A. Zielsetzung
- Die Wirtschaftlichkeit beim Einsatz Neuer Steuerungsmodelle soll verbessert werden. Zudem soll die Rechtssicherheit für eine dauerhafte Nutzung Neuer Steuerungsmodelle erhöht werden.
B. Lösung
- Es wird eine Abweichungsermächtigung in das Haushaltsgrundsätzegesetz aufgenommen. Nach dieser Ermächtigung dürfen die Gebietskörperschaften von Vorschriften des ersten Teils des Haushaltsgrundsätzegesetzes abweichen, wenn sie ihre Haushalte auf ein System der doppelten Buchführung gründen, das den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung folgt.
C. Alternativen
- Weitere Anwendung eines unter dem geltenden Haushaltsrecht notwendigen, unwirtschaftlichen und unnötig Ressourcen verbrauchenden Parallelbetriebs zweier Haushaltssysteme.
D. Kosten für öffentliche Haushalte
- Deutliche, nicht quantifizierbare Kosteneinsparungen für die Gebietskörperschaften, die von der Abweichungsermächtigung Gebrauch machen und im Zuge der Einführung Neuer Steuerungsmodelle nicht mehr zwei unterschiedliche Haushaltssysteme parallel anwenden müssen.
E. Sonstige Kosten
- 1. Kosten für die Wirtschaft: keine
- 2. Kosten für die sozialen Sicherungssysteme: keine
Gesetzesantrag der Länder Hamburg, Hessen
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Haushaltsgrundsätzegesetzes
Der Präsident des Senats Hamburg, den 18. Juli 2006
der Freien und Hansestadt Hamburg
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Harry Carstensen
Sehr geehrter Herr Präsident,
der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg und die Hessische Landesregierung haben beschlossen, dem Bundesrat den anliegenden
- Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Haushaltsgrundsätzegesetzes
mit dem Antrag zuzuleiten, seine Einbringung beim Deutschen Bundestag zu beschließen.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der Plenarsitzung des Bundesrates am 22. September 2006 aufzunehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Ole von Beust
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Haushaltsgrundsätzegesetzes Vom ...
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Das Haushaltsgrundsätzegesetz vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1273), zuletzt geändert durch Artikel 63 des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848), wird wie folgt geändert:
- 1. Nach § 1 wird folgender § 1a eingefügt:
§ 1a Abweichungsermächtigung
(1) Bund und Länder können ihr Haushalts- und Rechnungswesen abweichend von den einschlägigen Vorschriften der Abschnitte I bis IV sowie VI des Teils I regeln, wenn sie das Rechnungswesen auf ein System der doppelten Buchführung gründen, das den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung in sinngemäßer Anwendung folgt. In diesem Fall tragen diese Gebietskörperschaften dafür Sorge, dass die für die Finanzstatistik und vergleichbare übergreifende Informationszwecke erforderlichen Daten erhoben werden können.
(2) Die Gebietskörperschaften, die nach Absatz 1 von Vorschriften des Teils I abweichen, verpflichten sich, im Benehmen mit den übrigen Gebietskörperschaften gemeinsame Grundsätze für ihr Haushalts- und Rechnungswesen sowie für ihre Haushaltsordnungen zu entwickeln.
(3) Die Gebietskörperschaften, die nach Absatz 1 von Vorschriften des Teils I abweichen, können ihren Haushalt im Rahmen eines Systems der dezentralen Verantwortung einer Organisationseinheit leistungsbezogen aufstellen und bewirtschaften (Produkthaushalt). Dabei wird die Finanzverantwortung auf der Grundlage dieser Haushaltsermächtigung auf die Organisationseinheiten übertragen, die die Fachverantwortung haben. Art und Umfang der zu erbringenden Leistungen sind durch Gesetz oder den Haushaltsplan festzulegen. Voraussetzung sind geeignete Informations- und Steuerungsinstrumente wie die Kosten- und Leistungsrechnung, mit denen die Organisationseinheiten in die Lage versetzt werden, die Festlegungen des Haushaltsplans einzuhalten."
- 2. § 33a wird aufgehoben.
Artikel 2
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2007 in Kraft.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
- 1. Ziel und Gegenstand des Gesetzentwurfs Der vorliegende Gesetzentwurf verfolgt das Ziel, Bund und Ländern Autonomie in der Gestaltung ihres Haushaltsrechts zuzugestehen, um - bei Einhaltung der verfassungsrechtlich vorgegebenen Rahmenbedingungen - sowohl die Kameralistik als auch die doppelte Buchführung für die Haushalts- und Rechnungsführung nutzen zu können. Durch die vorgeschlagene Gesetzesänderung können sich die dem Haushaltsgrundsätzegesetz unterliegenden Gebietskörperschaften eigenverantwortlich zwischen dem kameralen Rechnungswesen und der doppelten Buchführung entscheiden.
