906. Sitzung des Bundesrates am 1. Februar 2013
A
Der federführende Verkehrsausschuss (Vk) und der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U) empfehlen dem Bundesrat, zu dem vom Deutschen Bundestag verabschiedeten Gesetz zu verlangen, dass der Vermittlungsausschuss gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes aus folgenden Gründen einberufen wird:
1. Zu Artikel 1 (§ 43 Absatz 1 Satz 2, § 67 Absatz 11 - neu - BImSchG), Artikel 2 (§ 3 Satz 2, Anlage 2 der 16. BImSchV)
- a) Artikel 1 ist wie folgt zu fassen:
'Artikel 1
Das Bundes-Immissionsschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 2002 (BGBl. I S. 3830), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 27. Juni 2012 (BGBl. I S. 1421) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. § 43 Absatz 1 Satz 2 wird aufgehoben
2. Dem § 67 wird folgender Absatz 11 angefügt:
(11) Für Verwaltungsverfahren zum Bau oder bei wesentlicher Änderung von Schienenwegen sind § 43 Absatz 1 Satz 2 und die Verkehrslärmschutzverordnung vom 12. Juni 1990 (BGBl. I S. 1036), die durch Artikel 3 des Gesetzes vom 19. September 2006 (BGBl. I S. 2146) geändert worden ist, in den bis dahin geltenden Fassungen weiter anzuwenden, sofern die Pläne vor dem [einsetzen: Datum des Inkrafttretens dieses Gesetzes] ausgelegt worden sind. Wird auf eine Auslegung verzichtet, gilt Satz 1 entsprechend, sofern den Betroffenen Gelegenheit gegeben wurde, den Plan einzusehen." '
- b) Artikel 2 ist wie folgt zu fassen:
'Artikel 2
Änderung der VerkehrslärmschutzverordnungDie Verkehrslärmschutzverordnung vom 12. Juni 1990 (BGBl. I S. 1036), die zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 19. September 2006 (BGBl. I S. 2146) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. § 3 Satz 2 wird aufgehoben
2. Anlage 2 (zu § 3) wird wie folgt geändert:
- a) In Satz 1 in den Gleichungsformeln zur Berechnung der Beurteilungspegel (" Lr, T =") und (" Lr, N =") wird jeweils die Angabe "+ S" gestrichen.
- b) Der Satz "S... Korrektur um minus 5 dB (A) zur Berücksichtigung der geringeren Störwirkung des Schienenverkehrslärms" wird aufgehoben.'
Begründung:
Entsprechend dem Gesetzesbeschluss wird in Artikel 1 der Schienenbonus bei Verkehrslärm aufgehoben (Nummer 1 zu Artikel 1 Nummer 1 neu). Statt die durch Schienenlärm verursachten möglichen erheblichen Gefahren (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf, Seite 5) für die Bevölkerung bis mindestens 2016 weiterhin zu dulden, sieht der vorliegende Änderungsvorschlag eine schnellstmögliche Abschaffung des Schienenbonus vor. Entgegen dem Gesetzesbeschluss wird der Schienenbonus nicht nur für Vorhaben des Bedarfsplans, sondern für alle Schienenwege der Eisenbahnen aufgehoben. Lediglich laufende Verwaltungsverfahren sind nach der bisherigen Rechtslage fortzuführen (Artikel 1 Nummer 2, § 67 Absatz 11 Satz 1 neu). Damit wird in Abwägung mit den Lärmschutzbedürfnissen der Bevölkerung etwaigen Interessen von Vorhabenträgern an Rechtssicherheit Rechnung getragen. Entgegen dem Gesetzesbeschluss ist in diesem Zusammenhang ein Abstellen auf den "Zeitpunkt, in dem für den jeweiligen Abschnitt des Vorhabens das Planfeststellungsverfahren noch nicht eröffnet ist und dabei die Auslegung des Plans noch nicht öffentlich bekannt gemacht worden ist" nicht möglich. Denn die öffentliche Bekanntmachung der Auslegung eines Plans erfolgt in den auslegenden Gemeinden nicht notwendigerweise am gleichen Tag. Nach der hier vorgesehenen Übergangsregelung sind alle Vorhaben mit Inkrafttreten dieses Gesetzes ohne Schienenbonus zu planen, wenn die Auslegung des Plans im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens (§ 73 Absatz 3 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz) noch nicht begonnen hat. Wurde auf das Auslegungsverfahren verzichtet (§ 73 Absatz 3 Satz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz), so gilt die neue Rechtslage, sofern den Betroffenen noch keine Gelegenheit gegeben wurde, den Plan einzusehen. Gleiches gilt, wenn die Planfeststellung für Teilabschnitte durchgeführt wird. Die neue Rechtslage gilt, soweit zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes die öffentliche Auslegung des Entwurfs des Bebauungsplans noch nicht begonnen hat.
