Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes über den Zugang zu digitalen Geodaten
(Geodatenzugangsgesetz - GeoZG)

847. Sitzung des Bundesrates am 19. September 2008

A

Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu § 12 Abs. 2 Satz 01 - neu -§ 12 Abs. 2 ist wie folgt zu ändern:

Begründung

Die in § 4 Abs. 4 GeoZG-E enthaltene Regelung, dass "Rechte am geistigen Eigentum von den Vorschriften dieses Gesetzes unberührt bleiben", wenn die geodatenhaltenden Stellen nicht selbst über diese Rechte verfügen, bezieht sich nur auf die Vorschriften des GeoZG-E. Dies reicht indes nicht aus, weil diese Regelung insbesondere im Zusammenspiel mit § 12 Abs. 2 GeoZG-E und dem darin enthaltenen Verweis auf § 9 UIG die Richtlinie 2007/2/EG nur unzureichend umsetzt.

Gemäß Artikel 2 der INSPIRE-Richtlinie kommt bei "bearbeiteten" Geodaten, die an die Behörde weitergeleitet werden, der Schutz des geistigen Eigentums uneingeschränkt zur Geltung. Gemäß Artikel 4 Abs. 5 der Richtlinie kann die Behörde mit Geodatensätzen, an denen Dritte Rechte geistigen Eigentums innehaben, "Maßnahmen" nur mit Zustimmung des Dritten durchführen. Insbesondere die mit hohem Kostenaufwand von Bergbau-Unternehmen erhobenen Daten stehen in deren Eigentum und beinhalten in der Regel auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse und Rechte am geistigen Eigentum. Ein freier Zugang zu diesen Daten würde zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen und zur Verletzung von Eigentumsrechten führen.

Der Verweis in § 12 Abs. 2 GeoZG-E auf § 9 UIG ist in diesem Zusammenhang nicht ausreichend, weil hiernach auch bei fehlender Zustimmung oder sogar dem Widerspruch eines Dritten eine Bekanntgabe bei überwiegenden öffentlichen Interessen möglich wäre. Die Richtlinie 2007/2/EG hingegen schließt diese Möglichkeit durch die klare Formulierung in Artikel 4 Abs. 5 sowie Artikel 13 Abs. 1 Buchstabe e absolut aus; hiernach ist das Recht des geistigen Eigentums über das zwingende und abschließende Kriterium der "Zustimmung" uneingeschränkt geschützt und begründet über Artikel 13 Abs. 1 Buchstabe e einen Ablehnungsgrund. Durch den alleinigen Verweis auf das UIG ist die INSPIRE-Richtlinie folglich nicht vollständig umgesetzt.

2. Zu § 12 Abs. 3 Nr. 4a bis 4c - neu -In § 12 Abs. 3 sind nach Nummer 4 folgende Nummern einzufügen:

Begründung

Die Ergänzung dient der vollständigen Umsetzung der INSPIRE-Richtlinie (Richtlinie 2007/2/EG vom 14. März 2007). Die Richtlinie sieht in Artikel 13 Abs. 1 Buchstabe d explizit zum Schutz von Unternehmen die Wahrung der Vertraulichkeit von Geschäfts- und Betriebsinformationen, der statistischen Geheimhaltung und des Steuergeheimnisses vor. Die Aufzählung in § 12 Abs. 3 GeoZG-E ist abschließend. Ohne Benennung dieser Kriterien würden Behörden genötigt, ihnen im Rahmen ihrer Aufgaben zugegangene vertrauliche Daten von Unternehmen rechtswidrig an andere geodatenhaltende Stellen herauszugeben.

Der Verweis in § 12 Abs. 2 GeoZG-E auf § 9 UIG allein ist in diesem Zusammenhang weder einschlägig noch ggf. ausreichend, da das UIG ausschließlich den Zugang der Öffentlichkeit zu Geodaten und Geodatendiensten betrifft. § 12 Abs. 3 GeoZG-E regelt aber die Vorstufe, in der die Daten zunächst nicht unmittelbar nach draußen gegeben werden, sondern von den Kommunal- und Länderbehörden, die über die Daten verfügen, an andere (übergeordnete) geodatenhaltende Stellen. Bereits an dieser Stelle muss eine entsprechend vollständige Filterung der Daten erfolgen, weil nachfolgende Stellen kaum noch in der Lage sein werden zu beurteilen, ob die jeweiligen Daten die oben genannten Ausschlusskriterien erfüllen oder nicht.

3. Zu § 14

In § 14 sind die Wörter "ohne Zustimmung des Bundesrates" durch die Wörter "mit Zustimmung des Bundesrates" zu ersetzen.

Begründung

Nach der Begründung zu § 14 GeoZG-E habe die zuletzt noch ergänzte Angabe "... ohne Zustimmung des Bundesrates ..." nur deklaratorischen Charakter, da keine Fallkonstellation des Artikels 80 Abs. 2 GG vorliege. Der Gesetzentwurf erweckt nach § 2 Abs. 1 GeoZG-E zunächst den Eindruck, dass sich die Regelungen ausschließlich an geodatenhaltende Stellen des Bundes und der bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts richten, wodurch die Länder entsprechende Länderregelungen für ihre Zuständigkeitsbereiche schaffen müssen, um die Richtlinie vollständig in nationales Recht umzusetzen. Die Verpflichtung hierzu ergibt sich aus § 5 Abs. 1 bis 3 GeoZG-E.

