übertragen werden können. Die Richtlinie regelt damit Maßnahmen zum Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit Infektionsgefährdung. Diese sind bereits jetzt Gegenstand der Biostoffverordnung. Die Richtlinie ist deshalb mit dieser Verordnung umzusetzen.
Dabei enthält die Nadelstich-Richtlinie Regelungen, die nicht nur Tätigkeiten im Gesundheitsdienst betreffen, sondern auch geeignet sind, andere Beschäftigte mit vergleichbarer Gefährdung zu schützen (zum Beispiel in Laboratorien, Biotechnologie und Forschung). Diese Vorschriften werden deshalb branchenübergreifend umgesetzt, um ein einheitliches, auf die jeweilige Gefährdung bezogenes Schutzniveau aufrecht zu erhalten. Ansonsten wird die Richtlinie 1:1 umgesetzt.
Neben der Umsetzung der Nadelstich-Richtlinie erfolgt gleichzeitig die erforderliche Anpassung der bestehenden Regelungen der Biostoffverordnung an neuere wissenschaftliche und technische Entwicklungen. Darüber hinaus hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) Erkenntnisse aufgegriffen, die seit 1999 bei der praktischen Anwendung der Verordnung gewonnen wurden. Bei der Novellierung hat sich das BMAS vom Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) beraten lassen.
Wesentlichen Änderungen sind
- - die Einführung der Kurzbezeichnung "Biostoff" für den Begriff "Biologischer Arbeitsstoff"; damit wird dem etablierten Sprachgebrauch Rechnung getragen, der in dem Kurztitel der Verordnung bereits angelegt ist, - die Anpassung und Erweiterung der Begriffsbestimmung für "Biostoffe" an Fortentwicklungen in den Biowissenschaften,
- - der Verzicht auf das Schutzstufensystem bei nicht gezielten Tätigkeiten außerhalb von Laboratorien, der Biotechnologie, der Versuchstierhaltung und dem Gesundheitsdienst; bei diesen Tätigkeiten hat sich das Schutzstufensystem nicht bewährt, da es lediglich die Infektionsgefährdung, nicht aber das sensibilisierende oder toxische Potenzial der Biostoffe berücksichtigt, das bei diesen Tätigkeiten die Gefährdung oft maßgeblich bestimmt; darüber hinaus sind die mit den Schutzstufen verknüpften Maßnahmen der Anhänge II und III nicht anwendbar auf diese Tätigkeiten,
- - die Definition der Fachkunde, die es ermöglicht, Anforderungen in Abhängigkeit von der durchzuführenden Aufgabe und der Höhe der Gefährdung festzulegen; dies führt einerseits zu einer Entlastung bei Tätigkeiten mit geringer Gefährdung und berücksichtigt anderseits die besonderen Anforderungen, die bei hohen Gefährdungen zu berücksichtigen sind, - der Ersatz des Anzeigeverfahrens durch ein Erlaubnisverfahren für Tätigkeiten mit hochpathogenen Biostoffen; insbesondere aus Sicht des ABAS besteht das Erfordernis, bei diesen Tätigkeiten mit hohem Gefährdungspotenzial eine vorgeschaltete staatliche Kontrolle der Sicherheitskonzepte und der geplanten baulich/technischen Sicherheitsmaßnahmen vorzusehen; dies ist im Gentechnikrecht für vergleichbare Tätigkeiten bereits seit Langem verankert und akzeptiert,
- - die Anpassung der Anhänge II und III zu Laboratorien beziehungsweise für industrielle Verfahren in der Biotechnologie, die der Weiterentwicklung des Standes von Wissenschaft und Technik Rechnung trägt.
Gleichzeitig wird die Biostoffverordnung strukturell und sprachlich neu gestaltet, um die Anwenderfreundlichkeit zu verbessern. Regelungen werden nun verstärkt unter inhaltlichen Gesichtspunkten zusammengefasst (zum Beispiel Grundpflichten und Betriebsstörungen). Ebenso erfolgt eine Angleichung an andere neu gefasste Verordnungen zum Arbeitsschutzgesetz - insbesondere die Gefahrstoffverordnung.
Aufgrund des umfangreichen Änderungsbedarfs wird die Biostoffverordnung neu gefasst. Die Neufassung erfolgt als Artikel 1 im Rahmen einer Artikelverordnung.
Mit Artikel 2 wird die Gefahrstoffverordnung geändert. Dabei werden die Regelungen der Unfallversicherungsträger zu Tätigkeiten mit explosionsgefährlichen Stoffen in einem neuen Anhang in staatliches Recht überführt und an den Stand von Wissenschaft und Technik angepasst. Zur Vermeidung von Doppelregelungen werden die entsprechenden Regelungen der Unfallversicherungsträger nachfolgend aufgehoben. Darüber hinaus werden im Paragrafenteil redaktionelle Anpassungen und Klarstellungen vorgenommen.
II. Gesetzesfolgen
Im Rahmen der Gesetzesfolgenabschätzung wurden als Alternativen zu dem vorliegenden Regelungsentwurf zur Neufassung der Biostoffverordnung die Beibehaltung des Status quo sowie eine Beschränkung der Regelungen auf eine Umsetzung des EU-Rechts geprüft.
Alternative 1 war wegen der Notwendigkeit der Umsetzung der Nadelstich-Richtlinie nicht zu realisieren. Alternative 2 hätte zur Folge gehabt, dass die erforderliche Anpassung an den Stand von Wissenschaft und Technik nicht möglich gewesen wäre. Gleiches gilt für den beabsichtigten Bürokratieabbau durch den teilweisen Verzicht auf das bisherige Schutzstufensystem sowie für die Einbeziehung von praktischen Erkenntnissen, die mit der Anwendung der bestehenden Verordnung gewonnen wurden. Im Rahmen der Arbeit des ABAS wurde das geplante Rechtsetzungsvorhaben mit Vertretern der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer und der Forschung/Wissenschaft sowie der Vollzugsinstitutionen (Länder und Unfallversicherungsträger) diskutiert und vom ABAS befürwortet.
1. Nachhaltigkeitsaspekte
Das Rechtsetzungsvorhaben wurde von den betroffenen Kreisen als erforderlich angesehen, um Rechtssicherheit zu schaffen und um den Schutz der Beschäftigten entsprechend dem Stand der Technik sicher zu stellen. Dies unterstützt insbesondere die nationale und internationale Weiterentwicklung der Zukunftsbranche "Biotechnologie", dient der Stärkung nationaler Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen und trägt insoweit auch der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung Rechnung. Sonstige Aspekte der Nachhaltigkeit werden von dem Rechtsetzungsvorhaben nicht berührt.
2. Aspekte der Gleichstellung
Der Verordnungsentwurf enthält ausschließlich fachbezogene Regelungen, sodass sich keine gleichstellungspolitischen Aspekte ergeben.
3. Kosten und Erfüllungsaufwand
Dem Bund werden Kosten von rund 75.000 Euro pro Jahr entstehen, da es nach der Richtlinie 2000/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. September 2000 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit (ABl. L 262/21 (PDF) vom 17.10.2000) den Mitgliedstaaten obliegt, die Einstufungen von biologischen Arbeitsstoffen in Risikogruppen vorzunehmen, sofern keine Legaleinstufungen durch die EU selbst erfolgen. Die EU hat seit Jahren keine Einstufungen mehr vorgenommen, sodass sich für das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) die Notwendigkeit ergibt, diese Aufgabe zu übernehmen. Einstufungs- bzw. Umstufungsbedarf besteht jährlich erfahrungsgemäß für 600 bis 800 Biostoffe - hauptsächlich Bakterien. Um diesen Bedarf abdecken zu können, erfolgt eine Kooperation mit dem zuständigen Unfallversicherungsträger, der seinerseits dem BMAS für einen Teil der Biostoffe beschlussreife Einstufungsvorschläge unterbreiten wird. Für die Einstufung sind gezielte Literaturrecherchen zu den einzelnen Biostoffen erforderlich sowie deren wissenschaftliche Auswertung und Aufbereitung. Darüber hinaus ist eine Diskussion und Konsensfindung in den jeweiligen wissenschaftlichen Fachkreisen unabdingbar. Auch ist eine Beschlussfassung durch den Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe vorgesehen, um wegen der wirtschaftlichen Bedeutung eine allgemeine Akzeptanz bei den betroffenen Kreisen zu erreichen. Der Aufwand für die Einstufung variiert und kann deshalb nur pauschal beurteilt werden. Einen erhöhten Aufwand bringt die Beurteilung wissenschaftlich oder politisch besonders relevanter Biostoffe mit sich (z.B. SARS, Influenza A H5/N1, Bacillus anthracis), da hier neben der eigentlichen Einstufung spezielle Begründungspapiere - sog. Dossiers - erstellt werden müssen. Die Kosten für die Erstellung eines solchen Dossiers beträgt zwischen 2.000 und 4.000 €. Die jährlichen Gesamteinstufungskosten für das BMAS sind mit rund 60.000 € anzusetzen. Darüber hinaus besteht die Notwendigkeit, insbesondere die Fachdiskussion und die Konsensfindung zu koordinieren und den Wissenstransfer sicherzustellen. Hierfür fallen Kosten in Höhe von rund 15.000 € an.
Für Betriebe bestimmter Wirtschaftszweige, die in der Verordnung beispielhaft aufgezählt sind (z.B. Abfallwirtschaft, Land- und Forstwirtschaft, Veterinärmedizin, Schlachtbetriebe und Bauwirtschaft) und die erstmalig eine Gefährdungsbeurteilung durchführen werden, reduziert sich der Erfüllungsaufwand einmalig. Dies wird dadurch erreicht, dass künftig auf die Zuordnung zur Schutzstufe verzichtet werden kann. Mit Wegfall dieser formalen Anforderungen verringert sich der Aufwand für die Gefährdungsbeurteilung und damit gleichzeitig auch der für die Dokumentation in der Regel um die Hälfte. Die für die Gefährdungsbeurteilung und die Dokumentation erforderliche Zeit variiert nach Betriebsgröße und Art des Betriebes. Als Zeitrahmen erscheinen 2 bis 5 Stunden realistisch. Zur Abschätzung der finanziellen Ersparnis kann die Lohnkostentabelle des statistischen Bundesamtes zugrunde gelegt werden. Wegen der unterschiedlichen Sparten, die betroffen sind, und der erforderlichen Qualifikation für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung ist dabei der durchschnittlichen Lohnsatz bezogen auf ein hohes Qualifikationsniveau heranzuziehen; aktuell beträgt dieser 47,30 € pro Stunde. Daraus ergibt sich eine Ersparnis von durchschnittlich 100 € pro betroffenem Betrieb.
Für die Einrichtungen, die mit hochpathogenen Krankheitserregern umgehen, wird das bisherige Anzeigeverfahren durch ein Erlaubnisverfahren ersetzt. Hinsichtlich der Fallzahlen ist mit keiner Änderung gegenüber dem bisherigen Anzeigeverfahren zu rechnen (bislang ein bis zwei pro Jahr). Die Erhöhung des Erfüllungsaufwandes für die Wirtschaft durch dieses Erlaubnisverfahren ist vor dem Hintergrund des erheblichen Aufwands für die Planung und Errichtung einer solchen Einrichtung vernachlässigbar. Der Aufwand wird weiter dadurch verringert, dass die Verordnung ermöglicht, die Erlaubnis durch eine, nach anderen Rechtsvorschriften vorgeschriebene, gleichwertige Genehmigung zu ersetzen.
Die Verordnung wird auch bei den Ländern zu keiner relevanten Erhöhung des Erfüllungsaufwands führen: Die Umwandlung des bisherigen Anzeigeverfahrens bei Tätigkeiten mit hochpathogenen Infektionserregern in ein Erlaubnisverfahren betrifft nur wenige Einrichtungen, wobei gegenüber dem Anzeigeverfahren mit keiner Erhöhung der Fallzahlen zu rechnen ist (siehe oben). Der durch das Erlaubnisverfahren entstehende Mehraufwand für die Verwaltung ist abhängig von der jeweiligen Einrichtung.