Darüber hinaus ist die Bestimmung des Gesetzesbeschlusses, wonach vor ca. 2016 lediglich dann freiwillig auf den Schienenbonus verzichtet werden kann, wenn der Vorhabenträger oder Dritte die Mehrkosten tragen, aufzuheben (Artikel 1 zu § 43 Absatz 1 Satz 3). Ziel dieser Regelung ist einzig und allein, dass der Bund über den Schienenbonus hinausgehende Maßnahmen zum Lärmschutz nur dann vornehmen kann, wenn Dritte die Kosten übernehmen. Durch das sofortige Inkrafttreten der Aufhebung des Schienenbonus ist diese Regelung überflüssig. Ein Beitrag Dritter oder des Vorhabenträgers ist aber wie bisher möglich.
Die schnellstmögliche Abschaffung des Schienenbonus gilt auch für die Förderung der Sanierung bestehender Strecken, da sich auch der Beurteilungspegel für Maßnahmen zur Lärmsanierung nach der 16. BImSchV richtet (vgl. Richtlinie für die Förderung von Maßnahmen zur Lärmsanierung an bestehenden Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes).
Die Änderungen in Artikel 2 sind Folgeänderungen. Entsprechend der geänderten Verordnungsermächtigung (Artikel 1 Nummer 1) wird der Schienenbonus in der Verkehrslärmschutzverordnung aufgehoben. Durch die sofortige Abschaffung des Schienenbonus bedarf es keiner Bekanntmachungsbefugnis, wie im Gesetzesbeschluss vorgesehen ist. Die Regelung entfällt ersatzlos.
2. Zu Artikel 1 (§ 43 Absatz 1 Satz 2 und 3 BImSchG), Artikel 2 (Inkrafttreten)
- a) Artikel 1 ist wie folgt zu fassen:
'Artikel 1
In § 43 Absatz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 2002 (BGBl. I S. 3830), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 27. Juni 2012 (BGBl. I S. 1421) geändert worden ist, wird Satz 2 durch folgende Sätze ersetzt:
"Der in den Rechtsverordnungen auf Grund des Satzes 1 zur Berücksichtigung der Besonderheiten des Schienenverkehrs vorgesehene Abschlag von 5 dB(A) ist ab dem 1. Januar 2015 nicht mehr anzuwenden, soweit zu diesem Zeitpunkt für den jeweiligen Abschnitt eines Vorhabens das Planfeststellungsverfahren noch nicht eröffnet ist. Von der Anwendung des in Satz 2 genannten Abschlags kann bereits vor dem nach Satz 2 maßgeblichen Zeitpunkt abgesehen werden, wenn die damit verbundenen Mehrkosten vom Vorhabenträger oder dem Bund getragen werden." '
- b) Artikel 2 ist zu streichen.
Begründung:
Mit der vorgeschlagenen Änderung wird die gesetzliche Grundlage des Schienenbonus mit Wirkung zum 1. Januar 2015 für alle neuen Vorhaben gestrichen. Die Festlegung eines fixen Datums ist erforderlich, um Planungssicherheit für den Schienenbereich zu erreichen.
