Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss über einen Aktionsplan im Bereich der Mehrwertsteuer: Auf dem Weg zu einem einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraum - Zeit für Reformen COM (2016) 148 final; Ratsdok. 7687/16

Der Bundesrat wurde am 08. April 2016 über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis:
Drucksache 799/10 (PDF) = AE-Nr. 101021 und AE-Nr. 111071.

Auf Verlangen der Freien und Hansestadt Hamburg vom 14. April 2016 erscheint die Vorlage gemäß § 45a GO BR als Drucksache des Bundesrates.

Brüssel, den 7.4.2016 COM (2016) 148 final

Mitteilung der Kommission an Das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss über einen Aktionsplan im Bereich der Mehrwertsteuer: Auf dem Weg zu einem einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraum: Zeit für Reformen

1. Einleitung: warum ES eines EINHEITLICHEN Europäischen MEHRWERTSTEUERRAUMS Bedarf

In diesem Aktionsplan wird der Weg hin zu einem einheitlichen europäischen Raum der Mehrwertsteuer1 dargelegt. Dieser Mehrwertsteuerraum soll eine Stütze für einen vertieften und faireren Binnenmarkt sein und zur Förderung von Beschäftigung, Wachstum, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit beitragen. Nur ein solcher Mehrwertsteuerraum wird den Erfordernissen des 21. Jahrhunderts gerecht.

Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist ein Kernelement des EU-Binnenmarktes. Es hat Hemmnisse beseitigt, die den Wettbewerb verfälscht und den freien Warenverkehr eingeschränkt haben, und damit den Handel im Binnenmarkt erleichtert. Das Mehrwertsteuersystem ist in der EU zudem eine bedeutende und wachsende Quelle öffentlicher Einnahmen, die sich 2014 auf fast 1 Billion EUR beliefen, was 7 % des BIP2 der EU entspricht. Die Mehrwertsteuer ist schließlich auch eine Eigenmittelquelle der EU. Als umfassende Verbrauchsteuer ist sie eine der wachstumsfreundlichsten Formen der Besteuerung.

Das Mehrwertsteuersystem hat jedoch nicht mit den Herausforderungen unserer heutigen globalisierten, digitalen und mobilen Wirtschaft Schritt halten können. Das derzeitige Mehrwertsteuersystem, das als Übergangsregelung gedacht war, ist fragmentiert, zu kompliziert für die wachsende Zahl von Unternehmen, die grenzüberschreitend tätig sind, und anfällig für Betrug. So werden inländische und grenzüberschreitende Umsätze unterschiedlich behandelt und können Gegenstände oder Dienstleistungen innerhalb des Binnenmarktes mehrwertsteuerfrei erworben werden.

Reformen sind deshalb dringend notwendig:

Zusammenfassend ist festzustellen, dass das Mehrwertsteuersystem modernisiert werden muss, ein Neustart erforderlich ist. Dieses Ziel wird jedoch nicht leicht zu erreichen sein. Es hat sich als schwierig erwiesen, das derzeitige System zu reformieren, und die für jede Änderung erforderliche Einstimmigkeit der Mitgliedstaaten stellt eine große Herausforderung dar. Dennoch wird immer deutlicher, dass das bisherige System nicht einfach fortgeführt werden kann. Immer weitere Pflichten und Kontrollen zur Betrugsbekämpfung würden auch die Befolgungskosten und die Rechtsunsicherheit für alle Unternehmen, auch die vertrauenswürdigen, erhöhen und das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts behindern. Auch vereinzelte Vereinfachungen würden vermutlich nicht den gewünschten Erfolg haben.

Nun ist konkretes Handeln gefordert. Es ist an der Zeit, einen tatsächlich einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraum für den Binnenmarkt zu schaffen.

Zu diesem Zweck plant die Kommission, einen Legislativvorschlag für ein endgültiges Mehrwertsteuersystem vorzulegen7. Grundpfeiler dieses Systems soll die Vereinbarung der EU-Gesetzgeber sein, wonach das Mehrwertsteuersystem auf dem Prinzip der Besteuerung im Bestimmungsland der Gegenstände beruhen soll. Das heißt, dass die Steuervorschrift, der zufolge der Lieferer der Gegenstände die Mehrwertsteuer von seinem Kunden einzieht, auf grenzüberschreitende Umsätze ausgeweitet wird. Allein diese Veränderung dürfte zur Senkung des grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrugs um 40 Mrd. EUR pro Jahr beitragen.8

Die Ausarbeitung und Annahme dieser grundlegenden Änderung in der Funktionsweise der Mehrwertsteuer wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Parallel dazu wird die Kommission daher eine Reihe anderer Initiativen zur Bewältigung der Herausforderungen des Mehrwertsteuersystems vorlegen. Einige dieser Initiativen wurden bereits angekündigt; sie werden durch weitere Maßnahmen ergänzt, mit denen das Problem der Betrugsbekämpfung zügig angegangen werden soll.