Zu berücksichtigen ist dabei, dass Einrichtungen, die Tätigkeiten mit hochpathogenen Erregern ausüben wollen, bereits in der Planungs- und Einrichtungsphase in engem Kontakt mit den Überwachungsbehörden stehen und damit der Großteil der für das Erlaubnisverfahren relevanten Aspekte auch derzeit schon im Vorfeld behandelt wird. Soweit in einzelnen Ländern die Zuständigkeit für den Vollzug der Biostoffverordnung bei den Kommunen liegt, würde eventueller Mehraufwand bei diesen entstehen.
Eine Erhöhung des Aufwands ist für einige Bereiche des Gesundheitsdienstes durch die Umsetzung der Nadelstichrichtlinie zu erwarten, weil Kosten durch die Einführung sicherer medizinischer Geräte zum Schutz vor Stich- und Schnittverletzungen entstehen können. Diese Geräte sind derzeit noch teurer als die herkömmlichen und die Umstellung ist mit einem erhöhten Schulungsaufwand verbundenen. Die Kosten sind abhängig von der jeweiligen Einrichtung und deshalb nicht bezifferbar. In Deutschland ist die Einführung dieser Geräte für besonders gefährdende Tätigkeiten bereits seit 2006 in einer Technischen Regel für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA 250) gefordert. Von vielen Krankenhäusern sowie fast dem gesamten Rettungsdienst ist bekannt, dass bereits auf die sicheren Geräte umgestellt wurde. Somit sind lediglich die Betriebe betroffen, die die Regelungen der TRBA 250 noch nicht umgesetzt haben.
Der Aufwand der Verwaltung auf Grund der Erlaubniserteilung wird in Form von Gebühren auf die Antragsteller umgelegt. Die Höhe der Gebühren orientiert sich in der Regel an den jeweiligen Errichtungskosten. Sie ist von den Ländern festzulegen und dürfte die eines vergleichbaren gentechnikrechtlichen Genehmigungsverfahrens nicht überschreiten.
Die Änderung der Gefahrstoffverordnung beinhaltet die Einführung einer Fortbildungspflicht für Personen, die Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten an asbestkontaminierten Einrichtungen, Anlagen und Gebäuden (ASI-Arbeiten) durchführen wollen. Die Regelung wurde auf Wunsch der Länder aufgenommen und macht die Teilnahme an einem anerkannten Fortbildungskurs im sechsjährigen Turnus erforderlich. Betroffen sind davon schätzungsweise 300 für ASI-Arbeiten zugelassene Betriebe mit rund 850 Beschäftigten. Die Kosten für einen eintägigen Kurs betragen zwischen 400 und 600 E. Durchschnittlich beläuft sich der Aufwand pro Betrieb jährlich auf 250 E. Hinzu kommt ein Arbeitsausfall von einem Arbeitstag pro Beschäftigtem alle 6 Jahre. Durch Übergangsvorschriften wird den Interessen bereits tätiger Betriebe Rechnung getragen.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1
Zu Abschnitt 1 (Anwendungsbereich, Begriffsbestimmungen und Risikogruppeneinstufung)
Zu § 1 (Anwendungsbereich)
Zu Absatz 1
Absatz 1 legt den Anwendungsbereich fest. Er ist gegenüber der bisherigen Verordnung inhaltlich unverändert und legt dar, dass die Verordnung Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit Biostoffen regelt. Der Begriff "Biostoff" wird als Kurzbezeichnung für die Bezeichnung "biologischer Arbeitsstoff" in den Verordnungstext eingeführt. Damit übernimmt die Verordnung den etablierten Begriff aus ihrer Kurzbezeichnung und trägt der Tatsache Rechnung, dass die bisherige Bezeichnung keine korrekte Übersetzung des Wortes "agent" aus der Richtlinie 2000/54/EG ist und in der Praxis nur schwer vermittelbar war.
Im Anwendungsbereich wird auch klargestellt, dass die Verordnung Maßnahmen zum Schutz anderer Personen enthält, soweit diese in gleicher Weise gefährdet sind wie die Beschäftigten. Diese Maßnahmen beschränken sich allerdings auf das aktive Verwenden von Biostoffen. Dazu gehören entsprechend der Definition des Begriffs "Tätigkeiten" (§ 2 Absatz 7 Nummer 1) zum Beispiel das Isolieren, Erzeugen, Ab- und Umfüllen und betreffen spezielle Schutzmaßnahmen sowie Anforderungen an die Beschaffenheit von Räumen und Einrichtungen (zum Beispiel Laboratorien oder Räume zur Versuchstierhaltung). Der Schutz anderer Personen, die aufgrund des Umgangs mit Menschen, Tieren, Pflanzen oder Materialien mit Biostoffen in Kontakt kommen und dadurch gefährdet werden können, wird somit in der Verordnung nicht geregelt, auch wenn diese Personen teilweise durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes reflexhaft mit geschützt werden.
Zu Absatz 2
Absatz 2 übernimmt inhaltlich unverändert die Regelung der bisherigen Verordnung. Er basiert auf der Richtlinie 2000/54/EG, nach der zu den Biostoffen auch gentechnisch veränderte Mikroorganismen gehören.
Zu § 2 (Begriffsbestimmungen)
Zu Absatz 1
Absatz 1 definiert den Begriff des Biostoffs. Die Begriffsbestimmung wurde an den Stand der Wissenschaft angepasst und zur Verbesserung der Lesbarkeit neu strukturiert. In Anlehnung an § 2 Infektionsschutzgesetzes (IfSG) wird die Gefährdung durch Biostoffe auch auf übertragbare Krankheiten ausgedehnt. Zusätzlich zu den bisherigen Gefährdungsarten werden auch sonstige, die Gesundheit schädigende Wirkungen neu aufgenommen. Dies trägt der Tatsache Rechnung, dass Biostoffe auch krebserzeugende und fruchtschädigende Eigenschaften besitzen können, die von der Verordnung mit erfasst werden müssen. Nicht erfasst werden dagegen sensibilisierende und toxische Wirkungen sonstiger Organismen (zum Beispiel Pollen, Hausstaubmilben, Pflanzen, Fruchtkörper mehrzelliger Pilze, Holz- und Mehlstaub), diese unterliegen den Regelungen der Gefahrstoffverordnung.
Zu Nummer 1
Nummer 1 entspricht inhaltlich § 2 Absatz 1 Satz 1 der bisherigen Verordnung.
Zu Nummer 2
Nummer 2 nennt die mit Transmissibler Spongiformer Enzephalopathie (TSE) assoziierten Agenzien; dies entspricht § 2 Absatz 1 Satz 2 der bisherigen Verordnung.
Zu Absatz 2
In Nummer 1 werden Ektoparasiten mit schädigenden Wirkungen auf den Menschen den Biostoffen gleichgestellt. In Nummer 2 werden technisch hergestellte biologische Einheiten ebenfalls den Biostoffen zugeordnet. Dies trägt dem wissenschaftlichen Fortschritt im Bereich der sogenannten synthetischen Biologie Rechnung. Dabei handelt es sich um eine Zukunftstechnologie, deren weitere Entwicklung nur schwer voraussehbar ist. Die Aufnahme in die Biostoffverordnung ist deshalb lediglich als Option dafür zu verstehen, bei einem eventuellen zukünftigen Bedarf spezielle Präventionsmaßnahmen festlegen zu können.
Zu Absatz 3 und Absatz 4
Absatz 3 und 4 präzisieren die in Absatz 1 genannten Begriffe und stellen keine inhaltliche Änderung gegenüber § 2 Absatz 2 und 3 der bisherigen Verordnung dar.
Zu Absatz 5
Mit Absatz 5 wird der Begriff der Toxine neu eingeführt. Damit wird präzisiert, was unter der toxischen Wirkung eines Biostoffs zu verstehen ist. Zweck der Definition ist die Abgrenzung zum Gefahrstoffrecht, die in der Praxis vielfach zu Schwierigkeiten geführt hat. Dabei ist zu auch berücksichtigen, dass die Biostoffverordnung nur dann gilt, wenn die Gefährdung durch eine Tätigkeit mit einem Biostoff hervorgerufen wird. Wird lediglich das isolierte Toxin eines Biostoffs verwendet, findet die Gefahrstoffverordnung Anwendung (Beispiel: Biostoffverordnung bei Tätigkeit mit Clostridium botulinum; Gefahrstoffverordnung bei der Verwendung von Botulinum-Toxin in der Neurologie oder Kosmetik). Unter die Biostoffverordnung fallen auch Tätigkeiten mit Kulturflüssigkeiten, die lebensfähige Biostoffe und ihre toxischen Stoffwechselprodukte enthalten.
Zu Absatz 6
In Absatz 6 werden die Biostoffe der Risikogruppe 3, die im Technischen Regelwerk und in Anhang III der Richtlinie 2000/54/EG mit zwei Sternchen gekennzeichnet werden, näher erläutert. Dies ist erforderlich, da an verschiedenen Stellen der Verordnung Ausnahmen für diese Biostoffe vorgesehen sind, da aufgrund der eingeschränkten Übertragungswege das Infektionsrisiko begrenzt ist.
Zu Absatz 7
Absatz 7 definiert den Begriff der "Tätigkeiten" entsprechend § 2 Absatz 4 der bisherigen Verordnung.
Zu Nummer 1
Nummer 1 beschreibt unverändert Tätigkeiten, wie sie in Laboratorien, in der Versuchstierhaltung und in der Biotechnologie durchgeführt werden.
Zu Nummer 2
In Nummer 2 wurden die Begriffsbestimmung aus § 2 Absatz 4 Satz 2 der bisherigen Verordnung angepasst, um klarzustellen, dass ein reines Ausgesetztsein gegenüber Biostoffen, wie es bei Tätigkeiten mit Publikumsverkehr vorkommt, nicht unter den Geltungsbereich der Biostoffverordnung fällt, sondern ein direkter Zusammenhang mit der Arbeit und dem Freiwerden von Biostoffen bestehen muss.
Zu Absatz 8
Absatz 8 übernimmt unverändert die Begriffsbestimmung der gezielten und nicht gezielten Tätigkeiten aus § 2 Absatz 5 der bisherigen Verordnung.
Zu Absatz 9
Absatz 9 stellt unverändert Schülerinnen, Schüler, Studierende, sonstigen Personen sowie in Heimarbeit Beschäftigte den Beschäftigten gleich und übernimmt damit die Regelung des § 2 Absatz 8 Satz 2 der bisherigen Verordnung inhaltlich unverändert. Gleichzeitig wird der Begriff der sonstigen Personen, der auch Praktikanten einschließt, präzisiert durch den beispielhaft genannten Tätigkeitsbereich des Gesundheitsdienstes. Dies dient der Klarstellung, dass die Biostoffverordnung den gesamten Personenkreis einbezieht, der unter den Anwendungsbereich der Nadelstich-Richtlinie fällt.
Zu Absatz 10
Absatz 10 übernimmt die Ausweitung des Arbeitgeberbegriffs inhaltlich unverändert aus § 2 Absatz 8 Satz 1 der bisherigen Verordnung.
Zu Absatz 11
Absatz 11 definiert erstmals - in Abgleich mit der Gefahrstoffverordnung - den Begriff der Fachkunde, die in der Verordnung in unterschiedlichen Zusammenhängen gefordert wird. Durch die allgemein gehaltene Formulierung wird es möglich, die Anforderungen je nach Aufgabe und Gefährdung im technischen Regelwerk sachgerecht zu differenzieren. Dadurch können Tätigkeitsbereiche ohne oder mit geringer Infektionsgefährdung von überzogenen Fachkundeanforderungen entlastet und bei Tätigkeiten mit hohem Gefährdungspotenzial die Anforderungen präzisiert werden.
Zu Absatz 12
Absatz 12 übernimmt im Wesentlichen die Definition des Begriffs "Stand der Technik" aus § 2 Absatz 7a der bisherigen Verordnung.