Seit Jahren steht der in § 43 Absatz 1 gesetzlich verankerte und in der 16. BImSchV konkretisierte Schienenbonus von 5 dB(A) in der Kritik, weil dabei die tatsächliche Wirkung des Bahnlärms auf die Gesundheit und das Belästigungsempfinden nicht realitätsnah erfasst wird. Die Bekämpfung von Schienenlärm ist eine große gesellschaftliche Herausforderung, um den Schutz der Anwohner zu gewährleisten und die Akzeptanz der Bevölkerung für zunehmenden Güterverkehr auf der Schiene zu sichern. Neben der Abschaffung des Schienenbonus und der analogen Absenkung des Auslösewertes für die Lärmsanierung sind die Anstrengungen für innovative Maßnahmen an der Lärmquelle zu verstärken, weitere Schritte für eine anspruchsvolle Weiterentwicklung der TSI Noise zu unternehmen und die schnelle Umrüstung der Güterwagen auf leisere Bremssohlen sicherzustellen. Auf europäischer Ebene müssen die Verhandlungen für ein europäisches lärmabhängiges Trassenpreissystem intensiviert und ein Umrüstprogramm für alle europäischen Güterwagen eingefordert werden.
Der gewählte Zeitpunkt dient dem fairen Interessenausgleich zwischen Lärmschutz und Planungssicherheit für laufende oder in der Planung weit fortgeschrittene Vorhaben.
Gemäß Artikel 87e Absatz 4 Grundgesetz hat der Bund zu gewährleisten, dass dem Wohl der Allgemeinheit bei Ausbau und Erhalt des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes Rechnung getragen wird. Entsprechend müssen auch die Kosten der Lärmvorsorge an eben diesen Schienenwegen vom Bund und nicht von Dritten getragen werden.
Da ein fixes Datum des Wegfalls des Schienenbonus in Artikel 1 festgelegt wird, kann die Ermächtigung in Artikel 2 entfallen.
3. Zu Artikel 1a - neu - (§ 47e Absatz 4 - neu - BImSchG)
Nach Artikel 1 ist folgender Artikel 1a einzufügen:
'Artikel 1a
Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes
Dem § 47e des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 2002 (BGBl. I S. 3830), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 27. Juni 2012 (BGBl. I S. 1421) geändert worden ist, wird folgender Absatz 4 angefügt:
(4) Das Eisenbahn-Bundesamt ist zuständig für die Aufstellung der Lärmaktionspläne nach § 47d für Orte in der Nähe von Haupteisenbahnstrecken des Bundes außerhalb von Ballungsräumen. Innerhalb von Ballungsräumen wirkt das Eisenbahnbundesamt an der Lärmaktionsplanung mit."'
Begründung:
Das Eisenbahnbundesamt ist nach § 47e Absatz 3 BImSchG für die Lärmkartierung für Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes zuständig.
Die Zuständigkeit für die Lärmaktionsplanung im Bereich der Haupteisenbahnstrecken liegt derzeit nach § 47e Absatz 1 BImSchG hingegen bei den Gemeinden bzw. den nach Landesrecht zuständigen Behörden.
Die kommunalen Behörden verfügen jedoch weder über den technischen Sachverstand zur Durchführung einer Lärmaktionsplanung für Schienenwege, noch besitzen sie ordnungsrechtliche Instrumente zur Durchsetzung von Maßnahmen.
Unterstützung erhalten sie lediglich durch die Regelung des § 47d Absatz 2a BImSchG, wonach die öffentlichen Eisenbahninfrastrukturunternehmen zur Mitwirkung an der Lärmaktionsplanung in der Nähe von Haupteisenbahnstrecken und für Ballungsräume mit Eisenbahnverkehr verpflichtet sind.