Im Rahmen des derzeitigen Systems ist es zudem schwierig, innovativen Geschäftsmodellen und dem technologischen Fortschritt in der modernen digitalen Welt gerecht zu werden. Unterschiedliche Mehrwertsteuersätze für körperliche und digitale Gegenstände und Dienstleistungen entsprechen nicht mehr den heutigen Gegebenheiten. Die Mitgliedstaaten sehen sich darüber hinaus in der Festlegung der Steuersätze unangemessen eingeschränkt. Der Paradigmenwechsel der letzten Jahre hin zum Bestimmungslandprinzip erfordert eine eingehendere Reflektion über die sich daraus ergebenden Folgen für das Mehrwertsteuersystem und die EU-Vorschriften für Steuersätze.

Dieser Aktionsplan beschreibt die Abfolge der erforderlichen Schritte hin zu einem einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraum. Es wird dargelegt, welche Maßnahmen sofort ergriffen werden müssen bzw. dringlich sind, um die Mehrwertsteuerlücke zu schließen und das Mehrwertsteuersystem an die digitale Wirtschaft und die Bedürfnisse der KMU anzupassen. Der Plan enthält zudem klare langfristige Leitlinien für das endgültige Mehrwertsteuersystem und die Mehrwertsteuersätze.

Zu all diesen Fragen müssen jetzt Entscheidungen getroffen werden. Vor allem bedarf es politischer Führungskraft, um die tief verwurzelten Hindernisse zu überwinden, die den Fortschritt in der Vergangenheit blockiert haben, und um endlich die notwendigen Reformen zur Betrugsbekämpfung, zum Abbau administrativer Hürden und zur Verringerung der Regulierungskosten zu verabschieden und so die Bedingungen für Unternehmen in Europa zu verbessern.

2. VOR KURZEM ABGESCHLOSSENE und LAUFENDE politische Initiativen

Die Kommission hat stets auf die Reform des Mehrwertsteuersystems gedrängt. Zuletzt hat sie nach einer umfassenden und fruchtbaren öffentlichen Debatte, die im Dezember 2010 durch das Grünbuch über die Zukunft der Mehrwertsteuer9 angestoßen wurde, ihre Schlussfolgerungen im Dezember 2011 in einer Mitteilung zur Zukunft der Mehrwertsteuer10 dargestellt und für die nächsten Jahre vorrangige Maßnahmen festgelegt.

Damit gab die Kommission nach vielen Jahren erfolgloser Versuche das Ziel der Einführung einer endgültigen Mehrwertsteuerregelung auf, die auf dem Grundsatz basiert hätte, dass alle grenzüberschreitenden Lieferungen von Gegenständen im Ursprungsmitgliedstaat unter den gleichen Bedingungen wie der inländische Handel - auch in Bezug auf die Mehrwertsteuersätze - zu besteuern wären. Das Europäische Parlament11 und der Rat12 kamen überein, dass das endgültige System auf dem Prinzip der Besteuerung im Bestimmungsmitgliedstaat der Gegenstände basieren sollte.

Zu den dann ergriffenen Initiativen zählte

Anschließend wurden weitere Initiativen zur Beseitigung der mehrwertsteuerlichen Hindernisse für die digitale Entwicklung und die Entwicklung von KMU im Binnenmarkt und zur Überarbeitung der Mehrwertsteuervorschriften im öffentlichen Sektor16 ergriffen.

2.1 Beseitigung der mehrwertsteuerlichen Hindernisse für den elektronischen Geschäftsverkehr im Binnenmarkt

Das derzeitige Mehrwertsteuersystem für den grenzüberschreitenden elektronischen Geschäftsverkehr ist kompliziert und sowohl für die Mitgliedstaaten als auch für Unternehmen kostspielig. Die durchschnittlichen Kosten für die Lieferung von Gegenständen in ein anderes EU-Land werden auf 8000 EUR jährlich geschätzt17. Außerdem haben EU-Unternehmen einen Wettbewerbsnachteil, da Anbieter aus Drittländern Gegenstände im Rahmen der Steuerbefreiung bei der Einfuhr von Kleinsendungen mehrwertsteuerfrei an Verbraucher in der EU liefern können (2015 wurden fast 150 Millionen Sendungen mehrwertsteuerfrei eingeführt18). Aufgrund der Komplexität des Systems ist es für die Mitgliedstaaten zudem schwierig, die Einhaltung der Vorschriften sicherzustellen. Die entsprechenden Verluste werden auf ca. 3 Mrd. Euro jährlich geschätzt.19

Wie im Mai 2015 im Rahmen der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt20 angekündigt, wird die Kommission bis Ende 2016 einen Rechtssetzungsvorschlag zur Modernisierung und Vereinfachung der Mehrwertsteuer für den grenzüberschreitenden elektronischen Geschäftsverkehr, insbesondere für KMU, vorlegen. Dieser Vorschlag wird Folgendes umfassen:

2.2 Auf dem Weg zu einem Mehrwertsteuerpaket für KMU

Insgesamt fallen für KMU aufgrund der Komplexität und Fragmentierung des Mehrwertsteuersystems in der EU proportional höhere Befolgungskosten an als für größere Unternehmen.22 Neben der neuen Binnenmarktstrategie23 bereitet die Kommission daher ein umfassendes Paket von Vereinfachungen für KMU vor, das ein günstiges Umfeld für ihr Wachstum und für den grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr schaffen soll. Insbesondere soll die Sonderregelung für Kleinunternehmen überprüft werden. Dieses Paket wird im Jahr 2017 vorgelegt.