Zu Absatz 13
Absatz 13 ersetzt § 2 Absatz 7 der bisherigen Verordnung und enthält eine angepasste Definition des Begriffs der "Schutzstufe". Die Änderung dient der Klarstellung, dass mit der Schutzstufe eine Aussage zur Höhe der Infektionsgefährdung der Tätigkeiten getroffen wird und dass dieser die zusätzlichen Schutzmaßnahmen der Anhänge II und III zugeordnet sind.
Zu Absatz 14
In Absatz 14 wird der Begriff "Einrichtungen des Gesundheitsdienstes" neu eingeführt. Dies wurde erforderlich, um hinsichtlich der Maßnahmen eine Differenzierung zu ermöglichen zwischen Tätigkeiten, die in Arbeitsstätten ausgeübt werden und solchen, die im privaten Bereich durchgeführt werden. Diese Unterscheidung ist erforderlich, da insbesondere bauliche und technische Anforderungen vom Arbeitgeber im privaten Bereich nicht umgesetzt werden können.
Zu Absatz 15
In Absatz 15 wird der Begriff "Biotechnologie" neu eingeführt, da sich die Notwendigkeit zeigte, bestimmte Maßnahmen für diesen Bereich festzulegen. Die Definition stellt klar, dass die speziellen Regelungen, die in der Biostoffverordnung für Tätigkeiten in der Biotechnologie festgelegt sind, keine Anwendung für Biogas- und Kläranlagen sowie andere vergleichbare Anlagen finden.
Zu § 3 (Einstufung von Biostoffen in Risikogruppen)
§ 3 fasst die §§ 3 und 4 der bisherigen Verordnung inhaltlich unverändert zusammen, die die Risikogruppendefinitionen und Festlegungen zur Einstufung der Biostoffe in Risikogruppen enthalten. Neu aufgenommen werden Erläuterungen - insbesondere zur Herabstufung von Biostoffen - aus dem Anhang III der Richtlinie 2000/54/EG. Damit wird für Arbeitgeber und Vollzugsbehörden mehr Rechtssicherheit geschaffen. Weiterhin erfolgt die Klarstellung, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Einstufungen von Biostoffen vornehmen und veröffentlichen kann. Diese Aufgabe wird den Mitgliedstaaten durch Artikel 18 Absatz 2 der Richtlinie 2000/54/EG auferlegt.
Zu Abschnitt 2 (Gefährdungsbeurteilung, Schutzstufenzuordnung, Dokumentationsund Aufzeichnungspflichten)
Zu § 4 (Gefährdungsbeurteilung)
§ 4 fasst die §§ 5 bis 8 der bisherigen Verordnung zusammen.
Soweit sowohl Tätigkeiten nach Biostoffverordnung als auch solche nach Gentechnikrecht durchgeführt werden, ist es möglich, die Gefährdungsbeurteilung nach Biostoffverordnung und die Risikobewertung und Sicherheitseinstufung nach Gentechniksicherheitsverordnung gemeinsam durchzuführen. Dies stellt eine Erleichterung für die Arbeitgeber insbesondere in Wissenschaft und Forschung dar und gewährleistet ein einheitliches Schutzniveau.
Zu Absatz 1
Absatz 1 entspricht inhaltlich § 8 der bisherigen Verordnung und legt unverändert fest, dass die Gefährdungsbeurteilung fachkundig oder mit fachkundiger Beratung zu erfolgen hat. Fachkundig können zum Beispiel Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Betriebsärzte und andere Personen mit einer biologischnaturwissenschaftlichen Ausbildung sein. Konkretisiert werden die Anforderungen an die Fachkunde gefährdungsbezogen im Technischen Regelwerk.
Zu Absatz 2
Absatz 2 regelt, wann die Gefährdungsbeurteilung zu aktualisieren bzw. zu überprüfen ist und enthält Bestimmungen aus § 8 der bisherigen Verordnung. Dabei hat die Überprüfung auch ohne bestimmten Anlass regelmäßig zu erfolgen. Die Überprüfung bedeutet nicht zwingend eine Neudurchführung der Gefährdungsbeurteilung, sondern dient der Feststellung, ob diese noch aktuell ist. Erst wenn dies nicht der Fall ist, ist die Gefährdungsbeurteilung zu aktualisieren oder ggf. völlig neu durchzuführen. Konkrete Zeitvorgaben für die Überprüfung werden nicht gemacht, allerdings ist der zeitliche Abstand mit maximal zwei Jahren festgelegt. In diesem Zeitrahmen hat der Arbeitgeber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung die Überprüfung festzulegen. Kriterien, die eine sofortige Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung erforderlich machen, werden konkret benannt.
Zu Absatz 3
Absatz 3 listet die Informationen auf, die für die Gefährdungsbeurteilung zu beschaffen sind. Er entspricht inhaltlich § 5 Absatz 1 der bisherigen Verordnung, wobei die Angaben präzisiert und neu strukturiert wurden, um die Regelungen für die Praxis besser verständlich zu gestalten.
Zu Nummer 1
Nummer 1 entspricht § 5 Absatz 1 Nummer 1 der bisherigen Verordnung. Neu aufgenommen wurde die Ermittlung der Aufnahmepfade, die für die Beurteilung der sensibilisierenden und toxischen Wirkungen von Biostoffen wichtig sind. Damit werden diese Gefährdungsarten besser berücksichtigt als in der bisherigen Verordnung, die mit ihrem undifferenzierten Schutzstufenkonzept die Infektionsgefährdung in den Vordergrund rückte. Darüber hinaus werden auch sonstige die Gesundheit schädigende Wirkungen wie fruchtschädigende oder krebserzeugende Eigenschaften genannt.
Zu Nummer 2
Nummer 2 übernimmt die Regelungen des § 5 Absatz 1 Nummer 2 der bisherigen Verordnung.
Zu Nummer 3
Nummer 3 übernimmt die Regelungen des § 5 Absatz 1 Nummer 3 der bisherigen Verordnung.
Zu Nummer 4
Nummer 4 wurde neu aufgenommen und bezieht die Substitutionsprüfung in die Informationsbeschaffung ein. Die Substitutionsprüfung betrifft auch den Einsatz scharfer und spitzer medizinischer Instrumente im Gesundheitsdienst und dient insoweit der Umsetzung Nadelstich-Richtlinie.
Zu Nummer 5
Nummer 5 entspricht § 5 Absatz 1 Nummer 4 der bisherigen Verordnung ergänzt um solche tätigkeitsbezogenen Erkenntnisse, die dem Arbeitgeber aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge bekannt geworden sind sowie um Erkenntnisse zu psychischen Belastungen im Zusammenhang mit Tätigkeiten mit Biostoffen. Diese Ergänzung dient insoweit der Umsetzung der Nadelstich-Richtlinie.
Zu Absatz 4
Absatz 4 fasst die Bestimmungen von § 6 Absatz 1 sowie § 7 Absatz 1 der bisherigen Verordnung zusammen. Neu aufgenommen wurde die Verpflichtung, sensibilisierende und toxische Gefährdungen sowie die Infektionsgefährdung jeweils unabhängig voneinander zu beurteilen. Die bisherige Verordnung hat ihren Schwerpunkt auf die Infektionsgefährdung gelegt und wurde damit den Tätigkeiten mit sensibilisierenden und toxischen Wirkungen, jedoch ohne oder mit lediglich geringer Infektionsgefährdung, nicht ausreichend gerecht. Dies wird mit der Neuregelung behoben.
Zu Absatz 5
Absatz 5 wurde neu aufgenommen und trägt der Tatsache Rechnung, dass verstärkt
Produkte in Verkehr gebracht werden, die Biostoffe enthalten. Da diese in der Regel keine entsprechende Kennzeichnung besitzen, war festzulegen, dass und wie der Arbeitgeber die erforderlichen Informationen zur Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln hat.
Zu § 5 (Tätigkeiten mit Schutzstufenzuordnung)
Mit § 5 werden Erleichterungen gegenüber der bisherigen Verordnung eingeführt, indem die bisher für alle Tätigkeiten obligatorische Schutzstufenzuordnung nicht mehr für die Tätigkeiten erforderlich ist, bei denen eine Infektionsgefährdung nicht besteht oder nur gering ist. Dies ist möglich, weil die Schutzstufen ausschließlich an die Infektionsgefährdung gekoppelt und mit den Containment-Maßnahmen der Anhänge II und III verknüpft sind.
Zu Absatz 1
Absatz 1 benennt abschließend die Tätigkeitsbereiche, für die weiterhin eine Schutzstufenzuordnung vorzunehmen ist, weil hier für die Beschäftigten eine relevante Infektionsgefährdung besteht. Dies sind Tätigkeiten in Laboratorien, der Versuchstierhaltung, der Biotechnologie und in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes. Da die Unterscheidung zwischen gezielten und nicht gezielten Tätigkeiten Einfluss auf die Schutzstufenzuordnung hat, wird an dieser Stelle auch die Pflicht verankert zu ermitteln, welche Tätigkeitsart vorliegt.
Zu Absatz 2
Absatz 2 ersetzt § 6 Absatz 1 Satz 3 der bisherigen Verordnung und beschreibt das Vorgehen zur Schutzstufenzuordnung.
Zu Nummer 1
Nummer 1 legt die Schutzstufenzuordnung für gezielte Tätigkeiten fest. Danach muss eine gezielte Tätigkeit der Schutzstufe zugeordnet werden, die der Risikogruppe des Biostoffs entspricht. Tätigkeits- und Expositionsbedingungen, die die Gefährdung der Beschäftigten maßgeblich mit beeinflussen, werden bei der Festlegung der erforderlichen Schutzmaßnahmen und nicht bei der Zuordnung der Schutzstufe berücksichtigt.
Zu Nummer 2
Nummer 2 beschreibt das Vorgehen zur Schutzstufenzuordnung bei nicht gezielten Tätigkeiten und ersetzt § 7 Absatz 1 der bisherigen Verordnung. Dabei werden mit den Buchstaben a bis c Kriterien für die Zuordnung zu einer Schutzstufe neu aufgenommen.
Zu § 6 (Tätigkeiten ohne Schutzstufenzuordnung)
§ 6 nennt beispielhaft Tätigkeitsbereiche, bei denen eine Schutzstufenzuordnung nicht erfolgen muss und beschreibt das Verfahren der vereinfachten Gefährdungsbeurteilung. Die vereinfachte Gefährdungsbeurteilung hat danach auf der Grundlage der einschlägigen Technischen Regeln zu erfolgen, soweit solche existieren. Liegen keine Technischen Regeln vor, sind Erfahrungen aus vergleichbaren Tätigkeiten oder sonstige gesicherte Erkenntnisse nach dem Stand der Technik heranzuziehen. Hierzu zählen Informationsschriften der Unfallversicherungsträger sowie Veröffentlichungen der Länder oder Verbände.
Zu § 7 (Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung und Aufzeichnungspflichten)
§ 7 fasst die Regelungen zu Dokumentations- und Aufzeichnungspflichten des Arbeitgebers in § 8 und § 13 Absatz 3 bis 5 der bisherigen Verordnung zusammen.
Zu Absatz 1
In Absatz 1 Nummern 1 bis 5 werden - analog zu § 6 Absatz 8 GefStoffV - die Inhalte der Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung beschrieben und zusammengefasst aufgelistet. Nach Nummer 2 ist - analog zur Gefahrstoffverordnung - das Ergebnis der Substitutionsprüfung zu dokumentieren. Dies betrifft sowohl die Substitution von Biostoffen - die nur im Ausnahmefall möglich sein wird - als auch die Substitution von Verfahren oder Arbeitsmitteln. Somit ist auch zu dokumentieren, warum kein Ersatz von spitzen und scharfen Instrumenten durch sichere Instrumente erfolgen konnte.