Um eine übergeordnete neutrale und fachlich kompetente Stelle mit der Durchführung der Lärmaktionsplanung für Eisenbahnstrecken zu beauftragen, sieht die Änderung vor, die Zuständigkeit für die Lärmaktionsplanung im Bereich der Hauptschienenwege der Eisenbahnen des Bundes dem Eisenbahnbundesamt zuzuweisen. Bei der Lärmaktionsplanung für Ballungsräume wirkt das Eisenbahnbundesamt mit, sofern Eisenbahnen des Bundes dort verkehren.
Diese Regelung ergänzt die vorgeschlagene Änderung im Allgemeinen Eisenbahngesetz AEG, die eine Anordnungsbefugnis der Eisenbahnaufsichtsbehörden gegenüber den Eisenbahnen für Maßnahmen zum Schutz der Umwelt vorsieht.*
- *. vgl. hierzu Ziffer 4
4. Zu Artikel 1b - neu - (§ 5a Absatz 2a - neu - AEG)
Nach Artikel 1a - neu - ist folgender Artikel 1b einzufügen:
'Artikel 1b
Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes
In § 5a des Allgemeinen Eisenbahngesetzes vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, 2396; 1994 I S. 2439), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 12. September 2012 (BGBl. I S. 1884) geändert worden ist, wird nach Absatz 2 folgender Absatz 2a eingefügt:
(2a) Die zuständigen Eisenbahnaufsichtsbehörden können gegenüber den Eisenbahnen Anordnungen zum Schutz der Umwelt einschließlich des Schutzes der Allgemeinheit oder der Nachbarschaft vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen durch Geräusche, Erschütterungen und Luftverunreinigungen treffen." '
Begründung:
Der Bundesrat hat in seiner 882. Sitzung am 15. April 2011 eine Entschließung zum Bahnlärm gefasst, die u.a. eine Eingriffsbefugnis des Eisenbahn-Bundesamtes zum Schutz der Umwelt einschließlich des Schutzes der Allgemeinheit oder der Nachbarschaft vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen durch Lärm und Erschütterungen vorschlug (BR-Drucksache 151/11(B) -).
Im Rahmen des Siebten Gesetzes zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften wurde durch den Bundesrat abermals eine Eingriffsbefugnis des Eisenbahnbundesamts bei übermäßigem Bahnlärm gefordert. Das Bundesverkehrsministerium hatte daraufhin bereits im Januar 2012 eine Prüfung der angeregten Regelung zur Anordnungsbefugnis zugesagt. Da bislang kein Ergebnis über eine solche Prüfung vorgelegt wurde, ist eine erneute Befassung des Bundesrates erforderlich.
Die Regelungen im Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) sind gegenwärtig im Wesentlichen auf Verkehrs-, Wettbewerbs- und Sicherheitsaspekte beschränkt. Im Unterschied zum übrigen Verkehrsrecht enthält das AEG keine Anforderungen zum Lärm- und Erschütterungsschutz oder zu anderen Umweltbereichen.
Die Geltung anderer Rechtsvorschriften, etwa des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG), heilt dieses Defizit nicht, so dass bei dem bestehenden hohen Sanierungsbedarf u.a. im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Lärmaktionsplanung die Schaffung entsprechender Befugnisse des Eisenbahn-Bundesamtes und der Eisenbahnaufsichtsbehörden der Länder unabdingbar notwendig ist.
5. Zu Artikel 1b - neu - (§ 14h - neu - AEG)
Nach Artikel 1a - neu - ist folgender Artikel 1b einzufügen:
'Artikel 1b
Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes
Nach § 14g des Allgemeinen Eisenbahngesetzes vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, 2396; 1994 I S. 2439), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 12. September 2012 (BGBl. I S. 1884) geändert worden ist, wird folgender § 14h eingefügt:
" § 14h Lärmmonitoring
Die Eisenbahninfrastrukturunternehmen führen nach Maßgabe der Aufsichtsbehörde an repräsentativen Punkten des Schienennetzes, insbesondere an Hauptverkehrsstrecken oder Strecken mit hohem Lärmpotential zur Nachtzeit fortlaufende registrierende Messungen über die Entwicklung des Eisenbahnlärms durch (Lärmmonitoring). Die Mess- und Auswertungsergebnisse sind der Aufsichtsbehörde regelmäßig vorzulegen und zu veröffentlichen." '
Begründung:
Es ist das gemeinsame Ziel von Bundesregierung und der DB AG als Eisenbahnunternehmen und Netzbetreiber, die Lärmbelästigung im Schienenverkehr bis 2020 gegenüber 2008 um 50 Prozent zu vermindern. Dies entspricht in etwa einer Absenkung des Lärmpegels um 10 dB (A).