Die Kommission wird zudem Lehren aus der Rücknahme des Vorschlags für eine StandardMehrwertsteuererklärung24 ziehen - wobei hier nach wie vor ein wichtiges Potenzial für Vereinfachungen liegt - und weiter prüfen, wie die Befolgungskosten für KMU in diesem Bereich verringert werden können.

3. DRINGENDE Massnahmen zur SCHLIEßUNG der MEHRWERTSTEUERLÜCKE

Das derzeitige Ausmaß der Mehrwertsteuerlücke erfordert dringende Maßnahmen in dreierlei Hinsicht - zur Stärkung der Verwaltungszusammenarbeit, zur Förderung der freiwilligen Einhaltung der Vorschriften und zur Verbesserung der Leistungen der EU-Steuerverwaltungen insgesamt. Darüber hinaus erfordert der Boom im elektronischen Geschäftsverkehr einen neuen Ansatz bei der Steuererhebung.

3.1 Verbesserung der Zusammenarbeit innerhalb der EU und mit Drittländern

Der Europäische Rechnungshof hat bestätigt, dass die Instrumente der Verwaltungszusammenarbeit zwischen den Steuerverwaltungen nicht ausreichend genutzt werden.25 Darüber hinaus war die Umsetzung von Eurofisc26 nicht ehrgeizig genug. Deshalb müssen wir den Übergang von den bestehenden Modellen der Zusammenarbeit auf Grundlage des Informationsaustausches zwischen den Mitgliedstaaten hin zu neuen Modellen der gemeinsamen Nutzung und Auswertung von Informationen und des gemeinsamen Handelns bewerkstelligen. Den Mitgliedstaaten sollten Risikomanagementkapazitäten auf EU-Ebene zur Verfügung stehen, damit sie betrügerische Netze schneller und wirksamer aufdecken und zerschlagen können.

Dabei müssen auch die Rolle und der Einfluss von Eurofisc gestärkt werden, es bedarf eines qualitativen Sprungs hin zu einer modernen Struktur. Mit Unterstützung der Kommission sollten die im Rahmen von Eurofisc zuständigen Beamten einen direkten Zugang zu den einschlägigen Daten in verschiedenen Mitgliedstaaten erhalten, damit sie wichtige Informationen austauschen, teilen und analysieren und gemeinsame Prüfungen durchführen können. Ein Legislativvorschlag zur Umsetzung dieser Verbesserungen wird 2017 vorgelegt werden.

Des Weiteren muss die gegenseitige Amtshilfe bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf Steuern gestärkt werden.

Der Kampf gegen Netze der organisierten Kriminalität und gegen Mehrwertsteuerbetrug bei der Einfuhr erfordert auch die Beseitigung von Hindernissen für eine wirksame Zusammenarbeit zwischen Steuerverwaltungen, Zollbehörden, Strafverfolgungsbehörden und Finanzinstituten auf nationaler und EU-Ebene. In diesem Zusammenhang kommt der Annahme der Vorschläge der Kommission über den Schutz der finanziellen Interessen der EU27 in Bezug auf die Bekämpfung des EU-weiten Mehrwertsteuerbetrugs und dem Vorschlag zur Einrichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft28 eine wichtige Rolle zu.

Schließlich sollte es eine bessere Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen und Nicht-EU-Ländern im Bereich der Mehrwertsteuer ermöglichen, das EU-System der Verwaltungszusammenarbeit auf Nicht-EU-Länder auszuweiten und damit insbesondere eine effektive Besteuerung des elektronischen Geschäftsverkehrs zu gewährleisten.

3.2 Auf dem Weg zu effizienteren Steuerverwaltungen

Es liegt in der Verantwortung der Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten, die Steuervorschriften durchzusetzen. Die Erhebung der Mehrwertsteuer und die Betrugsbekämpfung in einem globalen wirtschaftlichen Umfeld erfordert starke Steuerverwaltungen, die für die gegenseitige Amtshilfe geeignet ausgerüstet sind. In vielen Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, die Steuerehrlichkeit zu fördern und die Kapazitäten ihrer Steuerverwaltungen auszubauen. Daher sollten vermehrt bewährte Verfahren in diesem Bereich ausgetauscht und umgesetzt werden.

Darüber hinaus hätte eine Modernisierung der Mehrwertsteuererhebung beträchtliche Vorteile: E-Governance und digitale Steuerbilanzen würden die Verfahren für die Steuerverwaltungen vereinfachen und die Verwaltungslasten für Unternehmen, sowohl innerhalb der Mitgliedstaaten als auch grenzüberschreitend, verringern. Darüber hinaus würde eine solche Modernisierung der Vertrauensbildung und Betrugsbekämpfung dienen.

