939. Sitzung des Bundesrates am 27. November 2015
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Finanzausschuss (Fz) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt den Verordnungsvorschlag, der als Teil des Aktionsplanes für den Aufbau einer integrierten Kapitalmarktunion zum Ziel hat, den Verbriefungsmarkt in Europa wiederzubeleben und das Vertrauen der Anleger und Investoren zurückzugewinnen, um die Finanzierung der Realwirtschaft durch Banken zu verbessern und damit Wirtschaftswachstum zu erzeugen.
- 2. Der Bundesrat begrüßt den Verordnungsvorschlag, mit dem der Standard "einfach, transparent und standardisiert" - kurz STS - für Verbriefungen eingeführt werden soll. Durch diese Form der Wiederbelebung des Verbriefungsmarktes können Unternehmen Forderungsbestände in handelsfähige Wertpapiere umwandeln und am Kapitalmarkt platzieren. Auf diese Weise erhalten sie eine Refinanzierungsmöglichkeit, die sie als Alternative zu Bankkrediten nutzen können. Die Banken können mit Hilfe von Verbriefungen ihr regulatorisches Eigenkapital schonen. Dadurch können sie zu einer verstärkten Kreditvergabe an die Wirtschaft beitragen. Auf europäischer Ebene sind gemeinsame Standards für STS-Verbriefungen ein wichtiger Schritt, das Vertrauen der Anleger und einen hohen Standard in der EU zu fördern. Insbesondere durch die Transparenz und die bessere Vergleichbarkeit sind effiziente und wirksame Risikoübertragungen auf ein breites Spektrum an institutionellen Anlegern sowie EU-weit möglich.
- 3. Der Bundesrat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass europäische Verbriefungen über die letzten zehn Jahre hinweg nur sehr geringe Ausfallraten aufweisen und die Branche für europäische Verbriefungen hochwertige Verbriefungsstandards entwickelt hat. Dennoch sind diese Anlageprodukte von der Vertrauenskrise betroffen, die im Wesentlichen durch US subprime RMBS (Residential Mortgage Backed Securities) und US CDO (Collateralized Debt Obligations) verursacht wurde.
- 4. Der Bundesrat stellt fest, dass synthetische Verbriefungen im Verordnungsvorschlag ausgenommen sind, ist jedoch der Auffassung, dass der Grad der Komplexität synthetischer Verbriefungen nicht höher ist als bei einer TrueSale-Verbriefung. Bei einer synthetischen Transaktion verbleiben die verbrieften Aktiva im Eigentum der Bank und es wird lediglich das Risiko an den Kapitalmarkt transferiert, ohne dass sich die Eigentumsverhältnisse am verbrieften Kreditportfolio ändern. Die Absicherung erfolgt über Garantien oder durch den Einsatz von Kreditderivaten, das heißt die Bank zahlt einem Investor eine Prämie für entsprechende drohende Forderungsausfälle. Zielstellung ist die Eigenkapitaloptimierung, nicht jedoch die Refinanzierung der Bank. Durch synthetische Verbriefungen werden nur erfahrene institutionelle Anleger angesprochen.
- 5. Der Bundesrat bittet daher, im weiteren Rechtsetzungsverfahren auf die Prüfung der Möglichkeit der Aufnahme synthetischer Verbriefungen als STS-Verbriefungen hinzuwirken. Im Detail sieht der Bundesrat ferner insgesamt noch folgenden Nachbesserungsbedarf:*
- 6. - Die Begriffe "durchschnittlichen Schuldner" und "wesentlich höheres Risiko" in Artikel 8 Absatz 7 Buchstabe c werden nicht näher bestimmt. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung zur Vermeidung von Rechtsunsicherheit, sich für eine Klarstellung dieser unbestimmten Rechtsbegriffe einzusetzen.
- 7. - Der Verordnungsvorschlag sieht vor, dass der Originator (Forderungsverkäufer) selbst das Vorliegen der Voraussetzungen des STS-Standards prüft und anschließend gegebenenfalls die ESMA mittels der sogenannten STS-Meldung unterrichtet. Die ESMA veröffentlicht auf ihrer Website die übermittelten Informationen der STS-Meldung. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung zu prüfen, ob diese Mechanismen im Hinblick auf die Schaffung von Vertrauen bei den Marktteilnehmern bezüglich der Einhaltung der STS-Verbriefungsstandards ausreichend sind.
- 8. - Die Begrenzung der Restlaufzeit der zugrundeliegenden Forderungen von ABCP-Verbriefungen kann ein Instrument sein, um Liquiditätsrisiken zu reduzieren. Gleichzeitig stellt eine solche Begrenzung eine Einschränkung der Möglichkeiten dar, ABCP-Verbriefungen zu nutzen. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die Risiken aus einer Fristeninkongruenz zu quantifizieren, den Wert einer Begrenzung der Restlaufzeiten als Instrument zur Limitierung solcher Risiken im Vergleich zu anderen Instrumenten zu bewerten sowie die Auswirkungen insbesondere auf die Finanzierungen im KMU-Sektor und beim Anlageleasing zu prüfen.
B
- 9. Der Rechtsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.
* Gilt bei Annahme von Ziffer 6, 7 oder 8 als mitbeschlossen.