Der Erfolg von Maßnahmen zur Bekämpfung des Lärms an der Quelle, wie eine flächendeckende Umrüstung von Güterwaggons auf lärmarme Bremssysteme kann nur prognostiziert werden und ist insbesondere davon abhängig, ob diese flächendeckend mit dem notwendigen Erfüllungsgrad eingeführt und entsprechende Betriebsregelungen auch von den Eisenbahnunternehmen beachtet werden.
Um den tatsächlichen Erfolg der Maßnahmen an der Quelle im Hinblick auf die gesteckten Ziele überprüfen und ggf. hieraus erforderliche ordnungsrechtliche Maßnahmen für die weitere Zukunft ableiten zu können, ist es daher erforderlich, ein repräsentatives Lärmmonitoring dauerhaft zu betreiben. Die Vorschrift ist angelehnt an die Regelung für ein Fluglärmmonitoring nach § 19a Luftverkehrsgesetz.
Das Monitoring obliegt den Eisenbahninfrastrukturunternehmen als Eigentümer der Strecke. Um zu gewährleisten, dass die Messergebnisse und das zugrundeliegende Messkonzept geeignet sind, soll das Eisenbahnbundesamt als neutrale und übergeordnete Behörde eine Aufsichtsfunktion erhalten. Bei der Auswahl der Messpunkte können die Ergebnisse der Lärmkartierung an Haupteisenbahnstrecken nach § 47c BImSchG Berücksichtigung finden.
Die Pflicht zur Veröffentlichung der Messergebnisse dient der Transparenz.
6. Zu Artikel 1b - neu - (§ 14i - neu -, § 26 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1e - neu -, § 28 Absatz 1 Nummer 5 - neu -, 5a - neu - AEG)
Nach Artikel 1a - neu - ist folgender Artikel 1b einzufügen:
'Artikel 1b
Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes
Das Allgemeine Eisenbahngesetz vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, 2396; 1994 I S. 2439), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 12. September 2012 (BGBl. I S. 1884) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Nach § 14h wird folgender § 14i eingefügt:
" § 14i Betrieb auf Schienenwegen im Bereich von empfindlichen Gebieten
- (1) Auf Haupteisenbahnstrecken, die durch reine, allgemeine und besondere Wohngebiete, Kleinsiedlungsgebiete, Sondergebiete, die der Erholung dienen, Kur- und Klinikgebiete und Gebieten für die Fremdenbeherbergung nach den §§ 2, 3, 4, 4a, 10 und 11 Absatz 2 der Baunutzungsverordnung sowie durch Gelände von Krankenhäusern und Pflegeanstalten, Schulen, Kurheimen oder Altenheimen führen oder daran angrenzen, dürfen ab dem 31. Dezember 2020 zwischen 22 Uhr und 6 Uhr nur Lokomotiven und Güterwaggons betrieben werden, die die Anforderungen der technischen Spezifikationen für die Interoperabilität des Teilsystems "Fahrzeuge - Lärm" des konventionellen transeuropäischen Bahnsystems ("TSI Noise")(B) der Kommission vom 4. April 2011, (2011/229/EU) betreffend umgerüstete Fahrzeuge erfüllen. Ausgenommen sind historische Fahrzeuge sowie Bau- und Hilfsfahrzeuge. Satz 1 gilt nicht für Streckenabschnitte, auf denen die Immissionsgrenzwerte gemäß § 2 der Verkehrslärmschutzverordnung durch andere Maßnahmen eingehalten werden.