Es ist an der Zeit, eine gemeinsame Agenda für die Steuerverwaltungen zu entwickeln, um Vertrauen zu bilden, Zusammenarbeit zu fördern und ihre Kapazitäten bei der Betrugsbekämpfung und der Anpassung an die wirtschaftlichen Entwicklungen zu stärken. Deshalb wird die Kommission

3.3 Verbesserung der freiwilligen Einhaltung der Vorschriften

Es ist ebenfalls wichtig, die freiwillige Einhaltung der Vorschriften und die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Steuerverwaltungen zu verbessern. Die Kommission wird dazu beitragen, indem sie konkrete Projekte wie die Einrichtung wirksamer Mechanismen zur Verhinderung und Lösung von Streitigkeiten im Rahmen des EU-Mehrwertsteuerforums durchführt oder unterstützt und Vereinbarungen zwischen Steuerverwaltungen und Wirtschaftszweigen erleichtert.

3.4 Steuererhebung

Elektronischer Handel, partizipative Wirtschaft und andere neue Geschäftsformen sind in Bezug auf die Steuererhebung gleichermaßen eine Herausforderung und eine Chance. Dies gilt sowohl im Inland als auch grenzüberschreitend. Die Mitgliedstaaten müssen in Zusammenarbeit und mit Unterstützung der Kommission ermitteln, welche Verfahren sich bei der Bewältigung der Probleme bewährt haben, und diese austauschen. Neue Konzepte für die Steuererhebung könnten u.a. Folgendes umfassen: Neue Instrumente für die Berichterstattung, neue Instrumente für die Steuerprüfung oder die Festlegung neuer Funktionen für bestimmte Marktmittler.

3.5 Vorübergehende Ausnahmeregelung für Mitgliedstaaten zur Bekämpfung von Betrug mit nationalem und strukturellem Charakter

Mehrwertsteuerbetrug betrifft die EU-Länder in unterschiedlichem Ausmaß - die Mehrwertsteuerlücke reicht von weniger als 5 % bis zu über 40 %. Einige stärker betroffene Mitgliedstaaten haben darum gebeten, zeitweilig ein allgemeines Reverse-Charge-System anzuwenden, das von den allgemeinen Grundsätzen der Mehrwertsteuerrichtlinie30 abweichen würde. Diese Ersuchen zielen darauf ab, einen endemischen Mehrwertsteuerbetrug zu bekämpfen, und berücksichtigen die Besonderheiten der betroffenen Mitgliedstaaten.

Die Kommission erkennt die Notwendigkeit an, konkrete und kurzfristige Lösungen zur Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs zu finden. Auch wenn die Ersuchen über die Möglichkeiten der derzeit geltenden Mehrwertsteuerrichtlinie31 hinausgehen und daher eine Änderung der Rechtsvorschriften erfordern würden, nimmt die Kommission diese Ersuchen sehr ernst und wird deren politische, rechtliche und wirtschaftliche Folgen gründlich prüfen, bevor sie ihre Schlussfolgerungen darlegt. Derartige Ausnahmeregelungen sollten das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes nicht unverhältnismäßig beeinträchtigen und würden im Rat Einstimmigkeit erfordern. Die Prüfung der Kommission wird eine ausführliche Analyse umfassen, damit eine gründliche und präzise Bewertung der Lage und der möglichen Auswirkungen der vorübergehenden Ausnahmeregelungen gewährleistet ist. Die möglichen Auswirkungen auf Unternehmen und Steuerverwaltungen, insbesondere in Bezug auf Anpassungskosten und die Betrugsverlagerung auf die Einzelhandelsebene oder in Nachbarländer, sind ein wichtiger Aspekt, den es zu berücksichtigen gilt.

Es existieren bereits glaubwürdige Verwaltungsmaßnahmen, die sich bei der Betrugsbekämpfung in vielen Mitgliedstaaten als effizient erwiesen haben. Deshalb ist die Kommission auch bereit, den betreffenden Mitgliedstaaten beim Aufbau ihrer Kapazitäten für Steuererhebung und Kontrollmaßnahmen zu helfen. Umfassende Reformprogramme, die auf einer eingehenden Analyse der Mehrwertsteuerlücke und der Betrugsmechanismen in diesen Mitgliedstaaten sowie auf bewährten Verfahren basieren, könnten rasch umgesetzt werden. Dies könnte mit finanzieller Unterstützung der Kommission und unter Inanspruchnahme des Fachwissens nationaler Steuerverwaltungen mit einer guten Bilanz in diesem Bereich geschehen. Ferner könnte Eurofisc bei der Durchführung von Risikoanalysen behilflich sein, und es wären gemeinsame Prüfungen möglich, für die sich nationale Steuerverwaltungen freiwillig melden könnten.

Die Bewertung dieser Ausnahmeregelungen erfolgt unbeschadet der Vorschläge zur Umsetzung des endgültigen Mehrwertsteuersystems, welche die Kommission vorlegen wird. Die Kommission wird bis Juni dieses Jahres über den aktuellen Stand in dieser Angelegenheit berichten.

4. MITTELFRISTIGE Massnahmen zur SCHLIEßUNG der MEHRWERTSTEUERLÜCKE: auf dem Weg zu einem ROBUSTEN , EINHEITLICHEN Europäischen MEHRWERTSTEUERRAUM

Das derzeitige System, das seit 1993 in Kraft ist und als Übergangslösung gedacht war, teilt jeden grenzüberschreitenden Umsatz in eine steuerfreie grenzüberschreitende Lieferung und einen steuerpflichtigen grenzüberschreitenden Erwerb. Es funktioniert wie ein Zollsystem, verfügt jedoch nicht über entsprechenden Kontrollen, so dass es eine Ursache des grenzüberschreitenden Betrugs darstellt.