Zu Absatz 2
Absatz 2 entspricht § 8 Satz 5 der bisherigen Verordnung mit Regelungen zum Verzeichnis der Biostoffe. Bei gezielten Tätigkeiten ist der Biostoff einschließlich der Risikogruppe anzugeben. Bei nicht gezielten Tätigkeiten können - wenn keine anderen Erkenntnisse vorliegen - auch Sammeleinträge wie "Bodenbakterien" oder "Schimmelpilze" erfolgen, wenn möglich unter Angabe von "Leitkeimen". Sensibilisierende und toxische Wirkungen sind gesondert auszuweisen. Gleichzeitig werden die Rechte betroffener Beschäftigter oder ihrer Vertretungen auf Zugang zu den Daten geregelt. Dies entspricht inhaltlich § 13 Absatz 3 Satz 2 der bisherigen Verordnung Die Verwendung des Begriffs "Vertretungen" trägt der Tatsache Rechnung, dass es verschiedene Formen der Mitbestimmung gibt, die insgesamt einbezogen werden sollen.
Zu Absatz 3
Absatz 3 fasst die Regelungen des § 13 Absatz 3 bis 5 der bisherigen Verordnung zum Verzeichnis der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit Biostoffen der Risikogruppe 3 und 4 zusammen und stellt die Informationsrechte der Beschäftigten sicher. Gleichzeitig wird klargestellt, dass die Aufbewahrungsfrist des Verzeichnisses mindestens 10 Jahre beträgt, was den Vorgaben der Richtlinie 2000/54/EG entspricht.
Zu Absatz 4
Absatz 4 beschränkt die Dokumentationspflicht nach Absatz 1 bei Tätigkeiten mit Biostoffen der Risikogruppe 1 ohne sensibilisierende oder toxische Wirkungen auf die erforderlichen Grundangaben und schafft dadurch Erleichterungen für den Arbeitgeber. Beispielsweise kann bei geringer Gefährdung darauf verzichtet werden, ein Biostoffverzeichnis zu führen und die Ergebnisse der Substitutions- und Wirksamkeitsprüfung zu dokumentieren. Ebenso muss ein Abweichen von Technischen Regeln nicht begründet werden.
Zu Abschnitt 3 (Grundpflichten und Schutzmaßnahmen)
Zu § 8 (Grundpflichten)
Mit § 8 werden - analog zur Gefahrstoffverordnung - Grundpflichten festgelegt, die der Arbeitgeber grundsätzlich zu erfüllen hat. Neben den bereits an verschiedenen Stellen der bisherigen Verordnung genannten Pflichten werden auch neue Regelungen aufgenommen, die der Umsetzung der Nadelstich-Richtlinie dienen.
Zu Absatz 1
Absatz 1 setzt in allgemeiner Form die Forderungen des § 4 der Nadelstich-Richtlinie um, nach denen der Arbeitsschutz in die betriebliche Organisation sowie in die Arbeitsplanung und -gestaltung zu integrieren ist und die Beschäftigten und ihre Vertretungen einzubinden sind. Dies schließt ein, dass der Arbeitgeber alle gesundheits- und sicherheitsrelevanten einschließlich der psychischen Faktoren ausreichend berücksichtigen muss. Die Regelungen dienen der Stärkung des Arbeitsschutzes und der Verbesserung seiner Akzeptanz. Dabei enthält die Verordnung an dieser Stelle keine konkreten Inhalte, da die Umsetzung von der jeweiligen betrieblichen Situation abhängt. In der Praxis wird diese Forderung vielfach durch Arbeitsschutzmanagementsysteme realisiert.
Zu Absatz 2
Mit Absatz 2 wird § 4 Nummer 7 der Nadelstich-Richtlinie umgesetzt. Danach ist insbesondere die Schaffung eines Sicherheitsbewusstseins essenziell für einen erfolgreichen, gelebten Arbeitsschutz. Diese Forderung wird deshalb über den Gesundheitsdienst hinaus auf alle Tätigkeiten mit Biostoffen ausgedehnt. Weiterhin umfasst das Sicherheitsbewusstsein auch die Aspekte der Vermeidung einer möglichen missbräuchlichen Verwendung von Biostoffen.
Zu Absatz 3
In Absatz 3 wird die Pflicht zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung vor Aufnahme der Tätigkeit verankert. Dies entspricht inhaltlich den Regelungen von § 8 Absatz 1 Satz 1 der bisherigen Verordnung.
Zu Absatz 4
Absatz 4 verankert das STOP-Prinzip, wonach Substitution und technische Maßnahmen vorrangig sind und übernimmt die entsprechenden Regelungen von § 10 der bisherigen Verordnung.
Zu Nummer 1
Nummer 1 beschreibt die Pflicht zur Substitution gefährlicher Biostoffe als vorrangig gegenüber den anderen Maßnahmen, wobei der Tatsache Rechnung getragen wird, dass dies bei Tätigkeiten mit Biostoffen nur in Einzelfällen möglich sein wird.
Zu Nummer 2
Nummer 2 fordert für den Fall, dass eine Gefährdung nicht durch eine Substitution verhindert werden kann, dass ein Freiwerden von Biostoffen durch geeignete Arbeitsverfahren und Arbeitsmittel verhindert wird.
Zu Nummer 3
Nummer 3 legt fest, dass die Exposition der Beschäftigten zu minimieren ist, wenn das Freiwerden von Biostoffen nicht verhindert werden kann.
Zu Nummer 4
In Nummer 4 wird geregelt, dass persönliche Schutzmaßnahmen zusätzlich einzusetzen sind, wenn trotz Ausschöpfung der Maßnahmen nach Nummer 1 bis 3 kein ausreichender Schutz der Beschäftigten gewährleistet ist.
Zu Absatz 5
Mit Absatz 5 wird sichergestellt, dass die getroffenen Schutzmaßnahmen auch der aktuellen technischen Entwicklung unter Berücksichtigung gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse entsprechen und bei sicherheitsrelevanten Weiterentwicklungen unter Wahrung des Gebots der Verhältnismäßigkeit angepasst werden. Bei der Festlegung der Schutzmaßnahmen sind die vom Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe ermittelten Regeln und Erkenntnisse zu berücksichtigen. Absatz 5 entspricht inhaltlich § 10 Absatz 1, 8 und 9 der bisherigen Verordnung.
Zu Absatz 6
Mit Absatz 6 wird die Forderung des § 11 Absatz 2 der bisherigen Verordnung übernommen, die Funktion und Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen regelmäßig zu überprüfen. Neu eingeführt wird die Forderung, bei dieser Überprüfung den jeweiligen Technischen Kontrollwert (TKW) heranzuziehen, sofern ein solcher festgelegt wurde. TKW sind keine gesundheitsbasierten Werte. Sie repräsentieren die Konzentration, die nach dem Stand der Technik für bestimmte Arbeitsbereiche oder genau definierte technische Einrichtungen oder Anlagen erreicht werden kann. Sie stellen einen Maßstab zur Beurteilung der Qualität der ergriffenen technischen und organisatorischen Maßnahmen dar. Bisher wurde erst ein TKW in einer Technischen Regel festgesetzt; dieser gilt für Sortier- und Fahrzeugkabinen in Abfallbehandlungsanlagen.
Zu Absatz 7
Absatz 7 enthält unverändert die Tätigkeitsbeschränkung für die Heimarbeit aus § 10 Absatz 3 der bisherigen Verordnung.
Zu § 9 (Allgemeine Schutzmaßnahmen)
§ 9 enthält ein Paket grundlegender Schutzmaßnahmen, die geeignet sind, sowohl einer Infektionsgefährdung als auch den Gefährdungen durch sensibilisierende und toxische Wirkungen von Biostoffen entgegen zu wirken. Inhaltlich wurden die entsprechenden Regelungen aus den §§ 10 und 11 der bisherigen Verordnung übernommen.
Zu Absatz 1 und Absatz 2
Absatz 1 und Absatz 2 regeln die allgemeinen Hygienemaßnahmen. Dabei bilden die in Absatz 1 konkret aufgelisteten Schutzmaßnahmen den Mindeststandard, der bei allen Tätigkeiten mit Biostoffen einzuhalten ist. Absatz 2 stellt klar, dass für Tätigkeiten der Schutzstufe 1 in Laboratorien, der Versuchstierhaltung, der Biotechnologie und im Gesundheitsdienst darüber hinaus weitere Mindestmaßnahmen zu treffen sind, die im technischen Regelwerk festgelegt werden. In Absatz 2 wird hierfür auf das technische Regelwerk verwiesen, da aufgrund der unterschiedlichen Tätigkeitsbereiche die allgemeinen Hygienemaßnahmen auf Verordnungsebene nicht ausreichend konkret gefasst werden können. Dieser Verweis entspricht inhaltlich § 10 Absatz 4 der bisherigen Verordnung.
Zu Absatz 3
Absatz 3 legt fest, dass zusätzlich zu Absatz 1 weitere Schutzmaßnahmen ergriffen werden müssen, wenn nicht ausschließlich Tätigkeiten mit Biostoffen der Risikogruppe 1 ohne sensibilisierende und toxische Wirkungen ausgeübt werden. Dies ist erforderlich, weil die allgemeinen Hygienemaßnahmen nicht ausreichen, wenn eine relevante Infektionsgefährdung oder eine Gefährdung durch sensibilisierende oder toxische Wirkungen von Biostoffen vorliegt.
Zu Nummer 1
Nummer 1 entspricht inhaltlich § 10 Absatz 6 Satz 2 Nummer 1 der bisherigen Verordnung mit Anforderungen zur Auswahl geeigneter und sicherer Arbeitsverfahren und Arbeitsmittel. Hierunter fällt auch die Pflicht, scharfe und spitze Arbeitsmittel soweit technisch möglich zu ersetzen. Damit wird § 6 Nummer 1 der Nadelstich-Richtlinie in allgemeiner Form umgesetzt.
Zu Nummer 2
Nummer 2 legt fest, dass Tätigkeiten und Arbeitsverfahren mit Staub- oder Aerosolbildung, einschließlich Reinigungsverfahren, durch solche ohne oder mit geringerer Staub- oder Aerosolbildung zu ersetzen sind, soweit dies nach dem Stand der Technik möglich ist. Nummer 2 entspricht inhaltlich § 10 Absatz 6 Satz 2 Nummer 1 der bisherigen Verordnung.
Zu Nummer 3
Nummer 3 entspricht § 10 Absatz 6 Satz 2 Nummer 2 der bisherigen Verordnung hinsichtlich einer Begrenzung der Zahl der exponierten Beschäftigten.
Zu Nummer 4, Nummer 5 und Nummer 6
Die Nummern 4, 5 und 6 entsprechen inhaltlich § 11 Absatz 1 der bisherigen Verordnung bezüglich Desinfektions- und Dekontaminationsmaßnahmen und persönlicher Schutzausrüstung.
Zu Nummer 7
Nummer 7 entspricht § 11 Absatz 3 der bisherigen Verordnung mit Regelungen zur Aufbewahrung von Nahrungs- und Genussmitteln.
Zu Absatz 4
Absatz 4 enthält Anforderungen an Behälter bei der Lagerung, innerbetrieblichen Beförderung und der Entsorgung von Biostoffen.
Zu Absatz 5
In Absatz 5 wird speziell auf medizinische Tätigkeiten eingegangen, die nicht in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes durchgeführt werden. Dies betrifft insbesondere die Arbeit ambulanter Pflegedienste. Mit Absatz 5 werden die Regelungen über den Einsatz sicherer medizinischer Geräte und deren Entsorgung auch für diese Tätigkeiten verbindlich gemacht. Darüber hinaus ist das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung zum Umgang mit persönlicher Schutzausrüstung und Arbeitskleidung sowie zu den erforderlichen Hygiene- und Desinfektionsmaßnahmen in Arbeitsanweisungen zusammenzufassen. Arbeitsanweisungen schreiben Verhaltensregeln vor und gewährleisten so ein sicherheitsadäquates Handeln, das unabhängig von den räumlichen Gegebenheiten ist. Mit der Regelung wird somit der Tatsache Rechnung getragen, dass die Beschäftigten an ständig wechselnden Orten in Privaträumen tätig werden.
