Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Berlin, den 26. August 2011
An die Präsidentin des Bundesrates
Frau Ministerpräsidentin
Hannelore Kraft
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
der Bundesrat hat in seiner 875. Sitzung am 15. Oktober 2010 eine Entschließung zur Stärkung der Verwendung von Biokraftstoffen (Bundesratsdrucksache 569/10(B) ) angenommen.
Hierzu möchte ich im Namen der Bundesregierung wie folgt Stellung nehmen:
(zu Ziffer 1)
Die Bundesregierung teilt die Auffassung des Bundesrates, dass Biokraftstoffe bei der Erfüllung des Mindestziels für die Verwendung erneuerbarer Energien im Verkehrssektor in Höhe von mindestens 10 % im Jahr 2020 gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2009/28/EG zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Erneuerbare-Energien-Richtlinie) eine entscheidende Rolle spielen werden.
(zu Ziffer 2)
Im August 2010 hat die Bundesregierung den Nationalen Aktionsplan für erneuerbare Energie gemäß der Richtlinie 2009/28/EG zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen beschlossen. Der Aktionsplan beschreibt, mit welchen Maßnahmen die in der Richtlinie vorgegebenen Ziele in Deutschland erreicht werden sollen, darunter auch das Ziel von mindestens 10 % für den Verkehrssektor. Zentrales Förderinstrument ist hierbei die Biokraftstoffquote sowie die ab 2015 geltende Netto-Treibhausgasquote. Auf beide Quoten können sowohl Biokraftstoffe in der Beimischung als auch reine Biokraftstoffe angerechnet werden. Diese genannten Maßnahmen stellen einen soliden und ausreichenden Rahmen für die Förderung von Biokraftstoffen dar. Die Bundesregierung geht davon aus, dass mit diesen bestehenden Instrumenten und unter Berücksichtigung des Stromanteils erneuerbarer Energien im Straßen- und Schienenverkehr der Anteil erneuerbarer Energien im Verkehrssektor in Deutschland im Jahr 2020 die Zielvorgabe der Richtlinie in Höhe von mindestens 10 % mit rund 13,2 % sogar deutlich überschreitet.
(zu Ziffer 3)
Mit der Einführung der Biokraftstoffquote Anfang 2007 wurde ein grundlegender Systemwechsel - von einer ausschließlich steuerlichen hin zu einer ausschließlich ordnungsrechtlichen Förderung von Biokraftstoffen - eingeleitet. Die Fortführung der steuerlichen Begünstigung von Bioreinkraftstoffen der sog. ersten Generation für einen Übergangszeitraum bis Ende 2012 verfolgte in erster Linie das Ziel, den Biokraftstoffunternehmen die Umstellung auf die neuen Rahmenbedingungen zu erleichtern. Ein über dieses Datum hinaus gehendes Nebeneinander von quoten- und steuerrechtlicher Förderung dieser Biokraftstoffe ist nicht beabsichtigt.
Mit Hilfe steuerlicher Maßnahmen kann im Übrigen auch nicht die Wettbewerbsposition kleiner dezentraler Pflanzenölmühlen im Vergleich zu großen, industriellen Produzenten verbessert werden. Die Richtlinie 2003/96/EG zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (Energiesteuerrichtlinie) gestattet es nicht, die Steuerbegünstigungssätze für Biokraftstoffe nach der Anlagengröße zu staffeln.
(zu Ziffer 4)
Die Bundesregierung prüft derzeit eine Änderung des Regelungsrahmens für die Förderung von sog. besonders förderungswürdigen Biokraftstoffen mit dem Ziel einer technologieoffenen Regelung. Mit der kürzlich in Kraft getretenen Ersten Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Durchführung der Regelungen der Biokraftstoffquote wurde bereits die Möglichkeit geschaffen, dass bestimmte innovative Biokraftstoffarten doppelt auf die Biokraftstoffquote angerechnet werden können.
(zu Ziffer 5)
Mit dem - dem Deutschen Bundestag jährlich zum 1. September vorzulegenden - Bericht zur Steuerbegünstigung für Biokraftstoffe soll in erster Linie festgestellt werden, ob eine europarechtswidrige Überkompensation vorliegt und ggf. eine entsprechende Anpassung der Steuersätze vorgeschlagen werden. Der Bericht wird außerdem der Europäischen Kommission vorgelegt. Er verfolgt hingegen nicht das Ziel, einen umfassenden Überblick über den Stand der Entwicklung von erneuerbaren Energieträgern im Verkehrssektor zu geben. Eine entsprechende Erweiterung des Berichtes wäre auch nicht mit den gesetzlichen Grundlagen für die Erstellung des Berichtes im Energiesteuergesetz zu vereinbaren.
(zu Ziffer 6)
Hinsichtlich der Nachhaltigkeitsanforderungen teilt die Bundesregierung die Auffassung des Bundesrats, dass diese EU-weit harmonisiert sein müssen, damit keine Handelshemmnisse entstehen. Daher wurden die europäischen Nachhaltigkeitsanforderungen von der Bundesregierung 1:1 in nationales Recht umgesetzt. Darüber hinaus sieht die deutsche Umsetzung vor, dass der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung als zuständiger Behörde schriftlich oder elektronisch zu übermittelnde Nachhaltigkeitsnachweise von den zuständigen staatlichen Stellen anderer Mitgliedstaaten bzw. nach von der Europäischen Kommission anerkannten freiwilligen Systemen genauso wie Nachhaltigkeitsnachweise von deutschen Zertifizierungssystemen anerkannt werden. Zudem stehen die mit der Umsetzung der Nachhaltigkeitsanforderungen in der Europäischen Union betrauten nationalen Behörden der Mitgliedstaaten in Kontakt, um dem Entstehen von etwaigen Handelshemmnissen von vornherein entgegenzuwirken.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Norbert Röttgen
Siehe Drucksache 569/10(B)