- (2) Die Art der in Absatz 1 bezeichneten Gebiete und Einrichtungen ergibt sich aus den Festlegungen in den Bebauungsplänen. Absatz 1 gilt auch für sonstige in Bebauungsplänen festgesetzte Flächen für Gebiete und Einrichtungen sowie Gebiete und Einrichtungen, für die keine Festsetzungen bestehen, sofern sie hinsichtlich ihrer tatsächlichen baulichen Nutzung oder ihrer Schutzbedürftigkeit den in Absatz 1 genannten entsprechen.
- (3) Die zuständige Behörde kann für Strecken und Fahrzeuge Ausnahmen von den Einschränkungen des Absatzes 1 zulassen, wenn dies unter Abwägung öffentlicher und privater Belange sowie unter Berücksichtigung anderweitiger Lösungsmöglichkeiten erforderlich ist und der Schutz vor schädlichen Geräuscheinwirkungen ausreichend sichergestellt ist. Der Zulassung bedarf es nicht, wenn der Betrieb im Einzelfall zur Abwendung von Gefahren für Mensch, Umwelt oder Sachgüter erforderlich ist. Der Betreiber hat die zuständige Behörde über den Betrieb zu unterrichten. Von Amts wegen können im Einzelfall Ausnahmen von den Einschränkungen des Absatzes 1 zugelassen werden, wenn dies zur Abwendung einer Gefahr für die Allgemeinheit oder im sonstigen öffentlichen Interesse erforderlich ist."'
2. In § 26 Absatz 1 Satz 1 wird nach Nummer 1 d folgende Nummer 1 e eingefügt:
"1e. über die Anforderungen zur Sicherstellung des Schutzes vor schädlichen Geräuscheinwirkungen bei Ausnahmen nach § 14i Absatz 3 sicherzustellen ist, insbesondere durch die Festsetzung von Lärmkontingenten und die Durchführung von baulichem Schallschutz;"
3. In § 28 Absatz 1 werden nach Nummer 4 folgende Nummern 5 und 5a eingefügt:
"5. entgegen § 14i Absatz 1 Lokomotiven oder Güterwaggons unzulässigerweise betreibt oder betreiben lässt,
5a. entgegen § 14i Absatz 3 die zuständige Behörde nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig unterrichtet," '
Begründung:
Es ist das erklärte Ziel der Bundesregierung und der Bahn als Eisenbahnunternehmen und Netzbetreiber, die Lärmbelästigung im Schienenverkehr bis 2020 um 50 Prozent zu vermindern. Dies entspricht einer Absenkung des Lärmpegels um 10 dB(A). Um eine solche Absenkung beim Schienengüterverkehr an der Quelle zu erreichen, müssen ca. 80 Prozent der Güterwagen mit lärmarmer Bremstechnik ausgerüstet sein.
In der Eckpunktevereinbarung zwischen dem BVBS und der Deutschen Bahn AG zur Einführung eines lärmabhängigen Trassenpreissystems vom 5. Juli 2011 wurde als gemeinsames Ziel festgelegt, dass bis zum Fahrplanwechsel im Dezember 2020 keine Güterwagen, die die Lärmgrenzwerte der TSI Noise überschreiten, mehr auf dem Schienennetz der DB Netz AG fahren. In diesem Zusammenhang wird auch die Bekanntgabe ordnungsrechtlicher Maßnahmen angekündigt.
Um die Erfüllung dieser Ziel sicherzustellen und dem Eisenbahnsektor auch zur Rechts- und Planungssicherheit aufzuzeigen, nach welcher Übergangszeit laute Wagen nicht mehr zum Einsatz kommen sollen, wird in Ergänzung zu lärmbezogenen Entgeltregelungen mit der vorliegenden Ergänzung im AEG eine ordnungsrechtliche Komponente in Form einer Betriebsregelung für laute Lokomotiven und Güterwagen eingeführt. Der Fahrplan, nachdem der Bund ordnungsrechtliche Maßnahmen angekündigt hat, geht bis Ende 2020, daher soll die Regelung ab dem 31. Dezember 2020 greifen.