Zu § 10 (Zusätzliche Schutzmaßnahmen und Anforderungen bei Tätigkeiten der Schutzstufen 2, 3 oder 4 in Laboratorien, in der Versuchstierhaltung sowie in der Biotechnologie)
§ 10 betrifft ausschließlich Tätigkeiten in Laboratorien, der Versuchstierhaltung sowie der Biotechnologie. Diese müssen einer Schutzstufe zugeordnet werden, aus der sich zusätzliche technische und bauliche Maßnahmen nach den Anhängen II oder III ergeben. Darüber hinaus werden insbesondere für Tätigkeiten mit hochpathogenen Erregern weitergehende organisatorische Maßnahmen festgelegt.
Zu Absatz 1
Absatz 1 benennt zusätzliche Schutzmaßnahmen für die Schutzstufen 2 bis 4 entsprechend den §§ 6 und 7 der bisherigen Verordnung.
Zu Nummer 1
Nummer 1 führt den Schutzstufenbereich neu ein, um den Änderungen des Anhangs II Rechnung zu tragen. Der Arbeitgeber hat entsprechend der Schutzstufe einen räumlich abgegrenzten Schutzstufenbereich festzulegen und diesen mit der Schutzstufenbezeichnung sowie mit dem Symbol für Biogefährdung nach Anhang I zu kennzeichnen. Die Kennzeichnungspflicht entspricht § 10 Absatz 6 Satz 3 Nummer 1 der bisherigen Verordnung.
Zu Nummer 2
Nummer 2 enthält Bestimmungen zur Entsorgung kontaminierter spitzer und scharfer Arbeitsmittel und setzt § 6 Nummer 1, 3. Tiret und § 6 Nummer 2, 1. Tiret der Nadelstich-Richtlinie um.
Zu Nummer 3
Nummer 3 enthält Zugangsbeschränkungen zu Biostoffen der Risikogruppe 3 und 4 und entspricht inhaltlich Anhang II Nummer 3 der bisherigen Verordnung. Halbsatz 2 entspricht inhaltlich § 10 Absatz 5 Satz 1 der bisherigen Verordnung zur Übertragung von Tätigkeiten mit hoher Gefährdung (Schutzstufe 3 und 4) hinsichtlich der Befähigung der Beschäftigten. Tätigkeiten mit hochpathogenen Krankheitserregern stellen eine hohe potenzielle Gefahr für Beschäftigte und die öffentliche Sicherheit dar, die diese Regelung erforderlich macht.
Zu Absatz 2
Absatz 2 setzt eine Forderung aus der Praxis um, nach der die Benennung einer zuverlässigen, fachkundigen Person bei Tätigkeiten mit hochpathogenen Biostoffen erforderlich ist. Dieser Person ist die Aufgabe zu übertragen, den Arbeitgeber bei Tätigkeiten mit hohem Gefährdungspotenzial zu beraten und zu unterstützen. Diese Regelung ist durch die sehr hohe Gefährdung begründet, die bei Tätigkeiten mit diesen Biostoffen besteht. Ausgenommen sind Tätigkeiten mit Biostoffen der Risikogruppe 3, die nach Anhang III der Richtlinie 2000/54/EG mit (**) gekennzeichnet sind. Diese werden nicht über die Luft übertragen, wodurch das Infektionsrisiko begrenzt ist. Die Regelung zur Benennung einer fachkundigen Person wird auch aufgenommen, um eine Regelungslücke zu schließen, die mit dem Zurückziehen der Unfallverhütungsvorschrift Biotechnologie (VBG 102) nach Inkrafttreten der Biostoffverordnung 1999 entstanden ist. Gleichzeitig erfolgt mit der Regelung eine Anpassung an das Gentechnikrecht, das ebenfalls die Benennung eines Beauftragten für die biologische Sicherheit vorsieht. Auf eine explizite Benennung als "Beauftragter" wird in der Biostoffverordnung verzichtet. Die Konkretisierung der allgemein gehaltenen Anforderungen wird durch eine Technische Regel erfolgen.
Zu § 11 (Zusätzliche Schutzmaßnahmen und Anforderungen bei Tätigkeiten der Schutzstufen 2, 3 oder 4 in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes)
§ 11 benennt die Maßnahmen, die zusätzlich zu § 9 bei Tätigkeiten in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes entsprechend den §§ 6 und 7 der bisherigen Verordnung zu ergreifenden sind.
Zu Absatz 1
Absatz 1 übernimmt inhaltlich die Anforderungen nach § 11 Absatz 1 sowie Anhang II Nummer 5 und 8 der bisherigen Verordnung zu Anforderungen an Desinfektion und Oberflächengestaltung für Tätigkeiten in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes.
Zu Absatz 2
Absatz 2 schreibt vor, spitze und scharfe medizinische Instrumente zu ersetzen, soweit dies technisch möglich und von der Gefährdung her erforderlich ist, und setzt diesbezüglich die Nadelstich-Richtlinie um.
Zu Absatz 3
Absatz 3 enthält Bestimmungen zur Handhabung von kontaminierten spitzen und scharfen medizinischen Instrumenten und setzt § 6 Nummer 1, 3. Tiret der Nadelstich-Richtlinie um. Danach müssen gebrauchte Kanülen sicher entsorgt werden und dürfen nicht in die Schutzkappe zurückgesteckt werden. Davon ausgenommen sind Tätigkeiten, bei denen nach dem Stand der Technik eine Mehrfachanwendung erforderlich ist und bei denen Verfahren angewendet werden, die ein Zurückstecken mit einer Hand gewährleisten.
Zu Absatz 4
Absatz 4 legt Anforderungen für die sichere Entsorgung spitzer und scharfer medizinischer Instrumente fest und setzt § 6 Nummer 2, 1. Tiret der Nadelstich-Richtlinie um.
Zu Absatz 5
Absatz 5 enthält Bestimmungen zur Unterrichtung der Beschäftigten über Verletzungen durch gebrauchte spitze oder scharfe medizinische Instrumente und setzt diesbezüglich § 10 der Nadelstich-Richtlinie um.
Zu Absatz 6
Absatz 6 enthält Bestimmungen, die der Arbeitgeber hinsichtlich der Anforderungen an Beschäftigte bei Tätigkeiten mit hoher Gefährdung (Schutzstufe 3 und 4) sicherzustellen hat, und entspricht inhaltlich § 10 Absatz 5 Satz 1 der bisherigen Verordnung.
Zu Absatz 7
Absatz 7 regelt die Anforderungen an Tätigkeiten der Schutzstufe
4. Zu Nummer 1
Nach Nummer 1 hat der Arbeitgeber entsprechend der Schutzstufe räumlich abgegrenzte Schutzstufenbereiche festzulegen und diese mit der Schutzstufenbezeichnung zu kennzeichnen. Der Schutzstufenbereich war neu einzuführen, um den Änderungen des Anhangs II Rechnung zu tragen. Die Kennzeichnung mit dem Symbol für Biogefährdung nach Anhang I entspricht § 10 Absatz 6 Satz 3 Nummer 1 der bisherigen Verordnung.
Zu Nummer 2
Nummer 2 verweist für Tätigkeiten der Schutzstufe 4 auf die Schutzstufen bezogenen Maßnahmen des Anhangs II, die in der Humanmedizin zusätzlich zu treffen sind. Die in den Anhängen als empfohlen bezeichneten Schutzmaßnahmen sind zu ergreifen, wenn dadurch die Gefährdung der Beschäftigten verringert werden kann. Dies ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festzustellen. Nummer 2 entspricht inhaltlich § 7 Absatz 2 der bisherigen Verordnung.
Zu Nummer 3
Nummer 3 legt in Einklang mit § 10 Absatz 2 die Benennung einer fachkundigen Person bei Tätigkeiten der Schutzstufe 4 fest. Dieser ist die Aufgabe zu übertragen, den Arbeitgeber bei Tätigkeiten mit sehr hohem Gefährdungspotenzial zu beraten und zu unterstützen. Diese Forderung geht über die Regelungen der bisherigen Verordnung hinaus, ist aber begründet durch die sehr hohe Gefährdung in der Schutzstufe 4. Im Gesundheitsdienst existieren nur wenige dieser Einrichtungen, sodass der betroffene Kreis sehr klein ist. Eine Konkretisierung der allgemein gehaltenen Anforderungen wird durch eine Technische Regel erfolgen.
Zu § 12 (Arbeitsmedizinische Vorsorge)
§ 12 übernimmt § 15 der bisherigen Verordnung mit dem Verweis auf die Regelungen der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) und dient damit der Umsetzung von § 6 Nummer 4 und § 10 der Nadelstich-Richtlinie. Der Verweis, dass die Regelungen der ArbMedVV auch für den nach § 2 Absatz 7 genannten Personenkreis gelten, ist notwendig, weil die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge nur auf Beschäftigte im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes Anwendung findet, die Nadelstich-Richtlinie aber auch dem Schutz weiterer Personen, beispielsweise Praktikanten, dient.
Zu § 13 (Betriebsstörungen, Unfälle)
§ 13 fasst die Bestimmungen der bisherigen Verordnung zu Betriebsstörungen, Unfällen und Notfällen zusammen und ist angelehnt an § 13 der Gefahrstoffverordnung. Dabei ist unter einer Betriebsstörung eine unerwünschten Abweichung vom regelmäßigen innerbetrieblichen Betriebsablauf zu verstehen, durch die eine Gefährdung Beschäftigter oder anderer Personen durch Biostoffe hervorgerufen wird. Unfälle sind plötzliche Ereignisse, die aufgrund der Einwirkung von Biostoffen zu einer Schädigung der Gesundheit oder zum Tod von Beschäftigten geführt haben.
Zu Absatz 1
Absatz 1 übernimmt in angepasster Form § 10 Absatz 6 Satz 3 Nummer 2 der bisherigen Verordnung mit Regelungen zu Betriebsstörungen und Unfällen für Tätigkeiten der Schutzstufen 2 bis 4.
Zu Nummer 1
Mit Nummer 1 setzt § 10 Satz 3, 1. Tiret der Nadelstich-Richtlinie mit Maßnahmen im Verletzungsfall und zur postexpositionellen Prophylaxe um.
Zu Nummer 2
Nach Nummer 2 sind Maßnahmen zu ergreifen, um die Verschleppung von Biostoffen im Fall von Betriebsstörungen oder Unfällen zu verhindern.
Zu Nummer 3
Nummer 3 präzisiert § 10 Absatz 6 Satz 3 Nummer 2 der bisherigen Verordnung hinsichtlich der Forderung nach Desinfektions-, Inaktivierungs- und Dekontaminationsmaßnahmen.
Zu Nummer 4
Nummer 4 enthält Bestimmungen zu Tests auf Biostoffe in der Arbeitsumgebung bei Verdacht auf Freisetzung und übernimmt inhaltlich § 11 Absatz 2 der bisherigen Verordnung.
Zu Absatz 2
Absatz 2 präzisiert § 10 Absatz 6 Satz 3 Nummer 2 der bisherigen Verordnung hinsichtlich der Unterrichtung der Beschäftigten zu Maßnahmen bei Betriebsstörungen und Unfällen und zur Anwendung dieser Maßnahmen.
Zu Absatz 3
Absatz 3 übernimmt inhaltlich § 10 Absatz 6 Satz 3 Nummer 3 der bisherigen Verordnung mit Regelungen zu einem innerbetrieblichen Plan zur Abwehr von Gefahren für Tätigkeiten der Schutzstufen 3 bis 4. Hierzu sind labor- oder anlagenspezifische Maßnahmen unter Berücksichtigung der verwendeten Biostoffe festzulegen.
Zu Absatz 4
Absatz 4 regelt für Tätigkeiten der Schutzstufe 4, dass die Pläne mit den betroffenen außerbetrieblichen Institutionen abgestimmt und die Maßnahmen koordiniert werden sowie Alarmierungs- und Kommunikationswege festgelegt werden.