Der Tatbestand des Betrugs ist erfüllt, wenn ein Lieferer vorgibt, die Gegenstände in einen anderen Mitgliedstaat geliefert zu haben, sie aber tatsächlich mehrwertsteuerfrei dem Verbrauch vor Ort zugeführt werden oder wenn eine Partei eines grenzüberschreitenden Geschäftsvorgangs Gegenstände oder Dienstleistungen mehrwertsteuerfrei erwirbt, aber Mehrwertsteuer berechnet, ohne diese an die Steuerverwaltungen abzuführen, während ihr Kunde zum Steuerabzug berechtigt ist.32

Es ist höchste Zeit, bei der Bekämpfung solcher Betrugsfälle nach einem einheitlichen Ansatz vorzugehen, der mit den Anforderungen des Binnenmarktes uneingeschränkt in Einklang steht. Auch die oben beschriebenen ehrgeizigen Verwaltungsmaßnahmen zur Schließung der Mehrwertsteuerlücke sind zwar hilfreich, aber allein nicht ausreichend, um grenzüberschreitenden Betrug zu unterbinden.

In einem robusten, einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraum würden grenzüberschreitende Umsätze wie inländische Umsätze behandelt, womit für die chronischen Schwachstellen des Systems endlich eine Lösung geboten wäre. Zudem würde die Verwaltung und Durchsetzung der Mehrwertsteuer durch eine engere Zusammenarbeit zwischen den Steuerverwaltungen zusammengeführt.

Im Anschluss an die Schlussfolgerungen des Rates vom Mai 2012 trat die Kommission in einen transparenten Dialog mit den Mitgliedstaaten und anderen Akteuren33 ein. Das Ziel bestand in einer eingehenden Prüfung der möglichen Optionen für die Umsetzung des Bestimmungslandprinzips im grenzüberschreitenden Handel zwischen Unternehmen (B2B34)35 einschließlich der Umsetzung eines allgemeinen Reverse-Charge-Verfahrens.

Im Rahmen eines allgemeinen Reverse-Charge-Verfahrens wird die Mehrwertsteuer entlang der gesamten Wirtschaftskette "ausgesetzt" und nur den Verbrauchern in Rechnung gestellt. Dies bedeutet, dass die gesamte Erhebung der Mehrwertsteuer auf die Einzelhandelsstufe verlagert wird. Einem solchen System wohnt nicht die Selbstkontrolle des derzeitigen Mehrwertsteuersystems inne (d.h. nach dem Grundsatz der fraktionierten Zahlung), die sicherstellt, dass eine kleine Anzahl relativ großer, zuverlässiger Steuerpflichtiger in der Wirtschaftskette den Großteil der Mehrwertsteuer abführt.

Außerdem können andere Arten von Betrug auftreten, wie z.B. Betrüger, die vorgeben, Steuerpflichtige zu sein, um für den Endverbrauch bestimmte Gegenstände mehrwertsteuerfrei zu erhalten. Daher ist das immanente Risiko erheblich, dass Betrug und unbesteuerter privater Verbrauch zunehmen, insbesondere in Anbetracht der hohen Mehrwertsteuersätze in den EU-Ländern (bis zu 27 %).

Die Kommission kam daher infolge dieses Dialogs zu dem Schluss, dass es für die EU als Ganzes die beste Option wäre, B2B-Lieferungen von Gegenständen innerhalb der EU genauso zu besteuern wie inländische Lieferungen, da damit die gravierende Schwachstelle der Übergangsregelungen behoben würde und zugleich die zugrunde liegenden Merkmale des Mehrwertsteuersystems nicht berührt würden.

Ein solches System der Besteuerung von grenzüberschreitenden Lieferungen gewährleistet eine einheitliche Behandlung von inländischen und grenzüberschreitenden Lieferungen entlang der gesamten Erzeugungs- und Vertriebskette und stellt die grundlegenden Merkmale der Mehrwertsteuer, d.h. das System der fraktionierten Zahlung mit seiner ihm innewohnenden Selbstkontrolle, im grenzüberschreitenden Handel wieder her.

Demzufolge sollte diese Neuerung den grenzüberschreitenden Steuerbetrug in der EU um rund 40 Mrd. EUR pro Jahr (80 %) verringern.36 Der Zwischen- und Endverbrauch der Gegenstände wird weiter an dem Ort besteuert, an den die Gegenstände geliefert werden, denn dieser ist ein zuverlässiger Anhaltspunkt für den Ort des Verbrauchs. Ein solches objektives Kriterium würde Steuerpflichtigen Steuerplanung oder Betrug erschweren. Auch können die Steuerverwaltungen dadurch Ressourcen auf andere Herausforderungen konzentrieren.