Es besteht dann ein Wahlrecht zwischen einem Haushalts- und Rechnungswesen auf kameraler oder doppischer Basis, jeweils mit oder ohne Produkthaushalt. Es wird dabei sichergestellt, dass die notwendige Einheitlichkeit des Haushalts- und Rechnungswesens, insbesondere hinsichtlich der übergreifenden Belange der Finanzstatistik und der länderübergreifenden Informationen, weitgehend gewahrt bleibt.
Zudem wird den Gebietskörperschaften, die sich für die Einführung von Elementen der Neuen Verwaltungssteuerung entschieden haben, ein höheres Maß an Rechts-, Handlungs- und Investitionssicherheit gegeben. Ebenso wird der nach dem derzeit geltenden Haushaltsrecht in einigen Ländern erforderliche Parallelbetrieb zweier Haushaltssysteme (Doppelte Buchführung und Kameralistik), der unwirtschaftlich ist und unnötig Ressourcen verbraucht, vermieden.
Der vorliegende Gesetzentwurf trägt der nach der letzten Änderung des Haushaltsgrundsätzegesetzes durch das Haushaltsrechts-Fortentwicklungsgesetz im Jahr 1997 verstärkt andauernden Diskussion beim Bund und in vielen Ländern über das für die staatliche Ebene adäquate Rechnungswesen Rechnung.
Für die Einführung der doppelten Buchführung spricht, dass nur diese den Ressourcenverbrauch auch über Abschreibungen und Zuführungen zu (Pensions-) Rückstellungen periodengerecht darstellt und sachgerechte Entscheidungen auch mit Blick auf die Belastungen künftiger Generationen ("intergenerative Gerechtigkeit") ermöglicht. Insoweit liegt in einem doppischen Haushalts- und Rechnungswesen ein Mehrwert, ohne dass auf Informationen über die "kameralen" Größen "Einnahmen" und "Ausgaben" verzichtet wird. Vielmehr liefern - je nach Ausprägung - Ergebnis- und Vermögensrechnung zusätzliche Steuerungsinformationen.
Allerdings ist es für diejenigen Gebietskörperschaften, die vom Wahlrecht hin zu einer doppelten Buchführung Gebrauch machen, zur Wahrung der Einheitlichkeit erforderlich, für das Haushalts- und Rechnungswesen sowie für die Haushaltsordnungen gemeinsame Grundsätze zu erstellen. Dies sollte, ausgehend von den bereits erfolgten umfangreichen Vorarbeiten der zuständigen Bund-/Länder-Gremien, in absehbarer Zeit möglich sein. Das Handelsgesetzbuch und ggf. perspektivisch die in der Entwicklung befindlichen Standards für den öffentlichen Sektor IPSAS (= International Public Sector Accounting Standards) können für die Bewertung und Bilanzierung wichtige Leitlinien sein, die auch hinsichtlich der Haushaltsplanung und -bewirtschaftung sowie um Aspekte des Haushaltsausgleichs fortzuentwickeln sind.
- 2. Ausgangslage Art. 109 Abs. 3 GG eröffnet dem Bund eine Grundsatzgesetzgebungskompetenz für das Haushaltsrecht, die 1969 zur Verabschiedung des Gesetzes über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder (Haushaltsgrundsätzegesetz - HGrG) führte. Elemente der Neuen Steuerungsmodelle wurden letztmalig im Jahr 1997 mit dem Haushaltsrechts-Fortentwicklungsgesetz in das Haushaltsgrundsätzegesetz aufgenommen.
Das Gesetzgebungsverfahren für das Haushaltsrechts-Fortentwicklungsgesetz endete mit einem Kompromiss im Vermittlungsausschuss, der sowohl die Einführung neuer Steuerungsinstrumente nach § 6a HGrG als auch die Doppik "zusätzlich" (§ 33a HGrG) zum kameralen Instrumentarium zuließ. Damit wurde erreicht, dass ein neues Haushaltsinstrumentarium jenseits der Kameralistik von einigen Gebietskörperschaften eingeführt werden konnte, die kameralen Regelungen jedoch weiterhin die grundsätzlichen Maßstäbe der Haushaltswirtschaft bildeten.
Im Unterschied zu diesen Entwicklungen hat die Innenministerkonferenz im November 2003 die Eckpunkte einer Novelle des kommunalen Haushaltsrechts beschlossen, die eine Abkehr vom Geldverbrauch hin zum Ressourcenverbrauch und die Einführung der Leistungsorientierung in die (kommunale) Haushaltswirtschaft bedeutet.
Damit wurde von der Innenministerkonferenz der genau umgekehrte Weg gegenüber dem Haushaltsrechts-Fortentwicklungsgesetz beschritten, indem für die Kommunen nun doppische Grundsätze (Ressourcen statt Geldverbrauch) als führend etabliert sind. Der Gesetzentwurf nimmt diese Entwicklung für den staatlichen Bereich auf und verschafft insoweit auch dem kommunalen Bereich Investitionssicherheit. Die Entwicklung auf kommunaler Ebene wurde intensiv von den Statistikämtern begleitet.