Zu Absatz 5
Durch Absatz 5 wird § 7 Satz 1, 3. Tiret mit Regelungen zu Unfallmeldungen sowie § 4 Nummer 11 der Nadelstich-Richtlinie zur Unfalluntersuchung umgesetzt. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Analyse der organisatorischen und technischen Ursachen, um individuelle Schuldzuweisungen, die Auswirkungen auf das Meldeverhalten der Beschäftigten haben können, zu vermeiden. Darüber hinaus wird § 12 Absatz 4 der bisherigen Verordnung mit Regelungen zur Unterrichtung der Beschäftigten bei Betriebsstörungen und Unfällen inhaltlich übernommen.
Zu § 14 (Betriebsanweisung und Unterweisung der Beschäftigten)
Zu Absatz 1
Absatz 1 entspricht inhaltlich § 12 Absatz 1 der bisherigen Verordnung. Satz 2 übernimmt die Erleichterung für Biostoffe der Risikogruppe 1 ohne sensibilisierende oder toxische Wirkungen entsprechend § 9 der bisherigen Verordnung.
In den Nummern 1 bis 4 wird - in Anlehnung an die Gefahrstoffverordnung - aufgelistet, welche Informationen die Betriebsanweisung mindestens enthalten muss. Nummer 2 Buchstabe b legt fest, dass dazu auch Informationen zur richtigen Verwendung scharfer oder spitzer medizinischer Instrumente gehören, und setzt § 6 Nummer 1, 2. Tiret der Nadelstich-Richtlinie um.
Zu Absatz 2 und Absatz 3
Absatz 2 und Absatz 3 fassen § 12 Absatz 2 und 2a der bisherigen Verordnung mit Bestimmungen zur Unterweisung inhaltlich zusammen. Allerdings ist aufgrund der parallel erfolgenden Änderung der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge eine Anpassung der bisherigen Verordnung erforderlich. Hierzu gehört die Änderung des Begriffs "Vorsorgeuntersuchung" in "Vorsorge". Darüber hinaus verliert die allgemeine arbeitsmedizinische Beratung zugunsten der individuellen Beratung einen Teil ihrer Bedeutung, da diese im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge gestärkt und ausgeweitet wird. Ein weiteres Ziel der Unterweisung ist es, bei den Beschäftigten ein Bewusstsein für Sicherheitsaspekte zu schaffen.
Absatz 4 übernimmt inhaltlich die Bestimmungen zu Arbeitsanweisungen aus § 12 Absatz 3 der bisherigen Verordnung ergänzt um die Forderung nach Arbeitsanweisungen für Tätigkeiten der Schutzstufen 3 und 4. Damit wird der hohen Gefährdung bei diesen Tätigkeiten Rechnung getragen.
Zu Abschnitt 4 (Erlaubnis- und Anzeigepflichten)
Zu § 15 (Erlaubnispflicht)
In § 15 wird das bisher bestehende Anzeigeverfahren für Tätigkeiten mit hochpathogenen Krankheitserregern nach § 13 Absatz 1 der bisherigen Verordnung durch ein Erlaubnisverfahren ersetzt. Dies wurde vom ABAS als erforderlich angesehen, da hochpathogene Erreger - zum Beispiel Milzbranderreger oder Ebola-, Lassa- oder Marburg-Viren - ein hohes Gefährdungspotenzial besitzen. Deshalb bedürfen sie einer besonderen Überwachung in Form einer vorgeschalteten staatlichen Kontrolle der Sicherheitskonzepte und der geplanten baulich/technischen Sicherheitsmaßnahmen. Baurechtliche Genehmigungsverfahren decken dies nicht in vollem Umfang ab. Die Anforderungen des Erlaubnisverfahrens entsprechen denen des Gentechnikrechts. Dort bestehen vergleichbare Genehmigungsverfahren bereits seit Langem und haben sich bewährt.
Zu Absatz 1
Absatz 1 legt fest, wann ein Erlaubnisverfahren erforderlich ist und welche Voraussetzungen diese Erlaubnis umfasst. Diese Forderung geht über die Regelungen der bisherigen Verordnung hinaus, ist aber begründet durch das hohe bis sehr hohe Gefährdungspotenzial.
Die Verhältnismäßigkeit wird dadurch gewahrt, dass Tätigkeiten mit solchen Biostoffen ausgenommen sind, die nicht über die Luft übertragen werden (Kennzeichnung 3**). Darüber hinaus ist das Erlaubnisverfahren in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes eingeschränkt auf Tätigkeiten der Schutzstufe 4 und betrifft damit nur vergleichsweise wenige Einrichtungen.
Zu Absatz 2
Nach Absatz 2 ist es ausreichend, die Kopie einer anderen behördlichen Entscheidungen zu übersenden, wenn dabei die Anforderungen zum Erlaubnisverfahren nach Absatz 1 ausreichend berücksichtigt werden. Bei Erfüllung der Voraussetzungen kommen hierfür Genehmigungen nach dem Gentechnikgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2066), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 9. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1934) geändert worden ist oder gegebenenfalls baurechtliche Verfahren infrage. Damit soll das Verwaltungshandeln optimiert, Synergien genutzt und der Arbeitgeber entlastet werden.
Zu Absatz 3 und Absatz 4
Absatz 3 und Absatz 4 listen die für das Erlaubnisverfahren einzureichenden Unterlagen auf und legen die Bedingungen fest, unter denen die Erlaubnis zu erteilen ist. Die Fristen des Erlaubnisverfahrens richten sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz.
Zu § 16 (Anzeigepflicht)
Zu Absatz 1
Absatz 1 übernimmt die Bestimmungen zum Anzeigeverfahren aus § 13 Absatz 1 und 2 der bisherigen Verordnung und passt sie in Bezug auf das Erlaubnisverfahren nach Absatz 1 an. Um der hohen Gefährdungssituation Rechnung zu tragen, wurde in Nummer 4 die Anzeige bei Aufnahme eines infizierten Patienten in eine Patientenstation der Schutzstufe 4 neu aufgenommen.
Zu Absatz 2
Absatz 2 übernimmt die Bestimmungen zum Umfang des Anzeigeverfahrens aus § 13 Absatz 1 der bisherigen Verordnung.
Zu Absatz 3
Absatz 3 legt die Anzeigefristen fest.
Zu Absatz 4
Absatz 4 übernimmt § 13 Absatz 6 der bisherigen Verordnung mit Erleichterungen im Anzeigeverfahren, wenn Anzeigen bereits nach anderen Rechtsvorschriften erfolgt sind. Bei Erfüllung der Voraussetzungen kommen hierfür Anzeigen nach dem Gentechnikgesetz oder dem Infektionsschutzgesetz infrage.
Zu Abschnitt 5 (Vollzugsregelungen und Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe)
Zu § 17 (Unterrichtung der Behörde)
§ 17 regelt, worüber der Arbeitgeber die Behörde, die nach Landesrecht für den Arbeitsschutz zuständig ist, zu unterrichten hat. In Absatz 1 wurde damit inhaltlich § 16 Absatz 2 und in Absatz 2 § 16 Absatz 1 der bisherigen Verordnung übernommen.
Zu § 18 (Behördliche Ausnahmen)
§ 18 übernimmt inhaltlich die Bestimmungen des § 14 der bisherigen Verordnung zu behördlichen Ausnahmen.
Zu § 19 (Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe)
§ 19 wird in enger Anlehnung an die entsprechende Vorschrift der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge sowie der Gefahrstoffverordnung umformuliert. Klargestellt wird darüber hinaus, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die rechtliche Verantwortung für seine Bekanntmachungen trägt und deshalb diese vorab zu prüfen hat. Dies erfolgt auch mit dem Ziel, die parallelen Regelungen in den unterschiedlichen Arbeitsschutzverordnungen zu vereinheitlichen. Ansonsten entsprechen die Regelungen der Absätze 1 bis 6 inhaltlich den Regelungen der Absätze 1 bis 6 des § 17 der bisherigen Verordnung.
Zu Abschnitt 6 (Ordnungswidrigkeiten, Straftaten und Übergangsvorschriften)
Zu § 20 (Ordnungswidrigkeiten) und § 21 (Straftaten)
§ 20 sowie § 21 bestimmen Ordnungswidrigkeiten und Straftaten und entsprechen den Sanktionsnormen der bisherigen Verordnung, ergänzt um Ordnungswidrigkeiten, die sich aufgrund der Umsetzung der Richtlinie 2010/32/EU ergeben. Nach Artikel 2 dieser Richtlinie müssen die Sanktionen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Diese Anforderungen der Richtlinie sind auch entsprechend im Bußgeldkatalog der Länder zur Biostoffverordnung zu berücksichtigen.
Zu § 22 (Übergangsvorschrift)
§ 22 legt fest, dass erlaubnispflichtige Tätigkeiten, die bei Inkrafttreten der Verordnung bereits aufgenommen wurden, keiner Erlaubnis bedürfen, wenn bei der nach Landesrecht zuständigen Behörde eine Anzeige für diese Tätigkeiten vorliegt. Darüber hinaus ist bei Tätigkeiten, die bei Inkrafttreten der Verordnung bereits aufgenommen wurden, die Benennung einer fachkundigen Person nach § 10 Absatz 2 oder § 11 Absatz 7 Nummer 3 erst spätestens bis zum 30. Juni 2014 erforderlich.
Zu Anhang I (Symbol für Biogefährdung)
Anhang I bildet das internationale Symbol ab, mit dem vor Biogefährdungen gewarnt wird.
Zu Anhang II (Zusätzliche Schutzmaßnahmen, insbesondere Containmentanforderungen, bei Tätigkeiten in Laboratorien und vergleichbaren Einrichtungen sowie in der Versuchstierhaltung)
Anhang II entspricht inhaltlich Anhang II der bisherigen Verordnung, wobei die Bestimmungen und Begrifflichkeiten an den Stand von Wissenschaft und Technik angepasst wurden. Zusätzlich wurden einzelne Bestimmungen, zum Beispiel zur Kennzeichnung mit dem Symbol für Biogefährdung oder zu Zugangsregelungen, vom bisherigen Anhang in den Paragrafenteil überführt. Regelungen, die auch für Laboratorien erforderlich sind, wurden aus Anhang III der bisherigen Verordnung in Anhang II aufgenommen. Auf Anregung des ABAS wurden die in Anhang II der bisherigen Verordnung als "empfohlen" gekennzeichneten Maßnahmen dahin gehend präzisiert, dass benannt wurde, in welchen Fällen diese Maßnahmen anzuwenden sind. Damit erfolgt eine Klarstellung für den Arbeitgeber; eine Verschärfung der Anforderungen ist damit nicht verbunden.
Erläuterungen zu einzelnen Schutzmaßnahmen in Spalte A:
Nummer 3:
Die Zugangsbeschränkung muss nicht zwingend über aufwendige elektronische Anlagen sichergestellt werden, sondern kann in Abhängigkeit von der Gefährdungsbeurteilung auch über ein Schnappschloss mit beschränkter Schlüsselausgabe erfolgen. Bei Schutzstufe 2 kann ein Schild mit Zutrittsverbot für Unbefugte ausreichend sein.
Nummer 15:
Das "empfohlen" bei Schutzstufe 3 bedeutet nicht, dass das Duschen eine Routinemaßnahme sein muss. Das Erfordernis ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu prüfen. Aktuelle Entwicklungen zeigen, dass diese Maßnahme beispielsweise bei bestimmten Tätigkeiten mit hochpathogenen Influenza-Stämmen erforderlich werden kann.
Nummer 17:
Eine vergleichbare Vorrichtung ist beispielsweise eine Überwachungskamera, alternativ könnten auch Gegensprechanlagen möglich sein.
Nummer 18:
Mit der Notrufeinrichtung ist ein sogenanntes Totmannmeldegerät gemeint. Die Ausführung ist von der Größe der Einrichtung abhängig, in Tierställen sind Notrufanlagen gängig.