Im Zusammenhang mit dieser Umstellung werden einige wichtige Vereinfachungen eingeführt. So wird etwa die einzige Anlaufstelle, die bereits für Telekommunikations-, Rundfunk- und elektronische Dienstleistungen besteht und für alle Umsätze des elektronischen Geschäftsverkehrs eingeführt werden soll37, noch umfassender umgesetzt und neu ausgerichtet, so dass die Möglichkeiten der digitalen Technologien zur Vereinfachung, Vereinheitlichung und Modernisierung der Prozesse zur Gänze genutzt werden können. Unternehmen müssen sich künftig nur in den Mitgliedstaaten, in denen sie ansässig sind, für Mehrwertsteuerzwecke registrieren lassen. Insgesamt sollten die Unternehmen durchschnittlich etwa 1 Mrd. EUR einsparen können.38

Ein solches System erfordert mehr Vertrauen und Zusammenarbeit zwischen den Steuerverwaltungen, da sich der Mitgliedstaat, in den die Gegenstände geliefert werden, bei der Erhebung der Mehrwertsteuer auf den grenzüberschreitenden Umsatz auf den Ursprungsmitgliedstaat verlassen müsste. Die zwischen den Steuerverwaltungen bestehenden Effizienzunterschiede bei der Erhebung der Mehrwertsteuer und der Betrugsbekämpfung müssten nach oben angeglichen werden. Ein solches System würde auch erhebliche Veränderungen für Unternehmen bedeuten. Es wäre daher schrittweise einzuführen, um einen reibungslosen Übergang für die Wirtschaft sicherzustellen und die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten und ihre Verwaltungskapazitäten zu stärken. Das System sollte ferner benutzerfreundlich sein und von den neuesten digitalen Technologien Gebrauch machen.

In einem ersten Gesetzgebungsschritt wird der Grundsatz der Besteuerung grenzüberschreitender Lieferungen wiederhergestellt und die einzige Anlaufstelle auch für grenzüberschreitende B2B-Lieferungen von Gegenständen eingeführt. Vorschriftsmäßig handelnde Unternehmen, denen von den jeweiligen Steuerverwaltungen Bescheinigungen ausgestellt werden, auch KMU, wären weiter für in anderen EU-Ländern gekaufte Gegenstände mehrwertsteuerpflichtig. Da vorschriftsmäßig handelnde Unternehmen die überwältigende Mehrheit der an grenzüberschreitenden Umsätzen beteiligten Steuerpflichtigen ausmachen, würde dies zu einer deutlichen Verringerung der Mehrwertsteuerbeträge, die über die einzige Anlaufstelle abzuwickeln sind, führen und den Unternehmen die Umstellung erleichtern.

In einem zweiten Gesetzgebungsschritt würden alle grenzüberschreitenden Umsätze erfasst werden, so dass alle Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen im Binnenmarkt in derselben Weise behandelt werden, egal, ob sie im Inland oder grenzüberschreitend getätigt werden. Dabei würde es eines deutlichen qualitativen Sprungs bei der Zusammenarbeit und den gemeinsamen Durchsetzungsinstrumenten bedürfen, um wechselseitiges Vertrauen zwischen den Steuerverwaltungen zu gewährleisten. Ein erster Schritt zur Erreichung dieses Ziels ist die Intensivierung der Zusammenarbeit im Rahmen von Eurofisc und die Stärkung der Kapazitäten der Steuerverwaltungen. Erst wenn die Mitgliedstaaten der Auffassung sind, dass der qualitative Sprung erreicht wurde, kann das endgültige System vollständig umgesetzt werden.

5. Auf dem Weg zu einem MODERNEREN Ansatz für die FESTSETZUNG der MEHRWERTSTEUERSÄTZE

Die Mehrwertsteuerrichtlinie enthält allgemeine Vorschriften über die Freiheiten der Mitgliedstaaten bei der Festsetzung der Mehrwertsteuersätze. Diese Vorschriften sollten vor allem die Neutralität, Einfachheit und Praktikabilität des Mehrwertsteuersystems gewährleisten. Die Gesetzgeber entschieden sich für einen standardisierten Mehrwertsteuersatz auf alle steuerpflichtigen Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen als Regelfall und wählten einen Mindestsatz von 15 %. Für bestimmte Gegenstände und Dienstleistungen, die in der Mehrwertsteuerrichtlinie aufgeführt sind39, gestatteten sie zwei ermäßigte Steuersätze in Höhe von 5 % oder mehr. Aufgrund von "Stillhalte-Ausnahmeregelungen"40 sind zudem in einigen Mitgliedstaaten eine Reihe von ermäßigten Sätzen zulässig, die auch unter 5 % liegen können.

Die derzeitigen Vorschriften werden jedoch den technologischen und wirtschaftlichen Entwicklungen nicht vollständig gerecht. Dies trifft etwa auf elektronische Bücher und Zeitungen zu, denen die ermäßigten Sätze für physische Veröffentlichungen nicht zugutekommen. Diese Frage wird im Rahmen der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt angegangen.