Die gewünschte Einheitlichkeit des Haushaltswesens bleibt somit gewahrt.
Diese Entwicklung macht deutlich, dass nach dem verfassungsrechtlich verankerten Wirtschaftlichkeitsgebot des Haushaltsrechts die bestehenden Regelungen der §§ 33a und 6a HGrG bedenklich erscheinen, weil sie die Gebietskörperschaften zu Mehraufwendungen zwingen, die im kommunalen Bereich entbehrlich sind. Die Änderungen sollen daher dahingehend Rechtssicherheit schaffen, dass interessierte Gebietskörperschaften ihr Haushalts- und Rechnungswesen allein auf doppischer Grundlage führen können. Die Pflicht zur Lieferung der übergreifend erforderlichen Informationen insbesondere zur Wahrung finanzstatistischer Erfordernisse bleibt davon unberührt.
B. Zu den einzelnen Vorschriften
Zu Art. 1
Nr. 1
In einem neu zu schaffenden § 1a ist aus o.g. Gründen eine allgemeine Abweichungsermächtigung von Vorschriften des ersten Teils des Haushaltsgrundsätzegesetzes aufzunehmen.
Gemäß § 1a Abs. 1 darf von den Vorschriften der Abschnitte I bis IV sowie VI des ersten Teils des Haushaltsgrundsätzegesetzes abgewichen werden, sofern sie Rechnungswesen, Planung und Bewirtschaftung betreffen.
§ 1a Abs. 1 verlangt für eine Abweichungsermächtigung ein Haushalts- und Rechnungswesen, welches auf ein System der doppelten Buchführung gründet, das den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung folgt. Diese Voraussetzung knüpft an den im Zuge des Haushaltsrechts-Fortentwicklungsgesetzes eingeführten § 33a HGrG an. Damit müssen die betroffenen Gebietskörperschaften ihr Haushalts- und Rechnungswesen auch bei einer Inanspruchnahme dieser Abweichungsermächtigung an festen Grundregeln ausrichten, die nicht zu ihrer Disposition stehen und die Qualität des Rechnungswesens in jedem Falle gewährleisten. Diese Gebietskörperschaften müssen dafür sorgen, "dass die für die Finanzstatistik und vergleichbare übergreifende Informationszwecke erforderlichen Daten erhoben werden können". Damit wird die notwendige Datengrundlage für die Koordinierung der Finanz- und Wirtschaftspolitik des Bundes und der Länder sowie die Datengrundlage für statistische Belange gewährleistet.
§ 1a Abs. 2 bestimmt, dass die Gebietskörperschaften, die die Abweichungsermächtigung nach Abs. 1 in Anspruch nehmen, verpflichtet sind, für ihr Haushalts- und Rechnungswesen sowie für ihre Haushaltsordnungen gemeinsame Grundsätze zu erstellen. Die Erstellung dieser gemeinsamen Grundsätze wird innerhalb eines Zeitrahmens von drei Jahren angestrebt. Mit diesen noch zu definierenden Grundsätzen für die die Abweichungsermächtigung in Anspruch nehmenden Gebietskörperschaften soll anstelle der modifiziert anzuwendenden Vorschriften des bisherigen Teils I des Haushaltsgrundsätzegesetzes ein einheitlicher Rahmen im Sinne des Art. 109 Abs. 3 GG gesetzt werden, an dem sich die betreffenden Gebietskörperschaften zu orientieren haben.
§ 1a Abs. 3 stellt klar, dass die Gebietskörperschaften, welche bei Anwendung der doppelten Buchführung einen Produkthaushalt aufstellen und bewirtschaften, an die Anwendung der Grundsätze der leistungsbezogenen Planaufstellung und bewirtschaftung (Produkthaushalt) gebunden sind. Diese Vorschrift knüpft damit an die bereits im Zuge des Haushaltsrechts-Fortentwicklungsgesetzes erprobte Ermächtigungsgrundlage des § 6a HGrG an, indem sie einen Produkthaushalt mit leistungsorientierter Budgetierung verlangt. Damit wird eine gleichartige Ausgestaltung von kameralen und doppischen Produkthaushalten gewährleistet. Die hier gewählte Formulierung weicht von der des § 6a HGrG ab, weil dort Vorschriften zum Budgetumfang (z.B. "Einnahmen" und "Ausgaben") enthalten sind, die in einem doppischen Rechnungswesen anders geregelt werden müssen und daher den gemeinsamen Grundsätzen nach § 1a Abs. 2 vorbehalten sind. Darüber hinaus sind gegenüber § 6a HGrG redaktionelle sprachliche Klarstellungen, jedoch keine inhaltlichen Änderungen enthalten.
Nr. 2
Durch die weitergehende Abweichungskompetenz in § 1a kann die bisherige Regelung des § 33a HGrG entfallen.
Zu Art. 2
Art. 2 regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.