§§ 6, 7 und 8 GeoZG-E regeln jedoch nicht nur die erforderliche Schnittstelle (Interoperabilität) für den Austausch der Daten zwischen Kommunen, Ländern und Bund, sondern geben für alle beteiligten Akteure auch die Inhalte und deren Ausgestaltung exakt vor. Zur weiteren Ausgestaltung dieser Inhalte ist jeweils eine Verordnungsermächtigung nach § 14 GeoZG-E vorgesehen. Durch diese Möglichkeit der Feinjustierung greift der Bund unmittelbar in die Arbeitsinhalte und Verfahren der Länder sowie der Kommunen ein, wodurch sich neben der Frage der Zustimmungsbedürftigkeit dieser Verordnungen auch die des Konnexitätsprinzips aufdrängt.

Im Übrigen bestehen erhebliche Zweifel, ob hier eine Gesetzgebungskompetenz nach Artikel 74 Abs. 1 Nr. 11 GG (Recht der Wirtschaft) vorliegt, wie in der Begründung des Gesetzentwurfs unter A 4. ausgeführt wird.

Das Europäische Parlament und der Rat begründen die Notwendigkeit der INSPIRE-Richtlinie in den Erwägungsgründen 1 bis 4 ausschließlich mit umweltpolitischen Notwendigkeiten.

Danach muss die gemeinschaftliche Umweltpolitik ein hohes Schutzniveau anstreben und dabei die unterschiedlichen Gegebenheiten in den verschiedenen Regionen der Gemeinschaft berücksichtigen. Zudem würden Informationen, einschließlich Geodaten, für die Festlegung und Durchführung dieser Politik (Anm.: nämlich der Umweltpolitik) und anderer Gemeinschaftspolitiken benötigt, bei denen gemäß Artikel 6 des Vertrags die Erfordernisse des Umweltschutzes einbezogen werden müssen. Um eine solche Einbeziehung zu ermöglichen, müsse eine Koordinierung zwischen Nutzern und Anbietern der Informationen gegeben sein, damit Informationen und Kenntnisse aus verschiedenen Sektoren kombiniert werden können.

Gemäß dem sechsten Umweltaktionsprogramm, das mit dem Beschluss Nr. 1600/2002/EG des Europäischen Parlaments und des Rates angenommen wurde, wäre umfassend dafür zu sorgen, dass die Umweltpolitik der Gemeinschaft in integrativer Weise betrieben wird. Einige Probleme bestünden bei der Verfügbarkeit, Qualität, Organisation, Zugänglichkeit und gemeinsamen Nutzung von Geodaten, die für die Erfüllung der Ziele des sechsten Umweltaktionsprogramms erforderlich wären.

Die Probleme bei der Verfügbarkeit, Qualität, Organisation, Zugänglichkeit und gemeinsamen Nutzung von Geodaten beträfen in gleicher Weise zahlreiche Bereiche der Politik und Information und nahezu alle Verwaltungsebenen. Die Geodateninfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft (INSPIRE) solle die Entscheidungsfindung in Bezug auf politische Konzepte und Maßnahmen, die direkte oder indirekte Auswirkungen auf die Umwelt haben können, unterstützen.

Wirtschaft im Sinne von Artikel 74 Abs. 1 Nr. 11 GG erfasst jedoch vorwiegend wirtschaftsregulierende und wirtschaftslenkende Normen des öffentlichen und des privaten Wirtschaftsrechts. Abgrenzungsfragen zu anderen Kompetenztiteln stellen sich natürlich in besonderem Maße für Nummer 11. Hier gelten nach der Literatur und der Rechtsprechung die allgemeinen Grundsätze kompetenzrechtlicher Qualifikation (Artikel 70 GG). Die kompetenzrechtliche Qualifikation eines Gesetzes hängt von der jeweils dort benannten Kompetenzmaterie ab. Diese ist im Fall des Geodatenzugangsgesetzes, welches unzweifelhaft die INSPIRE-Richtlinie in nationales Recht umsetzt, nach der INSPIRE-Richtlinie dem Umweltschutz und der Umweltinformation zuzuordnen.

Umweltbezogene Vorschriften fallen nur dann unter Nummer 11, wenn sie der Gefahrenvorsorge in spezifischen Wirtschaftsbereichen (z.B. Anlagengenehmigungsrecht) dienen und nicht wirtschaftsunabhängig für jedermann gelten (vgl. Maunz in Maunz-Dürig, Artikel 74 Rdn. 151 ff; Sachs, Artikel 74 Rdn. 52). Aber genau das ist hier der Fall, denn die bereitzustellenden Geodaten haben nur zu einem kleinen Teil Wirtschaftsbezug. Im Übrigen entstammen sie den verschiedensten öffentlichen Bereichen (Katasterdaten, öffentliche Infrastrukturdaten wie Verkehrsnetze, Boden, Koordinatenreferenzsysteme, geographische Daten, geologische Daten, Naturschutzgebiete, Umweltüberwachung, Trinkwasserschutzgebiete, Katastrophenschutz sowie der kommunalen Selbstverwaltung (Gebäudebestand § 4 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe o) der Gesundheitsfürsorge (Gesundheit und Sicherheit § 4 Abs. 4 Nr. 4 Buchstabe r) und der Daseinsvorsorge (§ 4 Abs. 4 Nr. 4 Buchstabe s) und sollen auch der breiten Öffentlichkeit einschließlich interessierten Verbänden (wie Umweltverbänden) zur Verfügung stehen.

Infolgedessen liegt hier eine Mischkompetenz unterschiedlicher Kompetenztitel vor. Kann ein Gesetz gleichzeitig auf unterschiedliche Kompetenztitel innerhalb des Artikels 74 Abs. 1 GG gestützt werden, mit unterschiedlichen Folgen hinsichtlich der Erforderlichkeitsklausel des Artikels 72 GG, dann spricht dies für eine Zustimmungsbedürftigkeit durch die Länder. Insofern ergibt sich aus der Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzes auch eine solche für die dazugehörenden Rechtsverordnungen nach Artikel 80 Abs. 2 GG.

B