Zu Anhang III (Zusätzliche Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten in der Biotechnologie)
Die Anforderungen nach Anhang III gelten zusätzlich zu Anhang II für Tätigkeiten mit Biostoffen in Bioreaktoren oder vergleichbaren Anlagen. Vergleichbare Anlagen können zum Beispiel Lagertanks sein. Die unter Spalte A genannten anderen technischen Geräte/Apparate können beispielsweise Separatoren oder Ultrazentrifugen sein.
Erläuterungen zu einzelnen Schutzmaßnahmen in Spalte A:
Nummer 3:
Durch die Abstufung der Sicherheitsanforderung in den einzelnen Schutzstufen wird der Grad der erforderlichen technischen Redundanz ausgedrückt. Dies soll in einer Technischen Regel erläutert und an Beispielen verdeutlicht werden.
Zu Artikel 2 (Änderung der Gefahrstoffverordnung)
Zu Nummer 1
In Nummer 1 wird die Inhaltsübersicht an die mit Artikel 2 vorgenommenen Änderungen angepasst.
Zu Nummer 2
Zu Buchstabe a
Buchstabe a ergänzt den Anwendungsbereich. Damit wird den erweiterten Schutzzielen des Sprengstoffgesetzes insbesondere bei Tätigkeiten mit Explosivstoffen und pyrotechnischen Gegenständen entsprochen, die in dem neuen Anhang III geregelt werden.
Zu Buchstabe b
Buchstabe b dient der Klarstellung des Gewollten, wonach andere Personen auch dann zu schützen sind, wenn Tätigkeiten durch einen Unternehmer ohne Beschäftigte ausgeübt werden. In der Formulierung der bisherigen Verordnung wird dies nicht deutlich.
Zu Nummer 3
In Nummer 3 werden als neue Begriffsbestimmungen eingeführt "Explosivstoffe" und "pyrotechnische Gegenstände". Hier erfolgt ein Verweis auf das Sprengstoffrecht, um die Rechtseinheitlichkeit zu wahren. Ebenso wird definiert, was im Sinne der Verordnung (Anhang III Nummer 3) unter organischen Peroxiden zu verstehen ist. Dies war erforderlich, da die Begriffe im neuen Absatz 4 des § 11 eingeführt werden, an den die Regelungen des neuen Anhangs III geknüpft sind. Darüber hinaus wird der Begriff der Fachkunde für Tätigkeiten mit Explosivstoffen und pyrotechnischen Gegenständen dahingehend präzisiert, dass für diese Tätigkeiten die spezielle Fachkunde nach dem Sprengstoffgesetz Anwendung findet.
Zu Nummer 4 und Nummer 6
Die Nummern 4 und 6 dienen der Rechtsangleichung. In Arbeitsschutzvorschriften wird das Wort "beachten" im Zusammenhang mit Rechtsvorschriften benutzt und das Wort "berücksichtigen" verwendet, wenn auf technische Regeln Bezug genommen wird.
Zu Nummer 5 und Nummer 7
Die Nummern 5 und 7 tragen der Tatsache Rechnung, dass für krebserzeugende Gefahrstoffe in der Regel keine Arbeitsplatzgrenzwerte festgesetzt werden können. Die Bewertung der Exposition der Beschäftigten und die Ableitung von Schutzmaßnahmen soll deshalb risikobezogen anhand von Beurteilungsmaßstäben, die vom Ausschuss für Gefahrstoffe erstellt werden sollen, erfolgen. Dadurch wird für krebserzeugende Gefahrstoffe zukünftig die Gefährdungsbeurteilung transparenter und die Kontrolle der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen erleichtert. Darüber hinaus wird durch die Einführung eines Maßnahmenplans für diese Stoffe eine zukunftsorientierte innerbetriebliche Weiterentwicklung des Arbeitsschutzes gefördert.
Zu Nummer 8
Mit Nummer 8 wird in § 11 ein neuer Absatz 4 eingefügt, der generelle Anforderungen an Tätigkeiten mit Explosivstoffen, pyrotechnischen Gegenständen und organischen Peroxiden festlegt und die Verknüpfung des Paragrafenteils mit den speziellen Regelungen des neuen Anhang III herstellt.
Zu Nummer 9
Mit Nummer 9 wird § 12 aus Gründen der Rechtsvereinfachung gestrichen, da explosionsgefährliche Stoffe bereits in § 11 erfasst sind und deshalb die Verknüpfung zu Anhang III auch dort erfolgen sollte.
Zu Nummer 10
Die aus dem EU-Recht stammende vierzigjährige Aufbewahrungsfrist für das Verzeichnis exponierter Beschäftigter stellt viele Unternehmen vor logistische Probleme. Mit der Nummer 10 wird deshalb zugelassen, dass - unter Wahrung der Interessen der Beschäftigten - diese Pflicht auch dem zuständigen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung übertragen werden kann. Neben der Entlastung der Wirtschaft hat dies auch den Vorteil, dass die Daten gegebenenfalls unmittelbar in die Präventionsarbeit der Berufsgenossenschaften einfließen können.
Zu Nummer 11
Mit der Nummer 11 wird das Erfordernis, Ausnahmen von der Verordnung schriftlich zu beantragen, um die Möglichkeit einer elektronischen Datenübermittlung ergänzt. Dies erfolgt im Sinne des Gesetzes zur Förderung der elektronischen Verwaltung.
Zu Nummer 12
Nummer 12 dient der Anpassung der Regelungen zu den beratenden Ausschüssen, die in den einzelnen Arbeitsschutzverordnungen teilweise wesentlich voneinander abweichen. Gleichzeitig wird dem Ausschuss die Aufgabe zugewiesen, für krebserzeugende Gefahrstoffe ohne Arbeitsplatzgrenzwerte risikobasierte Beurteilungsmaßstäbe zu entwickeln.
Zu Buchstabe b
Mit Buchstabe b wird Absatz 4 des § 20 angepasst. Diese Regelung entspricht der im Arbeitsschutz bewährten Vorgehensweise, nach der das BMAS die vom beratenden Ausschuss ermittelten Erkenntnisse offiziell bekanntgeben kann. Dadurch erhalten sowohl Rechtunterworfene als auch Vollzugsbehörden Regelungen, von denen die Vermutung ausgeht, dass durch deren Einhaltung die entsprechenden Forderungen der Verordnung eingehalten werden. Die Reglungen entfalten dadurch eine gewisse Rechtswirkung. Deshalb wird festgelegt, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Regelungen vor der Veröffentlichung sowohl inhaltlich als auch rechtförmlich prüft. Rechtsverbindlich sind die Regelungen allerdings nicht.
Zu Nummer 13
Durch Nummer 13 wird § 22 der bisherigen Verordnung ergänzt um neue Ordnungswidrigkeiten, durch die Verstöße gegen die Regelungen zu Tätigkeiten mit Explosivstoffen und pyrotechnischen Gegenständen nach dem Chemikaliengesetz geahndet werden können.
Zu Nummer 14
Mit der Nummer 14 erfolgt die Korrektur eines Fehlers. Die Vorschrift in Anhang II Nummer 6 Absatz 1 beinhaltet das Verbot bestimmter Herstellungs- und Verwendungsarten. Diese Regelung ist hinsichtlich der Verwendung auf § 17 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b und hinsichtlich der Herstellung auf § 17 Absatz 2 Chemikaliengesetz gestützt.
§ 27 Chemikaliengesetz sieht aber keine Strafbewehrung vor für Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften nach § 17 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b. Einschlägig hierfür ist vielmehr § 26 Absatz 1 Nummer 7 Buchstabe a Chemikaliengesetz. Eine Zuwiderhandlung gegen
Anhang II Nummer 6 Absatz 1 kann hinsichtlich der Verwendung somit nur bußgeldbewehrt sein.
Zu Nummer 15
Mit der Nummer 15 wird ein neuer § 25 eingefügt, der Ordnungswidrigkeiten enthält, um Verstöße gegen die Regelungen zu Tätigkeiten mit Explosivstoffen und pyrotechnischen Gegenständen nach dem Sprengstoffgesetz ahnden zu können.
Zu Nummer 16
Mit der Nummer 16 wird Anhang I der bisherigen Verordnung geändert.
Zu Buchstabe a
Mit Buchstabe a wird auf Wunsch der Länder eine Fortbildungsverpflichtung für Sachkunde bei Asbestarbeiten eingeführt, die begründet ist durch das hohe krebserzeugende Potential dieses Gefahrstoffs und die Weiterentwicklung des Standes des Technik. Insbesondere die Kenntnisse über spezielle Arbeitsmittel und persönliche Schutzausrüstung müssen vor dem Hintergrund des hohen Gefährdungspotentials aktuell gehalten werden. Durch Übergangsregelungen wird den bestehenden Betrieben Gelegenheit gegeben, sich auf diese Fortbildungsverpflichtung einzustellen.
Zu Buchstabe b
Mit Buchstabe b wird die Möglichkeit einer elektronischen Datenübermittlung geschaffen. Dies erfolgt im Sinne des Gesetzes zur Förderung der elektronischen Verwaltung.
Zu Nummer 17
Mit Nummer 17 wird der gefährliche krebserzeugende Stoff o-Toluidin in die Herstellungs- und Verwendungsbeschränkungen für besonders gefährlich krebserzeugende Stoffe des Anhangs II Nummer 6 der Gefahrstoffverordnung einbezogen.
Zu Nummer 18
Mit Nummer 18 wird in die bisherige Verordnung ein neuer Anhang III eingeführt, der Regelungen zu Tätigkeiten mit Explosivstoffen, pyrotechnischen Gegenständen und organischen Peroxiden enthält. Verbindliche Arbeitsschutzmaßnahmen für den Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen im Sinne des Sprengstoffgesetzes werden derzeit ausschließlich in Unfallverhütungsvorschriften (UVV"en) geregelt. Diese entsprechen nicht mehr dem Stand der Technik und sind auch nicht mehr kompatibel mit dem modernen Rechtssystem des Arbeitsschutzes und werden deshalb aufgehoben. In der Fachöffentlichkeit besteht aber Einigkeit darüber, dass die Regelungsinhalte nicht verloren gehen dürfen und die Rechtssicherheit erhalten bleiben muss, da es sich um einen sicherheitstechnisch relevanten Bereich handelt. Eine Überführung in das staatliche Recht wird damit erforderlich. Als Standort hierfür wurde die Gefahrstoffverordnung gewählt, obwohl insbesondere hinsichtlich der Begriffsbestimmung das Sprengstoffrecht nicht immer deckungsgleich mit dem Arbeitsschutzrecht ist. Gründe für diese Entscheidung waren:
Unfallverhütungsvorschriften sind Regelungen zum Arbeitsschutz. Rechtsgrundlage für den Arbeitsschutz sind das Arbeitsschutzgesetz sowie die darauf erlassenen Verordnungen. Eine Überführung von UVV"en ins staatliche Recht muss deshalb innerhalb des bestehenden Systems des Arbeitsschutzrechts erfolgen, um den Zielen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie gerecht zu werden.
Stoffe mit explosionsgefährlichen Eigenschaften unterliegen bereits den Arbeitsschutzregelungen der Gefahrstoffverordnung; darüber hinaus weisen Explosivstoffe vielfach neben dem Gefährlichkeitsmerkmal "explosionsgefährlich" auch weitere gefährliche Eigenschaften auf, die die Gesundheit der Beschäftigten schädigen können. Die Gefahrstoffverordnung findet somit bereits jetzt Anwendung neben den Spezialregelungen des Sprengstoffrechts.
Die Gefahrstoffverordnung ist heute schon zusätzlich auf die Ermächtigungsgrundlage des § 25 Sprengstoffgesetz gestützt und ist deshalb ebenfalls eine Verordnung nach dem Sprengstoffgesetz. Dadurch kann - neben den bereits jetzt geltenden Arbeitsschutzvorschriften - auch der Schutz von anderen Personen und Sachgütern integriert und im erforderlichen Sachzusammenhang geregelt werden.