Darüber hinaus wurde bei der Konzeption dieser Vorschriften vor mehr als zwei Jahrzehnten von dem Ziel ausgegangen, später auf der Grundlage des Ursprungslandprinzips zu einem endgültigen Mehrwertsteuersystem zu gelangen. Seitdem hat sich die Mehrwertsteuer zunehmend zu einem auf dem Bestimmungslandprinzip basierenden System entwickelt. Die Vorschriften über die Steuersätze wurden jedoch nie an diese Entwicklung angepasst, die eine größere Vielfalt der Mehrwertsteuersätze ermöglicht. Zwar können unterschiedliche Mehrwertsteuersätze das Funktionieren des Binnenmarktes auch in einem System beeinträchtigen, in dem die Verbraucher die Grenze überqueren, um Gegenstände und Dienstleistungen zu erwerben. Abgesehen davon aber ziehen Anbieter - anders als in einem auf dem Ursprungslandprinzip beruhenden System - keinen größeren Nutzen daraus, in einem Mitgliedstaat mit niedrigerem Steuersatz ansässig zu sein, so dass das Störpotenzial unterschiedlicher Mehrwertsteuersätze für das Funktionieren des Binnenmarktes geringer ist.

Die Vorschriften der Mehrwertsteuerrichtlinie sollen das Funktionieren des Binnenmarktes schützen und Wettbewerbsverzerrungen vorbeugen. Die Kommission verweist darauf, dass nach dem Subsidiaritätsprinzip die EU nur tätig werden kann, sofern und soweit bestimmte Ziele auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden und daher besser auf Ebene der Europäischen Union umgesetzt werden können. Aufgrund der derzeitigen Vorschriften ist es für die Mitgliedstaaten zeitaufwändig und schwierig, ermäßigte Sätze in neuen Bereichen anzuwenden, da alle Beschlüsse einstimmig gefasst werden müssen. Deshalb erscheint die Mehrwertsteuerrichtlinie zunehmend überholt, etwa in Bezug auf Produkte, für die der technische Fortschritt eine wichtige Rolle spielt.

Gravierender ist jedoch, dass die Mitgliedstaaten angesichts der langen Fristen für die Annahme von Änderungen der EU-Rechtsvorschriften gegen diese Vorschriften verstoßen. Bisher musste die Kommission mehr als 40 Vertragsverletzungsverfahren gegen mehr als zwei Drittel der Mitgliedstaaten eröffnen. Eine Reform, die den Mitgliedstaaten mehr Freiheiten bietet, würde es ihnen erlauben, gewünschte steuerpolitische Entscheidungen schneller zu treffen, und der EU zudem unnötige Rechtsstreitigkeiten ersparen.

Auf der anderen Seite birgt die Übertragung der vollen Befugnis zur Festsetzung der Steuersätze auch Kosten und Nachteile, auch wenn sie für sich allein keine Bedrohung für das Funktionieren des Binnenmarktes darstellt. Die Übertragung könnte zu einer Erosion der Mehrwertsteuereinnahmen führen, da einige Sektoren eine günstigere Behandlung einfordern würden. Langfristig könnte dies das Steueraufkommen schmälern, was gegen die wirtschaftspolitischen Empfehlungen der EU gehen würde. Tatsächlich ist die Kluft zwischen den ermäßigten Sätzen und den Normalsätzen in den letzten Jahren tendenziell größer geworden, wodurch die Mehrwertsteuereffizienz beeinträchtigt und Wettbewerbsverzerrungen verstärkt wurden. Eine stärkere Dezentralisierung könnte darüber hinaus zu einer größeren Komplexität führen, wodurch zusätzliche Kosten für Unternehmen verursacht und Rechtsunsicherheit geschaffen würde. In einem auf dem Bestimmungslandprinzip basierenden System, in dem die Unternehmen in jedem einzelnen Mitgliedstaat die Mehrwertsteuer nach in anderen Mitgliedstaaten geltenden Steuersätzen berechnen müssen, ist es sehr wichtig, dass die jeweiligen nationalen Vorschriften einfach sind und so weit wie möglich auf harmonisierten Warenkategorien basieren.

Die Bewertung eines dezentralisierteren Systems hängt letztlich von politischen Präferenzen ab. Deshalb kann die Einführung eines derartigen Systems nicht als rein technische Angelegenheit beschlossen werden, sondern erfordert eine politische Diskussion. Es gibt verschiedene Unteroptionen auf technischer Ebene, doch zuerst sollte ein Konsens über die allgemeine Ausrichtung der Reform gefunden werden. Zwei Hauptoptionen werden im Folgenden dargestellt. Sie widersprechen einander nicht. Sie repräsentieren unterschiedliche Grar Flexibilität, die den Mitgliedstaaten gewährt werden könnte.

5.1 Option 1: Erweiterung und regelmäßige Überprüfung des Verzeichnisses von Gegenständen und Dienstleistungen, auf die ermäßigte Mehrwertsteuersätze angewandt werden können

Der Mehrwertsteuernormalsatz von mindestens 15 % würde beibehalten werden. Das Verzeichnis von Gegenständen und Dienstleistungen, auf die ermäßigte Mehrwertsteuersätze angewandt werden können, würde zuerst im Rahmen des Übergangs zu einem endgültigen System und danach in regelmäßigen Abständen, insbesondere unter Berücksichtigung der politischen Prioritäten, überprüft werden. Die Mitgliedstaaten könnten der Kommission ihren Standpunkt zu der Notwendigkeit von Anpassungen mitteilen.