Die Betriebsbeschränkungen werden auf empfindliche Gebiete beschränkt, um eine europarechtskonforme Regelung sicherzustellen. Haupteisenbahnstrecken sind Schienenwege von Eisenbahnen nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz mit einem Verkehrsaufkommen von über 30.000 Zügen pro Jahr.
Eine Durchfahrtsverbot ohne eine Gebietseinschränkung würde EU-rechtlich dem freien Güterwagenverkehr zuwiderlaufen. Die Gebietseinschränkung für Durchfahrtsverbote ist dagegen EU-rechtlich anerkannt wie auch bei der Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung (32. BImSchV).
An hochbelasteten Schienenstrecken für Güterverkehr befinden sich unmittelbar angrenzende Wohngebiete und z.B. Alten- und Pflegeheime.
Die durch die Bundesrepublik Deutschland führende hochbelastete Hauptgüterverkehrsstrecke Genua - Rotterdam ist gekennzeichnet durch extrem hohe Mittelungs- und Spitzenpegel. So liegen beispielsweise die nächtlichen Mittelungspegel zwischen 70 und 80 dB(A), die Spitzenpegel erreichen regelmäßig mehr als 100 dB(A). Mit der vorgeschlagenen Regelung eines nächtlichen Durchfahrtsverbots für nicht umgerüstete Güterzüge können die Mittelungspegel um bis zu 10 dB(A) gesenkt werden.
Sofern im Einzelfall auf Grund besonderer Umstände erforderlich und mit dem Schutzzweck der Regelung vereinbar, sind per Gesetz, von Amts wegen oder auf Antrag Ausnahmen von den Betriebsregelungen möglich. Ausnahmegenehmigungen sind sofern erforderlich mit geeigneten Nebenbestimmungen zum Betrieb zu versehen (z.B. Geschwindigkeitsbeschränkungen).
Durch die Regelung in § 26 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 e wird der Bund ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, wie der Schutz vor schädlichen Geräuscheinwirkungen bei Ausnahmen sichergestellt werden kann.
Es wird seitens BVBS / Bahn davon ausgegangen, dass von der Umrüstung 180.000 Güterwagen betroffen sind, die Gesamtkosten belaufen sich auf über 300 Mio. Euro.
7. Zu Artikel 1b - neu - (§ 26 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AEG)
Nach Artikel 1a - neu - ist folgender Artikel 1b einzufügen:
'Artikel 1b
Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes
In § 26 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, 2396; 1994 I S. 2439), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 12. September 2012 (BGBl. I S. 1884) geändert worden ist, werden nach dem Wort "Technik" die Wörter ", nach den Erfordernissen zum Schutz der Umwelt" eingefügt.'
Begründung:
Durch die vorgeschlagene Änderung des § 26 wird es ermöglicht, Rechtsverordnungen zum Umweltschutz zu erlassen. Der Umweltschutz ist zwar im ersten Satzteil des § 26 Absatz 1 Satz 1 AEG angesprochen, ohne dass er aber in der abschließenden Auflistung bestimmter Regelungsmaterien (Nummern 1 bis 18) wieder auftaucht. Von daher können Umweltschutzaspekte bisher nur im Zusammenhang mit den aufgeführten Regelungsmaterien berücksichtigt werden. Darüber hinaus ist aber auch eine explizite Verordnungsermächtigung zum Schutz der Umwelt erforderlich, auf deren Grundlage gezielt entsprechende Anforderungen an Bau, Instandhaltung, Ausrüstung, Betrieb und Verkehr der Eisenbahnen geregelt werden können.
B
- 8. Der Gesundheitsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, dem vom Deutschen Bundestag verabschiedeten Gesetz gemäß Artikel 87e Absatz 5 des Grundgesetzes zuzustimmen.