Das Sprengstoffgesetz legt den Schwerpunkt auf Beschaffenheitsanforderung (Konformitätsnachweise bzw. Zulassungen) der explosionsgefährlichen Stoffe, auf Erlaubnis-/Genehmigungsvorbehalte sowie persönliche Voraussetzungen der verantwortlichen Personen (Zuverlässigkeit, Fachkunde-/Befähigungsnachweise usw.). Umgangsvorschriften, wie sie im Arbeitsschutz vorrangig festgelegt werden, spielen nur eine untergeordnete Rolle und werden lediglich in sehr allgemeiner Form in einem Paragrafen abgehandelt ( § 24 SprengG). Dies gilt auch für die bestehenden Verordnungen zum Sprengstoffgesetz (Ausnahme 2. SprengV als Spezialvorschrift). Eine Ausgestaltung dieses Bereichs innerhalb des Arbeitsschutzrechts ist deshalb fachlich und rechtlich unproblematisch, zumal der Normadressat in beiden Rechtsbereichen identisch ist (Arbeitgeber bzw. Unternehmer ohne Beschäftigte nach dem Arbeitsschutzgesetz/der Gefahrstoffverordnung entsprechen dem Erlaubnisinhaber nach § 7 Sprengstoffgesetz; in § 13 des Arbeitsschutzgesetzes wird auch die Delegation der Verantwortung auf andere verantwortlichen Personen analog den §§ 19 und 21 des Sprengstoffgesetzes geregelt). Konflikte mit den Vorgaben des Sprengstoffgesetzes sind nicht erkennbar.
Nummer 1 des Anhangs fasst übergreifende Begriffsbestimmungen zusammen und stellt klar, dass gesundheitsschädigende Eigenschaften der explosionsgefährlichen Stoffe an dieser Stelle nicht geregelt werden.
Nummer 2.1 beschreibt den Anwendungsbereich, der den bestimmungsgemäßen Gebrauch von Explosivstoffen und pyrotechnischen Gegenständen - also Sprengarbeiten und das Abbrennen z.B. von Feuerwerkskörpern - ausschließt. Nicht erfasst wird auch die Arbeit von Kampfmittelräumdiensten.
Nummer 2.2 übernimmt inhaltlich die Begriffe aus dem Sprengstoffrecht und den bestehenden Unfallverhütungsvorschriften, wobei eine Anpassung an das moderne Arbeitsschutzrecht erforderlich war, die sich aber auf sprachliche Änderungen beschränkt.
Mit Nummer 2.3 wird die bisher im Sprengstoffrecht nicht existierende Gefährdungsbeurteilung etabliert und die speziellen Aspekte für diesen Bereich benannt. Hierzu gehören insbesondere die Gefahrgruppenzuordnung und die Einteilung von Gebäuden, Einrichtungen und Anlagen in Bereiche.
In Nummer 2.4 werden die Kriterien für die Gefahrgruppenzuordnung und die Bereichseinteilung dargelegt.
Nummer 2.5 legt die erforderlichen Schutzmaßnahmen fest, die durch eine technische Regel konkretisiert werden und die in angepasster Form aus den Unfallverhütungsvorschriften entnommen wurden. Wichtiges Element im Sprengstoffrecht sind Abstandsregelungen, die bereits in der Zweiten Verordnung zum Sprengstoffgesetz für die Lagerung festgelegt sind. Diese Regelungen werden nunmehr auch für Herstellung, sowie Be- und Verarbeitung von Explosivstoffen und pyrotechnischen Gegenständen verbindlich, wobei die Sicherheitsabstände, die dem Arbeitsschutz dienen, bereits in den UVV"en geregelt waren. Neu dagegen werden die Schutzabstände zum Schutz der Nachbarschaft eingeführt.
In Nummer 2.6 werden zusätzliche Anforderungen an bestimmte Tätigkeiten festgelegt, die auch Elemente der UVV"en waren.
Nummer 3 gilt für Tätigkeiten mit organischen Peroxiden, die sehr reaktive chemische Substanzen sind und brennbar bzw. explosionsgefährlich sind. Auch in der Nummer 3 wurden einschlägige Regelungen aus der UVV adaptiert.
Nummer 3.2 enthält Begriffsbestimmungen, in denen bestimmt wird, welche organischen Peroxide in den Anwendungsbereich der Nummer 3 fallen und welche Eigenschaften dieser Stoffe maßgeblich sind.
Nummer 3.3 regelt die Pflichten des Arbeitgebers hinsichtlich der Gefahrgruppenzuordnung und legt die Kriterien für diese Zuordnung fest.
Nummer 3.4. benennt, welche speziellen Aspekte über die allgemeinen Anforderungen hinaus die Gefährdungsbeurteilung bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen beinhalten muss. Auch dieses wesentliche Element des Arbeitsschutzes ist in der UVV historisch bedingt nicht enthalten.
Auch bei Tätigkeiten mit organischen Peroxiden spielen Schutz- und Sicherheitsabstände eine wichtige Rolle. Nummer 3.5 legt hierzu die Anforderungen fest.
In den Nummern 3.6 bis 3.10 werden die grundlegenden Anforderungen an die zu treffenden Schutzmaßnahmen festgelegt. Auch hier werden in einer Technischen Regel die erforderlichen Konkretisierungen vorgenommen.
Zu Artikel 3 (Inkrafttreten, Außerkrafttreten)
Mit der Verordnung wird die Richtlinie 2010/32/EU des Rates vom 10. Mai 2010 umgesetzt.
Zu Einhaltung der Umsetzungsfrist ist es erforderlich, dass die Verordnung unmittelbar nach Verkündung in Kraft tritt. Erforderliche Übergangsfristen wurden im Verordnungstext berücksichtigt. Gleichzeitig mit Inkrafttreten der Verordnung ist die derzeit geltende Biostoffverordnung außer Kraft zu setzen.
Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKRG: NKR-Nr. 2282:
Entwurf einer Verordnung zur Neufassung der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen und zur Änderung anderer Verordnungen
Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf des oben genannten Regelungsvorhabens geprüft.
I. Zusammenfassung
Bürgerinnen und Bürger | |
Erfüllungsaufwand: | Keine Änderung des Erfüllungsaufwands |
Wirtschaft | |
Jährlicher Erfüllungsaufwand: | 70.000 Euro |
Umstellungsaufwand: | Hängt vom jeweiligen Betrieb und dem bisherigen Vorgehen im Betrieb ab. |
Bürokratiekosten: | Einmalig -100 Euro pro Betrieb |
Gebühren: | Werden für die Erlaubniserteilung entsprechend den Regelungen der Länder anfallen. |
Verwaltung | |
Jährlicher Erfüllungsaufwand: | 75.000 Euro |
Das Ressort hat die Auswirkungen des Regelungsvorhabens nachvollziehbar dargestellt. Der Nationale Normenkontrollrat hat keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben. |
II. Im Einzelnen
II.1 Wirtschaft
- - Für Betriebe bestimmter Wirtschaftszweige, in denen Tätigkeiten mit Biostoffen ausgeübt werden (beispielsweise Abfallwirtschaft, Land- und Forstwirtschaft), wird sich der Erfüllungsaufwand (Bürokratiekosten) einmalig reduzieren. Künftig kann bei nicht gezielten Tätigkeiten auf die Zuordnung zur entsprechenden Schutzstufe und die damit zusammenhängende Dokumentation verzichtet werden. Die Entlastung entsteht im Regelfall bei Betrieben, die erstmalig eine Gefährdungsbeurteilung erstellen. Sie hängt von der Größe und der Art des Betriebs ab. Die zeitliche Entlastung dürfte im Einzelfall zwischen einer und drei Stunden und damit bei rund 100 Euro liegen.
- - Der Arbeitgeber hat bislang der zuständigen Behörde die Aufnahme von Tätigkeiten mit einem biologischen Arbeitsstoff der Risikogruppe 2, 3 oder 4 anzuzeigen. Für Einrichtungen, die mit hochpathogenen Krankheitserregern umgehen, soll das bisherige Anzeigeverfahren durch ein Erlaubnisverfahren ersetzt werden. Die Erlaubnis soll die baulichen, technischen und organisatorischen Voraussetzungen zum Schutz der Beschäftigten umfassen. Daher sollen über die schon bislang der zuständigen Behörde zu übermittelnden Unterlagen hinaus weitere Informationen zur Verfügung gestellt werden. Hinsichtlich der Fallzahlen ist mit keiner Änderung gegenüber dem bisherigen Anzeigeverfahren zu rechnen (bislang ein bis zwei pro Jahr). Die Erhöhung des Erfüllungsaufwands für die Wirtschaft durch dieses Erlaubnisverfahren ist nach Einschätzung des Ressorts vor dem Hintergrund des erheblichen Aufwands für die Planung und Errichtung einer solchen Einrichtung vernachlässigbar. Ein Teil der zu übermittelnden Unterlagen liegt ohnehin vor, so dass hierdurch kein nennenswerter zusätzlicher Aufwand entsteht. Der Aufwand wird dadurch verringert, dass die Erlaubnis durch eine, nach anderen Rechtsvorschriften vorgeschriebene, gleichwertige Genehmigung ersetzt werden kann.
- - Die Änderung der Gefahrstoffverordnung beinhaltet die Einführung einer Fortbildungspflicht für Personen, die Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten an asbestkontaminierten Gebäuden durchführen wollen. Betroffen sind davon schätzungsweise 300 Betriebe. Der jährliche Aufwand dürfte sich insgesamt auf gut 70.000 Euro für alle Betriebe belaufen.
- - Eine Erhöhung des Aufwands ist durch die Umsetzung der Nadelstichrichtlinie zu erwarten. Die von der Richtlinie vorgeschriebenen medizinischen Instrumente, die mehr Schutz vor Stich- und Schnittverletzungen bieten sollen, sind - zumindest derzeit - teurer als herkömmliche Instrumente. Die Höhe der zusätzlichen Kosten ist abhängig von der jeweiligen Einrichtung.
Zu berücksichtigen ist hierbei, dass in Deutschland die Nutzung derartiger Instrumente bereits seit 2006 in einer Technischen Regel für biologische Arbeitsstoffe gefordert wird und daher schon heute viele Krankenhäuser sowie der Großteil der Rettungsdienste derartige Instrumente nutzen.
II.2 Verwaltung
- - Auf Seiten des Bundes wird jährlicher Erfüllungsaufwand entstehen, da das BMAS künftig biologische Arbeitsstoffe bestimmten Risikogruppen zuordnen muss. Einstufungs- beziehungsweise Umstufungsbedarf besteht erfahrungsgemäß für 600 bis 800 Biostoffe pro Jahr (hauptsächlich Bakterien). Das Ressort rechnet insgesamt mit einem Aufwand in Höhe von rund 75.000 Euro pro Jahr.
- - Auf Seiten der Länder ist mit keinem nennenswerten Mehraufwand infolge des Verordnungsentwurfs zu rechnen. Die Umwandlung des bisherigen Anzeigeverfahrens bei Tätigkeiten mit hochpathogenen Infektionserregern in ein Erlaubnisverfahren betrifft nur wenige Einrichtungen. Der durch das Erlaubnisverfahren entstehende Mehraufwand für die Verwaltung ist abhängig von der jeweiligen Einrichtung.
Zu berücksichtigen ist dabei, dass Einrichtungen, die Tätigkeiten mit hochpathogenen Erregern ausüben wollen, bereits in der Planungs- und Errichtungsphase in engem Kontakt mit den Überwachungsbehörden stehen und damit der Großteil der für das Erlaubnisverfahren relevanten Aspekte auch derzeit schon behandelt wird.
II.3 Sonstige Kosten
Der Aufwand der Verwaltung auf Grund der Erlaubniserteilung wird in Form von Gebühren auf die Antragsteller umgelegt werden. Die Höhe der Gebühren orientiert sich in der Regel an den jeweiligen Errichtungskosten. Die Gebühren werden von den Ländern festgelegt.
Das Ressort hat die Auswirkungen des Regelungsvorhabens nachvollziehbar dargestellt. Der Nationale Normenkontrollrat hat keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.
Dr. Ludewig Grieser
Vorsitzender Berichterstatterin