Die Kommission würde mit Unterstützung der Mitgliedstaaten prüfen, ob etwaige Änderungen eine Gefahr für das Funktionieren des Binnenmarktes darstellen oder den Wettbewerb verzerren würden, und über ihre Feststellungen berichten, bevor Änderungen vorgenommen würden.

Im Rahmen dieser Option würden alle derzeitigen ermäßigten Steuersätze, einschließlich der in den Mitgliedstaaten rechtskonform angewendeten Ausnahmen, beibehalten und könnten in das Verzeichnis der fakultativen ermäßigten Sätze aufgenommen werden, die allen Mitgliedstaaten offenstehen, womit Gleichbehandlung gewährleistet wäre.

5.2 Option 2: Abschaffung des Verzeichnisses

Soll den Mitgliedstaaten größere Befugnis zur Festsetzung der Mehrwertsteuersätze übertragen werden, bestünr ehrgeizigste Ansatz darin, das Verzeichnis abzuschaffen und ihnen größere Freiheit bezüglich der Anzahl der ermäßigten Sätze und ihrer Höhe zu gewähren.

Während die Mitgliedstaaten zwar weiter durch das EU-Recht (z.B. die Vorschriften über Binnenmarkt und Wettbewerb) und den Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung der EU beschränkt wären, würde diese Option Maßnahmen erfordern, mit denen ein unlauterer Steuerwettbewerb im Binnenmarkt verhindert sowie die Rechtssicherheit und die Kontrolle der Befolgungskosten gewährleistet würden. Die Freiheit, die Höhe der Mehrwertsteuersätze festzusetzen, sollte somit von einer Reihe von Grundregeln für die Fälle, in denen ermäßigte Sätze angewendet werden dürfen, begleitet sein.

Insbesondere könnten die Mitgliedstaaten dazu aufgefordert werden, die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten über alle neuen Maßnahmen zu unterrichten und ihre etwaigen Auswirkungen auf den Binnenmarkt zu analysieren. Um unlauteren Steuerwettbewerb bei grenzüberschreitenden Einkäufen zu verhindern, könnte eine mögliche Lösung darin bestehen, die Anwendung von ermäßigten Mehrwertsteuersätzen auf hochwertige Gegenstände und Dienstleistungen und insbesondere auf leicht zu befördernde Gegenstände zu untersagen. Um die allgemeine Kohärenz und Vereinfachung des Steuersatzsystems zu gewährleisten, könnte die zulässige Gesamtzahl der ermäßigten Steuersätze pro Mitgliedstaat begrenzt werden. Diese Elemente würden es erschweren, bestimmten Sektoren gezielt unfaire Steuervergünstigungen zu gewähren.

Auch im Rahmen dieser Option würden alle derzeitigen ermäßigten Steuersätze, einschließlich der in den Mitgliedstaaten rechtskonform angewendeten Ausnahmen, beibehalten und den anderen Mitgliedstaaten ihre Anwendung ermöglicht. Der Mindestnormalsatz für die Mehrwertsteuer würde abgeschafft.

6. Schlussfolgerung

Der Aktionsplan beschreibt den Weg hin zu einem einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraum. Initiativen, die im Anschluss an diese Mitteilung ergriffen werden, werden im Einklang mit den Leitlinien der Kommission für bessere Rechtsetzung41 ausgearbeitet.

Die Kommission fordert das Europäische Parlament und den Rat, unterstützt durch den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, auf, so schnell wie möglich eine klare politische Richtung vorzugeben und ihre Bereitschaft zu bestätigen, die in dieser Mitteilung dargelegten Maßnahmen zu unterstützen.

Um eine kontinuierliche Weiterverfolgung der 2011 eingeleiteten Überarbeitung des EUMehrwertsteuersystems zu gewährleisten, wird die Kommission weiter regelmäßig über den aktuellen Stand dieser Überarbeitung Bericht erstatten und neue Maßnahmen darlegen.

7. ZEITRAHMEN

Anpassung des Mehrwertsteuersystems an die digitale Wirtschaft und die Bedürfnisse der KMU

2016Vorschlag für die Beseitigung der mehrwertsteuerlichen Hindernisse für den grenzüberschreitenden elektronischen Geschäftsverkehr (digitaler Binnenmarkt - REFIT) - elektronische Veröffentlichungen
2017Mehrwertsteuerpaket für KMU

Auf dem Weg zu einem robusten, einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraum

2016Maßnahmen zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Zoll- und Steuerverwaltungen sowie den Strafverfolgungsbehörden und zur Steigerung der Kapazitäten der Steuerverwaltungen
2016Bericht über die Bewertung der Richtlinie über die gegenseitige Amtshilfe bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf Steuern
2017Vorschlag zur Verbesserung der Verwaltungszusammenarbeit auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer und der Stärkung von Eurofisc
2017Vorschlag für das endgültige Mehrwertsteuersystem für den grenzüberschreitenden Handel (einheitlicher europäischer Mehrwertsteuerraum - erster Schritt - REFIT)

Auf dem Weg zu einem moderneren Ansatz für die Festsetzung der Mehrwertsteuersätze

2017Reform der Mehrwertsteuersätze (REFIT)